Ausbildung im Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung

K.-H. Romeis, U. W. Sigmund

RekrutInnen des SanRgt 1 in Weißenfels während der Ausbildung in Selbst- und Kameradenhilfe
Bundeswehr/Kdo SanEinsUstg

Mit einem umfassenden Ausbildungsauftrag in allgemeinmilitärischer und fachlicher Hinsicht versehen, wurde das Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung (Kdo SanEinsUstg) im Jahr 2013 aufgestellt. Neben der zentralen Übernahme des Auftrags zur Durchführung der Allgemeinen Grundausbildung für den Organisationsbereich (OrgBer) des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr (ZSanDstBw) wurden mit den Ausbildungs- und Simulationszentren (Ausb/SimZ) und dem Lehr- und Ausbildungszentrum Einsatz (Lehr/AusbZ Eins) – zusätzlich zur „normalen Truppenausbildung“ in den Regimentern – Zentren der Hochwertausbildung im ZSanDstBw geschaffen. Im Blickwinkel der nunmehr stark veränderten Auftrags-, Einsatz- und Nachwuchslage soll ein Überblick über die Vielfalt der Ausbildungsgänge im Kdo SanEinsUstg anhand ausgewählter Beispiele erfolgen.

Grundausbildung

In den zehn Jahren seit Aufstellung haben mehr als 20 000 SoldatInnen ihren Dienst im ZSanDstBw in den Regimentern mit Grundausbildungsauftrag angetreten. An den Standorten Feldkirchen, Weißenfels, Rennerod und Rheine steht eine flexible, leistungsfähige und zukunftsorientierte Ausbildungsorganisation – verteilt auf derzeit 20 Ausbildungszüge – zur Verfügung. Damit können pro Jahr bis zu 3 900 RekrutInnen in zwölfwöchigen Trainings für den Dienst im Sanitätsdienst der Bundeswehr qualifiziert werden.

Die Aussetzung der Wehrpflicht, Demographiewandel, die immer härter werdende Konkurrenz um den Arbeitskräftenachwuchs, die Coronapandemie, die immer weiter voranschreitende, fachliche Professionalisierung im Gesundheitswesen und die jüngsten Ereignisse rund um die Refokussierung der Streitkräfte auf die Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) haben die Entwicklung der Allgemeinen Grundausbildung bis zum heutigen Tag intensiv geprägt. Die Bindung an den Arbeitgeber und die frühe Prägung für den OrgBer erfordern das stete Anpassen der Ausbildungsumfänge und -inhalte an die Erfordernisse. Nicht nur die seit dem Jahr 2022 novellierte Ausbildungsvorschrift, vielmehr die gemeinsame Ausbildung der RekrutInnen aller Laufbahn- und Werdegangsmodelle, fordern das Individuum und fördern bereits zu Beginn der individuellen Dienstzeit den Korpsgeist nachhaltig. Der Einsatz von jungen Offizieren im Truppendienst im Sanitätsdienst (OffzTrD San) als EinheitsführerInnen sowie die medizinisch-fachliche Ausbildung der Gruppen- und Zugführer fördern die militärische und fachliche Prägung gleichermaßen.

Aktuelle Projekte in der Planung der Ausbildung sind dabei, in einem facettenreichen und breit aufgestellten Ausbildungsgebiet, die zukünftige Umsetzung des Diensteintritts von Minderjährigen aus dem aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung, die enge Abstimmung der Ausbildungsinhalte mit den anderen Teilstreitkräften (TSK) und Militärischen Organisationsbereiche (MilOrgBer) und die zukünftige Anpassung der präuniversitären Ausbildung der SanitätsoffizieranwärterInnen (SanOA). 

Auf die Frage hin, was denn für einen Rekruten heute anders als vor zehn Jahren sei, gäbe es folgende Antworten: Erstens haben sich die Ausbildungsinhalte in nahezu allen Bereichen geändert. Zudem sind sich alle Verantwortlichen um die Wertigkeit des Nachwuchses in der heutigen Zeit besonders bewusst und fördern die Kameradschaft, die Bindung an den besonderen Arbeitgeber Bundeswehr und das Systemverständnis für den Sanitätsdienst der Bundeswehr durch ihr Handeln und Auftreten. Die Bedingungen hinsichtlich Unterbringung und Versorgung der Auszubildenden haben sich in den vergangenen Jahren ebenso nachhaltig dem Fortschritt angeschlossen: Internet, moderne Kommunikationswege, digitale Fernausbildung: alles keine Fremdwörter im Kdo SanEinsUstg, sondern gelebte Realität! Was ließe sich noch berichten? Die Grundausbildung ist hinsichtlich ihrer Ausbildungsinhalte fordernder geworden: 

So hat der ZSanDstBw mit seiner Grundausbildung den größten Ausbildungsumfang und die meisten Qualifikationsnachweise aller TSK und MilOrgBer. Ausgebildete Sanitätssoldaten sind damit sozusagen die „Universalsoldaten“ der Streitkräfte und können bei weiterer Spezialisierung überall eingesetzt werden: Ein Alleinstellungsmerkmal, das für keinen anderen Bereich der Streitkräfte zutrifft. Sportausbildung und Military Fitness nehmen einen immer größer werdenden Anteil in der Ausbildung ein. Insgesamt erwartet die Auszubildenden in der Grundausbildung ein moderner und fordernder Ausbildungsbetrieb, der mit dem Freiwilligen Wehrdienst (FWD), den Laufbahnen der Fachunteroffiziere und -feldwebel, der SanOA und der Offizieranwärter OffzTrD San sowie den FWD-Leistenden Heimatschutz und den Reserveoffizieranwärtern eine große Bandbreite an Ausbildungsgängen und Studienmöglichkeiten für eine Karriere im Sanitätsdienst der Bundeswehr eröffnet.

Die taktische Verwundetenversorgung unter schwierigen Bedingungen und unter der...
Die taktische Verwundetenversorgung unter schwierigen Bedingungen und unter der Beobachtung der Bewerter
Quelle: Bundeswehr/Kdo SanEinsUstg

Einsatzvorbereitende Ausbildung im ZSanDstBw

Als Leitkommando für alle Einsätze mit Beteiligung von Kräften des ZSanDstBw ist das Kdo SanEinsUstg für die Sicherstellung der einsatzvorbereitenden Ausbildung zuständig.

Mit Inkraftsetzung der Zentralen Dienstvorschrift A-221/6 „Ausbildung zum Herstellen und Halten der Einsatzbereitschaft für militärisches Personal und Zivilpersonal im Soldatenstatus“ hat der Generalinspekteur der Bundeswehr verbindliche Ausbildungsstandards und Abholpunkte definiert. In der Vorschrift heißt es: 

„Alle Kommandeure/Kommandeurinnen und Einheitsführer/Einheitsführerinnen im ZSanDstBw stellen durch persönliches Beispiel sicher, dass der einsatzvorbereitenden Ausbildung in den Verbänden und Einheiten besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird, die Ausbildung mit hoher sittlicher Verantwortung und sorgender Aufmerksamkeit für die ihnen anvertrauten Menschen gestaltet wird und die Soldatinnen und Soldaten bestmöglich auf den Einsatz vorbereitet werden.“

ELUSA/ELSA

Aufgrund der Aufgaben des ZSanDstBw in der Sanitätsausbildung Inland (Realversorgung) und der daraus resultierenden Strukturen der Dienststellen ergibt sich eine heterogene und vielschichtige Gliederung und Zusammensetzung der unterschiedlichen Bereiche. Die Durchführung der Einsatzlandunspezifischen Ausbildung (ELUSA) erfolgt jetzt, anders als bisher, im Schwerpunkt in Form von Truppenausbildung bei den Sanitätsregimentern (SanRgt) und in den Sanitätsstaffeln Einsatz. Ausgenommen hiervon sind die Bundeswehrkrankenhäuser (BwKrhs), die Kommandobehörden, die Überwachungsstellen für öffentlich-rechtliche Aufgaben des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, die Versorgungs- und Instandsetzungszentren für Sanitätsmaterial sowie die Sanitätsakademie der Bundeswehr, für die auch weiterhin diese ­Ausbildung in lehrgangsgebundener Form an den Ausb-/SimZ durchgeführt wird.

Die einsatzvorbereitende Ausbildung im ZSanDstBw umfasst neben der zweiwöchigen Schießausbildung gemäß neuem Schießausbildungskonzept, als Voraussetzung für die Teilnahme an der weiteren Ausbildung, die ELUSA sowie die Einsatzlandspezifische Ausbildung (ELSA). Zusätzlich können im Einzelfall spezifische Ausbildungen notwendig sein, wie z. B. das „Key Leader Training“ oder die „Zentrale Führerausbildung“ für Schlüsselpersonal am Zentrum Innere Führung in Koblenz oder etwa die Ausbildung „Tropenmedizin“ für den Truppenarzt, wie beispielsweise für aktuelle oder künftig mögliche Einsätze in der Südsahara. Die Ausbildung zum Herstellen der Einsatzbefähigung für die Teilnahme an landbasierten Operationen (ELUSA LV/BV) erfolgt in einer vierwöchigen Ausbildung, wovon grundsätzlich die erste Woche in Form von e-Learning absolviert wird. Nach erfolgreicher Teilnahme an der Ausbildung erfolgt die Zuerkennung der Qualifikation „Einsatzbefähigung MilPers LandbasOp LV/BV“. Die Gültigkeit dieser Qualifikation ist unbefristet, so dass ein Einsatz im Rahmen von einsatzgleichen Verpflichtungen nun ohne die bisherige Auffrischungsausbildung jederzeit möglich ist. Personal mit einer konkreten Einsatzplanung in Rahmen von Stabilisierungseinsätzen nimmt zusätzlich an einer zweiwöchigen Ausbildung „ELUSA StabOp“ teil. Nach erfolgreicher Teilnahme an der Ausbildung erfolgt die Zuerkennung der Qualifikation „Einsatzbefähigung MilPers LandbasOp StabOp“, die Gültigkeit ist auf 36 Monate befristet, auch die Teilnahme an einem Auslandseinsatz verlängert die Gültigkeit nicht. In Ergänzung der ELUSA ist zudem noch die Einsatzlandspezifische Ausbildung (ELSA) zu absolvieren. Die Inhalte dieser sogenannten Dienstpostenunabhängigen ELSA werden durch das VN-Ausbildungszentrum für das jeweilige Einsatzgebiet zentral bereitgestellt. Hiermit endet für die meisten Soldaten die einsatzvorbereitende Ausbildung.

Mobile Kräfte und das Schlüsselpersonal

Lediglich die mobilen Kräfte (Beweglicher Arzttrupp = BAT, Rettungstrupp = RettTrp) und das Schlüsselpersonal haben im Rahmen der Präsenzphasen ELSA eine zusätzliche Ausbildung am Lehr-/AusbZ Eins in Feldkirchen zu absolvieren. Aufgrund der heterogenen Zusammensetzung der Kräfte ZSanDstBw (z. B. Arzt aus dem BwKrhs Berlin, Notfallsanitäter aus Gardelegen und Militärkraftfahrer aus Kümmersbruck) ist diese gemeinsame Ausbildung am Lehr-/AusbZ Eins gerade mit Blick auf den Aspekt der internen Kohäsion von großer Bedeutung.

Das Team-Building selbst findet im Rahmen der taktischen Verwundetenversorgung statt. Hierfür werden die Teilnehmenden in unterschiedliche sanitätsdienstliche Lagen versetzt. Deren Intensität nimmt im Laufe des Trainings zu und gipfelt in der Regel in der Bewältigung von Mass Casualty (MASCAL)-Situationen.

Krönender Abschluss im Rahmen der einsatzvorbereitenden Ausbildung ist die Kohäsionsausbildung mit der Kampftruppe am Gefechtsübungszentrum des Heeres. Als gemeinsame Ausbildung der ­Infanteriekräfte mit den Sanitätskräften in der personellen Zusammensetzung, wie später auch der gemeinsame Einsatz bestritten wird, ist sie nicht nur ein äußerst wichtiger Baustein. Sie stellt gemäß dem streitkräftegemeinsamen Verständnis auch den Höhepunkt und Abschluss der gesamten Einsatzvorbereitung dar. Die Sanitätssoldaten müssen die konkreten taktischen Verhaltensweisen „ihres“ Manöverelementes auf dem Gefechtsfeld lernen, und die kämpfende Truppe muss die Erfordernisse einer medizinischen Notfallversorgung vor Ort kennen. Dies führt von notwendigen Absprachen über die Einbindung in die Befehlsgebung bis hin zu den detaillierten Abläufen in den unterschiedlichen Gefechtsszenarien. 

Fazit

Das System der Ausbildung im ZSanDstBw, bereitgestellt durch das Kdo SanEinsUstg, ist heute mehr denn je bestens dazu geeignet – dem Kernauftrag des Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung folgend – im Zusammenwirken mit den anderen spezifischen Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr einsatzbereite Kräfte des Sanitätsdienstes der Bundeswehr „mission ready“ für alle denkbaren Einsatzoptionen bereitzustellen. 


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