TRUPPENÄRZTLICHE VERSORGUNG VON SOLDATINNEN
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr hat den Auftrag, die Gesundheit der Soldatinnen und Soldaten zu schützen, zu erhalten und bei Erkrankung oder Verletzung wiederherzustellen.
Die medizinische Versorgung soll dabei im Ergebnis dem fachlichen Standard in Deutschland entsprechen. Dies gilt insbesondere für die Auslandseinsätze, aber auch für die Auslandsverwendungen in Militärattachéstäben, multinationalen Dienststellen und Stäben, Beratergruppen sowie von Lehrgangsteilnehmern. Viele der insgesamt ca. 1 800 Soldatinnen und Soldaten an insgesamt mehr als 140 Dienstorten im Ausland leisten ihren Dienst unter erschwerten Bedingungen in den Tropen oder Subtropen. Aufgrund der langjährigen Betreuung des o. a. Personenkreises sollen in diesem Artikel entsprechende Besonderheiten und Herausforderungen dargestellt werden.
System der Versorgung bei Auslandsverwendung
Die sanitätsdienstliche Betreuung von Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwendungen wird durch den Leitenden Sanitätsoffizier Streitkräfteamt (LSO SKA) sichergestellt und ist sowohl präventiv als auch kurativ ausgerichtet. In zeitlichem Bezug geht es um die Betreuung vor, während und nach der Auslandsverwendung. An den Auslandsstandorten Brunssum (NLD) und Mons (BEL) werden die Soldatinnen und Soldaten durch eine eigene Sanitätsstaffel betreut. In Fontainebleau (FRA), Izmir (TUR), Lissabon (POR), Neapel (ITA), Northwood (GBR) und Reston (USA) ist jeweils ein Sanitätsfeldwebel als Ansprechpartner in sanitätsdienstlichen Angelegenheiten und als direktes Bindeglied zum LSO SKA eingesetzt. Im Ausland selbst erfolgt die medizinische Versorgung durch militärische und/oder zivile Gesundheitseinrichtungen.
Auslandsspezifische Risiken
Prinzipiell hat jedes Land sein eigenes Risikoprofil, das sich aus einer Vielzahl von Faktoren ergibt.
(Tab.1). Von wesentlicher Bedeutung sind biologische Risiken (Krankheitserreger, Vektoren, Prävalenzen von Infektionskrankheiten). Nicht infektiöse Risiken ergeben sich aufgrund von Umweltrisiken (Allergen- und Schadstoffbelastungen der Luft, verunreinigtes Trinkwasser, Bodenbelastung mit Schwermetallen und chemischen Noxen, Giftwirkungen von Tieren und Pflanzen, Sicherheitsstrukturen, Klima) und kulturellen Einflüssen (Religionen und Menschenbilder). Transportmittel bergen zusätzliche Risiken, und Unfällen im Ausland ist ein höheres Gewicht beizumessen als allen Infektionskrankheiten. Je nach den Gegebenheiten des Ortes kommen zusätzlich noch Berufs- und Freizeitaktivitäten hinzu, deren immanentes Risikoprofil sich zu den genannten hinzuaddieren. Ein weiteres entscheidendes Kriterium in der Bewertung von auslandsspezifischen Risiken ergibt sich schließlich aus der Qualität des Gesundheitswesens vor Ort (Tab.2).
Versorgungsqualität und Kosten
Die medizinische Versorgungssituation im Ausland stellt sich oftmals wie folgt dar: Ohne Vorauszahlung oder Nachweis eines Kostenträgers erfolgt keine Leistung. Die nationalen Standards und Leitlinien zur Patientenversorgung unterscheiden sich zum Teil erheblich von denen in Deutschland. Der Ausbildungsstand des medizinischen und des Pflegepersonals ist in den Entwicklungsländern oft deutlich geringer als in Deutschland. Auch das Risiko von Krankenhausinfektionen ist dort deutlich erhöht.
Darüber hinaus sehen sich Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwendungen Verständigungsproblemen, insbesondere im medizinischen Bereich, ausgesetzt. Ihnen fehlen zudem gewohnte Vertrauenspersonen. Die Krankenpflege übernehmende Familienangehörige – wie häufig im Ausland – stehen oft nicht zur Verfügung. Durch die Gesamtsituation ist ein persönliches Abwägen der medizinischen Risiken und Möglichkeiten nicht objektiv möglich. Dies kann zu weiteren Gesundheitsschädigungen führen.
Der Arzneimittelmarkt ist anders sortiert als in Deutschland, in den Entwicklungsländern ist das Angebot stark reduziert, vor allem bei importierten Mitteln, Antiseren und Impfstoffen (z. B. moderne Gewebekulturimpfstoffe, Tollwutimmunglobulin). Darüber hinaus ist in diesen Ländern mit Arzneimittelfälschungen (Fakes) zu rechnen.
Exzellente medizinische Versorgung im Ausland kostet oft sehr viel Geld. Tagessätze auf Intensivstationen in den USA von 20 000 US-Dollar sind keine Ausnahme.
Dazu kommen in sehr vielen Ländern ein nicht gut funktionierendes Rettungswesen und sehr lange Wege bis in eine geeignete Gesundheitseinrichtung.
Bei dem Verdacht einer nicht ausreichenden Versorgungsqualität muss das Risiko einer aufgeschobenen Behandlung bei längerem Transport in die nächste größere Stadt oder die Repatriierung gegenüber dem Nutzen und Risiko einer sofortigen Behandlung im Einzelfall abgewogen werden. Für verunfallte oder akut erkrankte Soldatinnen und Soldaten im Ausland ist es dabei oft schwierig bzw. unmöglich, zwischen guter und schlechter Versorgungsqualität zu unterscheiden, insbesondere wenn die Kommunikation durch mangelnde Sprachkenntnisse begrenzt ist. Bei solchen Notfällen ist es demnach wichtig, sich auf den LSO SKA verlassen zu können, der einen Transport zu einer Einrichtung hoher Versorgungsqualität veranlassen kann.
Hinweise für schlechte Versorgungsqualität, die einen Behandlungsabbruch nahe legen, sind insbesondere: sehr schnelle, überstürzte Diagnosestellung ohne eingehende Untersuchung; extrem teure Behandlungsempfehlung; Unwille, über Diagnose und die Art der Behandlung zu informieren; viel mystisches Beiwerk, Rituale, Beeinflussungsversuche und Suggestion; zweifelhafte Hygiene und mehrfach benutzbares Instrumentarium wie Spritzen und Nadeln; die Verneinung von Neben- und Fernwirkungen von Therapiemaßnahmen; abfällige Urteile über die Sichtweise LSO SKA oder andere Ärzte.
Konstitutionelle Faktoren und Vorerkrankungen
Die Beurteilung der Auslands- und Tropendienstverwendungsfähigkeit ist immer eine Risikoabwägung und Entscheidung im Einzelfall. Dabei gilt es, eine aktuelle Bewertung des Gesundheitszustandes der Soldatin oder des Soldaten (einschließlich z. B. Stabilität einer Erkrankung, und der Compliance mit präventiven/therapeutischen Maßnahmen) vorzunehmen, und im Hinblick auf mögliche Komplikationen während der Auslandsverwendung auch die medizinische Infrastruktur vor Ort zu berücksichtigen.
Gesundheitsberatung
Die Gesundheitsberatung vor einer Auslandsverwendung stellt medizinische Prävention auf höchstem Niveau dar. Dabei ist eine Beschränkung auf impfpräventable Infektionskrankheiten und Malaria allein nicht ausreichend. Auch weitere der Prävention zugängliche Risiken, wie nahrungsmittel-, vektor-, und sexuell übertragbare bzw. durch Hautkontakt erworbene Infektionskrankheiten, Atemwegserkrankungen und regional bedeutsame weitere vektorübertragene Infektionskrankheiten, sind bei den Vorsorgemaßnahmen zu berücksichtigen (Tab. 3).
Aus der Gesamtheit der ermittelten Risiken ergeben sich allgemeine und individuelle Prophylaxe-Empfehlungen, etwa zu Verhaltensmaßnahmen (einschließlich Resilienz), Vektorprophylaxe, Sonnenschutz, Impfungen und Medikamenten für die Malaria-Chemoprophylaxe. Dabei müssen ggf. Auslandsgesetze, z. B. Einreisevorschriften und Einfuhrbeschränkungen bei der Mitnahme von Medikamenten (z. B. Betäubungsmittel), beachtet werden. Ebenso kann es vorkommen, dass anzuwendende Präparate für Deutschland nicht zugelassen sind (Ciprofloxacin-Single-Dose, Doxycyclin zur Malariaprophylaxe) (Abb. 1).
Es gilt die Soldatinnen und Soldaten darauf hinzuweisen, dass Impfungen nicht die gebotenen Maßnahmen zur Hände- und Toilettenhygiene sowie Nahrungs-, Trinkwasser- und Küchenhygiene ersetzen, und dass es eine absolut sichere Malaria-Chemoprophylaxe zur Zeit nicht gibt. Unter Beachtung aller Maßnahmen ist das Risiko aber gering und kalkulierbar. Eine rechtzeitig erkannte Malaria ist in der Regel heilbar. Bei jeder fieberhaften Erkrankung in den Tropen muss jedoch an die Möglichkeit einer Malaria gedacht werden und sofort ein Arzt aufgesucht werden. Dies gilt auch für die Zeit nach der Rückkehr aus einer dienstlichen Verwendung in den Tropen, insbesondere für die ersten drei Monate. Spätere Manifestationen der Malaria tropica sind sehr selten. Rezidive bei Malaria tertiana können bis zu einem Jahr, gelegentlich auch danach vorkommen; sie sind allerdings gut therapierbar und nicht lebensbedrohlich.
Eine erweiterte und vertiefte, ausführliche individuelle Beratung zur Malariaprophylaxe ist für die Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwendungen erforderlich, die erfahrungsgemäß wenig geneigt sind, eine kontinuierliche Malaria-Chemoprophylaxe ggf. über Jahre durchzuführen. Hier bietet sich eine pragmatische Lösung an, die sich an den Gegebenheiten vor Ort orientiert. Dies trifft insbesondere für Soldatinnen und Soldaten zu, die - nachdem sie das lokale und saisonale Malariarisiko kennen - ihre Umgebung einrichten (z. B. bauliche Nachbesserung, Einbau von Screens, Beseitigung von hausnahen Brutplätzen, Umgang mit Moskitonetzen), sich in die Infrastruktur integrieren und die medizinischen Versorgungsmöglichkeiten vor Ort einschätzen. Neben einer konsequenten Expositionsprophylaxe wird dabei in Hochrisikogebieten eine Malaria-Chemoprophylaxe mindestens zu Beginn des Aufenthaltes, während der Hauptübertragungszeit und bei Reisen mit eingeschränktem Moskitoschutz empfohlen. Schließlich muss die Verfügbarkeit geeigneter Medikamente, auch zur notfallmäßigen Selbstbehandlung, gewährleistet sein.
Auch Fragen zu einem medikamentösen Handvorrat, Ergänzungsausstattung und Dauermedikation sind von Bedeutung. Dabei ist unklar, in welchen Ländern außerhalb der EU eine sichere Kontrolle von Pharmazeutika unterstellt werden kann. Schließlich ist die sorgfältige Auswahl der medizinischen Einrichtungen, durch welche die ins Ausland entsandten Soldatinnen und Soldaten vor Ort versorgt werden können, eine wichtige Aufgabe des LSO SKA in enger Kooperation mit dem Kommando Sanitätsdienst (KdoSanDst), Unterabteilung IV-VI, Medical Intelligence.
Betreuung während der Auslandsverwendung
Aufgaben während der Auslandsverwendung sind die medizinische und psychologische Betreuung, die Versorgung mit Medikamenten sowie administrative Aufgaben wie medizinische Dokumentation und Führen der Gesundheitsunterlagen, Lotsenfunktion und Einsteuerung in Sanitätseinrichtungen der Bundeswehr und/oder zivile Gesundheitseinrichtungen im Inland, Genehmigung von Heilfürsorgeleistungen, der Prüfung von Rechnungen auf Anspruch auf unentgeltliche truppen(zahn)ärztliche Versorgung (in enger Kooperation mit der Abrechnungsstelle, dem Bundesamt für Personalmanagement in Strausberg) sowie die Organisation von Kranken(rück)transporten und Kostenübernahmeerklärungen. Einzelheiten dazu sowie Informationen zu Erreichbarkeit, genehmigungspflichtigen Leistungen, Antragsformularen zur Erstattung von Krankheitskosten, Anforderung von Handvorrat und Dauermedikation u. ä. sind in einem Merkblatt des LSO SKA niedergelegt, die jeder Soldatin und jedem Soldaten vor einer Auslandsverwendung zugänglich gemacht wird.(Vorzeitige Nach-)Untersuchungen im Inland erfolgen nach mehrwöchiger Erkrankung oder körperlicher Beeinträchtigung, die Anlass zu Bedenken gegen die Fortsetzung der Auslandsverwendung geben könnten, und nach ärztlichem Ermessen in Einzelfällen (z. B. zur Abklärung eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer Erkrankung und der Auslandstätigkeit oder bei befristeten gesundheitlichen Bedenken).
Repatriierung
Rückholungen oder auch Medical Evacuations von Soldatinnen und Soldaten in einer Auslandsverwendung mit einem Linien- (Commercial Carrier) oder einem Ambulanzflugzeug sind selten. Sie werden über den LSO SKA, die Patient Evacuation Coordination Cell (PECC) des KdoSanDst, Koblenz, und das European Air Transport Command (EATC), Eindhoven (NLD) organisiert. Eine Entscheidung über die Rückholung erkrankter oder verletzter Soldaten aus dem Ausland erfolgt dabei unter Abwägung medizinischer, psychologischer, sozialer und wirtschaftlicher Aspekte. Neben Unfällen und kardiovaskulären Erkrankungen sind psychische Störungen bzw. Erkrankungen die häufigsten Gründe für die medizinische Rückführung von Soldatinnen und Soldaten aus dem Ausland und die Überweisung an militärische oder zivile Gesundheitseinrichtungen im Deutschland.
Psychosoziale Aspekte
Wenn es während einer Auslandsverwendung zu psychischen Auffälligkeiten bzw. Störungen kommt, spielen sehr oft Persönlichkeitsstruktur, Über- oder Unterforderung und psychosozialer Stress (Lebens- und Arbeitsbedingungen im Ausland, „Kulturschock“, Schwierigkeiten mit der Landessprache, gesellschaftliche Isolation und Einsamkeit, Kontakte mit Vorgesetzten bzw. Kameraden vor Ort oder Angehörigen des Gastlandes, Monotonie des Daseins, wenig Teilhabe am öffentlichen Leben, etc.) eine krankheitsverursachende Rolle. Bei der Untersuchung auf Auslands- bzw. Tropendienstverwendungsfähigkeit, die nach Auffassung des Verfassers grundsätzlich für alle Soldatinnen und Soldaten (auch bei vorgesehener Verwendung an einer multinationalen Dienststelle oder Stab) durchgeführt werden sollte, ist daher auch auf psychische Vorerkrankungen oder -belastungen sowie auf abnorme Persönlichkeitsstrukturen zu achten. Alkoholkranke Soldatinnen und Soldaten sind nicht auslands- bzw. tropendienstverwendungsfähig. Ferner ist jede Form von Flucht (egal ob aus dem Beruf, Umgebung, Partnerschaft) als Basis für eine Auslandsverwendung nicht tragfähig.
Alkoholmissbrauch und –sucht sind bei bis zu 7 % der Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwendungen, oft auch bei den begleitenden Ehe- oder Lebenspartnern, ein ernstes Problem. Internistische, neurologische, psychiatrische und psychosoziale Folgen und Komplikationen können bestehende Konflikte in den verschiedenen Lebensbereichen verstärken und verschärfen sowie neue schwerwiegende Lebensschwierigkeiten bedingen. Zudem kann es auch zu rauschbedingten Unfällen (Verkehrs-, Dienstunfälle, Unfälle im Freizeitbereich wie etwa beim Tauchsport) kommen. In diesen Fällen kommt es immer wieder zu Rückholungen und Überweisung in ein Bundeswehrkrankenhaus und/oder zivile Gesundheitseinrichtung zur Entgiftungs- und Entwöhnungstherapie.
Gerade der Anpassungserfolg ist bei einer Auslandsverwendung neben anderen Faktoren (insbesondere fachliche und militärische Qualifikation sowie Sprachkenntnisse) stark abhängig von der interkulturellen Kompetenz des Einzelnen. Sie hat eine personenbezogene, eine soziale sowie eine Wahrnehmungsdimension. Wichtig sind in diesem Zusammenhang u. a. Faktoren wie Sensibilität und Einfühlungsvermögen, Wertschätzung anderer Menschen, Offenheit, Selbstbeherrschung, Teamfähigkeit, Gewandtheit im Umgang mit anderen Menschen, situationsadäquates Verhalten, Selbstvertrauen, Flexibilität, Non-Ethnozentrismus und Toleranz, Ambiguitätstoleranz und Eigeninitiative. Dies vermindert den sogenannten Kulturschock (als Zeichen einer mangelnden Anpassungsfähigkeit, die sich in einer permanenten Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, oft verbunden mit einer Abwertung des Gastlandes, zeigt) und erleichtert dem Soldaten vor Ort eine echte Partnerschaft zu Land und Leuten.
Das psychovegetative Erschöpfungssyndrom bzw. Burnout ist nach den Erfahrungen des Verfassers eine der häufigsten Ursachen für eine vorzeitige Beendigung einer Auslandsverwendung. Dabei führen Leistungsdruck und hohe Selbstansprüche in Beruf und Familie zu einer permanenten Überforderung, die letztlich in Resignation mündet. Offene Gespräche mit Vertrauenspersonen helfen bisweilen weiter und verhindern eine Isolation. Eine Psychotherapie kann ebenfalls hilfreich sein. Alkohol kann die Situation verschlimmern und sollte daher vermieden werden.
Ganzheitliche Betrachtung
Die medizinische und psychologische Betreuung von Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwendungen durch LSO SKA findet bei 24stündiger Erreichbarkeit primär aus der Distanz (am Telefon, per E-Mail oder Fax) und in unregelmäßigen Abständen während Dienstreisen mit truppenärztlicher Sprechstunde vor Ort statt. Die Herstellung und Aufrechterhaltung einer tragfähigen und vertrauensvollen Beziehung zwischen dem Autor und dem ihm anvertrauten Soldatinnen und Soldaten sowie deren Vorgesetzten und Angehörigen gehört daher zu den besonderen Herausforderungen.
Vor dem Hintergrund der besonderen Fürsorgeverantwortung erscheint die ganzheitliche Wahrnehmung von Soldaten in Auslandsverwendungen in ihrer körperlich-seelisch-sozialen Einheit besonders wichtig, um ihnen in ihrer Komplexität gerecht zu werden. Es geht um eine humane Atmosphäre, und eine Arzt-Patient-Beziehung, die geprägt ist durch Beratung, Trost und Zuspruch auf der Grundlage persönlicher Teilhabe an der Patientenbiographie. Es soll zum Tragen kommen, den Blick auf den Menschen im Kranken oder Verletzten zu richten, und nicht nur die Krankheit oder Verletzung, die Diagnose oder das eigene medizinische Wissen zu betrachten.
Entscheidend dabei sind Aufmerksamkeit, sinnliche Wahrnehmungsfähigkeit, intuitives Fühlen und Erkennen, Mut zu beobachtendem Abwarten ebenso wie sichere und rasche Entschlusskraft im praktischen Vorgehen sowie der klinische Blick für das Wesentliche.
Bezüglich des truppenärztlichen Verhaltens sollten sich die Erwartungen weitgehend mit den Erwartungen des erkrankten oder verletzten Soldaten decken: menschliche Zuwendung, Herzensgüte, Aufgeschlossenheit, Höflichkeit, Freundlichkeit, Gesprächsbereitschaft, Zuhören-Können, Gewissenhaftigkeit, Kompetenz und Verlässlichkeit, Verantwortung für das Wohl des Patienten, aber auch für die Schonung und Erhaltung der Ressourcen, gepaart mit Fairness, guter Absicht, Bewusstsein für Recht und Gerechtigkeit und Kameradschaft.
Fazit
Innerhalb des Aufgabenspektrums des Sanitätsdienstes der Bundeswehr stellt die truppen(zahn)ärztliche Versorgung von Soldaten in Auslandsverwendungen eine einzigartige, facettenreiche und sinnstiftende personennahe Dienstleistung dar. Sie erfordert eine ganzheitliche ärztliche Grundhaltung. Neben guten allgemeinmedizinischen Fachkenntnissen und Erfahrung erfordert die Aufgabe nicht nur besondere Kenntnisse über das spezielle Krankheitsvorkommen und Möglichkeiten der medizinischen Versorgung im Ausland, sondern zudem auch die Auswirkungen besonderer Umwelteinflüsse und kultureller Gegebenheiten auf die Gesundheit der Soldatinnen und Soldaten. Die erfolgreiche Leistungserbringung hängt dabei entscheidend von einem engen Zusammenspiel und Ineinandergreifen aller Teilbereiche des Sanitätsdienstes und des Gesundheitswesens im In- und Ausland ab. Möge es tagtäglich gelingen, den uns anvertrauten Soldatinnen und Soldaten fernab der Heimat jederzeit medizinisch-professionelle und menschliche Hilfe bei Krankheit oder Verletzung zu bieten. Denn Sorgen heißt Antworten, Verantworten.
[Tab. 1: Risiken bei Auslandsverwendungen]
[Tab. 2: Expositionsrisiken und Infektionen]
[Tab. 3: Medizinische Beratung im Rahmen einer Auslandsverwendung]
[Abb. 1: Malariaübertragung durch nachtaktive Stechmücken (Anophelen)]
[Abb. 2: Psychische Belastungen und Erkrankungen]
[Abb. 3: Ganzheitliche ärztliche Grundhaltung]
Datum: 08.10.2014
Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2014/3