Das Strategic Aeromedical Evacuation Registry

Wissenschaftliche Erkenntnisse aus 20 Jahren „Fliegende Intensivstation“

Vitali Jagel, Janina Post, Astrid Berg, Sandra Liebermann, Gloria Hein, Matthias Kohl, Stefan Sammito

Einleitung: Bei militärischen Einsätzen im Ausland kann es zu schweren Erkrankungen und Verletzungen kommen, die dazu führen, dass Soldaten und Soldatinnen zur weiteren medizinischen Versorgung repatriiert werden müssen. Hierzu stehen speziell ausgerüstete Luftfahrzeuge zur Verfügung, die auch im Rahmen von humanitären Einsätzen, z. B. nach Naturkatastrophen, eingesetzt werden.

Methodik: Die vorliegende Studie analysiert erstmalig die Evakuierungsflüge (AE) über einen großen Zeitraum basierend auf dem 2021 neu geschaffenen „German AE-Registry“. Es wurde eine retrospektive Analyse von 612 AE-Flügen der deutschen Luftwaffe im Zeitraum 2002–2021 durchgeführt. Insgesamt wurden 2 060 Patienten mit militärischen, für den qualifizierten medizinischen Patiententransport ausgestatteten Flächenluftfahrzeugen nach Deutschland transportiert. 1 337 (64,9 %) dieser Patienten waren Militärangehörige und 723 (35,1 %) wurden im Rahmen von humanitären Hilfseinsätzen geflogen. Die Analyse basiert auf einer Auswertung der während des Fluges verwendeten Intensivtransportprotokolle sowie weiterer Daten (Patient Movement Request, klinische Daten, Arztberichte).

Ergebnisse: In 1 875 Fällen (91 %) lag das Transportprotokoll vor. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 34,3 Jahre (Minimum: 4,6 Jahre, Maximum: 101,0 Jahre). Die vorrangig zivilen Patienten, die im Rahmen von humanitären Hilfseinsätzen geflogen wurden, waren statistisch signifikant älter als repatriierte Militärangehörige (40,4 vs. 32,4 Jahre, p < 0,001). 1 641 (80,0 %) Patienten waren männlich, 227 (11,0 %) weiblich und in 192 (9,3 %) Fällen war das Geschlecht nicht dokumentiert. Die meisten Patienten (n = 909, 44,1 %) wurden aufgrund einer traumatologischen bzw. chirurgischen, 732 (35,5 %) aufgrund einer internistischen Grunderkrankung geflogen. Komplikationen, die invasive Maßnahmen während des Fluges erforderten, traten nur bei wenigen Patienten auf: Drei (0,2 %) Patienten benötigten eine Thoraxdrainage, vier (0,2 %) mussten intubiert werden, und bei drei (0,2 %) Patienten musste ein neuer zentraler Venenkatheter gelegt werden.

Diskussion/Folgerungen: AE ist ein wesentlicher Bestandteil der Rettungskette und für eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung von Einsatzkontingenten im Ausland unerlässlich. Die zugrunde liegenden Krankheiten sind bei Patientinnen und Patienten, die im Rahmen humanitärer Hilfseinsätze transportiert werden, sehr unterschiedlich. Schwere Komplikationen sind jedoch selten. Die hier vorliegende Analyse stellt die erste Auswertung dieser Art für die AE-Einsätze der deutschen Luftwaffe dar und erweitert somit die Möglichkeiten der Weiterentwicklung für diese besondere Fähigkeit der (militärischen) Rettungskette um eine wissenschaftliche Komponente.

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