OP-Management im Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
OP-Management wird zunehmend als Führungsinstrument der Krankenhausleitung betrachtet. Die Entwicklung des OP-Managements im Bundeswehrkrankenhaus Hamburg (BwKrhs HH) wird angerissen, Infrastruktur und Personalsituation werden kurz dargelegt und die jetzige Organisation des OP-Betriebs wird beschrieben unter besonderer Berücksichtigung der Faktoren, die unverzichtbar sind für ein wirksames OP-Management. Effekte des OP-Managements werden aufgezeigt und ein Ausblick auf zukünftige Veränderungen gegeben.
Einführung
Der Zentral-OP eines Krankenhauses steht an prominenter Stelle im Behandlungsablauf vieler Patienten. Unterschiedlichste Berufsgruppen und Fachabteilungen arbeiten hier besonders eng verzahnt miteinander am Patienten. Nur begrenzt vorhersagbar ist der Tagesablauf, unerwartete OP-Verläufe und Notfall- Eingriffe verändern OP-Programme bis zur Unkenntlichkeit. Für das Ansehen und damit die Auswahl eines Krankenhauses bei potentiellen Patienten und Einweisern sind Operationsqualität und operatives Spektrum, baldige Terminvergabe zur OP, Planungs-Treue der Eingriffe und die gesamte peri-operative Versorgung ein wesentliches Kriterium. Speziell für Krankenhäuser der Streitkräfte kommt dazu noch die Versorgung der im Auslandseinsatz verletzten oder verwundeten Soldaten und die Aus- und Weiterbildung des Personals aller Berufsgruppen in einsatzrelevanter operativer Versorgung. Nicht zu unterschätzen und von zunehmender Bedeutung sind die finanziellen Aspekte des operativen Betriebes: Die OP-Abteilung gehört zu den kostenintensivsten Teilen eines Krankenhauses. Für die Bereitstellung eines OP-Saales werden etwa 670 € / Stunde veranschlagt, wovon ca. 600 € auf Personalkosten entfallen. Mit diesem Element wird jedoch ein großer Teil der Erlöse eines Krankenhauses generiert. Gleichzeitig ist der Zentral- OP traditionell eine Engstelle im Behandlungsablauf: viele Patienten müssen mit Hilfe eng begrenzter und nicht beliebig erweiterbarer räumlicher und personeller Ressourcen versorgt werden.
Die Leitung einer OP-Abteilung oblag früher regelhaft einer operativen Abteilung, meist der Chirurgie. Die Komplexität des OP-Betriebs und die sich verschärfenden wirtschaftlichen Bedingungen machen es aber zunehmend schwierig, einen Zentral-OP mit den Aspekten Personal, Material, Infrastruktur und Sterilgutversorgung in Zweitfunktion zu führen.
Als Folge dieser Überlegungen bildet sich seit einigen Jahren primär in zivilen Kliniken der Tätigkeitsbereich eines Verantwortlichen für den OP-Betrieb heraus, bezeichnet als OPKoordinator oder OP-Manager. Er soll die teils divergierenden Interessen der am OP-Betrieb Beteiligten im Sinne des Krankenhauses bündeln, die Ressourcennutzung optimieren und Unwägbarkeiten im Ablauf minimieren.
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr vollzieht diese Entwicklung mit. In welche Richtung sie geht, zeigt neben der Vorgabe von Leistungszahlen, Benchmarking und Nutzung von Controllinginstrumenten vor allem die Ausweisung des Dienstpostens „OP-Manager“ in der aktuell geltenden STAN als unmittelbar dem Chefarzt verantwortlicher SanStOffz.
Gewünscht ist eine professionelle Verwaltung und Führung des OP-Betriebs, die unabhängig von Abteilungs-Loyalitäten durch ständige Optimierung von Abläufen freie Ressourcen erschließt, Störungen identifiziert und behebt und die erbrachten Leistungen transparent darstellt. So werden Entscheidungen erleichtert, Forderungen sachlich begründbar und zielgerichtete Entwicklungen möglich.
Historie
Im BwKrhs HH war die Verantwortung für den Zentral-OP bis 2004 dem Abteilungsleiter Chirurgie beigeordnet. In 2004 wurde die Position des OP-Managers geschaffen. Sein Aufgabenbereich umfasste Planung und Organisation des Tagesbetriebs sowie Datenerfassung. Primär wurde ein anästhesiologischer Oberarzt als OP-Manager benannt. Er unterstand als Anästhesist dem Abteilungsleiter Anästhesie, in der Funktion OP-Manager dem Chefarzt. Aus dieser Phase stammt das erste OP-Statut im BwKrhs HH.
2006 wurde die Dienstzeit nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) ausgerichtet. Dabei wurden die OP-Betriebszeiten an allen Tagen vereinheitlicht und eine Spätschicht im OP eingerichtet. Die Dienstzeiten von militärischem und zivilem Personal im OP sind seitdem gleich.
Mit dem Jahr 2007 trat die neue STAN in Kraft und der OP-Manager trägt seitdem die Verantwortung für operatives Personal, Material/ Instrumentarium, Infrastruktur und Organisation. Er ist den Abteilungsleitern des Hauses gleichgestellt. Dem OP-Manager untersteht auch die Zentrale-Sterilgut-Versorgungs- Abteilung (ZSVA), die in der geltenden STAN den Status einer TE erlangt hat.
Infrastruktur und jetzige Organisation des OP-Betriebes
Der Zentral-OP des BwKrhs HH besteht aus zwei, durch die Bettenschleuse voneinander getrennten Steril-Bereichen.
Der Zentral-OP umfasst fünf OP-Säle, einen Eingriffsraum (TUR-Saal und einen Raum für LA-Eingriffe. Vier Sälen ist ein Einleitungsraum zugeordnet. Ausleitungsräume fehlen. Da der OP aus den frühen Siebzigern des letzten Jahrhunderts stammt, sind weder Rüst - räume noch eine holding area vorhanden. Die operativen Prozess-Schritte sind daher im wesentlichen in den OP-Sälen direkt lokalisiert und können nicht ausgelagert werden). Prozess-Verbesserungen können deshalb kaum durch räumliche Entzerrung erreicht werden. Der Aufwachraum, in den mehr als 90% aller operierten Patienten verlegt werden, ist 50 Meter von der Patientenschleuse entfernt, der Sterilbereich ist durch jeweils eine Motorschleuse vom unsterilen Bereich getrennt. Beides steht dem Bestreben nach möglichst kurzen Wechselzeiten genauso entgegen wie die Tatsache, dass Patientenwege, Materialwege, Wege des sauberen und des benutzten Instrumentariums weitgehend gleich sind. Abstellplätze für Patientenbetten, Großgerät, OP-Tische sind praktisch nicht vorhanden. Für den Betrieb des OP im jetzigen Umfang müssen an jedem Tag 15 Mitarbeiter operatives Fachpersonal anwesend sein. Zum 01.07.08 standen 20 Mitarbeiter einschließlich Einsatz-Ergänzungs-Personal zur Verfügung. Die Abwesenheitsquote (Krankheit, Urlaub, Auslandseinsatz und anderes) lag bei der letzten Erfassung in 2006 bei 25,3% für ziviles Personal und 33,7 % für militärisches Personal. Die Werte für die Anästhesie-Gruppe lagen bei 26,8% bzw. 52,7%. So ist an vielen Tagen kreativer Personaleinsatz erforderlich.
Grundlage des OP-Betriebs ist ein vom Chefarzt erlassenes OP-Statut. Darin werden Verantwortungen geregelt, Prozessabläufe vorgegeben und die Übereinstimmung des Betriebes mit der Vielzahl an externen Regeln sichergestellt, denen der OP-Betrieb unterworfen ist. Das Statut ist entstanden in enger Abstimmung mit allen operativen Abteilungen; Pflegedienstleitung, Verwaltung, Personalrat waren beteiligt. Es wurde von allen Abteilungsleitern per Unterschrift anerkannt. Es definiert Ziele und Rahmenbedingungen des OP-Betriebs, macht Vorgaben zu OP-Planung, OP-Betrieb, Ressourcenverteilung und zur Weiterentwicklung des OP-Betriebs. Schwerpunkte des Statuts sind zum einen die klare wie Beachtung der Kapazitätsgrenzen (Beispiel s. Tab. 1), und zum anderen die Definition von Verfahren für Situationen, in denen vom gedachten Verlauf abgewichen werden muss, wie das Einarbeiten von Notfall-Eingriffen in den OP-Plan (Beispiel s. Tab. 2). OP-Reporting und die Entscheidungsfindung in den regelmäßigen OP-Konferenzen sind ebenfalls geregelt.
Die Verteilung der Ressource OP-Kapazität war zu Beginn des OP-Managements historisch gewachsen. Mit Hilfe der vorliegenden Daten wurde zunächst der theoretische Bedarf an OP-Zeit berechnet:
Bedarf OP-Zeit = operative Bettenzahl x 1 x Ø Eingriffsdauer.
Ø Belegungszeit
Aus den errechneten Werten lässt sich dann der relative Anteil des Gesamtkontingents errechnen, den die Abteilungen benötigen. Auf dieser Basis wurde in gemeinsamen Sitzungen die verfügbare OP-Kapazität aufgeteilt. Auf Basis des TVöD wurde ein Arbeitszeitmodell entwickelt. Wochenarbeitszeit und Bereitschaftsdienstregelung für OP-Gruppe und Anästhesiegruppe sind identisch, es gibt keinen Unterschied der Dienstzeiten zwischen militärischen und zivilen Mitarbeitern. Die Regelarbeitszeit für den Tagdienst beträgt 42,5 Stunden pro Woche, einschließlich Pausen. Mitarbeiter, die Bereitschaftsdienst in der Woche leisten, beginnen überlappend zum Tagdienst um 14:00 Uhr mit einer Arbeitszeit von 10 Stunden incl. Pausen, gefolgt von 7 Stunden Bereitschaft. Am Wochenende wird in 24-Stunden-Intervallen Bereitschaftsdienst geleistet. Mit diesem Modell werden die Vorgaben des TVöD und des Arbeitszeitgesetzes erfüllt.
Die OP-Zeit-Verteilung wurde mehrfach geändert, weil Abteilungen eine andere Kapazität benötigten oder das Haus mehr OP-Zeit bereitstellen konnte. Aktuell gilt folgende Kapazität und Verteilung:
- Pro Woche werden 30 OP-Tische betrieben, 6 Tische pro Werktag.
- 5 OP-Tische werden morgens, 1 OP-Tisch wird nachmittags betrieben.
- Die 5 OP-Tische morgens werden Abteilungen fest zugeordnet (reguläre Kontingente).
- Der OP-Tisch nachmittags wird von allen Abteilungen nach dem first-in-first-out- Prinzip belegt.
So können Patienten operiert werden, die im regulären Kontingent keinen Platz mehr finden. Patienten von nicht regelhaft im Zentral- OP operierenden Abteilungen wie Dermatologie oder Augenheilkunde können hier eingeplant werden, ohne reguläre Kapazitäten einzuschränken. Auch Patienten, die aufgrund von Notfall-Eingriffen oder Zeitüberschreitungen aus ihrem geplanten OP-Termin herausfallen würden, können nachmittags operiert werden. Da die Besatzung gleichzeitig für die Notfall-Versorgung zuständig ist, darf der Tisch elektiv nur zur Hälfte verplant werden und elektive Eingriffe, die auf diesem Tisch stattfinden sollen, müssen voraussichtlich kürzer als 2 Stunden dauern.
Die aktuelle Tischverteilung ist wie folgt:
Allgemeinchirurgie 5 Tische/Woche;
HNO-Heilkunde 5 Tische/Woche;
MKG-Chirurgie 5 Tische/Woche;
Orthopädie/Unfallchirurgie 5 Tische/Woche;
Neurochirurgie 1 Tisch/Woche;
Urologie 4 Tische/Woche.
Besonderheiten:
An einem Tag in der Woche kann die MKGChirurgie Langzeitoperationen durchführen mit einer Tischlaufzeit von 14 Stunden. An diesem Tag werden morgens nur 4 Tische betrieben und nachmittags 2 Tische, wovon einer der MKG-Chirurgie zugeordnet ist und ein Tisch dem oben beschriebenen Nachmittagstisch entspricht. Der Raum für LA-Eingriffe steht allen Abteilungen zur Verfügung. Er ist nicht mit eigenem Personal besetzt und wird deshalb nicht auf die OP-Zeitkontingente der Abteilungen angerechnet. Traditionell wird er vorwiegend von der HNOHeilkunde genutzt.
Die OP-Betriebszeit, definiert als die Zeit, in der ein Saal mit einem Patienten belegt ist, beträgt 7 Stunden. Sie beginnt für die frühen Tische eine halbe Stunde nach Arbeitsbeginn. In dieser Zeit wird der Saal in Betrieb genommen, die erste Narkose eingeleitet, für den ersten Eingriff gerichtet und das aufbereitete Instrumentarium in die Lagerschränke eingeräumt. Die OP-Betriebszeit endet eine Stunde vor Dienstende des Personals. Diese Stunde dient als Reserve. Die Reserve wird genutzt, wenn Eingriffe oder Wechselzeiten länger dauern als geplant oder wenn Notfälle in den laufenden Betrieb integriert werden müssen.
Organisation
Alle operativen Abteilungen melden bis 14:00 Uhr die für den nächsten Tag geplanten Eingriffe in der OP-Planungs- und Dokumentationssoftware MCC.OP. Die Anmeldung beinhaltet:
- Stammdaten des Patienten.
- Diagnose und Therapie, einschließlich (falls erforderlich) Seitenangabe und Verfahren.
- Operations-Dauer.
- Operateur und Assistent.
- Hinweise zu Lagerung, besonderem Material oder Ressourcen, Besonderheiten des Eingriffs oder des Patienten, ggfs. Infektions status.
- Falls erforderlich, Status des Patienten und Aufnahme-Art.
- Dringlichkeit, insbesondere bei Nachmeldung von Patienten für den gleichen Tag.
Für die Planung gelten folgende Grundsätze:
- Kontingente werden ausgeplant ohne Vorhalten von Notfallkapazität im Abteilungskontingent (Reserven sind bereits im Umfang des Kontingentes berücksichtigt).
- Zwischen zwei Eingriffen wird eine Wechselzeit von 40 Minuten eingeplant.
- Langdauernde Eingriffe oder Eingriffe, deren Dauer sich nur schlecht abschätzen lässt, werden so früh eingeplant, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht über das Ende der OP-Betriebszeit hinausgehen.
- Vor Eingriffen, die eine umfangreiche anästhesiologische Einleitung brauchen, soll regelhaft ein kurzer Eingriff stattfinden, um das parallele Arbeiten an zwei Patienten zu ermöglichen.
- Für Eingriffe, die über die OP-Betriebszeit hinausgeplant werden sollen, gelten die Regeln des Statuts, wie sie in Tabelle 1 auszugsweise abgedruckt sind. Alternativ können Patienten für den späten OP-Tisch geplant werden, sofern dort noch Kapazitäten frei sind.
Um 14:00 Uhr des Vortages wird der Plan in einer Besprechung fixiert. Dabei können noch Eingriffe in der Reihenfolge oder auch zwischen den Tischen verschoben werden. Es wird versucht, die einzelnen Tische fachspezifisch zu vergeben, mitunter ist eine optimale Ressourcen-Auslastung aber nur durch gemischte Tischvergabe möglich. An der Besprechung nimmt auch Personal der OPGruppe und der Anästhesie teil, so dass Ressourcenkonflikte erkannt und behoben werden können und anästhesiologische Besonderheiten berücksichtigt werden können. Regelhafte Änderungen nach 14:00 Uhr betreffen nur noch Patienten, deren Position im OPPlan aufgrund später bekannt werdender medizinischer (z.B. fehlende Diagnostik) oder anästhesiologischer Gegebenheiten (z.B. periphere RegAn) verändert werden muss.
Die Beschlüsse der Besprechung sind bindend, die Abteilungen verlieren die Planungshoheit an den OP-Koordinator. Änderungen im OPPlan werden danach nur noch vom OP-Koordinator oder bis 22:00 Uhr von seinen Vertretern vorgenommen. Später eingehende Änderungswünsche werden von Anwesenheitsdiensten der Abteilung Anästhesie aufgenommen und am nächsten Morgen an den OP-Koordinator weitergegeben, der sie bearbeitet. Insbesondere die ersten Positionen eines jeden OP-Saales werden nicht mehr geändert, da die Bereitschaftsdienste diese Eingriffe bereits am Vortag so weit als möglich vorbereiten (Tische, Großgeräte, Instrumente, Kit-Packs, Anästhesie-Monitoring). Alle Änderungen verantwortet der OP-Koordinator bzw. seine Vertreter in Abstimmung mit den operativen Abteilungen.
Der OP-Plan wird in der bereits erwähnten Software geführt. Er ist auf allen dazu ausgewiesenen Rechnern in OP, Arztzimmern und Stationen verfügbar. Die ausschließliche Verfügbarkeit in elektronischer Form stellt hohe Anforderungen an Software, Hardware und Netzwerk und ist Gegenstand häufiger, oft auch berechtigter Kritik. Andererseits zeigt die Erfahrung, dass praktisch in allen Fällen, in denen der falsche Patient zum OP-Bereich gebracht wurde, eine Kombination von zwei Faktoren verantwortlich war:
- Änderung des OP-Plans spät am Vortag (hier speziell der erste Patient des Tages).
- Transport nicht nach dem aktuellen Plan, sondern nach einem Ausdruck vom Vortag.
Zur täglichen Routine gehört die Teilnahme des OP-Koordinators an der Morgenbesprechung der Abteilung Anästhesie. Hier erfährt er die noch nicht fixierten Änderungswünsche der Abteilungen, erhält die Nachmeldungen aus dem Nachtbetrieb und wird informiert über die vorhandene Intensivkapazität.
Der Tagesbetrieb fordert regelhaft in zwei Phasen besonders intensive Koordination:
- Saal-Beginn: Die Einhaltung der vorgegebenen Zeitmarken für „erster Beginn chirurgischer Maßnahmen“ und „erster OPBeginn“ sind entscheidend für den Ablauf des gesamten OP-Tages. Diese Phase endet gegen 08:15 Uhr.
- Mittagszeit: ab 12:00 Uhr muss überprüft werden, ob die Säle dem gedachten Verlauf folgen oder ob relevante Abweichungen auftreten. Bereits jetzt müssen im Bedarfsfall Patienten an andere Position gesetzt oder in andere Säle oder auch in den späten Saal verschoben werden, um Ressourcen maximal zu nutzen. Gleichzeitig gehen die ersten Anfragen ein, ob es Valenzen am nächsten Tag gebe. Schließlich wird jetzt bei etlichen aktuell aufgenommenen Patienten die Diagnostik mit der Entscheidung zur heutigen Operation abgeschlossen, so dass auch diese Patienten noch im Plan positioniert werden müssen. Ab 13:00 Uhr müssen Entscheidungen getroffen werden, ob und wie Tische in die Reservezeit laufen, welche Patienten in den späten Saal verschoben werden müssen und wie der späte Saal ausgeplant wird. Aus der gedachten 50%-Belegung des Vortages kann durchaus eine vollständige Belegung werden, manchmal auch mit elektiven Operationen bis zum Schluss der regulären Arbeitszeit um 24:00 Uhr. Ende dieser Phase ist gegen 15:30 Uhr, wenn die Informationen aus der OP-Plan-Besprechung der Anästhesie vorliegen.
Alle Änderungen werden in der OP-Dokumentationssoftware erfasst. Parallel zum Plan wird auch die Durchführung angezeigt. Es kann also jederzeit gedachter und realer Verlauf verglichen werden, wodurch eine frühzeitige Reaktion auf Abweichungen vom Plan möglich ist. Auch jeder operative Abteilungsleiter ist in der Lage, den Verlauf seiner Operationen online zu verfolgen.
Ziel der Tages-Routine ist es, vier Tische bis zum Ende der Dienstzeit abgeschlossen zu haben und alle noch verbleibenden Patienten in den späten Saal kanalisiert zu haben. Dabei soll die kostbare Ressource OP-Kapazität möglichst vollständig genutzt und es sollen möglichst wenig Patienten abgesetzt, d.h. auf einen späteren Tag verschoben, werden.
Neben diesen Routinetätigkeiten, von deren Ergebnissen maßgeblich die Zufriedenheit operativer Patienten und Operateure abhängt, muss, wenn möglich täglich, das Reporting der Eingriffe im Zentral-OP vorbereitet werden.
In der Software werden alle Daten erfasst, die erforderlich sind für Prozessbeschreibung und -optimierung. Die Rohdatenerfassung als Aufgabe der Leistungserbringer muss sofort, parallel oder unmittelbar nach der Operation erfolgen, um valide Daten zu erhalten. Die Rohdatenauswertung muss möglichst bald nach der Datenentstehung, in der Regel am nächsten Arbeitstag, stattfinden. Nur wenn der Ablauf des Tages bei der Auswertung noch geistig präsent ist, können die Daten korrekt interpretiert werden (s. Tabelle 3).
Aus den so erfassten Daten wird monatlich ein OP-Report erstellt, der den Betrieb im Zentral- OP beschreibt. Er wird an alle operativen Abteilungsleiter und ihre Oberärzte verteilt, sowie an die Abteilung Anästhesie, die OP-Gruppe und die Abteilungsleiter, die nur selten im Zentral- OP operieren. Der Verteiler umfasst auch Chefarzt, Controlling und Pflegedienstleitung. Alle Empfänger erhalten die Daten aller Abteilungen, so dass maximale Transparenz erreicht wird. Zur Zeit werden die in der Tabelle 4 dargestellten Daten präsentiert.
Einmal im Quartal findet gemäß Statut eine Koordinationsbesprechung statt. Dabei werden weitergehende Daten dargestellt, offene Fragen geklärt und grundsätzliche Absprachen getroffen.
Folgende Punkte haben sich für ein erfolgreiches OP-Management als unverzichtbar erwiesen:
Verfügbarkeit des OP-Managers:
Der OP-Manager oder ein Vertreter muss während der gesamten Betriebszeit des OP verfügbar sein. Dabei muss sich seine Bindung durch andere Funktionen (z.B. Arbeit in seinem Fachgebiet) auf ein Minimum beschränken. Nur dann kann er die Vielzahl zeitkritischer Aufgaben erfüllen. Der in der STAN vorgesehene Anteil von 50% seiner Arbeitsleistung im Fach kann nicht erbracht werden, ohne dass die OP-Koordination darunter leidet.
Neutralität:
Der OP-Manager muss allen Beteiligten am OP-Prozess als neutraler Mittler erscheinen, der allein dem Haus verantwortlich ist und den Gesamt-Prozess im Fokus hat. In dem Moment, in dem er den Anschein von Abteilungs- Loyalität oder Ungleichbehandlung erweckt, sinkt seine Autorität und seine Durchsetzungskraft, womit der Prozess ins Stocken gerät.
Transparenz:
Der OP-Manager hat Entscheidungsbefugnis in Fragen, die früher traditionell von den operativen Abteilungen entschieden wurden. Dieser Machttransfer wird von den Abteilungen nur akzeptiert und als entlastend empfunden, wenn Entscheidungen eine sachliche und organisatorische Grundlage haben und Sinn machen, wenn sie nicht im Verborgenen getroffen werden, wenn unangenehme Folgen alle Abteilungen gleich treffen und die Entscheidungen in der Summe positive Effekte haben. Als transparent werden Regeln empfunden, wenn die Abteilungen Gelegenheit haben, sie mit zu entwickeln. Auch die Transparenz der Leistungszahlen schafft Akzeptanz für den status quo oder für Veränderungen im OP.
Kommunikation:
Untrennbar von der Transparenz ist umfangreiche Kommunikation. Alle Entscheidungen und Veränderungen müssen allen Beteiligten mitgeteilt werden, damit auch alle gehört werden können und eingebunden sind. Hierbei ist zum einen wichtig, alle den Grund wissen zu lassen, warum der OPManager jetzt so entscheidet, zum anderen auch die nur mittelbar Betroffenen zu informieren (z. B. Stationen bei geändertem Plan). Wenn immer möglich, sollten Saal-Teams direkt und nicht per Telefon über Änderungen informiert werden, es ist sonst ein „Stille-Post-Effekt“ zu befürchten. Abteilungsverantwortliche müssen informiert wer den über Änderungen, auch wenn sie nicht im Saal sind.
Bündelung der Entscheidungskompetenz:
Alle Entscheidungen und alle Änderungen des Programms müssen über den OP-Manager laufen. Alle isolierten Entscheidungen operativer Abteilungen oder von Saal- Teams müssen unterbunden werden. Keine Saal-Mannschaft und keine operative Abteilung kann den aktuellen Überblick des OP- Manager haben, der deshalb guten Grund für eine bestimmte Änderung hat. Abteilungs-Egoismen auf Kosten anderer Abteilungen muss der OP-Manager verhindern. Dabei ist es selbstverständlich, dass er alle Vorschläge und Hinweise aufnimmt und darauf prüft, ob sie besser sind als seine aktuelle Planung oder ob er sie zumindest schadlos in den Ablauf integrieren kann. Er wird auch Änderungswünsche nur dann ablehnen, wenn es einen sachlichen Grund dafür gibt. Der OP-Betrieb ist keine Arena für Machtproben.
Reserven:
Verfügbare Reserven sind unverzichtbar. Ein ausgeplantes Programm ohne Reserven kann scheitern beim ersten Notfall, einer einzigen unerwartet schwierigen Narkose-Einleitung oder dem ersten ungeplant länger dauernden Eingriff. Gibt es Pufferzeiten, können auch größere Störungen des Programms bewältigt werden, ohne dass Patienten abgesetzt werden oder Dienstzeiten weit überschritten werden müssen (Bild 3). Dabei ist wichtig, dass die Reserven auch real vorgehalten werden und nicht bereits am Vortag ausgeplant sind. Für Operateure, die an maximale Ausplanung gewöhnt sind, mag dies schwer vorstellbar sein. Wenn aber der Nutzen von Reserven erlebt wird, werden sie auch akzeptiert.
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Kontingent-Ausnutzung (frühe Säle):
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Nutzung der Nachmittags-Säle:
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Pünktlicher Beginn morgens. |
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Wenn nicht anders erwähnt, Daten jeweils für alle Abteilungen einzeln und für Zentral-OP gesamt präsentiert.
Daten-Interpretation:
Primär muss der OP-Manager die Zahlen aus seinem Verantwortungsbereich bewerten. Die erhobenen Daten sind nur eine Beschreibung. Sie benötigen alle der Interpretation durch jemanden mit fundierten Kenntnissen des jeweiligen OP-Betriebs. Bereits für andere Angehörige des Krankenhauses als den OP-Manager ist dies im allgemeinen nicht möglich, geschweige denn für externe Dienststellen. Das gilt auch für scheinbar einfache Werte wie Schnitt-Naht-Minuten. Wenn etwa die Zahl der operierten Patienten steigt, bei gleichzeitigem Rückgang der Schnitt-Naht- Minuten, gibt es mehrere denkbare Erklärungen wie: die Fälle werden einfacher – es gibt weniger auszubildende Ärzte – die Abteilung erweitert ihr Spektrum mit einer entsprechenden Lernkurve der Operateure.
Unter diesen Umständen aus Rohdaten weit reichende Schlüsse zu ziehen ist zumindest problematisch, kann auch in die Irre führen. Konsens sollte es deshalb sein, dass Daten, die im OP gewonnen werden und die operative Leistung der Abteilungen beschreiben, über den OP-Manager angefordert werden. Werden Daten an Vorgesetzte oder andere Dienststellen gegeben, sollten die Leistungserbringer und der OP-Manager zumindest aber darüber informiert werden, welche Daten geliefert wurden.
Effekte des OP-Managements
In der Tabelle 5 sind Daten aufgelistet, die üblicherweise genutzt werden, um den Effekt des OP-Managements zu beschreiben. Tatsächlich müssen sie aber immer im Rahmen von Verhältnissen und Entwicklungen innerhalb und außerhalb des Hauses gesehen werden: werden etwa die Eingriffszahlen gesteigert, haben Operateure, Stationen und Personal im OP mehr geleistet. Der OP-Manager hat lediglich den Raum für die Leistungssteigerung geschaffen. Darüber hinaus gibt es weitere, allerdings schlechter fassbare Effekte des OP-Managements: Wenn der Betrieb reibungsärmer abläuft, weniger Energie auf immer wiederkehrende Problemlösungen verwendet werden muss, die OP-Kapazität nicht mehr die Engstelle in der Patientenversorgung darstellt, lässt sich dies schlecht in Zahlen erfassen. Ebenfalls nicht quantifizierbar sind die Effekte beharrlichen prozess-optimierenden Verhaltens des OP-Managers. Andere Effekte des OP-Management betreffen Sachverhalte, deren Änderung der OP-Manager nur anregen kann, wie beispielsweise Personal- Ausstattung bei zivilem und militärischem Funktionspersonal, Infrastruktur- und Baumaßnahmen, Beschaffung von Material und Instrumentarium. In all diesen Bereichen ist der OP-Manager zwar nicht entscheidungsbefugt, er ist aber unverzichtbar als Problem-Beschreiber, Katalysator, Stichwortgeber. Es ist wichtig, im Rahmen dieses Artikels die effektive Zusammenarbeit hervor zu heben mit der Verwaltung des BwKrhs Hamburg, der Pflegedienstleitung, den Infrastrukturbeauftragen, der KIS-Administration, der S1-Abteilung und dem S4 und dem Krankenhaus- Ingenieur. Vieles, was erreicht wurde oder im Werden ist, wird im OP sichtbar und dem OP zugerechnet. Entschieden und erarbeitet wurde es aber von den oben genannten Stellen oder andernorts, zum Teil auch weit außerhalb des Krankenhauses. Als Beispiel sei genannt die Entfristung von zivilen Stellen, die Zuordnung von militärischem Ergänzungspersonal, die Material-Komplettierung und die Änderungen von Infrastruktur.
Ausblick
Der Fokus des OP-Managements am BwKrhs HH liegt vor allem auf zwei Gebieten. Zum einen soll die OP-Kapazität weiter ausgedehnt werden. Neben der damit erreichbaren Verbesserung der Notfall-Versorgung ist das Motiv dafür, dass ein vermehrtes Angebot auch eine vermehrte Leistung nach sich zieht und dass es neben der bereits aufwachsenden Neurochirurgie in absehbarer Zeit auch eine gefäßchirurgische Komponente geben wird. Ziel ist es hier, so bald als möglich einen siebten Saal an jedem Tag anzubieten. Dieser Saal kann auf Grund der baulichen Gegebenheiten nur nachmittags angeboten werden. Ob er fest kontingentiert, also Abteilungen fest zugeordnet wird, oder als frei verfügbarer Saal für alle ausgewiesen wird, ist noch nicht entschieden. In beiden Fällen wird die Reaktionszeit für Notfälle am Nachmittag deutlich verkürzt, insbesondere dann, wenn mit MKGChirurgie, Neurochirurgie und Gefäßchirurgie drei Abteilungen mit erfahrungsgemäß längeren Eingriffen in Betrieb sind. Zur Erweiterung wird es kommen, wenn alle Stellen der TE OP besetzt sein werden, worauf wir noch für dieses Jahr hoffen und wenn der ZSVANeubau in Betrieb genommen ist, womit wir für 2009 rechnen.
Zum anderen sollen die Prozesse optimiert werden, sowohl bezüglich grundsätzlicher Fragen, als auch des Tagesbetriebes. Ein grund sätzlicher Aspekt betrifft die Ausbildung möglichst vieler Soldaten der OP-Gruppe zu Sterilgut-Assistenten. Ziel ist es, die beiden Teileinheiten OP und ZSVA so zu verschränken, dass kurzfristige Personalschwankungen abgefangen werden können.
Im Tagesbetrieb gilt, dass Ressourcen im Wesentlichen nur aus einer Verkürzung der Wechselzeiten zu gewinnen sind. Die Bundeswehrkrankenhäuser mit ihrer hohen Ausbildungsverpflichtung für ärztliches und nichtärztliches Personal werden die Schnitt-Naht- Zeiten nur unwesentlich verändern können. Auch die rein anästhesiologischen Zeiten wie Ein- oder Ausleitungsdauer sind im allgemeinen nicht mehr reduzierbar. Die Verkürzung der Naht-Schnitt-Zeiten wird deshalb vorangetrieben mit Infrastrukturmaßnahmen, die noch in diesem Jahr beginnen sollen: Umbau der jetzigen Bettenschleuse zu einer Doppelkammer- Bettenschleuse. Dafür Entfernung der Motorschleusen und Herstellung eines gemeinsamen Sterilbereichs für die beiden jetzt noch getrennten OP-Teile. Diese Veränderung wird eine deutliche Ablaufbeschleunigung für das Ein- und Ausschleusen von Patienten bringen, die Wege für Personal und Material werden verkürzt. Die nicht mehr benötigten Sterilisationsräume auf den beiden OP-Seiten werden zu Rüsträumen umgebaut, so dass hier eine räumliche Entzerrung des linearen OP-Prozesses stattfinden kann. Zusammen mit einem anästhesiologischen Wechsel-Team wird dies eine deutliche Verkürzung der Wechselzeiten bewirken.
Fortführen werden wir die bereits begonnenen Prozess-Veränderungen. Die Anästhesie- Abeilung hat hier Wesentliches erreicht mit der Vorgabe von Norm-Zeiten für Ein- und Ausleitung, bei deren Erreichen ein zweiter Anästhesist dazu geholt werden soll. Ebenfalls gibt es Vorgaben, nach welcher Ausleitungsdauer der Patient zur weiteren Narkose- Ausleitung in die Einleitung verbracht werden soll, damit der Saal parallel gereinigt und vorbereitet werden kann. Von Seiten der OPGruppe wurde mit Sieb-Neuorganisation, Einführung von Kit-Packs und einer geänderten Materialversorgung erreicht, dass Aufgaben besser verteilt werden, körperlich einfacher zu bewältigen sind und parallelisiert werden können. Entscheidend ist, im täglichen Umgang mit allen Beteiligten aus allen Berufsgruppen und auf allen Ebenen der Hierarchie prozess-orientiertes Denken zu vermitteln. So können verdeckte Ressourcen erschlossen und die Leistungsdaten gesteigert werden, ohne dass es zu unkontrollierter Über stundenansammlung oder purer Leistungsverdichtung kommt.
Auch die elektronische Dokumentation ist ein Gebiet, auf dem noch erheblicher Handlungsbedarf besteht und Verbesserungspotential liegt. Noch immer sind nicht alle im Lastenheft des Programms aufgelisteten Daten verfügbar, noch immer ist vieles an dem Produkt zeitaufwändig und ergonomisch verbesserbar. Letztlich werden in Zukunft sicher die wirtschaftlichen As - pekte stärker zum Tragen kommen. Neben den Anforderungen an das operative Spektrum hinsichtlich Ausbildung, In-Übung- Hal tung, Einsatzrelevanz erwarte ich auch Vorgaben zur Erlös-Situation, die in das Management der Ressource OP einfließen werden und so die weitere Entwicklung und Schwerpunktbildung im OP zumindest beeinflussen.
Fazit
OP-Management muss auch in einem kleineren Krankenhaus als Teil der Primärkompetenzen verstanden werden, die der Krankenhausführung unmittelbar zugeordnet sind. Die Aufgabe ist zu umfangreich und komplex, um als Zweitfunktion ausgeübt zu werden. Auf der Grundlage eines breiten Konsens der Beteiligten, der in der Form eines Statuts vorliegt, können die operativen Prozesse protokolliert, ausgewertet und verbessert werden. Dabei zwingen die Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens alle Beteiligten, ihre Interessen in den Kontext des Hauses einzubringen. Der OP-Manager muss diesen Kontext im OP sichtbar machen und durchsetzen. Die optimale Nutzung der Ressource OP im Sinne des Hauses ist seine Aufgabe. Erfolgreich wird er dabei nur sein in der Zusammenarbeit mit allen operativen Abteilungen, Verwaltung und Stabsabteilungen.
Zusätzliche Übersicht, Tabellen und Abbildungen beim Verfasser.
Datum: 01.10.2008
Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2008/3