Sanitätsdienst der Luftwaffe

Nach der Aufstellung des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr im Jahre 2002 verblieb nur ein kleiner Teil des ursprünglichen Luftwaffensanitätsdienstes in der Luftwaffe, um dem speziellen Bedarf der Luft- und Raumfahrtmedizin gerecht zu werden. Im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr wurde eine umfassende Umgliederung des „Team Flugmedizin“ vorgenommen.

Am 1. Oktober 2013 wurde mit der Aufstellung des Zentrums für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe (ZentrLuRMedLw) die neue Struktur eingenommen. Am 21. Mai 2014 wurde durch den Abschluss eines Kooperationsvertrages mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) eine zukunftsweisende und nachhaltige Weiche für die militärische Flugmedizin in Deutschland gestellt.

In den fliegenden Verbänden der Bundeswehr leistet der sog. Fliegerärztliche Dienst unverändert seinen Dienst.

Das Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe

Durch „Auflösung“ der vorherigen Dienststellen „Generalarzt der Luftwaffe“ und „Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe“ wurde am 1. Oktober 2013 durch Überführung der bisherigen Dienststellen (GenArztLw und FlugMedInstLw) das neue „Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe“ geschaffen. Das Zentrum ist zuständig für die Fachaufgaben Luft- und Raumfahrtmedizin in der gesamten Bundeswehr sowie den Fliegerärztlichen Dienst in Heer, Luftwaffe und Marine sowie im Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr (ZSanDstBw).

Das ZentrLuRMedLw wird durch den Generalarzt der Luftwaffe (GenArztLw) geführt. Er ist der Leitende Fliegerarzt der Bundeswehr und der Generalarzt Flugmedizin im Luftfahrtamt der Bundeswehr. Die Leitenden Fliegerärzte von Heer, Marine und ZSanDstBw sind dem GenArztLw fachlich unterstellt. Der Leitende Fliegerarzt der Luftwaffe ist ihm als Fachabteilungsleiter III des ZentrLuRMedLw zudem disziplinar und fachdienstlich unterstellt.

Aktuell ist das ZentrLuRMedLw noch auf fünf Standorte verteilt. Bis Mitte 2019 werden diejenigen Angehörigen des Zentrums, die bisher an den Standorten Fürstenfeldbruck, Manching und Bückeburg ihren Dienst versehen, nach Köln umziehen, so dass ab 2019 das ZentrLuRMedLw auf die Standorte Köln und Königsbrück konzentriert sein wird. 

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Abb. 1: Organigramm des ZentrLuRMedLw.

Die Aufgaben des ZentrLuRMedLw sind vielfältig. Dies wird durch die Aufteilung in drei Fachabteilungen abgebildet:

Fachabteilung I – Forschung, Wissenschaft und Erprobung

Fachgruppe I 1 am Standort Königsbrück bei Dresden, ist verantwortlich für den Bereich „Flugphysiologie“ und betreibt ein entsprechendes Trainingszentrum. Dies bedeutet das Betreiben einer Humanzentrifuge, einer Höhenklimasimulationskammer, eines Desorientierungstrainers sowie entsprechender Schulungsprogramme, mit denen fliegende Besatzungen für diese Grenzbereiche ausgebildet und in Übung gehalten werden.

Die Fachgruppen I 2, I 3 und I 4 sind bis zu ihrem endgültigen Umzug noch im Süden von Deutschland ansässig. Fachgruppe I 2 (Fürstenfeldbruck) beschäftigt sich mit den Grundlagen der Wissenschaft und ist verantwortlich für die Ressortforschung.

Fachgruppe I 3 (Manching) setzt ihren Schwerpunkt im Bereich Forschung, Erprobung und Ergonomie.

Fachgruppe I 4 (Fürstenfeldbruck) ist rechtsmedizinisch tätig. Dies bedeutet ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb der Bundeswehr. Das Tätigkeitsprofil umfasst die komplette rechtsmedizinische Untersuchung von Flugunfällen und Flugzwischenfällen sowie das Durchführen forensisch-toxikologischer Untersuchungen und Bearbeiten sonstiger rechtsmedizinischer Fragestellungen einschließlich der Erstellung diesbezüglicher gerichtsverwertbarer Gutachten. Dies beinhaltet –neben dem Betreiben eines toxikologischen Labors und eines DNA-Labors– das Sicherstellen einer entsprechenden Rufbereitschaft rund um die Uhr mit weltweiter Einsatzoption. Soldaten und zivile Mitarbeiter der Fachgruppe I 4 kommen bei Flugunfällen mit militärischen wie auch – bei entsprechender Anforderung von politischer Seite – zivilen Luftfahrzeugen zum Einsatz.

Fachabteilung II – Begutachtungszentrum

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Abb. 2: Standorte des ZentrLuRMedLw bis 2019.
Diese ist noch zum Großteil in Fürstenfeldbruck und in kleinen Teilen in Bückeburg beheimatet. Hier wird auch die Auswahl von fliegendem Personal sowie dessen periodische Nachuntersuchung auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit (und/oder auf zivile Tauglichkeit als Privat- oder Berufspilot) sichergestellt. Dies geschieht durch speziell geschultes flugmedizinisches und flugpsychologisches Personal.

Fachgruppe II 1 beschäftigt sich mit der Erarbeitung von Grundlagen und Vorschriften.

In der Fachgruppe II 2 ist der Großteil der Fliegerpsychologen des ZentrLuRMedLw beheimatet. Hier wird unter anderem die Auswahl von geeignetem Personal für den Fliegerischen Dienst sowie den Flugsicherungskontrolldienst der Bundeswehr durchgeführt. In der Fachgruppe II 3 ist die medizinische Begutachtungskapazität konzentriert. Hierzu sind in den jeweiligen Dezernaten die fachärztlichen Kompetenzen für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie, Augenheilkunde, Hals-/Nasen-/Ohren-Heilkunde, Orthopädie, Radiologie, Zahnmedizin sowie Labormedizin abgebildet. Die FGrp II 3 ist, neben ihrer militärischen Kompetenz, auch ein durch das Luftfahrtbundesamt zugelassenes ziviles sogenanntes Aeromedical Centre im Sinne der Vorschriften der European Aviation Safety Agency (EASA).

Fachabteilung III – Kompetenzzentrum Flie­ger­ärztlicher Dienst

Ihr Leiter ist gleichzeitig der Leitende Fliegerarzt der Luftwaffe.

Die Fachgruppe III 1 „Einsatzunterstützung“ in Köln ist zuständig für alle Belange der Fliegerarztdienststellen der Luftwaffe im Inland, im Ausland und in den Einsatzgebieten.

Die Fachgruppe III 2 in Köln und Fürstenfeldbruck bildet das Grundgerüst für die „nationale und internationale flugmedizinische Ausbildung“ und ist verantwortlich für die Konzeption der Ausbildung und die Planung, Steuerung und Administration der flugmedizinischen Trainings. Die primäre Ausbildungseinrichtung befindet sich noch in Fürstenfeldbruck. Hier werden zahlreiche Trainings für angehende und fortgeschrittene Fliegerärzte, Flugmedizinische Assistenten, AirMedEvac –Personal, psychologische Ersthelfer (sog. Peers) und Erste-Hilfe-Trainings für das Kabinenpersonal der Flugbereitschaft BMVg durchgeführt. Alle Trainings werden in deutscher, einzelne auch in englischer Sprache angeboten. 

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Abb. 3: Humanzentrifuge.

Die Kooperation mit dem DLR ist aktuell vor allem im Bereich Forschung etabliert. Sie wird in der Zukunft weiter ausgebaut werden mit dem Ziel, auf allen oben genannten Gebieten gemeinsam zu agieren, um die angebotenen Leistungen zu steigern und dabei Kosten an Material und Personal einzusparen. Hierzu entsteht derzeit ein Neubau auf dem Gelände des DLR, der in der Zukunft die meisten zuvor beschriebenen dislozierten Anteile aufnehmen wird.

Der Fliegerärztliche Dienst

Der Fliegerärztliche Dienst der Bundeswehr (FlgÄrztlDstBw) hat den Auftrag, unter Anwendung der Erkenntnisse der Luft- und Raumfahrtmedizin, die Voraussetzungen für den Erhalt und die (Wieder-) Herstellung der Einsatzbereitschaft, Leistungsfähigkeit und Gesundheit der fliegenden Besatzungen (einschließlich der für zulassungspflichtige ferngesteuerte Luftfahrzeuge) sowie des Personals des örtlichen Flug­sicherungskontrolldienstes in der Bundeswehr auf Grundlage rechtlicher und konzeptioneller Vorgaben zu schaffen und zu erhalten. Zudem verantwortet er die spezifische Begutachtung und damit letztendlich auch die Einsatzbereitschaft von erlaubnispflichtigem Personal im militärischen Flugdatenbearbeitungs-, Fluginformations-, Flugberatungs-, Einsatzführungs- und flugsicherungstechnischen Dienst.

EUROFIGHTER – Geschwader sind in Wittmund, Laage, Nörvenich und Neuburg an der Donau stationiert. Die TORNADO-Geschwader sind an den Standorten Jagel und Büchel beheimatet, wobei im TaktLw G 51 „I“ in Jagel auch das Personal für die Remotely Piloted Aircraft (RPA) als verantwortlich lizensiertes Luftfahrzeugführerpersonal geführt wird, um die ferngesteuerten Luftfahrzeuge (HERON 1) im Auslandseinsatz (wie z. B. in Afghanistan) einsetzen zu können. Die Ausbildung in verschiedenen Funktionen findet für das Waffensystem TORNADO im Fliegerischen Ausbildungszentrum der Luftwaffe am Standort Alamogordo, New Mexico, USA statt.

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Abb. 4: Höhenklimasimulationskammer.
In der Zielstruktur wird es drei für Lufttransport zuständige Verbände geben, nämlich das Lufttransportgeschwader 62 in Wunstorf mit A400M, das Hubschraubergeschwader 64 in Laupheim und Holzdorf mit den Hubschraubertypen CH-53 und H145M sowie die Flugbereitschaft BMVg an den Standorten Köln-Wahn und Berlin.

Die FlBschft BMVg wird an den Standorten Berlin-Brandenburg und Köln eine Flotte von verschiedenen für militärische Zwecke optimierten Zivilflugzeugen vom Typ Airbus und Bombardier für (VIP-)Personentransporte, für den qualifizierten Lufttransport von Verwundeten, Unfallverletzten und Kranken (AirMedEvac), als Frachter/Tanker sowie eine Flotte von Hubschraubern vom Typ Cougar für den VIP-Personentransport betreiben.

Die Fliegerarztdienststellen befinden sich jeweils an den Standorten der fliegenden Verbände und sind truppendienstlich dem dortigen Verbandsführer unterstellt.

Aufgaben des Fliegerarztes sind, neben der Behandlung und Begutachtung von fliegendem Personal und Flugsicherungspersonal, die medizinische Notfallversorgung während des Flugbetriebes sicherzustellen.

In regelmäßigen Unterrichtungen erfolgt eine fortwährende Auffrischung der flugphysiologischen Kenntnisse des fliegenden Personals sowie die Beratung der fliegerischen Vorgesetzten in flugmedizinischen wie in allgemeinen sanitätsdienstlichen Fragen. Der Fliegerarzt begleitet die fliegenden Besatzungen bei Übungen im In- und Ausland sowie bei längeren Flügen von Transportflugzeugen in bestimmte tropische Regionen als Additional Crew Member (ACM) und ist damit Teil der fliegenden Besatzung.

Als „Medical Director“ stellt der Fliegerarzt den Auftrag AirMedEvac im Team mit sicher.

Insgesamt trägt der Fliegerarzt wesentlich dazu bei, dass die fliegenden Besatzungen einsatzbereit sind und bleiben. Da im Gegensatz zur zivilen Luftfahrt eine unmittelbare Regeneration beim Ausfall von militärischem fliegendem Personal in der Regel nicht möglich ist, kommt dem Fliegerarzt eine Schlüsselrolle dabei zu, gesundheitsbedingte Ausfälle zu minimieren. Hierzu hält er engen Kontakt mit den fliegenden Besatzungen und ist aktiver und geschätzter Angehöriger der fliegenden Staffeln. Auf diese Weise ist es ihm auch möglich, durch persönliche Gespräche und ein Erleben der Gruppendynamik in der Staffel Besonderheiten zu erkennen, welche ihn in die Lage versetzen, frühzeitig Unterstützung und Hilfe anzubieten. 

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Abb. 5: Überblick der Kabine eines Airbus A310 in der StratAirMedEvac-Version.

Fliegerärztliche Tätigkeit bedeutet weiterhin die Durchführung von Schutzimpfungen, reisemedizinischer Beratung, Hilfe bei der Vor- und Nachbereitung von Missionen im In- und Ausland, das Organisieren von Kurmaßnahmen und das Fördern eines gesunden Lebensstils sowie regelmäßiger sportlicher Betätigung.

Das seit 2012 etablierte Konzept HPE (Human Performance Enhancement) ist ein zusätzlicher Ansatz, die Leistungsfähigkeit der Luftfahrzeugbesatzungen zu erhalten und kontinuierlich zu steigern. Hierzu wurde in den jeweiligen Fliegerarztstellen ein sog. „HPE-Element“ geschaffen, welches neben dem Fliegerarzt auch einen Sportwissenschaftler und einen Physiotherapeuten sowie eine entsprechende Trainingsumgebung mit Material- und Geräteausstattung umfasst.

Neben den Heimatstandorten sind an vier Auslandsdienststellen der Luftwaffe Fliegerarztbereiche ausgebracht. Diese sind in Goodyear, Arizona (bei der 3. deutschen Luftwaffenausbildungsstaffel USA), in Holloman Air Force Base, New Mexico (beim Fliegerischen Ausbildungszentrum der Luftwaffe), in Decimomanou auf Sardinien (beim Taktischen Ausbildungskommando der Luftwaffe Italien) und am NATO – Standort Sigonella auf Sizilien beheimatet.

Auslandseinsätze

Fliegende Verbände befinden sich ­regelmäßig im Auslandseinsatz und werden dort in aller Regel fliegerärztlich begleitet.

Dies gilt für Auslandskommandos zu Ausbildungs– und Übungszwecken (meist in den USA, Kanada oder Südafrika) ebenso wie bei „klassischen“ Auslandseinsätzen wie auf dem Balkan, in Afghanistan oder in Afrika.

Die flugmedizinische Führung übernimmt dabei in der Regel diejenige Teilstreitkraft, welche die im Einsatzland stationierten Luftfahrzeuge abstellt. Bei den Einsätzen im Irak und auf dem Balkan war dies z. B. das Heer, in Afghanistan und Westafrika überwiegend die Luftwaffe sowie am Horn von Afrika die Marine. Die Kontakte im Team Flugmedizin sind teilstreitkraftübergreifend eng, und Unterstützung wird regelmäßig abgesprochen, um die Aufgaben sicher zu stellen.

Aeromedical Evacuation (AE)

Der qualifizierte Lufttransport von Verwundeten und Kranken (Aeromedical Evacuation AE) ist eine besondere Aufgabe einzelner fliegender Waffensysteme und deren Besatzungen. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Einsatzprofile unterscheidet man folgende Untergruppen von AirMedEvac:

Forward Aeromedical Evacuation (FwdAE) bezeichnet den Transport eines Verwundeten vom Ort der Verwundung zur medizinischen Erstversorgung. Die Rolle FwdAE wird in der Bundeswehr aktuell von der NH-90 Hubschrauberflotte des Heeres geleistet.

Tactical Aeromedical Evacuation (TacAE) bezeichnet den Transport eines Patienten von einer medizinischen Behandlungseinrichtung zu einer anderen, z. B. um dort eine weitergehende Behandlung sicherzustellen, wobei beide Behandlungseinrichtungen im Einsatzgebiet liegen. Diese Rolle stellt die Luftwaffe mit ihren C-160 Transall-Flugzeugen sowie den CH-5-Hubschraubern in Zusammenarbeit mit dem ZSanDstBw sicher.

Strategic Aeromedical Evacuation (StratAE) bezeichnet den Transport eines Patienten aus dem Einsatzgebiet, meist über interkontinentale („strategische“) Distanzen, zurück in das Heimatland, seltener auch in ein Drittland, um dort die definitive medizinische Versorgung sicherstellen zu können. Aus den Einsatzgebieten auf dem Balkan wird dies vorwiegend mit der C-160 Transall sichergestellt. Weltweit kommen hier die Airbus–Luftfahrzeuge sowie die Bombardier Global 5000 der FlBschftBMVg zum Einsatz. Seit Aufstellung des European Air Transport Command (EATC) in Eindhoven werden StratAE–Einsätze für deutsche Soldaten auch durch AE-Luftfahrzeuge der EATC-Partnernationen (Frankreich, Niederlande, Belgien, Italien, Spanien) übernommen.

Die Aufträge TacAE und StratAE werden durch eine enge Zusammenarbeit der Luftwaffe mit dem ZSanDstBw sichergestellt.

Die medizinische Besatzung gehört zum größten Teil dem ZSanDstBw an, wird jedoch von einem Fliegerarzt der Luftwaffe, dem sogenannten Medical Director (MD), geführt.

Der MD wird durch einen Flugmedizintechniker (MedTech) der Luftwaffe und einen in der Luftrettung erfahrenen Rettungsassistenten/Notfallsanitäter (Medical Crew Chief) des ZSanDstBw unterstützt. Damit wird die Kommunikation zwischen fliegender Besatzung und medizinischer Besatzung sichergestellt und die medizinischen Erfordernisse mit den fliegerischen Möglichkeiten zur Deckung gebracht.

Der MD ist damit der Organisator der Gesamtmission, dessen Verantwortung vor allem darin liegt, dass medizinische wie fliegerische Crew mit möglichst wenigen Einschränkungen ihre Arbeit erbringen und die Mission zum Erfolg führen können.

Die Tätigkeit als MD ist, neben den Aufgaben im fliegenden Verband, ein Alleinstellungsmerkmal des Fliegerarztes.

Ziel des GenArztLw ist es, alle Fliegerärzte der MilOrg-Bereiche als MD auszubilden, um eine breite Basis für die Bedarfsdeckung zu erreichen.

Blick in die Zukunft

Bereits jetzt ist in der Militärluftfahrt ein Trend zu unbemannten Systemen erkennbar. Schon seit dem Jahr 2009 bildet z. B. die US-Luftwaffe, welche die umfangreichsten Erfahrungen mit RPAS (Remotely Piloted Aircraft Systems) hat, mehr RPAS-Personal als fliegendes Personal aus. In der Bundeswehr wird sich der Trend zu unbemannten Systemen ebenfalls weiter fortsetzen. Es werden hierbei vor allem fliegende Systeme, die zur Aufklärung oder zum Einsatz von Waffen konstruiert wurden, eine Rolle spielen. Fracht- oder sogar Personentransport mit unbemannten Systemen ist zur Zeit noch nicht vorstellbar, mit einer Ausnahme: Es werden aktuell unbemannte Systeme entwickelt, die Verwundete aus dem Kampfgebiet evakuieren.

Die Flugmedizin und die Flugpsychologie werden sowohl bei der Auswahl von RPAS-Personal wie auch bei dessen ärztlicher Betreuung weiterhin eine elementare Rolle spielen, wobei die körperlichen Anforderungen vor dem Hintergrund, dass sich ein RPAS-Bediener nicht mehr den typischen Belastungen des Fluges (Luftdruckschwankungen, Hypoxie, Temperaturschwankungen, niedrige Luftfeuchtigkeit, Lärm, Vibrationen, Ermüdung/Jet Lag, Turbulenzen, Flüssigkeitsverschiebungen und kosmische Strahlung) aussetzen muss, eher eine geringere Rolle spielen werden als bei fliegendem Personal. Gleichzeitig werden sich die psychischen Belastungen verändern und eine wesentliche Rolle spielen, da häufig Schichtdienst und „neue“, noch zu erforschende und für RPAS-Personal einzigartige Belastungen (Parallelität von Teilnahme an Kriegs-Situationen bei gleichzeitigem Familienleben, mangelnde Anerkennung in der Nachbarschaft/Bevölkerung etc.) eine Rolle spielen werden.

Der Arbeitsalltag von RPAS-Personal stellt sich also als durchaus fordernd und problematisch heraus. So musste die USAF die Zulage für RPAS-Personal signifikant erhöhen, um dieses in ausreichender Zahl halten zu können.

Abschließend bleibt festzustellen, dass das „Team Flugmedizin“ einen elementaren Beitrag zur Einsatzfähigkeit der fliegenden Verbände unserer Streitkräfte – und damit zur Einsatz­fähigkeit der Bundeswehr insgesamt – leistet. Zu erwartende Veränderungen in der Zukunft wird durch Anpassung von Strukturen Rechnung getragen, so dass auch den kommenden Herausforderungen begegnet werden kann. Die Kooperation mit dem DLR ist eine solche Investition in die Zukunft, und andere werden folgen.

Die Flugmedizin ist eine kleine, national wie international vernetzte Gruppe von hochmotivierten Spezialisten, welche durch den gemeinsamen Urtraum der Menschheit, zu fliegen und nach den Sternen zu greifen, eng verbunden ist. Das Privileg, diesen Traum beruflich leben zu können, ist jedem Mitarbeiter sehr bewusst.

Datum: 23.12.2015

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2015/4

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