„Optimierung in der Beschaffung – schneller, besser, kriegstüchtig?“
C. Stein
Optimierte Beschaffung
Ziel der optimierten Beschaffung ist es, der Bundeswehr die zur Erfüllung ihres Auftrages erforderliche Ausstattung schnellstmöglich unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben einsatzreif zur Verfügung zu stellen. Zur Umsetzung existieren drei Beschaffungsvarianten: der Einkauf der Bundeswehr (EinkaufBw), die Komplexen Dienstleistungen (KDL) und die Projektbezogene Bedarfsdeckung und Nutzung (PBN). Letzteres folgt seit Mai 2024 dem bisher bekannten Rüstungsprozess Customer Product Management (CPM).

Besonderheit
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr zeichnet sich gegenüber anderen militärischen Organisationsbereichen (OrgBer) durch die überwiegende Nutzung von handelsüblichen und marktverfügbaren (hü/mv) Systemen im Betrieb im In- und Ausland aus. Dennoch erfolgte die Beschaffung von Sanitätsmaterial (SanMat) und -dienstleistungen bislang wie bei Rüstungsgütern weit überwiegend zentral durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw).
Auch wenn es sich bei den zu beschaffenden Produkten überwiegend um hü/mv Sanitätsmaterial und dienstleistungen handelte und daher keiner Anpassung und/oder Entwicklung für die Verwendung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung bedurfte, wurde bzw. wird vor allem bei Nichtverbrauchsgütern Sanität (NVGSan) auf das Verfahren des CPM und später PBN zurückgegriffen.
Verlagerung Beschaffungszuständigkeit
Im Kontext des Sofortprogramms Ausrüstung Einsatzbereitschaft zur konsequenten Ausrichtung der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) wird angestrebt, die gesamte Beschaffung hü/mv Sanitätsmaterials und -dienstleistungen künftig über den EinkaufBw im OrgBer Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen (IUD) mit der Unterstützung des Kommando Sanitätsdienstes der Bundeswehr (KdoSanDstBw) umzusetzen. Die Verlagerung der Beschaffungszuständigkeit folgt dabei dem grundsätzlichen Rational der Aufteilung der Beschaffungszuständigkeiten zwischen den OrgBer IUD (nicht-waffensystembezogene Sachgüter und Dienstleistungen) und Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (AIN) (waffensystembezogene Sachgüter und Dienstleistungen).
So wird das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) durch die Verlagerung sowohl von Beschaffungs- als auch weiteren Aufgaben (z. B. im Bereich der Fachtechnik, Nutzung und Haushaltsmittel-Bewirtschaftung) entlastet und kann sich auf die originären, komplexeren Rüstungsprojekte bei Sanitätsmaterial und -dienstleistungen konzentrieren. Die Bedarfsanforderer wiederum profitieren von einer erheblichen Reduzierung der Schnittstellen.

Rolle der Beschaffungsorganisation KdoSanDstBw
Als zentraler Bedarfsträger und -anforderer für das Teilportfolio hü/mv SanMat ist die Unterabteilung XIII im KdoSanDstBw (Beschaffungsorganisation – BeschO) nun verantwortlich für die bedarfsgerechte Ausstattung der Bundeswehrkrankenhäuser (BwKrhs) und der sanitätsdienstlichen Institute der Bundeswehr (Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine, Sportmedizinisches Institut, Instituts für Präventivmedizin der Bundeswehr und Zentrale Institute des Sanitätsdienstes der Bundeswehr). Weiterhin besteht diese Zuständigkeit im Rahmen der fachlichen Handlungskompetenz EinkaufBw für das Institut Radiobiologie der Bundeswehr, das Institut Mikrobiologie der Bundeswehr und das Institut Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr sowie das künftige Zentrum für Medizinischen ABC-Schutz der Bundeswehr, in dem die drei zuvor genannten Institute zukünftig funktional zusammengefasst werden.
Darüber hinaus gelten die fachlichen Vorgaben seitens der BeschO sowie deren Umsetzung für die Apotheken im Grundbetrieb, die Herstellungsstätten für pharmazeutische Produkte, den betriebsärztlichen Dienst der Bundeswehr, den medizinischen Dienst der Personalgewinnungsorganisation der Bundeswehr und für den Anteil regionaler Sanitätseinrichtungen, die der fachärztlichen, fachzahnärztlichen, truppenärztlichen und truppenzahnärztlichen Versorgung im Grundbetrieb in Inland und Ausland dienen und in denen regelmäßig krankenhaus- und institutsspezifisches SanMat zum Einsatz kommt, im veterinärmedizinischen Bereich für die Diensthundeklinik der Bundeswehr sowie im Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen der Bundeswehr. Die BeschO ist außerdem für die Bereitstellung von Einzelverbrauchsgütern Sanität (EVGSan) (Arzneimittel sowie Medizinprodukte) im Rahmen der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung zuständig. Ebenso erfolgt durch die BeschO die Bereitstellung von EVGSan des Einsatzvorrates, wobei Kompetenzen der diesbezüglichen Projektleitungen von dem BAAINBw zugeordneten Rüstungsprojekten hiervon unberührt bleiben.
Mit dem Übergang der Beschaffungen im Hinblick auf die sukzessiv zu übernehmenden Warenkörbe und Warensegmente vom BAAINBw zum OrgBer IUD ist eine zielgerichtete Abstimmung zwischen BAIUDBw, BAAINBw und KdoSanDstBw obligat. Dabei müssen bestehende Beschaffungswege temporär parallel aufrechterhalten werden, um die materielle Einsatzbereitschaft nicht zu gefährden. Zum Beispiel verblieb die Zuständigkeit für die Beschaffung von EVG und NVGSan für VJTF 2023 im BAAINBw.
Der Notwendigkeit, neben den Aufgaben im Vorfeld, wie beispielsweise die Bedarfsprognose und -forderung, Bereitstellung von Haushaltsmitteln und das Erstellen einer Leistungsbeschreibung, insbesondere auch die Aufgaben im Nachgang einer Beschaffung (Nutzungsmanagement und Bewirtschaftung) sachgerecht aus einer Hand wahrzunehmen, wird hierbei hinreichend Rechnung getragen. Des Weiteren bedarf es der sachgerechten Berücksichtigung der BeschO als zentraler Bedarfsanforderer in diversen Regelungen des EinkaufBw, insbesondere der A1600/1 und A1600/2, aber auch der Anpassung einiger Kriterien des EinkaufBw selbst auf das „neue Segment“ hü/mv SanMat.
Zur Wahrnehmung dieses breiten Aufgabenportfolios wurden für den OrgBer IUD und SanDstBw entsprechende Ressourcen im Rahmen der mittelfristigen Personalplanung beantragt und bewilligt. Zu Oktober 2023 wurde die Neueinrichtung der insgesamt 98 Dienstposten zum Strukturelement „Beschaffungsorganisation“ mit den zwei Referaten „Beschaffungsprozesse“ und „Unterstützungsprozesse“ schlussendlich umgesetzt.
Die bisher im Vordergrund stehende Etablierung notwendiger Prozesse und einer Anfangsbefähigung durch das sogenannte Kernteam BeschO konnte nun durch die sukzessive Aufgabenübernahme in Abhängigkeit von der bis 2027 gestaffelten Öffnung der Dienstposten sowie dem Zulauf der personellen Ressourcen ergänzt werden.
Schneller, besser, kriegstüchtig?
Schneller
Sicher führen Aspekte wie die Reduzierung der Anzahl von Beschaffungsstellen, der Abbau von Schnittstellen und die optimierte Bewirtschaftung infolge Standardisierung des Artikelsortiments zu einer robusteren Beschaffung, die die besondere Marktdynamik für hü/mv SanMat etwas ausbremsen kann. Die Schnelligkeit in der weiteren Umsetzung unterliegt wie auch im zivilen Bereich diversen Rahmenfaktoren, dazu gehören u. a. Rohstoffknappheit, begrenzte Industriekapazitäten und die Globalisierung.
Besser
Die Überführung und Neuordnung der Beschaffung für hü/mv SanMat bietet Potential für das BAAINBw sich im Schwerpunkt auf die originäre und sehr komplexe Aufgabe der Rüstung von waffensystembezogener Sachgüter und Dienstleistungen und damit auch sanitätsspezifischer Rüstungsprojekte zu konzentrieren. Dem KdoSanDstBw BeschO in Zusammenarbeit mit dem BAIUDBw obliegt zukünftig die Beschaffungszuständigkeit nicht-waffensystembezogener Sachgüter und Dienstleistungen, hier dem hü/mv SanMat. Diese offensichtliche Trennung reduziert perspektivisch ein Übermaß an Verantwortungsdiffusion.
Kriegstüchtig
Im Hinblick auf die Kriegstüchtigkeit im Kontext LV/BV sollte neben der Beschaffung neuen Materials sowie der Regeneration der Fokus auch nach dem Übergang der Beschaffungsvariante auf den Einsatzvorräten liegen. Getreu dem Motto: „Der Beste Rat ist Vorrat“. Nur so wird im Sanitätsdienst eine durchgängige Einsatzbereitschaft gestärkt. Die sanitätsdienstliche Unterstützung zur Gewährleistung der Kriegstüchtigkeit unserer Truppen ist und bleibt der Kern unserer Auftragserfüllung.
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 1/2025
Für die Verfasser:
Flottillenapotheker Catharina Stein
Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr
Andernacher Straße 100
56070 Koblenz