Kommunikation in Hochrisikoberufen als Basis für Erfolg und -Fehlervermeidung

Aus der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie¹ (Präsident: Priv.-Doz. Dr. W. Harringer, Braunschweig)

Zusammenfassung

Auf der Suche nach noch besseren Verfahren und zur Fehlervermeidung hat die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e. V. (DGTHG) im Rahmen eines gemeinsamen Arbeitstreffens untersucht, ob und wie in der Luftfahrt etablierte Verfahren und Methoden des Fehlermanagements auch in der Medizin Anwendung finden können.

Die Ergebnisse des Treffens werden in diesem Beitrag – nach einem einführenden Vorwort des Sekretärs der DGTHG – deskriptiv vorgestellt. Im Ergebnis fanden sich zahlreiche Gemeinsamkeiten und damit Chancen, dass beide Seiten in Zukunft noch mehr von einem solchen Erfahrungs- und Gedankenaustausch profitieren.

Stichworte: Luftfahrt, Herzchirurgie, Risiko, Kommunikation, Fehlerkultur, Fehlermanagement

Keywords: aviation, cardiosurgery, risk, communication, error culture, error management

Vorwort

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Die Herzmedizin hat sich in den letzten dreißig Jahren rasant entwickelt. Arzt im Allgemeinen und Herzchirurg im Besonderen zu sein bedeutet auch immer, sich auf den neuesten Stand von Wissenschaft und technischer Entwicklung zu bringen. Trotz der hochmodernen Medizin und anspruchsvollen Facharztausbildung gibt es Bereiche und Branchen, von denen wir lernen können. In punkto Check-Listen, Fehlermanagement und auch Kommunikation ist die Luftfahrt mit ihren erfolgreich etablierten Systemen ein Vorbild, von dem Ärzte profitieren können. Als medizinische Fachgesellschaft ist es unser Ziel, die Wissenschaft und Weiterentwicklung von Therapien auf dem Gebiet der Thorax-, Herz- und Gefäßchi-rurgie zu fördern. Dazu gehört insbesondere die Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Letztlich dienen alle Entwicklungen der Patientensicherheit.

Prof. Dr. Andreas Markewitz, Oberstarzt a. D.
Sekretär der Deutschen Gesellschaft für Thorax,- Herz und Gefäßchirurgie e. V.
Ehemaliger Direktor der Klinik für Herzchirurgie des Bundeswehrzentralkrankenhauses Koblenz

Sicherheit in Luftfahrt und Medizin: Pilot und Arzt im Dialog

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Abb. 1: Fachleute im Cockpit und im OP Von der Luftfahrt lernen: Dr. Beckmann (links) und Oberstleutnant Eckstein (rechts) im Flugsimulator des Airbus A 320 am Flughafen Frankfurt/Main
In unmittelbarer Nähe zum größten deutschen Luftfahrtdrehkreuz (Frankfurt Flughafen) liegt das Lufthansa Flight Training Center. Hier stehen insgesamt 20 Full-Flight-Simulatoren unterschiedlicher Flugzeugtypen zur Verfügung, in denen künftige Airline-Piloten ausgebildet und erfahrene trainiert werden können. Rund 2,5 Millionen Euro kostet jedes dieser High-Tech-Geräte; 13 verschiedene Flugzeugmuster können realitätsnah simuliert werden. Im verbindlich festgelegten Turnus müssen Piloten ihre Fähigkeiten und das notwendige Know-how nachweisen sowie potenzielle Notfallsituationen üben – als obligate Voraussetzung für die Aufrechterhaltung ihrer Fluglizenz. „Genau wie Ärzte oder Sprengmeister gehören auch Piloten einer Hoch-risiko-Berufsgruppe an“, erklärt Oberstleutnant Dipl.-Ing. Rolf -Estrugo Eckstein, Testpilot bei der Wehrtechnischen Dienststelle 61 in Manching. „Wir tragen regelmäßig eine besondere Verantwortung und kleinste Fehler können weitreichende Folgen haben. Trainings, wie wir sie u. a. zweimal im Jahr im Simulator absolvieren müssen, schulen und sensibilisieren uns für vielfältige potenziell gefährliche Ereignisse.“

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Abb. 2.: Surgical Safety Checklist der WHO (Quelle: www.who.int)
Während Piloten mögliche Notfälle durch Simulation trainieren, sind Notfallsituationen in einem Operationssaal an der Tagesordnung. „Notfall-Patienten in der Herzmedizin sind zumeist komplex erkrankt, lebensbedrohlich gefährdet und bedürfen einer sofortigen medizinischen Versorgung in unterschiedlichem Ausmaß. Trotz Standardisierung ist jeder Patient individuell zu behandeln“, erklärt Dr. Andreas Beckmann, Herzchi-rurg und Geschäftsführer der DGTHG. „Das Management von Notfallsituationen im OP muss daher differenziert trainiert werden. Hierzu bedarf es einer weitreichenderen Implementierung von geeigneten Simulations-Trainings, sowohl bereits im Studium als auch im Rahmen der ärztlichen Weiter- und Fortbildung. Kritische Situationen dürfen nicht am Menschen, sprich am Patienten, geübt werden.“

Medizin und Luftfahrt können voneinander lernen. Mögen die Berufsausübungen noch so unterschiedlich sein, so sind für Piloten und Ärzte gleichermaßen Aspekte wie Teamarbeit, die Interaktion mit Instrumenten und Technik, Zeitmanagement, Ökonomie, Leistungsdruck und nicht zuletzt auch das hohe Maß an Verantwortung unmittelbar vergleichbar. In punkto verbindliche Kommunikation, differenziertes Sicherheitsmanagement und gelebte Fehlerkultur lohnt es, von den erfolgreichen Verfahren der Fliegerei zu lernen, sie geeignet zu adaptieren, um sie modifiziert im Krankenhaus anzuwenden. Die bewährten sowie verpflichtenden Luftfahrttrainings, in die Medizin transferiert, adaptiert und ggf. weiterentwickelt, könnten die Sicherheit in der Patientenversorgung nachhaltig verbessern.

Fehlerkultur: Herausforderung, Management und Parallelen

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Abb. 3: Beispiel für eine Checkliste aus der Luftfahrt (nur für Simulationszwecke; Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von www.aviationlads.com)
Die Ursachen für Zwischenfälle und Fehler sind vielfältig. Stress, Personal- und Zeitressourcenmangel, arbeitszeitbedingte Überlastungen oder auch eingeschränkte bis hin zu fehlerhafter Kommunikation sind nur einige Aspekte, die Zwischenfälle und Fehler mitverursachen können. Fehler können ergo auf verschiedene Arten passieren: als kognitive Fehlleistung in Folge eines falschen Handriffs, der zwar richtig „gedacht“, aber falsch ausgeführt wurde, in mangelnder Kenntnis oder in vollem Bewusstsein, was jedoch die absolute Ausnahme ist. Um Sicherheitsrisiken zu identifizieren und zu minimieren, die vom „Faktor Mensch“ ausgehen, hat die Luftfahrt u. a. verbindliche sowie standardisierte Checklisten eingeführt und das sogenannte Crew Resource Management (CRM) etabliert. Bei Letzterem werden regelmäßig wiederholend Aufmerksamkeit, Entscheidungsfindung, Führungsverhalten, Kooperation und Kommunikation praxisbezogen trainiert.

Vergleichbar für die Medizin hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits im Jahr 2007 eine „Surgical Safety Checklist“ für die Patientensicherheit im Operationsbereich entworfen. Diese wurde zunächst weltweit in acht Kliniken unter Einschluss von Krankenhäusern der Primär- und Maxilmalversorgung evaluiert mit dem Ergebnis, dass bei den in die Studie eingeschlossenen Patienten eine signifikante Reduktion der Sterblichkeit (Letalität) von 1,5 auf 0,8 % und zudem eine -signifikante Reduktion der Rate schwerer Komplikationen von 11 auf 7 % erzielt werden konnte.

„In der Fliegerei existieren bereits seit den frühen Tagen der Luftfahrt Checklisten, die über Jahrzehnte stets weiterentwickelt wurden. Die Geburtsstunde des Crew Resource Management hingegen lässt sich auf den Anfang der 1970er Jahre datieren. Anlass war eine Flugzeugkatastrophe auf dem Flughafen Teneriffa, bei der zwei Jumbojets kollidierten und 500 Menschen ihr Leben verloren. Zu diesem Zeitpunkt wurde klar, dass menschliches Versagen weiterer systematischer Untersuchungen bedurfte“, erklärt Eckstein.

„In der medizinischen Versorgung muss stets die Patienten-sicherheit im Fokus stehen“, erläutert Beckmann. In diesem Zusammenhang sei eine differenzierte Fehlerkultur, wie sie bei der Luftfahrt praktiziert werde, ebenfalls wünschenswert, denn sie sei wichtiger Bestandteil eines Risikomanagementsystems und damit ein entscheidender Faktor, das potentielle Eintreten unerwünschter Ereignisse zu minimieren oder diese bestenfalls gänzlich zu verhindern.

Verbessertes Fehlermanagement für Medizin wünschenswert

Eine angemessene Fehlerkultur ist jedoch in der Medizin bislang nicht vollumfänglich etabliert. Während in der Fliegerei erkannt wurde, dass das uneingeschränkte Eingeständnis und die geeignete Kommunikation von Auffälligkeiten bis hin zu Fehlern einen wünschenswerten übergeordneten wie auch situa-tionsunabhängigen Lerneffekt haben, zeigen sich in der ärztlichen Profession deutliche Verbesserungspotenziale im Zusammenhang mit dem Fehlermanagement. „Fehler werden bei fliegendem Personal nicht bestraft, sofern weder Vorsatz noch Vertuschungsversuch vorliegen. Das Fehlermeldesystem gehört zur alltäglichen Routine“, erklärt Eckstein. Anders in der Medizin – Fehlerkommunikation ist zwar prinzipiell und zumeist verbindlich geregelt, die Umsetzung erfolgt hingegen zumeist nicht konsequent und ist durchaus auch sanktionsbehaftet. Erstmals hat das US-amerikanische Institute of Medicine 1999 in einem Artikel „To Err is Human“ (Irren ist menschlich) die Thematik Patientensicherheit und vermeidbare Behandlungsfehler in Hinblick auf Meldesysteme aufgegriffen, wie sie in der Luftfahrt zum damaligen Zeitpunkt schon eingesetzt wurden. Nach Einschätzung des Institutes erlitten zum damaligen Zeitpunkt rund 2,5 % der stationär behandelten Patienten vermeidbare, behandlungsbedingte Gesundheitsschäden. Zur Verbesserung der Patientensicherheit sollte nach dem Vorbild der Luftfahrt für die Medizin das systematisch strukturierte „critical incident reporting systems“ (CIRS) zur potenziell anonymen Erfassung unerwünschter Ereignisse einen präventiven Beitrag zur Reduktion / Vermeidung unerwünschter Ereignisse leisten.

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Abb. 4: Einweisung durch den Fluglehrer: Oberstleutnant Thomas Leveling (Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung, Köln) brieft die Piloten vor dem Training im Flugsimulator.
„Bis heute werden unerwünschte Ereignisse oder auch Beinahe--Fehler oft nur bedingt kommuniziert und häufig auch nicht differenziert analysiert“, so Beckmann. „In Abhängigkeit des Behandlungskontexts können Ärzten in bestimmten Situationen ohne kollegiales Pendant inadäquate Entscheidungen unterlaufen, die zu potenziellen Fehlern führen. Zudem drohen – im Vergleich zu den Piloten – prinzipiell auch „Sanktionen unterschiedlichen Ausmaßes“ bis hin zur persönlichen zivil- oder strafrechtlichen Haftung. Dies führt zu einer zusätzlichen psychischen Belastung und ist bei sämtlichen Erwägungen in diesem Spannungsfeld zu berücksichtigen.“ In der Luftfahrt gilt Publizieren statt Sanktionieren. „Wir haben erkannt, dass die Auswertung der Fehler, deren Analyse und die daraus gewonnenen Erkenntnisse hilfreich für jeden Piloten sein können“, meint Eckstein.

Eine positive Fehlerkultur dient in erster Linie der (Patienten-)Sicherheit, wirkt sich gleichzeitig auch auf das Arbeitsklima aus, trägt zur Mitarbeiter-Zufriedenheit bei und hat letztlich auch einen Motivationseffekt. Im Cockpit dient das redundante System des Cross-Checks ebenfalls zur Sicherheit und Fehlervermeidung, bei dem standardisierte Listen konsequent abgearbeitet werden, um jeden Handlungsschritt grundsätzlich im „Zwei-Personen-Prinzip“ durchzuführen und unmittelbar zu überprüfen.

Auch im Operationssaal können Arbeitsschritte und Situationen unterschiedlich wahrgenommen und beurteilt werden. Ähnlich wie die beiden gleichberechtigten Piloten im Cockpit Instrumente und Anzeigen prüfen und „cross checken“ kann dies auch zwischen operierendem und assistierendem Arzt erfolgen, sofern dies in der Organisation vorgesehen ist und von den Beteiligten umgesetzt wird. Dies gilt für geplante also elektive Eingriffe und ist umso wichtiger in Notfallsituationen.

Kommunikation als wichtiger Schlüssel zum Fehlermanagement

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Abb. 5: Vor- und Nachbesprechung sind wichtige Bestandteile des Kommunikationssystems: Oberstleutnant Eckstein, Major Lenz (Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung, Köln) und Dr. Beckmann (von links nach rechts) beim Debriefing nach einem Simulatorflug
„Damit die Kommunikation untereinander klar, eindeutig und verständlich ist, sind standardisierte Feststellungen, Fragen und Antworten vorgegeben“, erklärt Eckstein. „Immer gehört die Bestätigung des Gesagten, also des Inhalts, dazu. In der Luftfahrt vertrauen wir uns gegenseitig unser Leben an. Von den Auswirkungen der Fehler können wir als Piloten direkt selbst betroffen sein und unter Umständen in Lebensgefahr geraten. Bei den Herzchirurgen hingegen sind Patienten die unmittelbar Betroffenen.“

Generell können Feedback-Tools nur erfolgreich sein, wenn die Kommunikation im Team ehrlich und hierarchieunabhängig stattfinden kann. Ein Team funktioniert exzellent, wenn die Struktur allen genau bekannt und akzeptiert ist und gleichzeitig ein „Wir-Gefühl“ sowie grundlegendes Vertrauen vorhanden sind. „Der ranghöhere Pilot fragt den rangniedrigeren nach seiner Einschätzung“, erklärt Eckstein. Im Operationssaal ist der Herzchirurg verantwortlich, die Hierarchie unterschiedlich. „Es braucht die richtige innere Einstellung und etablierte Kommunikationsstrukturen, dem verantwortlichen Operateur zu vermitteln, dass ein OP-Schritt ggf. zu einem Fehler führt. Man darf nicht darauf vertrauen, dass der andere schon weiß, was er tut; eine sanktionsfreie Kommunikation ist auch im Operationssaal geboten“, so Beckmann. Damit sind sicher nicht Diskussionen oder gar Debatten gemeint – diese dürfen weder im OP noch im Cockpit geführt werden.

Zum Kommunikationssystem gehören bei den fliegenden Besatzungen obligat Briefing, Debriefing und Feedback. In der Vorbesprechung werden alle wesentlichen Aspekte des unmittelbar bevorstehenden Fluges erörtert und abgestimmt. Die Nachbesprechung dient der rückblickenden Analyse wie auch dem fachlichen Austausch inkl. potentieller Fehlerbetrachtung. „Auch hier folgen wir einem festen Prozedere“, erklärt -Eckstein.

Im Notfall richtig handeln

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Abb. 6: Auch in Notsituationen ist zielgerichtetes und besonnenes Handeln gefordert: Oberstleutnant Eckstein trainiert die Vorgehensweise beim (simulierten) Druckabfall im Fluge.
Ob im Operationssaal oder im Cockpit – ein Notfall ist eine Ausnahmesituation und stellt Piloten wie Herzchirurgen vor besondere Herausforderungen. In der Luftfahrt wird das Notfallprozedere mit einem festgelegten Prozedere, kurz als FORDEC benannt, trainiert.

„F steht für die Facts, gleichbedeutend mit der Frage, welche Situation liegt vor und in welcher Lage befindet sich der Pilot“, erklärt Eckstein. „Die Optionen, die der Pilot hat, werden daraufhin bewertet, gefolgt von der Identifizierung von Risiken und Nutzen jeder einzelnen Handlungsoption, „risk and benefits“ heißt bei uns diese Abwägung. Es folgt die Entscheidung (Decision) und die erneute Überprüfung der Fakten, ob die ausgewählte Handlungsoption voraussichtlich zum Ziel führt (Con-trol / Check).

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Abb. 7: Blick in einen herzchirurgischen Operationssaal: Absolute Professionalität, Ruhe und Teamwork sind für das Gelingen eines Eingriffs wichtige Komponenten.
Einzelne Aspekte dieser „Flight Safety Info“ der fliegenden Besatzungen werden auch im Rahmen des ärztlichen Handelns eingesetzt. Routinierte und trainierte Abläufe sind Garanten dafür, im Ernstfall adäquat agieren und in kürzester Zeit richtige Entscheidungen treffen zu können – davon sind Testpilot Eckstein und Herzchirurg Beckmann gleichermaßen überzeugt. Um überhaupt den Anforderungen eines Hochleistungs-Risiko-Berufes gewachsen zu sein, müssen Ärzte wie Piloten eine lange Ausbildungs- und Weiterbildungszeit absolvieren. Kommunikationsvermögen, Entscheidungskompetenz, Gelassenheit und psychische Stärke gehören zu den unbedingten Eigenschaften, die beiden Berufen wegen des hohen Leistungsdrucks gemein sind. „Zusätzlich brauchen Ärzte eine besondere Hilfsbereitschaft und selbstverständlich auch Empathie!“, ergänzt Beckmann. Während bei Piloten die strikte Einhaltung von Ruhezeiten ebenso gilt wie die alljährliche Überprüfung der Flugtauglichkeit, entfallen bei Ärzten derartig regelmäßige Kon-trollmechanismen. „Personalmangel im Nachwuchs- wie auch Facharztbereich in Kombination mit naturgemäß weniger attraktiven Dienstzeiten stellen für Ärzte einen besonderen Umstand dar. Mehr Sensibilität für mitarbeiterorientierte Rahmenbedingungen wäre auch in der Medizin empfehlenswert. Letztlich trägt dies dann auch zur allzeitigen Gewährleistung der Patientensicherheit bei!“, betont Beckmann.

Überdurchschnittliche Softskills sind Voraussetzung

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Abb. 8: Technik und Mensch: Auch im Operationssaal ist die Kombination von Mensch und Technik elementar. Die Herz-Lungen- Maschine ist ein wesentlicher Bestandteil vieler Herzoperationen.
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Abb. 9: „Team works“: Oberstleutnant Thomas Leveling, Major Oliver Lenz und Oberstleutnant Rolf Estrugo Eckstein mit Dr. Andreas Beckmann nach dem Informationsaustausch (von links nach rechts)
Beide Berufe vereint auch die Bereitschaft, lebenslang zu lernen. „Gerade die Herzmedizin hat sich in den letzten dreißig Jahren rasant und überaus innovativ entwickelt“, erklärt -Beckmann. „Wir sind darauf ausgerichtet, Innovation möglichst rasch und sicher in die Praxis einzuführen, selbstverständlich erst nachdem man sich mit den neuen Methoden angemessen vertraut gemacht hat. Die generelle Bereitschaft, offen gegenüber Weiter- oder Neu-Entwicklungen zu sein, erlaubt uns auch, erfolgreiche Systeme aus der Luftfahrt zu reflektieren und ggf. in modifizierter Form in die Medizin zu transferieren.

Fazit

Auch wenn mit der Luftfahrt und der Herzchirurgie bei diesem Zusammenkommen zwei auf den ersten Blick völlig verschiedene Welten aufeinandertrafen – es entwickelte sich in kürzester Zeit ein tiefgehendes Verständnis von der Arbeits- und Denkweise des jeweils anderen. Dazu mag auch beigetragen haben, dass es die Teilnehmenden gewohnt waren, in hierarchischen Strukturen wie der Bundeswehr bzw. einer Klinik zu agieren und dennoch eine Kommunikations- und Fehlerkultur entwickelt haben, die die spezifischen Fähigkeiten des Einzelnen in einer bestimmten Situation über den jeweiligen Rang oder Dienstgrad des Anderen stellt.

Alle waren sich am Ende einig: Der begonnene Dialog zwischen Luftfahrt und Herzchirurgie sollte auch mit Angehörigen anderer medizinischer Fachrichtungen fortgesetzt werden.

Literaturhinweise (Auswahl)

Institute of Medicine (US): To Err is Human – Building a Safer Health System: National Academic Press; Washington (DC) 2000.

World Health Organization (WHO): WHO Surgical Safety Checklist. http://www.who.int/patientsafety/safesurgery/checklist/en/ (Letzter Zugriff: 20. Mai 2018)

Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (AZQ): Critical Incident Reporting System CIRSmedical.de. https://www.aezq.de/patientensicherheit/cirs (Letzter Zugriff 20. Mai 2018)

Europäische Union: Verordnung Nr. 965/2012 der Kommission zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf den Flugbetrieb gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Oktober 2012: Verbindliche Vorgaben zur Erst- und Widerholungsausbildung in CRM. https://www.lba.de/SharedDocs/Downloads/DE/B/Rechtsvorschriften/VO_965_2012.html (Letzter Zugriff 22. Mai 2018)

Thomeczek C: Error prevention and error management in medicine--adopting strategies from other professions. Onkologie 2003; 26(6): 545 - 550)

Fotos: Regina Iglauer-Sander, DGTHG

Für die Verfasser:
Regina Iglauer-Sander und Dr. Andreas Beckmann
Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz und Gefäßchirurgie
Luisenstraße 58/59, 10117 Berlin
E-Mail: presse@dghthg.de

¹ Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e. V. (DGTHG) mit Sitz in Berlin ist eine gemeinnützige, wissenschaftliche,medizinische Fachgesellschaft, deren Ziele u. a. der Förderung der Wissenschaft und Weiterentwicklung von Therapien auf dem Gebiet der Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie sind. Zu den weiteren Hauptaufgaben zählen die Durchführung von Weiter- und Fortbildungsprogrammen, Erstellung medizinischer Leitlinien, Förderung von Nachwuchskräften und die Ausrichtung medizinischer Fachtagungen. Als Vertretung der über 1.000 in Deutschland tätigen und in der DGTHG organisierten Thorax-, Herz- und Kardiovaskularchirurgen stehen die Verantwortlichen der Fachgesellschaft für einen Dialog mit der Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft zur Verfügung. Weitere Informationen finden sich unter www.dgthg.de.

Datum: 06.07.2018

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