Einsatzvorbereitende Ausbildung im ­Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr - Von der Planung bis zum Einsatz

Aus dem Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung (Kommandeur: Generalstabsarzt Dr. St. Schmidt)

Mit Inkraftsetzung der Zentralen Dienstvorschrift A-221/6 „Ausbildung zum Herstellen und Halten der Einsatzbereitschaft für militärisches Personal und Zivilpersonal im Soldatenstatus“ hat der Generalinspekteur der Bundeswehr verbindliche Ausbildungsstandards und Abholpunkte definiert, welche der Sanitätsdienst spezifisch ausgestaltet in die Bereichsweisung C1 - 221/6 - 4000 überführt hat.

In dieser Weisung wird im Punkt 104 ausgeführt: „Alle Kommandeure/Kommandeurinnen und Einheitsführer/Einheitsführerinnen im Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr (ZSanDstBw) stellen durch persönliches Beispiel sicher, dass der einsatzvorbereitenden Ausbildung in den Verbänden und Einheiten besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird, die Ausbildung mit hoher sittlicher Verantwortung und sorgender Aufmerksamkeit für die ihnen anvertrauten Menschen gestaltet wird und die Soldatinnen und Soldaten bestmöglich auf den Einsatz vorbereitet werden.“ 

ELUSA/ELSA

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Vorbesprechung der praktischen Ausbildung am Sandkasten
Die lehrgangsgebundene einsatzvorbereitende Ausbildung im ZSanDstBw umfasst neben der zweiwöchigen Schießausbildung nach dem neuen Schießausbildungskonzept, als Voraussetzung für die Teilnahme an der weiteren Ausbildung, die Einsatzlandunspezifische Ausbildung (ELUSA) sowie die Einsatzlandspezifische Ausbildung (ELSA).

Zusätzlich können im Einzelfall spezifische Ausbildungen notwendig sein, wie z. B. das „Key Leader Training“ oder die „Zentrale Führerausbildung“ für Schlüsselpersonal am Zentrum Innere Führung in Koblenz oder etwa die Ausbildung „Tropenmedizin“ für den Truppenarzt in Mali.

Die sechswöchige Grundlagenausbildung ELUSA wird in den Ausbildungssimulationszentren (AusbSimZ) der Sanitätsregimenter in Leer, Koblenz, Berlin und Dornstadt durchgeführt. Nach erfolgreichem Abschluss des Trainings werden die Befähigungsnachweise TIV-ID „Einsatzbefähigung MilPers“ 100 1559 sowie „Einsatzbefähigung LandbasOp“ 100 1570 vergeben.

Die Gültigkeit dieser Ausbildung ist auf 36 Monate beschränkt, die Teilnahme an einem Auslandseinsatz verlängert die Gültigkeit nicht. Durch diese Regelung wird sichergestellt, dass die in Einsätze zu entsendenden Soldaten aktuell über die erforderlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen.

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Neues Schießausbildungskonzept
Personal mit einer konkreten Einsatzplanung, welches nicht über eine gültige ELUSA verfügt, nimmt an einer zweiwöchigen Auffrischungsausbildung ELUSA teil und hat zudem noch die Einsatzlandspezifische Ausbildung (ELSA) zu absolvieren. Für die meisten Soldaten ist diese ELSA auf eine theoretische Ausbildung beschränkt, welche im ZSanDstBw grundsätzlich als Selbststudium durchgeführt wird. Die Inhalte dieser sogenannten Dienstpostenunabhängigen ELSA (DPU ELSA) werden durch das VN-Ausbildungszentrum für das jeweilige Einsatzgebiet erarbeitet und im Intranet der Bundeswehr bereitgestellt. Sie müssen von allen Kontingentteilnehmenden vor Beginn jedes Einsatzes durchgearbeitet werden. Neben allgemeinen Informationen über das Einsatzland werden hier interkulturelle Einflüsse, Konfliktursachen, Konfliktverlauf, Konfliktbeteiligte, die Bedrohungslage, die Humanitäre Situation sowie völker- und verfassungsrechtliche Grundlagen (zum Beispiel Regeln für die Anwendung militärischer Gewalt) beschrieben. Die Durchführung der DPU ELSA wird mit Unterschrift des Soldaten und des Disziplinarvorgesetzten auf einem gesonderten Nachweis bestätigt, welcher der Einsatzakte beigefügt wird. Hiermit endet für die meisten Soldaten die einsatzvorbereitende Ausbildung.

Mobile Kräfte und das Schlüsselpersonal

Lediglich die mobilen Kräfte (BAT, RettTrp) und das Schlüsselpersonal (KpChef, KpFw, EinsOffz, PECC-Personal) haben im Rahmen der ELSA eine zusätzliche Ausbildung am Lehr- und Ausbildungszentrum Einsatz (LAZE) in Feldkirchen zu absolvieren. Aufgrund der heterogenen Zusammensetzung der Kräfte ZSanDstBw (z. B. Arzt aus dem BwKrhs in Berlin, NotfallSan aus Gardelegen und MKf aus Kümmersbruck) ist diese gemeinsame Ausbildung am LAZE gerade mit Blick auf den Aspekt Kohäsion von großer Bedeutung.

Nach Identifikation der Trainingsteilnehmenden durch den entsprechenden Leitverband erfolgt die Einsteuerung in die jeweilige ELSA.

In dem, für die mobilen Kräfte, zehntägigen Training finden neben Vorträgen zur aktuellen Lage im Einsatzland und Informationen durch das Psychosoziale Netzwerk, im Schwerpunkt das Team-­Finding und Team-Building der BAT-Besatzungen und RettTrps statt. Als weiterer wesentlicher Punkt wird das Zusammenwirken mit Kräften der Infanterie ausgebildet, um sowohl Kenntnisse über deren Vorgehensweise zu erlangen, als auch die Einsatzersthelfer B (EEH-B) zweckmäßig einzusetzen.

Das Team-Building selbst findet hauptsächlich im Rahmen der taktischen Verwundetenversorgung statt. Hierfür werden die Teilnehmenden in unterschiedliche sanitätsdienstliche Lagen versetzt. Deren Intensität nimmt im Laufe des Trainings zu und gipfelt letztlich in der Bewältigung von MASCAL-Situationen.

Parallel zum Training „ELSA mobile Kräfte“ findet in der zweiten Lehrgangswoche die „ELSA stationäre Kräfte Schlüsselpersonal“ statt. Ziel ist es hier, die künftig unterstellten Kräfte kennen zu lernen, sie unter Extremsituationen arbeiten zu sehen und wichtige Erkenntnisse für die Zusammenarbeit im bevorstehenden Einsatz zu gewinnen.

Abschließend findet für beide Teile das verpflichtende ROE (Rules of Engagement) Schießen statt, bevor die Trainingsteilnehmenden die TIV-ID erhalten.

Die ELSA am Lehr-/AusbZEins ist, kontingentabhängig, oftmals die einzige Möglichkeit zum internen Team-Building der San-Kräfte.

Kohäsion mit den Infanteriekräften

Krönender Abschluss im Rahmen der einsatzvorbereitenden Ausbildung ist die Kohäsionsausbildung mit der Kampftruppe am Gefechtsübungszentrum Heer (GÜZ) in der Letzlinger Heide. Als gemeinsame Ausbildung der Sanitätskräfte mit den Infanteriekräften in der personellen Zusammensetzung, wie später auch der Einsatz bestritten wird, ist sie ein äußerst wichtiger Baustein der gesamten Einsatzvorbereitung. Die Sanitätssoldaten müssen die konkreten taktischen Verhaltensweisen auf dem Gefechtsfeld lernen, und die kämpfende Truppe muss die Erfordernisse einer medizinischen Notfallversorgung vor Ort kennen. Dies führt von notwendigen Absprachen über die Einbindung in die Befehlsgebung bis hin zu den detaillierten Abläufen in den unterschiedlichen Gefechtsszenarien. Beide Seiten sind aufeinander angewiesen und müssen sich aufeinander verlassen können. Daher ist ein persönliches Kennen und sich miteinander einspielen nicht hoch genug einzuschätzen.

Planung eines neuen Einsatzes

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Jeder Handgriff muss sitzen
Die strategische Planung für einen Einsatz erfolgt im BMVg, Abt Strategie und Einsatz (SE) in Absprache mit anderen Bundesressorts sowie unter Beteiligung des Einsatzführungskommandos (EinsFüKdoBw) und betroffener Dienststellen im nachgeordneten Bereich. Das Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr (Kdo SanDstBw) stimmt mit dem EinsFüKdoBw die sogenannten ­operativen Fähigkeitsforderungen (OFF) ab, die gemeinsam mit weiteren kontingentbezogenen Fähigkeitsvorgaben und ggf. Umfangs­begrenzungen als Vorgaben für die nun folgende detaillierte Einsatzausplanung des Kdo SanEinsUstg dienen.

Diese mündet letztlich im sogenannten Planungsreport Einsatz (PRE). Dabei handelt es sich um eine Übersicht über alle im Einsatz zu stellenden Fähigkeiten einschließlich der Übersicht aller daraus resultierender zu besetzender Dienstposten. Enthalten sind ebenfalls die erforderlichen Qualifikationen, gegebenenfalls verbunden mit kontingentbedingten Zusatzqualifikationen oder Zweitfunktionen, sowie die entsprechenden Dotierungshöhen. Nach Billigung des PRE durch das Kdo SanDstBw und Freischaltung durch EinsFüKdoBw kommt es darauf an, die Dienstposteninhaber der Sanitätseinsatzkräfte namentlich zu identifizieren und zeitgerecht für den bevorstehenden Einsatz vorzubereiten.

Parallel dazu wird aus dem Bereich der Sanitätsregimenter ein Leitverband befohlen, dem zahlreiche Aufgaben für die konkrete Aufstellung und Vorbereitung der Sanitätseinsatzkräfte zukommen. 

Von der Planung zum konkreten Einplanungsbescheid

Basierend auf dem PRE, den allgemeinen Vorgaben für die Einsatzvorbereitende Ausbildung gemäß ZDv A-221/6 und der Bereichsweisung C1 - 221/6 - 4000 sowie den jeweiligen Weisungen des EinsFüKdo für den konkreten Einsatz, wird nun die sogenannte Einsatzvorbereitungsübersicht (EVÜ) erarbeitet. In dieser wird für jeden einzelnen Dienstposten explizit festgelegt, welche Ausbildungen erforderlich sind, um die jeweilige Funktion im Einsatzkontingent erfüllen zu können. Dies ergibt einen umfangreichen Bogen, der die gesamte Ausbildungspalette von der grundsätzlichen Dienstpostenausbildung über die ELUSA/ELSA bis hin zu den Zusatzqualifikationen umspannt. Diese EVÜ wird für jedes Einsatzkontingent aktualisiert in WikiBw eingestellt und somit für jeden Kontingentteilnehmenden einsehbar dem zuständigen Leitverband als Vorgabe für die nächsten Arbeitsschritte bereitgestellt.

Der Leitverband erstellt nun für jeden einzelnen Kontingentteilnehmenden den für ihn gültigen „Ausbildungsbogen Einsatz“, welcher ihm gemeinsam mit dem eigentlichen Einplanungsbescheid ausgehändigt wird. Somit wird sichergestellt, dass jeder Kontingentteilnehmende gleich zu Beginn seiner Einplanung Kenntnis über die konkreten Vorgaben für die eigene Einsatzvorausbildung erhält. 

Keine Regel ohne Ausnahme

Im idealtypischen Sollprozess erhält ein Kontingentteilnehmer seine Einplanung circa ein Jahr vor Einsatzbeginn, sodass ausreichend Zeit für die zumeist umfangreiche und zeitintensive Einsatzvorausbildung und persönliche Einsatzvorbereitung bleibt. Mitunter kommt es aber zu Abweichungen vom Regelverfahren. Späte Einplanungen, starke Einbindung in den täglichen Dienstbetrieb, konkurrierende Ausbildungen oder erforderliche Inübunghaltung/Kompetenzerhalte sind nur einige Beispiele, die eine solche idealtypische Einsatzvorbereitung stören oder gar dazu führen, dass einzelne Ausbildungsabschnitte letztlich nicht absolviert werden können.

In diesen Fällen ist es erforderlich einen Ausnahmeantrag zu­ ­stellen, um das Risiko einer nicht ausreichenden Ausbildung abwägen zu können. Diesen muss die Stammeinheit mit der entsprechenden stichhaltigen Begründung (vorgegebenes Antrags­formular) über den jeweiligen Leitverband beim Kdo SanEinsUstg zur Genehmigung vorlegen. Die Genehmigung erfolgt, sofern für den jeweilig Betroffenen mit Blick auf seine Einsatzfunktion vertretbar, stets als Einzelfallentscheidung unter Berücksichtigung aller bekannten einsatzrelevanten Faktoren und Prüfung alternativer Ausbildungsmöglichkeiten.

Einsatzbegleitung

Die G3-Abteilung des Kdo SanEinsUstg begleitet alle Sanitätseinsatzkontingente kontinuierlich. Die Kommunikation mit dem Einsatzgebiet erfolgt dabei grundsätzlich über das EinsFüKdoBw. Alle Anfragen, die seitens des Kdo SanEinsUstg in den Einsatz gestellt werden müssen, laufen über das EinsFüKdoBw mittels
 der täglichen Weisung. Im umgekehrten Fall übersendet das ­EinsFüKdoBw Anfragen aus den Einsatzkontingenten, die über die tägliche Meldung des Kontingentes nach Deutschland kommuniziert werden und den Verantwortungsbereich des Kdo SanEinsUstg betreffen, unmittelbar an das Kommando weiter. Darüber hinaus finden regelmäßig Videokonferenzen mit dem EinsFüKdoBw, dem Kdo SanDstBw sowie dem Kdo SanEinsUstg statt, um kontinuierlich die Lage in den Einsatzgebieten mitverfolgen zu können sowie aktuelle Planungen und Problemstellungen zu erörtern.

Einsatznachbereitung und Einsatzauswertung

Ziel der Einsatzauswertung im SanDstBw ist es, die im Auswerteprozess gewonnenen Erkenntnisse und vor allem auch Erfahrungen aus Einsatzvorbereitung, Einsatz und Einsatznachbereitung zielgerichtet in die Planung, Vorbereitung und Durchführung laufender und zukünftiger Einsätze einfließen zu lassen. Dies schließt die Optimierung der sanitätsdienstlichen Versorgung, Unter­stützungsleistung, Ausbildung und Verbesserung der personellen und materiellen Ausstattung ein. Das Dezernat G 3.1 des Kdo ­SanEinsUstg führt sogenannte Auswertebesprechungen durch. Die Gespräche werden im Anschluss an den Einsatz mit den Inhabern der sogenannten Spitzendienstposten geführt.

Die Ergebnisse der sanitätsdienstlichen Einsatzauswertung werden bewertet und anschließend so umgesetzt, dass Planung, Vorbereitung und Durchführung laufender und zukünftiger Einsätze kontinuierlich angepasst und verbessert werden.

Demzufolge kommt dem Kdo SanEinsUstg im Rahmen der Einsatznachbereitung und der Einsatzauswertung wieder eine direkte Rolle zu. Als Teil der Einsatzauswerteorganisation des SanDstBw erfüllt das Kdo SanEinsUstg eine wesentliche Aufgabe im Rahmen der kontinuierlichen Verbesserung der Erfüllung sanitätsdienstlicher Einsatzaufgaben.  

Alle Abbildungen: Kdo SanEinsUstg

 

Verfasser:
Oberstleutnant Karlheinz Anton Romei
Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung
Zeitzer Straße 112, 06667 Weißenfels

Datum: 05.03.2020

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 4/2019

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