LASER/LASERPOINTER IM KONTEXT MIT MILITÄRISCHEM FLUGBETRIEB IM EINSATZ UND TÄGLICHEM FLUGBETRIEB
Aus der Abteilung Flugphysiologie in Königsbrück (Abteilunsgleiter: Oberstarzt Dr. B. Brix) am Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe Fürstenfeldbruck (Leiter: Oberstarzt Dr. W. Krause)
von Ulrich Kreutzmann-Mikolajczyk
Zusammenfassung
Die Blendung von Flugzeugbesatzungen mit Laserpointern stellt sowohl in der zivilen als auch in der militärischen Luftfahrt ein zunehmendes Flugsicherheitsproblem dar. Die Anzahl der gemeldeten Blendungen mittels Lasern nimmt von Jahr zu Jahr zu. Es ist daher von großer Wichtigkeit, die Besatzungen bereits in der Ausbildung mit den physiologischen Grundlagen, operationellen Auswirkungen und Vermeidungsstrategien vertraut zu machen, um bei einer solchen Blendattacke möglichst optimal reagieren zu können.
Laser/laser pointer in the context with the military aviation in mission and routine duty
Summary
Laser pointer attacks are an increasing problem in civil and military aviation and a major threat to flight safety. Therefore it is of great importance to familiarize aircrews already during training with the physiological principles, operational implications as well as avoidance strategies in order to be able to react in case of a laser pointer attack.
Einleitung
In der zivilen wie militärischen Luftfahrt häufen sich Blend-Attacken durch Laserpointer gegen Piloten. Das stellt ein zunehmendes Risiko für die Flugsicherheit dar. Laser mit großer Leistung können eine Lichtenergie generieren, die eine Beschädigung der Netzhaut des Auges zur Folge haben können. Bedingt durch die Bündelung des Lichtes durch die Linse des Auges ist die Netzhaut besonders gefährdet. Bei schwächeren Lasern kann die Sehleistung des menschlichen Auges durch eine Blendung stark eingeschränkt werden, ohne bleibende Schäden zu hinterlassen.
Es ist erwiesen, dass durch eine Laserstrahlexposition unterhalb der MZB (Maximal zulässige Bestrahlungs-Werte) ein „maskierender“ Effekt stattfinden kann. Das heißt, dass eine solchermaßen von einem Laserstrahl getroffene Person Schwierigkeiten haben kann, die erforderlichen Unterschiede in einer visuellen Szene genügend aufzulösen (1).
Immer häufiger berichtet die Flugsicherung über Vorfälle, bei denen Piloten im Landeanflug durch gezieltes Anstrahlen mit Lasern gestört wurden. Durch den weltweiten Vertrieb über Onlineshops kann sich jeder problemlos leistungsstarke Laserpointer beschaffen, deren Erwerb in Deutschland nur unter Auflagen möglich ist. Handheldpointer im grünen Wellenlängenbereich sind sehr preiswert, die Leistung kann bis mehrere Watt betragen. Die Reichweite eines Laserpointers hängt von der genutzten Wellenlänge, der Leistung und dem Beleuchtungszustand der Umgebung ab. Die Häufigkeit von Blendattacken in Europa ist in den letzten zwei Jahren ansteigend. In den USA werden Piloten seit Jahren mit diesem Problem konfrontiert (2).
Wirkungen einer Laserblendattacke
Eine zeitlich befristete Blendung durch einen Laserpointer kann zu einem Nachbild oder zur sogenannten „flash blindness“ führen. Gerade in der Landephase eines Anfluges kann das ein die Flugsicherheit gefährdender Faktor sein. Eine absolute Blendung liegt dann vor, wenn sich das Auge aufgrund einer Störlichtquelle nicht ausreichend an die niedrigere Leuchtdichte des übrigen Gesichtfeldes anpassen kann. Diese Störlichtquelle wird dabei oft als unangenehm empfunden und führt außerdem dazu, dass das visuelle Erkennen im übrigen Gesichtsfeld aufgrund der fehlenden Adaptation eingeschränkt ist. Unser visuelles System kann sich also letztlich nur bis zu einem gewissen Grad an Unterschiede der Leuchtdichteintensität des Gesichtsfeldes optimal anpassen.
Ein einfaches Beispiel dazu: Ein entgegenkommendes Fahrzeug schaltet das Fernlicht ein. Der Blendeffekt lässt nach, wenn das Fahrzeug seitlich passiert. Im Flugbetrieb kann eine starke Blendung dazu führen, dass der Pilot in eine räumliche Desorientierung geraten kann beziehungsweise die „situational awareness“ reduziert oder verloren wird. Flash blindness ist definiert als kurzfristiger Verlust des Sehvermögens nach einer starken Blendung hoher Lichtintensität. Dieser Effekt kann von einigen Sekunden bis zu mehreren Minuten andauern. In den entscheidenden Phasen eines An-/Abfluges oder im Tiefflug, welche die absolute Aufmerksamkeit der Besatzung erfordern, können Blendungen durch Laserpointer fatale Folgen haben. Wenn ein Pilot aufgrund einer Blendung auch nur vorübergehend die Kontrolle über das Flugzeug oder den Hubschrauber verliert, kann es im schlimmsten Fall zu einem Flugunfall kommen.
Abb 1: Beispiel einer nachgestellten Laserblendung in einem Flugsimulator (Quelle: FlugMedInst Lw Abt. FlugPhys)
Beispiele aus dem zivilen und militärischen Bereich
- Flughafen Tegel am 21., 28. und 29. September sowie am 4. Oktober 2009. In allen vier Fällen hatten sich die Maschinen im Landeanflug befunden, als sie von Laserpointern angestrahlt wurden (3).
- Blendung eines Flugzeuges der Lufthansa im Landeanflug auf den Hamburger Flughafen. Der Täter richtete seinen Laserpointer auf die Maschine, die sich in 1 300 m Höhe befand (4).
- In der Nacht des 1. Juni 2009 wurde ein Polizeihubschrauber der Fliegerstaffel des Landespolizeidirektion Nordrhein Westfalen NRW auf einem Einsatzflug zweimal mit einem grünen Laser beleuchtet. Kurz nach dem Vorfall klagte der Pilot über die Beeinträchtigung eines Auges. Auf dem Rückflug wurde der Hubschrauber wieder mit einem grünen Laser beleuchtet. Der Co-Pilot, Brillenträger, wurde trotz Nachtsichtbrille derart geblendet, dass er kurzfristig räumlich desorientiert war. Der Täter wurde vom Amtsgericht Hamm wegen gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe von 1 000 Euro verurteilt (5).
- Laserattacke auf eine Linienmaschine im Landeanflug auf den Stuttgarter Flughafen um 18:15 Uhr am 04. November 2009 (6).
- Während eines Nachtfluges mit NVD (Night Vision Devices) in der Nordplatzrunde eines Heeresflugplatzes wurde eine CH-53 mehrfach aus einem Grundstück am Südrand einer Ortschaft heraus beleuchtet und verfolgt. Dadurch wurden wiederholt Besatzungsmitglieder geblendet. Die über den Tower alarmierte Polizei konnte zunächst den Störer nicht identifizieren. Daher wurde das Grundstück des Störers mit dem Suchscheinwerfer des Hubschraubers beleuchtet, woraufhin die Polizei den Verursacher ermitteln konnte (7).
- In der Studie „A Review of Recent Laser Illumination Events in the Aviation Environment“ beschreibt Van B. Nakagawara diverse Blendungen in einem Zeitraum von Mai 2004 bis Januar 2005 (8).
Differenzierung zwischen Einsatz und Routineflugbetrieb
Während im Routineflugbetrieb davon ausgegangen werden kann, durch Laserpointer, wie beschrieben, beim Anund Abflug geblendet zu werden, gilt Gleiches auch für den Nachttiefflug mit NVD.
Aus eben dieser Bedrohung kann die Forderung abgeleitet werden, dass starke Laserpointer nur unter Auflagen, analog zum Waffengesetz, verkauft werden dürfen.
Die Bedrohung im Einsatzflugbetrieb durch feindliche Laser und Gefährdung durch eigene Laser stellt sich anders dar. Die militärische Nutzung von Lasern findet bei der Zielmarkierung, Zielentfernungsbestimmung oder gezielter Zerstörung von optischen Sensoren Anwendung. Militärische Handlungen bedingen, dass Laser besonders auf Objekte gerichtet werden, die von Soldaten besetzt oder bedient werden (9). Im Kontext mit dem Flugbetrieb in Einsätzen gilt das auch für Flugzeuge und Hubschrauber. Hier sollte eine enge Symbiose zwischen Aufklärung, Ausbildung und Ausstattung sowie Medical Intelligence ansetzen. Die US Air Force hat bereits 1996 begonnen, ein Aircrew Laser Eye Protection (ALEP)- Programm zu entwickeln, das klar die Verantwortlichkeiten und Abläufe bei einer Laserblendung sowie die entsprechende Ausbildung umfassend regelt (10).
Abwehrtechniken bei Blendung im Flugdienst
Die Abteilung Flugphysiologie des Flugmedizinischen Instituts der Luftwaffe führt seit Juni 2009 im Rahmen der flugphysiologischen Ausbildung der fliegenden Besatzungen der Bundeswehr ein Laser-Awareness-Training durch:
- Nutzung des Laserschutzequipments (Visiere/Brillen), soweit vorhanden.
- Nicht in den Laserstrahl schauen.
- Transfer der Controls an den nicht geblendeten Piloten.
- Hochdrehen der Cockpitbeleuchtung
- Nutzung der NVD im Nachtflug (guter Laserschutz).
- Information an Flugsicherung, Intelligence (Einsatz).
- Vermeiden des Augenreibens bei einer Blendung.
- Vorstellen beim Flieger- bzw. Augenarzt (Kontrolle, Therapie, WDB).
- Zwischenfallmeldung an GenFlSichh - Bw (seit November 2009 sind Blendungen durch Laser an GenFlSichh - Bw als Zwischenfall zu melden).
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Die zunehmende Laserbedrohung im Routineflugbetrieb wie auch im Flugbetrieb in den Einsatzländern bedingt eine umfassende Ausbildung und zeitgemäße Ausstattung der fliegenden Besatzungen der Bundeswehr. Das Risiko eines Flugunfalls beziehungsweise -zwischenfalls und die Gefahr einer Verletzung der Augen der Besatzungen infolge einer Laserattacke ist durch enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen Flugmedizin, Flugsicherheit und Flugsicherung zu minimieren.
Eine entsprechende Falldatenbank muss für alle mit der Thematik befassten Dienststellen einsehbar sein. Mit der Weisung GenFlSichhBw und der Aufnahme des Themas in die Flugphysiologische Ausbildung sind wichtige erste Schritte getan, um unsere Besatzungen vor der Bedrohung zu schützen und die Flugsicherheit zu erhöhen.
Literatur:
- Reidenbach H-D, Dollinger K, Ott G, Janßen M, Brose M: Blendung durch optische Strahlenquellen, Projekt F 2185, 2008.
- Laser Pointers: Their Potential Affects on Vision and Aviation Safety, Office of Aviation Medicine Washington, D.C. 20591, April 2001.
- Schoelkopf K: www.morgenpost.de, 07.10.2009.
- Hamburger Abendblatt, 15.09.2009.
- Klöpper Ml: www.feuerwehrmagazin.de/magazin/2010/01/13/urteil-nach-laser-attacke-gegen Polizei.
- Janssen S: Stuttgarter Zeitung, 05.11.2009.
- Fachliche Flugsicherheitsmitteilung 01-2010; 26.
- A Review of Recent Laser Illumination Events in the Aviation Environment DOT/FAA/AM-06/23 v. Okt.2006.
- Stork G: Augenverletzung durch militärische Laser. Wehrmed Mschr 2008; 52/2: 43-46.
- Air Force Instruction 11-301 Volume 4, 21 February 2008 Flying Operations.
Datum: 11.07.2011
Quelle: Wehrmedizinische Monatsschrift 2011/5-6