Die Urologie im internationalen Krisenmanagement der Bundeswehr – ein Rückblick auf die urologische Versorgung in Afghanistan
Justine Schoch, Christian Ruf, Cord Matthies, Holger Heidenreich, Karl von Dobschütz, Hans Schmelz, Tim Nestler
Gefechtsassoziierte Verletzungen, insbesondere durch Explosionen und Schrapnelle, sind in internationalen Krisenmanagement-Einsätzen (IKM) häufig und können zu Verwundungen des Urogenitaltrakts führen. In westlichen Ländern treten solche urogenitalen Verletzungen im zivilen Umfeld nur selten auf. Diese Studie wurde mit dem Ziel durchgeführt, die Arbeitsbelastung eines Urologen im Krisenmanagement-Einsatz zu evaluieren und mit der Regelversorgung im Bundeswehrkrankenhaus zu vergleichen.
Daten über operative Eingriffe und ambulante Patientenvorstellungen wurden über einen Zeitraum von 5 Jahren (2015–2020) in einem US-amerikanisch geführten Field Hospital (Role 3) in Bagram Airfield, Afghanistan, erhoben. Deutsche Urologen behandelten im Durchschnitt einen urologischen Patienten pro Tag und führten insgesamt 314 chirurgische Eingriffe durch. Diese wurden in gefechtsassoziierte Eingriffe (Battle Related Injuries (BRI), n = 169; 53,8 %) und nicht-gefechtsassoziierte Eingriffe (non-BRI, n = 145; 46,2 %) unterteilt. In der BRI-Gruppe lag der Schwerpunkt der Eingriffe hauptsächlich auf dem äußeren Genital (n = 67; 39,6 %), während in der non-BRI-Gruppe endourologische Operationen häufiger durchgeführt wurden (n = 109; 75,1 %). Zusätzlich war auch eine höhere Rate an Laparotomien und Beckenoperationen in der BRI-Gruppe zu verzeichnen (n = 51; 30,2 %).
Darüber hinaus zeigten sich bei den Eingriffen am äußeren Genital signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. In der BRI-Gruppe waren 58,2 % (n = 39) der Eingriffe traumabedingte Skrotalexplorationen, ein Verfahren, das in der non-BRI-Gruppe nicht durchgeführt wurde (p < 0,001). Im Gegensatz dazu waren 50,0 % (n = 13) der Skrotalexplorationen in der non-BRI-Gruppe auf den Verdacht einer Hodentorsion zurückzuführen, gefolgt von einer Orchidopexie, während dies in der BRI-Gruppe nur bei 1,5 % (n = 1) der Fälle der Fall war (p < 0,001). Bei den ambulanten Patienten im IKM-Einsatz standen Beschwerden des äußeren Genitals (n = 25 2; 32,7 %) und Nieren-/Harnleitersteine (n = 181; 23,5 %) im Vordergrund. Die konservative Behandlung von Patienten im IKM-Einsatz ähnelt der Behandlung von Soldaten in Deutschland im Frieden. Allerdings erfordern BRI spezielle Kenntnisse in der abdominalen und retroperitonealen Urochirurgie sowie grundlegende Fähigkeiten in der rekonstruktiven Chirurgie, insbesondere bei Eingriffen im Bereich des äußeren Genitals.
Den ausführlichen Artikel lesen Sie hier.
Wehrmedizinische Monatsschrift 12/2024
Oberstabsarzt Dr. Justine Schoch
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Klinik für Urologie
Rübenacher Strasse 170, 56072 Koblenz
E-Mail: justineschoch@bundeswehr.org