Hilfe bei Hochwasser

M. Ibrom

Überflutete Straße in Bayern
BRK/Matthias Balk

Juni 2024, Ausnahmezustand in Süddeutschland. Die Wassermassen halten große Teile Bayerns im Ausnahmezustand. Sämtliche, bayernweit verfügbare Wasserrettungszüge der Wasserwacht Bayern – eine der fünf Gemeinschaften des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) – sind im Einsatz. Bereits im Mai hatten Einsatzkräfte des BRK beim Hochwasser im Saarland geholfen.

Das BRK führt die Rettungsarbeiten in den Hochwassergebieten mit tausenden Einsatzkräften, die seit Tagen rund um die Uhr einen enormen Beitrag zur Bewältigung der äußerst angespannten Lage leisten, durch. Eine Entspannung der Lage oder gar Entwarnung ist nicht in Sicht, da die Lage dynamisch ist und die Wetterlage weitere Niederschläge prognostiziert. Diesbezüglich erfolgt ein intensiver Austausch mit der Führungsgruppe Katastrophenschutz Bayern (FüGK-BY), die u. a. auch einen ausgewiesenen Experten für „Wasser-/Wetterlagen“ permanent beigezogen hat. 

Allein in Günzburg konnten mehrere, im Wasser treibende Personen durch Wasserrettungskräfte der Wasserwacht Bayern und anderer Hilfsorganisationen aus den Fluten gerettet werden. Mehr als 1 000 Menschen mussten aus ihren Häusern evakuiert werden. Aufgrund eines drohenden Dammbruchs müssen mehrere Ortschaften im Landkreis Donau-Ries evakuiert werden. Hierzu errichten die Einheiten der „Hilfeleistungskontingente Betreuung“ aus Oberfranken, Mittelfranken und Unterfranken derzeit eine entsprechende Betreuungsstelle, um die evakuierten Personen unterzubringen. 

Luftrettungsspezialisten, auch „Air Rescue Specialists (ARS)“ genannt, der Wasserwacht retten eine völlig erschöpfte Frau nach zwei Tagen aus einer Baumkrone. In einem Fall muss eine fünfköpfige Familie (zwei Eltern, ein einwöchiges, ein zweijähriges und ein zehnjähriges Kind) vom Balkon ihres Hauses gerettet werden. In Babenhausen können die Einsatzkräfte der Wasserwacht Bayern mehr als 130 Personen aus Ihren Häusern evakuieren. 

Air Rescue Specialists der Wasserwacht Bayern bei einer Übung an der Donau bei...
Air Rescue Specialists der Wasserwacht Bayern bei einer Übung an der Donau bei Ingolstadt
Quelle: BRK

Darüber hinaus ist die Bergwacht Bayern aufgrund der Hochwassersituation mit rund 90 Kräften im Einsatz. Zusätzlich stehen unter anderem sechs Canyon-Rettungskräfte (Rettungskräfte, die auf die Rettung und Bergung von Verunglückten aus wasserführenden Schluchten und Klammen spezialisiert sind) bereit. Parallel zum Hochwassereinsatz hat die Bergwacht Bayern heute 29 Bergsteiger von der Zugspitze gerettet.

Alles greift ineinander. Von der permanenten Lagebeurteilung (FÜGK-BY und FüGK Regierungen), Einholung von Fachexpertise, Alarmierung der Kräfte über die Rettung und Evakuierung bis hin zur Betreuung und Verpflegung der Betroffenen. Und auch organisationsübergreifend kann man sich aufeinander verlassen. So half die Bundeswehr mit 2 112 Einsatzkräften bei der Bewältigung der Lage. Sie halfen etwa im Landkreis Pfaffenhofen, indem Unimogs der Bundeswehr mit Sanitätskoffern in den Wasserrettungszug integriert wurden. Sie wurden mit WasserretterInnen der Wasserwacht Bayern besetzt und konnten so noch mehr Personen evakuieren. 

Auch im Bereich der Bergwacht Bayern war man bereit gemeinsam mit der Bundeswehr zu helfen. Die Search and Rescue (SAR)-Fliegerstaffel war für den Hochwassereinsatz im Juni 2024 alarmiert und war auf Bereitschaft. Die Bergwacht Bayern hat dazu die ARS vorgehalten. Wäre es für die SAR zu einem Einsatz gekommen, wäre die Crew durch die ARS der Bergwacht Bayern an einem bereits im Vorfeld geplanten Aufnahmepunkt der Kräfte ergänzt worden. Enger Austausch und viele Absprachen für potenzielle Windeneinsätze und Luftrettungsszenarien zeichneten ein Bild höchster Bereitschaft. Der Vorteil: Man kennt sich, hat bereits bei Übungen gemeinsame Erfahrungen und Vorgehensweisen trainiert und Standards für optimale Einsatzbedingungen und natürlich Sicherheit aller Beteiligter erprobt. Letztendlich kam es nicht zum Einsatz. In früheren Hochwasserlagen jedoch kam es immer wieder zu gemeinsamen Hochwassereinsätzen der SAR und der Bergwacht – beispielsweise in 2013 beim Hochwasser im niederbayerischen Deggendorf. Ob Einsatz oder nicht – die Kommunikation zwischen SAR und Bergwacht ist hervorragend, man kann sich stets aufeinander verlassen. 

Auch abseits von Hochwasserlagen unterstützte die Bundeswehr das BRK, beispielsweise in der Coronapandemie. Der Landkreis Tirschenreuth war sehr hohen Infektionszahlen ausgesetzt und damit ein trauriger Spitzenreiter in der Bundesrepublik Deutschland. Mit immensen Kraftanstrengungen hatte das BRK in Tirschenreuth diese Situation gestemmt. Zur personellen Unterstützung kamen auch Bundeswehrsoldaten des Sanitätslehrregiment in Feldkirchen bei Straubing zum Einsatz: im Rettungsdienst und in den Alten- und Pflegeeinrichtungen des BRK packten die Soldatinnen und Soldaten mit an. 

Luftrettung der Wasserwacht

Die ARS der Wasserwacht Bayern sind primär für die Versor- gung und Evakuierung von in Überschwemmungsgebieten eingeschlossenen Personen, die Rettung aus stehenden und fließenden Gewässern sowie die medizinische Erstversorgung zuständig. Als Katastrophenschutzeinheit arbeitet die hub- schraubergestützte Wasserrettung eng mit den Hubschrauberstaffeln der Bundespolizei zusammen. Bei Rettungen kommt ein Hubschrauber mit Winde zum Einsatz, der in der Regel von der Bundespolizei gestellt wird. Nachdem der Luftretter an einem Stahlseil hinabgelassen wurde, kann er das Opfer mithilfe einer Rettungsschlinge sichern und beide werden im Anschluss in den Hubschrauber hinaufgezogen. Im Notfall lassen sich je nach Hubschraubertyp gleichzeitig bis zu 15 Flutopfer im Hubschrauber transportieren.



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