Zukunftsweisende Pharmazie in historischen Gemäuern

Im Oktober dieses Jahres wird das Bundeswehrkrankenhaus (BwKrhs) Berlin auf dem Gelände des ehemaligen Invalidenparks in Mitte auf sein 30-Jähriges Bestehen anstoßen.

Der traditionsreiche Standort mit seinem denkmalgeschützten Gemäuer kann dabei auf eine mehr als 160 Jahre umfassende Geschichte zurückblicken. Heute gehört das ehemalige Garnisonslazarett zu den ältesten noch erhaltenen Berliner Krankenhäusern. Schon 1910 war das Gebäude der Apotheke mit dem Lazarett eng verbunden. 

Heute noch in diesem Gebäude untergebracht, dient die Apotheke des BwKrhs Berlin als zentraler Dienstleister des Hauses. Das Leistungsspektrum umfasst dabei nicht nur die Versorgung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten, sondern ist seit einigen Jahren insbesondere auf die Klinisch-Pharmazeutischen Dienstleistungen fokussiert. Diese haben zum Ziel, die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) zu erhöhen und zeitgleich das medizinische und pflegerische Personal bei der Wahrnehmung dieser Verantwortung zu unterstützen. Selbstverständlich erfolgt dies unter hohen Qualitätsansprüchen. Dass die BwKrhs-Apotheke diesen gerecht wird, konnte erneut im August 2019 mit der erfolgreichen Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001:2015 unter Beweis gestellt werden. Auch in das Qualitätsmanagement des Krankenhauses nach KTQ-Verfahren (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen) ist die Apotheke integriert und beteiligt sich somit aktiv an der Ausgestaltung der Schnittstellen.

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Das Labor der BwKrhs-Apotheke heute
Das medizinische und pharmazeutische Personal arbeitet Hand in Hand entsprechend dem gemeinsamen Leitbild des Hauses für die bestmögliche Therapie der Patientinnen und Patienten. Pharmazeutische Dienstleistungen werden z. B. im Rahmen des Therapeutischen Drug Monitorings (TDM) von Betalaktam-Antibiotika, regelmäßiger Medikationschecks sowie durch multiprofessionelle Visiten angeboten.

Die BwKrhs-Apotheke Berlin versorgt nicht nur die Stationen des Hauses, sondern auch besondere Kunden wie das Streitkräfteamt, Bundesoberbehörden in Berlin und militärische Beratergruppen. Die sichere und zeitgerechte Versorgung dieser über 370 Auslandsdienststellen ist eine Herausforderung für das Personal und die logistische Transportkette. Die Apotheke stellt dies mit Hilfe des Datenverarbeitungssystems SASPF, durch enge Zusammenarbeit der Teileinheiten untereinander sowie durch die stetige Kommunikation mit den betroffenen Dienststellen und den Transportunternehmen sicher.

Eine weitere Besonderheit der BwKrhs-Apotheke Berlin ist die Bewirtschaftung der sogenannten „KUT-Rucksäcke“. Krisenunterstützungsteams (KUT) werden auf Anforderung des Auswärtigen Amtes zu deutschen Auslandsvertretungen in Länder mit potentiell krisenhaften Entwicklungen entsandt. Dazu hält der Zentrale Sanitätsdienst notfallmedizinisches Fachpersonal sowie die entsprechende Ausrüstung vor. Die für diese Zwecke vorgesehenen Arzneimittel und Medizinprodukte stehen zu jeder Tages- und Nachtzeit fertig verpackt zur Ausgabe bereit. Selbstverständlich besitzen diese ein möglichst langes Verfalldatum, da nie vorhergesehen werden kann, wie lange das KUT im Einsatz bleiben wird.

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Aseptische Herstellung am Isolator
An den ureigenen Aufgaben einer Apotheke – Prüfung und Herstellung von Arzneimitteln – besteht selbstverständlich auch heute noch enormer Bedarf. Erst auf dieser Grundlage wird oft eine individuelle, auf Symptomatik und Bedürfnis des einzelnen Patienten angepasste Therapie ermöglicht. Aus verschiedensten Wirk- und Hilfsstoffen werden dabei jährlich ca. 5.000 Rezepturarzneimittel, wie z. B. Salben, Kapseln, Tropfen und Zäpfchen überwiegend von Hand in der Rezeptur / Defektur der BwKrhs-Apotheke Berlin angefertigt.

In Kürze erwartet die Apotheke eine neue besondere Herausforderung: Ein innovatives Projekt des BwKrhs befasst sich mit Bakteriophagen als Therapieoption für die Behandlung von schlecht heilenden Wundinfektionen aufgrund multiresistenter Erreger. Dabei sollen nach patientenindividueller Keim- und Phagen-Identifizierung applikationsfertige Phagen-Präparate aseptisch hergestellt werden. Gegenwärtig erfolgen die Ertüchtigung der erforderlichen Infrastruktur sowie die Qualifizierung der materiellen Ausstattung und des Personals.

Über das reguläre Leistungsspektrum einer Krankenhausapotheke hinaus hat sich als nunmehr feste Routine in der Qualitätskontrolle (Analytik) das TDM von Betalaktam-Antibiotika etabliert. Dieses umfasst die Bestimmung eines oder mehrerer Arzneistoffspiegel im Blut von Patienten einschließlich der Beurteilung und gegebenenfalls Optimierung der Arzneimitteldosis. Die multiprofessionelle Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker ermöglicht es, die pharmakologischen, pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Eigenschaften des Wirkstoffs unter Beachtung des klinischen Befunds des Patienten so zu nutzen, dass Wirkstoffspiegel der Antibiotika effizient und gezielt innerhalb des therapeutischen Bereichs gesteuert werden kann. Basierend auf der engen Zusammenarbeit mit Stationsärzten und Pflegepersonal des BwKrhs leistet auch hier die Pharmazie einen wichtigen Beitrag zur evidenzbasierten Medizin und Kostenreduktion.

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SanStOffz Apotheker auf Station
Die jüngste Erweiterung der Klinisch-Pharmazeutische Dienstleistung ist der sogenannte „Stationsapotheker“. Die Beratung der Patienten und der behandelnden Ärzte bei arzneimittel­bezogenen Fragestellungen steht hier im Mittelpunkt. Bislang begleitet ein Fachapotheker für Klinische Pharmazie zweimal wöchentlich die interdisziplinäre Visite der anästhesiologischen Intensivstation. Für die schwerkranken Patienten wird mehrmals wöchentlich und auf Anfrage ein Medikationscheck unter besonderer Berücksichtigung der intensivmedizinischen Maßnahmen und ggf. vorhandener Organeinschränkungen vorgenommen. Bei der wöchentlichen Antibiotic Stewardship (ABS) - Visite beraten Intensivmediziner, Mikrobiologen und Apotheker über die bestmögliche rationale antiinfektive Therapie für die Intensivpatienten.

Als Mitglied der ABS-Kommission analysiert der Stationsapotheker die Antibiotikaverbräuche des Hauses und unterstützt somit die Vermeidung von Antibiotikaresistenzen. Die ABS-Kommission kann auf Basis dieser Verbrauchsstatistik Rückschlüsse ziehen, ob Antibiotika rational angewendet worden sind und bietet ggf. Beratungs- und Schulungsmaßnahmen an.

Um die Maßnahmen zur AMTS möglichst durchhaltefähig für alle Patienten des BwKrhs sicherzustellen, wird das Personal künftig weiter aufwachsen. Damit ist ein weiterer Meilenstein gelegt die hiesige Krankenhauspharmazie weiterzuentwickeln.

So zukunftsweisend Auftrag und Personalentwicklung vorangetrieben werden, so rückständig und veraltet ist jedoch die vorhandene Infrastruktur der BwKrhs-Apotheke Berlin. Bereits 1995 wurde der Neubau eines Apothekengebäudes in Aussicht gestellt. In der Zwischenzeit wurden Interimslösungen geschaffen, wie das 2015 auf der anderen Seite des Krankenhausgeländes fertiggestellte, jedoch deutlich zu klein bemessene Gebäude, das als Medizinproduktelager und zentrale Warenanlieferung dient. Herstellung und Qualitätskontrolle sind ebenfalls ausgelagert und in zweckmäßigen Laborräumen des Zentralen Institutes des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Kiel Außenstelle Berlin untergebracht. Für eine zentrale Zytostatika-Herstellung sind diese Räume jedoch nicht geeignet. Nach zahlreichen Überarbeitungen konnte die finalisierte Entwurfsunterlage Bau im Frühjahr 2019 gezeichnet werden. Die haushälterische Anerkennung ist im Herbst 2019 erfolgt, so dass zu hoffen bleibt, dass die Bauausführungsplanung noch in diesem Jahr abgeschlossen werden kann.  

Alle Abbildungen: BwKrhs Berlin, Th. Pulpanek 

Anschrift der Verfasserin:
Oberstabsapotheker Cindy Huth¹
Bundeswehrkrankenhaus Berlin
Abteilung XXIV
Scharnhorststr. 13, 10115 Berlin
E-Mail: CindyHuth@Bundeswehr.org  

¹ Aus der Abteilung XXIV Krankenhausapotheke (Leiterin: Flottenapotheker D. Garbe) des Bundeswehrkrankenhauses Berlin (Kommandeur: Oberstarzt Prof. Dr. med. H.-P. Becker)

Datum: 11.05.2020

Quelle:

Wehrmedizin und Wehrpharmazie 1/2020

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