VersInstZ SanMat: Neue Herausforderungen

Am Beispiel der Versorgung mit EVGSan in der Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV)

¹Aus dem Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung (Kommandeur: Generalstabsarzt Dr. St. Schmidt)

1. Entstehungsgeschichte der Versorgungs- und Instand­setzungszentren Sanitätsmaterial

Im Jahr 2001 wurde die Aufgabe der Sanitätsmaterialversorgung noch von 17 Bundeswehrapotheken und in der Verantwortung der unterschiedlichen Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche wahrgenommen. Auch die damals noch existierenden 8 Bundeswehrkrankenhausapotheken erfüllten Versorgungsaufträge in einem regionalen Bereich. Mit Aufstellung des neuen Organi­sationsbereiches Zentraler Sanitätsdienst der Bundeswehr (ZSanDstBw) erfolgte eine schrittweise Reduzierung auf zunächst 8 Sanitätsmaterialkompanien, dann eine weitere Zentralisierung auf zunächst 4 Versorgungs- und Instandsetzungszentren Sanitätsmaterial (VersInstZ SanMat). Im Jahr 2014 wurde im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr das VersInstZ SanMat Sigmaringen aufgelöst. Heute versorgen die verbleibenden 3 VersInstZ SanMat Blankenburg, Pfungstadt und Quakenbrück im Grundbetrieb im Durchschnitt etwa jeweils 60.000 Soldaten und zusätzlich 2 bis 4 unterschiedliche Einsatzgebiete. Um die Leistungsfähigkeit dieser Einrichtungen zu verdeutlichen, nenne ich einige logistische Kennzahlen. 

Die Bundeswehrapotheke in Quakenbrück bearbeitet jährlich etwa 200 000 Versorgungsvorgänge, Tendenz steigend. Im Apothekenlager werden hierzu circa 5 000 chargenreine Lagerorte bewirtschaftet, davon sind durchschnittlich 85 % belegt. Das VersInstZ SanMat Quakenbrück besitzt eine jährliche Herstellungskapazität von 8 000 Sonderbrillen. Im Bereich der Medizingeräteinstandhaltung werden jährlich etwa 2 200 Instandhaltungsaufträge bearbeitet und circa 6 500 Instand­haltungsstunden geleistet. Das sind beeindruckende Zahlen. Meiner Erfahrung nach ging die Zentralisierung der logistischen Einrichtungen einher mit einer Verbesserung der Ausbildung des logistischen und pharmazeutischen Personals, mit einer Verbesserung der Qualität der logistisch-pharmazeutischen Prozesse, und sie hat auch zu einer deutlichen Erhöhung der Durchhaltefähigkeit bei der personellen Besetzung von Dienstposten in Einsätzen und einsatzgleichen Verpflichtungen geführt. Herausfordernd war die Einführung von SASPF in den Jahren 2015 bis 2016, immer noch herausfordernd bleibt die Schwerpunktbildung im Rahmen der Übernahme von Versorgungsaufträgen für neue Einsatzgebiete. Oft müssen im Rahmen solcher Schwerpunktbildungen Lagerinfrastruktur und die Prozesse des Warenein- und des Warenausgangs an den neu zugeschnittenen Versorgungsauftrag angepasst werden. Hierzu können über die 3 verbliebenen ­VersInstZ SanMat interne Benchmarks durchgeführt werden, um anschließend Best Practice zu identifizieren. Alles in allem: die VersInstZ SanMat haben sich als äußerst leistungsfähige sanitätsmateriallogistische Einrichtungen des ZSanDstBw bewährt.

2. Ausrichtung der VersInstZ SanMat auf die neuen Herausforderungen der LV/BV am Beispiel der Versorgung mit Einzelverbrauchsgütern Sanitätsmaterial (EVGSan)

Beginnend mit dem Auftrag zur Bereitstellung von EVGSan-Einsatzvorräten für die Kräfte eVJTF 2015 gewinnt nun auch der Versorgungsauftrag zur Bewirtschaftung und Bereitstellung von Einsatzvorräten im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung zunehmend an Bedeutung. Während die an die VersInstZ SanMat angegliederten Sanitätsstaffeln Sanitätsmaterialversorgung ­Einsatz (SanStff SanMatVers Eins) im Einsatzgebiet die dort ­ausgeplanten Sanitätsmaterialversorgungseinrichtungen ­(SanMatVersEinr) betreiben, kann die Bewirtschaftung der hierzu erforderlichen EVGSan-Vorräte vor Verlegung in Deutschland nur in enger Zusammenarbeit und unter Rückgriff auf die Ressourcen des VersInstZ SanMat erfolgen. Für die Kräfte VJTF 2019 wurde ein solcher Vorrat erstmalig im VersInstZ SanMat Quakenbrück nicht nur beschafft, sondern in vom Grundvorrat abgetrennten Lagerräumen so eingelagert, dass eine Bereitstellung des Vorrates innerhalb der vorgegebenen Zeit (Notice to move / NTM = 5 Tage) erfolgen kann. Insgesamt wurde sowohl der Vorrat der Truppenbeladung für die Kräfte VJTF 2019 in Höhe von 3 Versorgungsraten (3 VR), als auch ein Vorrat für die Folgeversorgung in Höhe von 6 VR aufgebaut. Der Beschaffungswert dieses Vorrates zur Versorgung von 2 Role-2-Einrichtungen, 5 SanStffEins und 2 SanKp betrug circa 4,5 Mio. Euro. Weitere 6 VR wurden planerisch vorgehalten.

Zur Versorgung der Kräfte VJTF 2023 ist eine Erhöhung der Bevorratung in den VersInstZ SanMat von 9 VR auf 30 VR geplant. Ersten Schätzungen zufolge hat ein solcher Vorrat einen Beschaffungswert zwischen 47 und 63 Mio. Euro, da nicht allein die Anzahl der zu bevorratenden VR erhöht wird, sondern auch das zu versorgende Kräftedispositiv VJTF. Konnte 2019 noch weitestgehend auf die bisher gebräuchlichen Verfahren des Nachweises, der Lagerung und der Kommissionierung von Einsatzvorräten EVGSan zurückgegriffen werden, müssen für 2023 Prozess- und Infrastrukturanpassungen geplant und umgesetzt werden. Bei der nicht unbegrenzt verfügbaren Ressource Personal, kommt hierbei insbesondere der Optimierung durch eine verbesserte Standardisierung der Einsatzvorräte, durch Entwicklung verbesserter Verfahren zur IT-Unterstützung und durch optimierte Lagerungssysteme eine besondere Bedeutung zu. Zur Sicherstellung der kurzen Bereitstellungszeiten (NTM 5 Tage) muss die Nutzung von automatisierten Kommissionieranlagen geprüft werden. Alle Optimierungen sind so zu entwickeln, dass der Auftrag zur Versorgung im Grundbetrieb, wie auch zur Versorgung der laufenden Stabilisierungsoperationen ohne Einschränkungen weiterhin erfüllt werden können.

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Die Auswirkungen der Einsatzvorbereitungen des VersInstZ SanMat Quakenbrück auf die Versorgungsleistungen im Grundbetrieb wurde durch Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung (Kdo SanEinsUstg) regelmäßig im Rahmen der logistischen Lage überwacht und im Rahmen der durch Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr (Kdo SanDstBw) beauftragten Stärken-Schwächen-Analyse im 1. Quartal 2019 ausgewertet. (Abb. 1)

Hierbei wird die Anzahl der zu Wochenbeginn noch offenen Versorgungsvorgänge (OVV) aus dem Versorgungsbereich zur Gesamtzahl der in der Vorwoche eingegangenen Anforderungen zueinander in Beziehung gesetzt. Während der Wert OVV sich im Jahr 2018 bei circa 3.000 eingependelt hatte, schnellt er zeitgleich mit dem Aufbau der Einsatzvorräte im 1. Quartal 2019 auf Werte bis zu 8.000 hoch und konnte sich in den Folgewochen nicht mehr auf den Wert von 3.000 stabilisieren. Der Aufbau des Übungsvorrates für die NATO-Übung TRIDENT JUNCTURE 2018 (TRJE18) im Mai des Jahres 2018 konnte hingegen rasch wieder kompensiert werden. Die Aufstellung und Bewirtschaftung von Einsatzvorräten übt demnach einen großen Einfluss auf die Auslastung und Kapazitäten eines VersInstZ SanMat aus und kann allein durch das Hinzuziehen von Personal der SanStff ­SanMatVers Eins nicht kompensiert werden. Dies hatte im Jahr 2019 erhebliche Auswirkungen auf den Servicegrad in der Sanitätsmaterialversorgung, wie Auswertungen über die Lieferzeiten z. B. von Routineanforderungen der Jahre 2017 bis 2019 belegen (Abb. 2).

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Routineanforderungen dienen der Wiederauffüllung der Handvorräte in den regionalen Sanitätseinrichtungen (regSanEinr). Die Vorgaben des Kdo SanDstBw können zunehmend nicht mehr eingehalten werden. Demnach sollten 80 % aller Routineanforderungen innerhalb von 5 Arbeitstagen und 90 % aller Routineanforderungen innerhalb von 10 Arbeitstagen ausgeliefert werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt für das Aufrechterhalten der Einsatzbereitschaft von Einsatzvorräten über einen längeren Zeitraum hinweg ist der zeitgerechte Austausch verfalldatierter EVGSan. Diese Wälzung von Einsatzvorräten kann mit einem schonenden Umgang an finanziellen Ressourcen nur dann durchgeführt werden, wenn EVGSan mit kurzer verbleibender Haltbarkeit in den Verbrauch der regionalen Sanitätseinrichtungen oder der Bundeswehrkrankenhäuser eingeschleust werden können. Mitte des Jahres 2018 wurden daher durch Kdo SanEinsUstg die Mengen an EVGSan für den Vorrat VJTF 2023 hochgerechnet Anschließend wurde ermittelt, inwieweit dieser Vorrat durch den derzeitigen Verbrauch im Grundbetrieb gewälzt werden kann. Bei dieser Analyse handelte es sich um eine Momentaufnahme, um den Handlungsbedarf für die Bewirtschaftung der EVGSan-Vorräte VJTF 2023 ableiten zu können (Abb. 3).

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Die Ausrichtung der VersInstZ SanMat auf die neuen Herausforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung (LV/(BV) im Bereich der EVGSan-Versorgung erfordert die Untersuchung folgender Handlungsfelder: alle Prozesse der EVGSan-Bewirtschaftung müssen dahingehend untersucht werden, inwieweit diese

  • durch Anpassungen im Bereich von SASPF,
  • durch Bereitstellung optimierter Lagerinfrastruktur und
  • durch Nutzung leistungsfähiger Lagerumschlagsmittel und Nutzung automatisierter Kommissioniersysteme

so in ihrer Leistung gesteigert werden können, dass der Versorgungsauftrag auch zukünftig erfüllt werden kann. Hierbei ist dem Prozess der Standardisierung von Einsatzvorräten und dem sich anschließenden Prozess der Beschaffung eine entscheidende Bedeutung beizumessen. Des Weiteren ist der Bedarf an Personalressourcen neu abzuleiten. Der diesbezügliche Anpas­sungsbedarf wurde in die Stärken-Schwächen-Analyse des Kdo ­SanEinsUstg eingebracht.

3. Analyse des Prozesses der Beschaffung, Bewirtschaftung und Bereitstellung von Einsatzvorräten EVGSan

Auf Grundlage eines von Kdo SanDstBw im 1. Quartal 2019 gegebenen Untersuchungsauftrages zur Entwicklung optimierter Lösungen für die Wälzung von Einsatzvorräten hat Kdo ­SanEinsUstg in Zusammenarbeit mit den VersInstZ SanMat eine sorgfältige Analyse des Prozesses der Beschaffung, Bewirtschaftung und Bereitstellung von Einsatzvorräten EVGSan vorgenommen und hierbei das Lessons Learned VJTF 2019, wie auch die sich in den VersInstZ SanMat entwickelnde logistische Lage sorgfältig ausgewertet. Nachfolgend wird das Ergebnis dieser Prozessanalyse näher beschrieben und beispielhaft einige der hierbei zu realisierenden Optimierungspotentiale in kurzer Form aufgelistet (Abb. 4).

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Der in den VersInstZ SanMat durchzuführende Gesamtprozess wird in 9 Teilprozesse unterteilt. Im Rahmen des gegebenen Untersuchungsauftrages wurden der Teilprozess des Transports und die sich daran anschließenden Teilprozesse der Verlegung in den Einsatz und Bewirtschaftung der Einsatzvorräte im Einsatz vorerst nicht mitbetrachtet. Der leistungsbestimmende Teilprozess Bereitstellung bzw. bei Nichtabruf des Einsatzvorrates der Teilprozess der Wälzung steht damit am Ende des untersuchten Gesamtprozesses. Er kann strukturell nur dann in optimierter Form entwickelt und beschrieben werden,

  • wenn er sinnvoll in den Gesamtprozess eingebettet wird, 
  • wenn alle vorgelagerten Teilprozesse in optimierter Form entwickelt und beschrieben werden,
  • wenn die in den jeweiligen Teilprozessen zu erreichenden Teilziele auf das Ziel der Bereitstellung oder Wälzung abgestimmt werden und die Zielerreichung basierend auf einfach zu ermittelnden Kennzahlen gemessen werden kann. So wurden im Rahmen des Untersuchungsauftrages folgende, aus dem Auftrag VJTF 2019 abgeleiteten Ziele festgelegt: Bereitstellung der Truppenbeladung innerhalb von 2 Arbeitstagen, Bereitstellung der Folgeversorgung im Rahmen der durch die Verlegeplanung vorgegeben Zeiten und -bei Nichtabruf- Wälzung von 100 % aller Artikel des Einsatzvorrates bei 9-Monaten Restlaufzeit.

Verkürzt ausgedrückt: die erfolgreiche Bereitstellung oder Wälzung von Einsatzvorräten ist kein Prozess, der auf die Entwicklung einer SASPF-Anwendung reduziert werden kann. Folgende vorgelagerten Teilprozesse wurden im Hinblick auf ihr Optimierungspotential betrachtet:

  • Im Rahmen der Planung von Einsatzvorräten wird ihre Bereitstellung qualitativ, quantitativ, haushälterisch und zeitlich ausgeplant. Die Planung berücksichtigt hierbei folgende Grundlagen: die operativen Vorgaben für die Kräfte VJTF, die durch BAAINBw veröffentlichten EVGSan-Ausstattungslisten und die Daten zur EVGSan-Bewirtschaftung in den VersInstZ SanMat. Planungen auch umfangreicher Einsatzvorräte könnten wesentlich schneller abgeschlossen werden, wenn in dem hierzu genutzten Auswertungstool Business Intelligence (BI) nicht nur Standard-Abfragen zur Verfügung ständen. Es werden vielmehr spezielle, voreingestellte Abfragen für die Planung und Überwachung von Einsatzvorräten EVGSan benötigt, in welcher die Verbräuche der einzelnen­ ­VersInstZ SanMat und Bundeswehrkrankenhausapotheken bereits konsolidiert vorliegen. Hierzu muss wiederum die Qualitätssicherung der Stammdaten in SASPF weit umfangreicher als bisher durchgeführt werden. Des Weiteren dürfen die EVGSan-Ausstattungslisten zukünftig nicht mehr als Stand-Alone-Dokumente im Format PDF veröffentlicht werden, sie sind in SASPF zu integrieren. Der Umgang mit sterilen Einmalprodukten insbesondere für die Role-1-Einrichtungen ist zu überdenken. Die EVGSan-Ausstattungslisten dieser Einrichtungen enthalten zu etwa 25 % der Artikel sterile Einmalprodukte, deren Mengenangaben für die Truppenbeladung (3 VR) die kleinste Packungsgröße unterschreiten.
  • Im Rahmen der Standardisierung von Einsatzvorräten erfolgt die einsatzorientierte Festlegung einheitlicher Artikelsortimente. Durch die Verwendung weitestgehend einheitlicher, standardisierter und somit für die Anwender vertrauter Produkte kann die Arzneimitteltherapiesicherheit im Einsatz und im Grundbetrieb verbessert werden. Die in diesem Teilprozess bisher identifizierten Optimierungspotentiale wurden mit dem Befehl Nr.1 des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr für die Versorgung mit standardisierten EVGSan vom 03.09.2019 geregelt. Der Abschluss aller Maßnahmen ist für das Sortiment der Arzneimittel bis zum 30.04.2020 befohlen. Danach erfolgt die Standardisierung der Medizinprodukte.
  • Die Bedeutung der Standardisierung für die Durchhaltefähigkeit der Sanitätsmaterialversorgung sowohl im Grundbetrieb als auch im Einsatz kann nicht genügend betont werden. Mit einer Verbesserung der Leistungswerte in den VersInstZ ­SanMat und mit einer Verbesserung der Wälzung von Einsatzvorräten kann ebenso gerechnet werden, wie mit einer erheblichen Steigerung der Effektivität und Robustheit der Versorgung im Einsatz. Des Weiteren bildet die Identifizierung und konsequente Umsetzung von schnellen Optimierungsansätzen, den sogenannten Quick Wins, die Grundlange jedes erfolgreichen Veränderungsmanagements.
  • Die sich an die Standardisierung anschließende Beschaffung standardisierter Bedarfe für Einsatzvorräte wird durch den Abschluss von Rahmenvereinbarungen unterstützt oder könnte perspektivisch durch zivile Auftragnehmer z. B. als Einkaufsgemeinschaft übernommen werden. Dies verringert den Zeitbedarf bei der Durchführung von dezentralen Beschaffungen in den VersInstZ SanMat in erheblichem Ausmaß. Für den optimierten Prozess sind jedoch Zielwerte festzulegen (z. B. Anteil aller Beschaffungen von EVGSan über Rahmenvereinbarungen am Gesamtbeschaffungsvolumen in %).
  • Im Teilprozess Wareneingang erfolgt in den VersInstZ ­SanMat die Annahme von Lieferungen, die Wareneingangskontrolle und die Wareneingangsbuchung. Ein erhebliches Optimierungspotential bietet hier die in den VersInstZ SanMat noch nicht abgeschlossene Einführung von Scannern, welche im Rahmen des SASPF-Projektes Automatisierte Identifizierungstechnik (AIT) realisiert werden soll.
  • Im Teilprozess Bestandsführung von Einsatzvorräten EVGSan in SASPF müssen zukünftige Strategien zur Lagerung und Bereitstellung dieser Vorräte erarbeitet und festgelegt werden. Die Lagerung von Einsatzvorräten im Grundvorrat ist durch entsprechende Erhöhung der Mindestmengen möglich und bietet grundsätzlich komfortable Möglichkeiten zur automatisierten Bereitstellung bzw. Wälzung. Eine solche Lagerung bedingt jedoch einen hohen Aufwand und Zeit­bedarf bei der Bereitstellung der Vorräte innerhalb der geforderten kurzfristigen Bereitstellungszeiten. Dies betrifft insbesondere die Truppenbeladungen. Auch muss das hierfür angedachte Verfahren der „Übersoll-Disposition“ für die Bewirtschaftung von verfalldatierten EVGSan ertüchtigt werden, da diese Funktionalität in SASPF den VersInstZ SanMat noch nicht zur Verfügung steht. Aus diesen Gründen wird der Vorrat VJTF 2019 im VersInstZ SanMat Quakenbrück getrennt vom Grundvorrat in einer gesonderten Lagerhalle gelagert.
  • Der Bestandsnachweis von Einsatzvorräten in SASPF gewährleistet eine ordnungsgemäße Verfalldaten- und Chargenkontrolle, sowie eine lückenlose Durchführung aller Maßnahmen zur Arzneimittel- und Medizinproduktesicherheit. Dies ist ein wesentliches Argument dafür, die Truppenbeladung von 3 VR nicht bereits vor der Alarmierung an die Aufstellungstruppenteile zu übergeben. EVG-Vorräte auf der logistischen Ebene 1 werden in SASPF nicht nachgewiesen.
  • Für die Bereitstellung von Einsatzvorräten wurde im Zuge der Neubauplanungen für das VersInstZ SanMat Pfungstadt konkret der Arbeitsanfall für die Bereitstellung nur der Truppenbeladung (3 VR) ausgeplant. Eine solche Bereitstellung erzeugt an 2 Tagen die Arbeitsbelastung einer kompletten Arbeitswoche im Grundbetrieb. Die Bereitstellung erfolgt in Einzelpaketen so, dass der übernehmende Truppenteil das Material für seine z. B. 6 Verwundetentransportfahrzeuge sofort den einzelnen Fahrzeugen zuordnen kann. Für den Neubau des VersInstZ SanMat Pfungstadt wird daher seitens Kdo SanEinsUstg die Einplanung einer automatisierten Kommissionieranlage gefordert. 


3.1 Fazit:

Im vorangehenden Kapitel konnte nur ein kurzer, nicht vollständiger Überblick über die bisher durchgeführte Prozessanalyse des Kdo SanEinsUstg gegeben werden. In diesem Jahr wurde Kdo SanEinsUstg beauftragt, die Prozessanalyse um den Teilprozess des Transports, wie auch um die im Einsatzgebiet durchzuführenden Prozesse zu erweitern und bis Mai dieses Jahres abzuschließen. Aus der Analyse des Jahres 2019 wurden bislang durch Kdo SanEinsUstg circa 40 Einzelpunkte mit der prozessorientierten Darstellung von Optimierungsmöglichkeiten formuliert und in einem Aktivitätsplan zusammengefasst. Mit der diesjährigen Erweiterung der Analyse werden neue Einzelpunkte hinzukommen und die bestehenden neu gewichtet werden. Falls nach Abschluss der erweiterten Prozessanalyse diese identifizierten Einzelpunkte in eine entsprechende Anzahl von Einzelprojekten zur Ausrichtung der VersInstZ SanMat auf die neuen Herausforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) münden werden, haben wir es mit einem komplexen Veränderungs­management zu tun und die Lektüre des Handbuches Veränderungsmanagement in der Bundeswehr wird wohl neben der Apothekenbetriebsordnung für die beteiligten SanOffzApotheker zu einer Pflichtlektüre werden. Die Goldenen Regeln des Veränderungsmanagements werden uns dabei eine wertvolle Hilfe sein, zu nennen sind hierbei insbesondere: „ ..der Mensch steht im Mittelpunkt, ..man kann nicht zu viel kommunizieren, ..Widerstände müssen ernst genommen werden, ..Veränderungsprozesse sind Prozesse des Lernens, ..Ergebnisbetrachtung ohne Prozessbetrachtung führt zu verzerrten Ergebnissen“2.

Die VersInstZ SanMat sind leistungsfähige Sanitätsmaterialversorgungseinrichtungen und haben dies in der Versorgung der vergangenen Einsätze bewiesen. Ihr Personal verfügt über ausreichend Fachexpertise um die anstehenden Veränderungen auch im Bottom-up-Verfahren nachhaltig begleiten zu können. Hier bin ich ganz zuversichtlich und möchte meinen Beitrag mit einem Satz eines ehemaligen Inspizienten Wehrpharmazie beenden. Herr Generalapotheker a. D. Dr. Bleimüller pflegte in seine Vorträge über zukünftige Entwicklungen in der Sanitätsmateriallogistik stets folgenden Satz einzuflechten: „Zuerst sehen was sich machen lässt und dann machen was sich sehen lässt.“  

Verfasserin:
Oberstapotheker Annette Loewenguth
Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung
Zeitzer Straße 112, Sachsen-Anhalt-Kaserne, 06667 Weißenfels
E-Mail: AnnetteLoewenguth@Bundeswehr.org 

Datum: 06.04.2020

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 1/2020

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