Link und Learn:
Die intelligente Digitalisierungsstrategie der Bundeswehr
J. Hoyer
Die Verwendung von Mobiltelefonen in der Lehre wird häufig abgelehnt. Jeder kennt Aussagen wie „Handys haben in meinem Unterricht nichts verloren.“ Dieser Artikel soll aufzeigen, wie das allgegenwärtige Smartphone nicht als Störfaktor, sondern als Bereicherung der Ausbildung genutzt werden kann und was für digitale Dienste der Dienstherr auch für private IT bereitstellt.
Die Ausbildungsdidaktik der Bundeswehr greift auf verschiedene Regelungen zurück. Dabei steht insbesondere die „Kompetenzorientierte Ausbildung“ im Fokus. Dabei geht es unter anderem um das eigenständige Erarbeiten von Inhalten durch den Trainingsteilnehmenden selbst. Eine stringente Vermeidung von „death by PowerPoint“ ist hier eine klare ableitbare Devise. Die Ausbildungslandschaft der Bundeswehr muss sich weiter an diese Fokussierung anpassen. Zudem machen derzeitige Entwicklungen auf dem zivilen Arbeitsmarkt auch vor dem Arbeitgeber Bundeswehr nicht halt. Moderne Arbeitsbedingungen, Sinnhaftigkeit der Arbeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie digitale Arbeitsumgebungen sind Schlagwörter der gegenwärtigen Personalgewinnung. Um im Wettbewerb um Talente bestehen zu können, ist es unerlässlich, innovative Rekrutierungsansätze zu entwickeln und ein zeitgemäßes Arbeitsumfeld zu schaffen.
Diese Zielsetzung stellt das Ausbildungspersonal vor Herausforderungen. Es bedarf mehr Kreativität, Vorbereitung und Ressourcen, um einen interaktiven Unterricht zu gestalten. Im Zeitalter des papierlosen Büros muss also auch die Durchführung der Lehre umgestellt werden. Eine wesentliche Handlungsmöglichkeit findet sich in der Mediendidaktik. Sie legt den Schwerpunkt auf die gezielte Nutzung von digitalen Medien. In diesem Kontext ermöglichen Cloud-Dienste und Smartphones die Bereitstellung von Lernmaterialien für den Unterricht. Der Dienstherr stellt hierfür Link und Learn zur Verfügung. Die Plattform ist etabliert und kann von allen Soldatinnen und Soldaten kostenfrei genutzt werden.
Was ist Link and Learn?
Link and Learn als Ausbildungsplattform zielt darauf ab, digitale Methoden für den Wissensaustausch zu fördern. Die vielfältigen Funktionen reichen von Dateimanagement und einem Videokonferenztool über kollaborative Anwendungen (Umfragen, Deck als Kanban Board) bis hin zu Produkten aus der (wehr-)medizinischen Anwendung, wie etwa eRef (Lizenzbundle Thieme-Verlag), Clinical Key (Lizenzbundle Elsevier-Verlag), der virtuellen Klinik (webbasierter Patientensimulator) oder AMBOSS (Prüfungsvorbereitung Medizinstudium, kontextsensitives Nachschlagewerk für Studierende, ÄrztInnen und Pflegefachkräfte). Die Inhalte und Dienste auf Link and Learn sind sowohl vom Intranet als auch vom Internet aus zu erreichen und stehen jederzeit und überall zur Verfügung. Bei diesem Konzept haben Ausbildende und Soldaten gleichermaßen Zugriff auf relevante Lerninhalte.
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Was kann Link and Learn zur Digitalisierung der Streitkräfte beisteuern?
1. flexibler Zugriff auf Lerninhalte.
Als OFFEN eingestufte Schulungsunterlagen, Videos und interaktive Module können über Link and Learn jederzeit und überall über das Internet und über private Hardware abgerufen werden. Dies erlaubt es den Soldaten, die Ausbildungsinhalte in ihrem eigenen Tempo zu bewältigen, was insbesondere dann von Bedeutung ist, wenn regelmäßige Standortwechsel im dienstlichen Alltag erforderlich sind.
2. interaktive Lernformate
Die Plattform unterstützt interaktive Lernmethoden, die dazu beitragen, dass die Soldaten mehr Engagement zeigen. Durch die Verwendung interaktiver Bilder, interaktiver Videos, Quizzes oder freiwilliger Lernerfolgskontrollen kann mehr Abwechslung in die Nachbereitung der Unterrichte gebracht werden und die Motivation der Lernenden erhöht werden.
3. Kooperation
Link and Learn fördert die Kooperation von Soldaten. Die Plattform gestattet die Zusammenarbeit in Gruppen, den Austausch von Informationen und die Bearbeitung von gemeinsamen Projekten. Dies fördert Kameradschaft und die Fähigkeit zur Kommunikation, die im militärischen Alltag unverzichtbar sind. Darüber hinaus ermöglichen virtuelle Arbeitsräume eine Kooperation jenseits geografischer Grenzen.
4. persönliches Lernen und Individualisierung
Das Konzept erlaubt ein individuell angepasstes Lernerlebnis, das den verschiedenen Bedürfnissen und Vorkenntnissen der Soldaten entspricht. Individuelle Lernwege können die Motivation und Selbstwirksamkeit des Lernenden erhöhen.
Beispiele aus der Praxis
1. Taschenkarten in digitaler Form
Die Verbreitung von digitalen Taschenkarten zeigt, wie Smartphones im Bildungsbereich genutzt werden können. Durch das Scannen eines von den Ausbildenden bereitgestellten QR-Codes gelangen die Trainingsteilnehmenden auf die digitale Taschenkarte in der Nextcloud. Erwähnenswert ist hier, dass keine Taschenkarten gedruckt werden müssen. Die Anzahl der Downloads ist nicht durch physische Exemplare eingeschränkt, was diese Methode besonders flexibel macht. Außerdem benötigt das Verfahren keine weitere Infrastruktur. Die Smartphones der Teilnehmenden reichen aus.
2. digitale Bewertung im Echtzeit-Modus
Link and Learn macht die digitale Bewertung von Schulungsabschnitten in Echtzeit möglich. Durch das Scannen eines QR-Codes gelangen die Trainingsteilnehmer auf ein Dokument in der Nextcloud. Dort finden sie eine vordefinierte Tabelle. Nun können die Teilnehmenden diese Tabelle mittels Smartphones in Echtzeit zu befüllen. Die Ergebnisse werden dann „live“ und anonym am Smartboard oder Beamer geteilt. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine sofortige effektive Auswertung und kann als Basis für einen konstruktiven direkten Austausch bieten.
Abschließend ist das volle Potenzial von Link and Learn weder erwähnt noch vollständig ausgeschöpft. Link and Learn leistet einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer zeitgemäßen, anpassungsfähigen und interaktiven Ausbildung in der Bundeswehr. Die Einbindung von Smartphones und Cloud-Diensten kann die Wissensvermittlung verbessern und wird den Grundsätzen einer kompetenzorientierten Ausbildung gerecht. Ferner ermöglicht das Konzept eine grundlegende Umgestaltung der Ausbildung sowie eine Vorbereitung der Streitkräfte auf die Digitalisierungsherausforderungen. Daher stellt die voranschreitende Digitalisierung der Streitkräfte nicht bloß einen Trend dar, sondern ist in Zukunft unverzichtbar.
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 4/2024
Oberleutnant J. Hoyer
Sanitätsakademie der Bundeswehr
Ernst-von-Bergmann-Kaserne
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