Telemikrobiologie als Teil eines modernen, lageangepassten -Betriebskonzepts der Mikrobiologie im Einsatz
Aus dem Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr1, München (Leiter: Oberstarzt Prof. Dr. L. Zöller) und dem Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr2, Koblenz (Leiter: Oberstarzt Dr. T. Harbaum)
Gelimer H. Genzel1, Patrick L. Scheid2
P. Scheidt
Zusammenfassung:
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr stellt mikrobiologische Einsatzlaboratorien zur Verfügung, um in den Auslandseinsätzen eine den aktuellen medizinischen Standards entsprechende Diagnostik für alle relevanten Infektionskrankheiten zeitgerecht verfügbar machen.
Neben der individualmedizinisch orientierten Diagnostik mit dem Ziel rascher therapeutischer Entscheidungen kommt eine mindestens genauso große Bedeutung der infektionsepidemiologischen Surveillance zu. Von daher ist die Telemedizin wie im zivilen Gesundheitswesen auch in den Sanitätsdiensten der Streitkräfte längst eine unverzichtbare Komponente der sanitätsdienst-lichen Betreuung unserer weltweit eingesetzten Soldatinnen und Soldaten geworden. Das nach Validation in den Einsätzen etablierte Telemikrobiologie-Modul hat sich in der Praxis bewährt, was anhand eines Fallbeispiels demonstriert wird. Diese Telemedizin-Anwendung hat seit ihrer Einführung dazu beigetragen, eine qualitativ hochwertige, standardisierte und sehr schnelle Diagnostik in den Einsatzgebieten vorhalten zu können. Wichtig ist dabei die sofortige Verfügbarkeit von Fachexpertise im Einsatzland – ohne die Präsenz eines Experten vor Ort – getreu dem Motto: „Export von Expertise statt Export von Experten“.
Stichworte: Telemedizin, Mikrobiologie, Parasitologie, Einsatzmedizin, Export von Expertise
Keywords: telemedicine, microbiology, parasitology, military medice, exportation of expertise
Einleitung
Gerade in einem hochentwickelten Sanitätsdienst wie dem der Bundeswehr sind moderne Informations- und Kommunikationstechnologien ein Schlüssel für Wissen und Innovation zur Steigerung der Leistungsfähigkeit. Dabei schafft die „Telemedizin“ schnellen Zugang zu Experten im Heimatland; Expertise wird exakt dort zugänglich gemacht, wo sie benötigt wird – und das ohne die meist wenigen verfügbaren Experten in den Einsatz zu entsenden. Generell etabliert sich die Kombination aus Informationsverarbeitung, Kommunikation und medizinischem Handeln in immer mehr medizinischen Fächern zum Instrument des Alltags. Durch den Einsatz von Telemedizin-Applikationen leistet der Sanitätsdienst der Bundeswehr einen unverzichtbaren und sichtbaren (wahrnehmbaren!) Beitrag zur Attraktivität und zur erfolgreichen Aufgabenerfüllung der Bundeswehr in den Einsätzen. Hierbei sind alle Maßnahmen und Überlegungen (Optionen) durch die fachlichen Vorgaben der Medizin von heute bestimmt, notwendigerweise eingebettet in die spezifischen militärmedizinischen Komponenten sowie die Prinzipien des effizienten und effektiven Wirtschaftens. Im Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Koblenz (ZInstSanDstBw Koblenz) wurde ein „Telemikrobiologie“-System entwickelt, konfektioniert, validiert und in die mikrobiologischen Einsatzlaboratorien eingebracht. Mittlerweile hat sich diese Telemikrobiologie zu einem wichtigen „Tool“ entwickelt, mit dem es gelungen ist, Expertise schnell, ökonomisch und qualitativ hochwertig in den mikrobiologischen Einsatzlaboratorien bereit zu stellen.
Mikrobiologie im Einsatz
Fallbeispiel
Ein ansonsten körperlich völlig gesunder junger Soldat kehrt erschöpft und mit schweren Durchfällen von einer Patrouille während eines Auslandseinsatzes zurück. Ihm geht es so schlecht, dass er von seinen Kameraden in das deutsche Einsatzlazarett gebracht wird. Durchfälle sind in den krisengeschüttelten Einsatzländern (nicht nur in den Tropen) häufig. Die Stationsärztin fordert eine orientierende mikrobiologische und parasitologische Diagnostik an, denn das klinische Bild kann viele verschieden Ursachen haben – mit unterschiedlichen Konsequenzen für den Patienten und die Behandlungseinrichtung. Innerhalb von wenigen Minuten liegen bereits die Ergebnisse der ersten Schnellteste vor. Der Patient leidet unter einem Darmparasiten (Cryptosporidium sp.). Sofort erfolgt der Direktnachweis durch spezifische Färbung eines Stuhlausstrichs und anschließende Mikroskopie nach Anreicherung. In der Folge bespricht der Medizinisch-Technische Laboratoriums-Assistent (MTALab) vor Ort diese Ergebnisse zur Bestätigung und Freigabe per Telemedizin (Videokonferenz und Telemikrobiologie) in Echtzeit mit dem Experten (hier dem Parasitologen) im Leitlabor im ZInstSanDstBw Koblenz.
Die im Inland eher seltene und bei immunsupprimierten Patienten zu findende Diagnose erklärt die schwere Klinik des Patienten und ermöglicht es, entsprechende hygienische Maßnahmen zu ergreifen.
Einsatzherausforderung: Infektionskrankheiten
Infektionskrankheiten gehören während eines Auslandseinsatzes zu den häufigsten Erkrankungen [1]. Für ihre Diagnostik benötigt man spezielle Verfahren und Expertise. Zur Unterstützung der Einsatzlazarette im Auslandseinsatz stellt der Sanitätsdienst der Bundeswehr mikrobiologische Einsatzlaboratorien (MBL) zu Verfügung, um eine den aktuellen medizinischen Standards entsprechende Diagnostik für alle relevanten Infektionskrankheiten zeitgerecht verfügbar machen. Die MBL sind vorgeschobene Laboreinrichtungen im Einsatzgebiet, deren Fähigkeiten darauf ausgerichtet sind, durch eigene Untersuchungen und infektiologische Beratung rasche, gegebenenfalls vorläufige, diagnostische und therapeutische Entscheidungen auf dem Gebiet der Infektionsmedizin vor Ort zu ermöglichen. Der Betrieb dieser MBL richtet sich nach verschiedenen Aspekten des jeweiligen Einsatzes. RDOIT (Rapidly Deployable Out-break Investigation Team)-Labormodule können zusätzlich zur „Verstärkung“ eines MBL oder zur eigenständigen Probenahme und Point-of-Care-Diagnostik eingesetzt werden.
Neben der individualmedizinisch orientierten Diagnostik mit dem Ziel rascher therapeutischer Entscheidungen kommt eine mindestens genauso große Bedeutung der infektionsepidemiologischen Surveillance zu. Durch exakte Erfassung und Interpretation von Untersuchungsergebnissen können Ausbruchssituationen frühzeitig erkannt und damit Maßnahmen der Infektkettenunterbrechung rasch implementiert werden [2].
Schon die einleitende kurze Fallschilderung zeigt deutlich, wie wichtig es ist, ein abgestimmtes und flexibles Konzept zum Einsatz und zum Betrieb eines MBL vorhalten zu können. Diese Art von schneller Diagnostik mit eigens entwickelten oder verifizierten Schnelltesten und Anbindung an die Telemedizin ist nicht selbstverständlich und erfordert intensive wissenschaftliche Entwicklungsarbeit im Inland und Einsatzunterstützung vor Ort [3]. So wurde nicht nur die Diagnostik selbst standardisiert, weiterentwickelt und angepasst, auch die Ausbildung und die Implementierung (der Aufbau vor Ort einschließlich der Einweisung des medizinisch-technischen Personals) wurden bedarfsgerecht „konfektioniert“. Neben dieser Ausbildung der im Labor tätigen MTALab und der Festlegung von Test- und Transportsystemen nach Validierung bzw. Verifizierung wird auch die „Telemikrobiologie“ aus dem Leitlabor gesteuert und weiterentwickelt. Im ZInstSanDstBw Koblenz befinden sich die Experten für alle auftretenden Fälle rund um das Thema „Infektionskrankheiten“.
Telemedizin im Sanitätsdienst der Bundeswehr
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr leistet mit der Telemedizin einen unverzichtbaren und wahrnehmbaren Beitrag zur erfolgreichen Auftragserfüllung der Bundeswehr, der dazu gehörenden Sicherstellung der sanitätsdienstlichen Betreuung auch unter extremen Bedingungen sowie zur Attraktivität des Fachdienstes. Hierbei sind alle Maßnahmen und Überlegungen durch die fachlichen Vorgaben bestimmt und sowohl in die spezifischen militärmedizinischen Komponenten, als auch in die Prinzipien des effizienten und effektiven Wirtschaftens eingebettet. Die Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) führte – neben der verbesserten medizinischen Betreuung seegehender Einheiten der Marine durch telemedizinische Verfahren – schließlich zu einem modularen Baukastenkonzept für die telemedizinische Unterstützung unterschiedlicher Fachrichtungen insbesondere im Einsatz (z. B. Teleradiologie, Telemedizin in der Labormedizin/Klinische Chemie, Telemikrobiologie, Teleparasitologie). Neben den Grundfunktionen und grundlegenden Anforderungen, wie Telekonsultation, Videokonferenz, Dateitransfer, Satellitenkommunikationsfähigkeit, Nutzerfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit, wurde insbesondere der Möglichkeit zur Erweiterung um fachspezifische Peripheriemodule besonderes Augenmerk geschenkt. Ziel war und ist die Errichtung eines telemedizinischen Expertennetzwerkes des Sanitätsdienstes. Je isolierter die Situation der Behandlungseinrichtung oder des behandelnden Arztes und je knapper die Ressource „Experte vor Ort“, desto größer ist der Sinn einer telemedizinischen Unterstützung.
Die Telemedizin hat sich schnell zu einem unverzichtbaren Werkzeug zur Erreichung der Prämisse sanitätsdienstlicher Auftragserfüllung im Einsatz entwickelt. Als äußerst ressourcenschonendes Verfahren hält das Gesamtkonzept Telemedizin zudem jeder Wirtschaftlichkeitsbetrachtung spielend stand. Durch die Etablierung des Telemedizinnetzwerks ergeben sich Möglichkeiten zur Schaffung neuer, technischer und ökonomischer Potenziale. Kostenreduktion durch Wegzeitenersparnis, Personalkosten, Repatriierungskosten usw. sind in begleitenden Evaluationsstudien bereits deutlich aufgezeigt worden. Im Vorhaben Telemedizin existieren zudem umfangreiche qualitative Nutzenarten individualmedizinischer und epidemiologischer Relevanz, die definiert und nachgewiesen werden können [4].
Die Telemedizin ist ein „Tool“ zur Unterstützung der behandelnden Ärzte insbesondere im Einsatz und ein Hilfsmittel zum Aufbau und Betrieb eines Expertennetzwerkes, löst jedoch keine medizinischen Probleme an sich. Vielmehr sind es die fachlichen, organisatorischen und insbesondere personellen Dimensionen dieses Netzwerkes, die als Erfolgsfaktoren für den stabilen und belastbaren Routinebetrieb gelten. Die gute Nutzerakzeptanz des Verfahrens Telemedizin spiegelt sich einerseits in seiner routinemäßigen Nutzung wieder, andererseits sind auch diverse Forderungen der Nutzerseite nach Ausbau und Erweiterung des Netzwerkes sowie der eingesetzten Technologien und Bandbreiten als positive Resonanz zu werten.
Bedeutung der Telemedizin im Sanitätsdienst der Bundeswehr
Die Telemedizin gewinnt in den Sanitätsdiensten der Streitkräfte wie im zivilen Gesundheitswesen zunehmend an Bedeutung und ist längst unverzichtbare Komponente der sanitätsdienstlichen Betreuung unserer weltweit eingesetzten Soldatinnen und Soldaten geworden. Sie soll dazu beitragen, die Qualität der sanitätsdienstlichen Versorgung zum Wohle der Patienten auf hohem Niveau zu halten, im Einzelfall sogar weiter zu steigern, und zwar unter gleichzeitiger Erhöhung der Kosteneffizienz. Grundsätzlich werden auch in Zukunft neue medizinische Verfahren und Methoden auf ihre Anwendbarkeit in der Telemedizin überprüft und, wenn möglich, nach Evaluation implementiert. Die Telemedizin erfordert als einsatzrelevantes Vorhaben ständige fachliche wie technische Weiterentwicklung, Ausbildung, Nutzerbetreuung und Koordination mit zahlreichen Akteuren innerhalb und außerhalb der Bundeswehr.
Das Telemikrobiologie-System
Um den diagnostischen Prozess in der Infektionsmedizin telemedizinisch zu unterstützen, wurde ein Peripheriemodul „Telemikrobiologie“ mit spezieller Geräte-, Kamera- und Softwareausstattung als Modifikation des standardmäßig verwendeten telemedizinischen Arbeitsplatzes (TA) entwickelt, konfektioniert und validiert [5]. Mittels dieser Anwendung, deren Kernelemente eine auf Mikroskop und Stereolupe konnektierbare Kamera sowie eine Spezialsoftware für Bildkommunikation, -archivierung, -übertragung und -auswertung sind, kann die Fach-expertise der Experten im ZInstSanDstBw Koblenz für die Einsätze verfügbar gemacht werden. Die telemedizinische Einbeziehung des Experten verbessert die diagnostische Spezifität durch Vermeidung falsch-positiver Befunde und erlaubt ohne vorherigen Probenversand nach Deutschland therapieentscheidende Diagnosestellungen, vor allem in der medizinischen Parasitologie [6]. Somit kann den besonderen epidemischen und endemischen Risiken (z. B. Malaria, intestinale Parasitosen und vieles mehr) in den Einsatzgebieten zeitnah und effizient im Sinne von Labor-gestützter „near real time surveillance“ begegnet werden. Es ermöglicht die sekundenschnelle Übertragung qualitativ hochwertiger Bilder von mikroskopischen Präparaten (Medizinische Parasitologie und Bakteriologie) oder von bewachsenen Nährmedien (Bakteriologie). Die Steuerung des diagnostischen Prozesses durch die Expertenstelle wird auch dann möglich, wenn im mikrobiologischen Einsatzlabor vor Ort ausschließlich medizinisch-technisches Assistenzpersonal eingesetzt ist. Das System kann in den Einsatzlaboratorien somit in der „primary opinion“- oder „secondary opinion“-Ver-sion betrieben werden [7].
Es war jedoch mit Beginn der Validierung des Telemikrobiologie-Moduls klar, dass die Telemikrobiologie nur in einem fein abgestimmten und weitestgehend standardisierten diagnostischen Gesamtsystem nutzbringend eingesetzt werden kann [7]. Dieses Vorgehen ist sicherlich ein Teil des Erfolgsrezeptes für die Telemikrobiologie. Bei allen technischen Möglichkeiten, die sich mittlerweile durch die moderne Informationstechnologie bieten, stehen im Telemikrobiologie-Verbund die „Human Factors“ an erster Stelle – die Technik passt sich in ein Gesamtkonzept ein. Die Standardisierung verschiedener Parameter, verbunden mit eben diesen „Human Factors“, waren weitere Garanten für den Erfolg des Systems [7]. Das Modul wurde in der Folge in allen Einsatzgebieten in den jeweiligen Einsatzlaboratorien installiert und hat sich in der Routineanwendung seit 2003 bewährt. Es war das weltweit erste bzw. einzige „Telemikrobiologie“-System dieser Art und dient seitdem als zukunftsweisendes System in der NATO [7].
Im Hinblick auf die immer mehr an Bedeutung gewinnenden Untersuchungen zur epidemiologischen Risikolage und des Wieder- und Neuauftauchens verschiedener Infektionskrankheiten, ist der Verbund weiterer Labor- bzw. Expertenkapazitäten des Eingangslevels auf internationaler Ebene, z. B. durch die Nutzung des Telemikrobiologie-Systems, zielführend und kontinuierlich möglich. Die Anbindung von mobilen Komponenten, wie den o. g. RDOIT, unter Nutzung einer standardisierten Plattform ist geplant und befindet sich derzeit in der Evaluierung.
Durch die Nutzung der Telemikrobiologie und der damit geschaffenen Vernetzungen ergeben sich Möglichkeiten zur Schaf-fung neuer, technischer und ökonomischer Potentiale. Dem Kliniker im Einsatz kann auf diese Weise z. B. parasitologische Fachexpertise bereitgestellt werden, die ansonsten vor Ort nicht verfügbar wäre. Das Telemedizin-Motto „Export von Expertise, statt Export von Experten“ konnte so auch in der Diagnostik von Infektionserregern erfolgreich realisiert werden.
Das nach Validation in den Einsätzen etablierte Telemikrobiologie-Modul hat sich in der Praxis bewährt. Es hat sich zweifelsfrei gezeigt, dass die Verwendung von telemedizinischen bzw. telemetrischen Methoden im Rahmen der mikrobiologischen Diagnostik zu einer höheren Spezifität der Diagnostik führt, und therapeutisch relevante Informationen äußerst schnell verfügbar werden. Die Expertise ist (fast) unabhängig von Zeit und Raum erhältlich und verkürzt die Wartezeit auf die Ergebnisse der Diagnostik aus Deutschland nach Probenversand erheblich. Durch die täglichen Telekonferenzen erfolgt automatisch die Qualitätskontrolle und Überwachung (Bestätigung bzw. Freigabe der Befunde durch das Leitinstitut) bzw. Kontrolle des diagnostischen Ablaufs. Es ist über die im Gesamtkonzept Telemikrobiologie beschriebenen Grundfunktionen hinaus möglich, den Arbeitsplatz als innovatives Ausbildungsmedium in der medizinischen Qualifizierung für das sogenannte „Tele-Teaching“ bzw. „e-Learning“ zu nutzen.
Bewertung der Telemikrobiologie
Das Koblenzer Telemikrobiologie-System hat seit der Einführung dazu beigetragen, eine qualitativ hochwertige, standardisierte und sehr schnelle Diagnostik in den Einsatzgebieten vorhalten zu können [7]. Wichtig ist dabei die sofortige Verfügbarkeit von Fachexpertise im Einsatzland, ohne die Präsenz eines Experten vor Ort. Mit seinen Besonderheiten und dem Innovationsgehalt ist es zu einem „Erfolgsmodell mit Zukunftsfähigkeit“ geworden. Gerade durch das Projekt Telemikrobiologie hat das Vorhaben Teleme-dizin bewiesen, dass die Nutzung -moderner Informations- und Kommunikationstechnologien die diagnostische und therapeutische Praxis vereinfacht, die Qua-lität in den Fachbereichen steigert und die Verfügbarkeit umfassenden medizinischen Wissens verbessert. Da die konzeptionellen und praktischen Komponenten bei der Entwicklung, Einführung und Begleitung des Telemikrobiologieprojektes an einem Ort gebündelt werden konnten, fungiert das Koblenzer Zentralinstitut für die Einsätze auch -NATO---- weit als „Research and Development Reference Center of Telemicrobiology/Telemedicine“ und nationaler wie internationaler POC (point of contact).
Schlussfolgerungen und Ausblick
Infektionskrankheiten gehören während eines Auslandseinsatzes zu den häufigsten Erkrankungen. Für ihre Diagnostik werden spezielle Verfahren und Expertise vorgehalten, die durch die mikrobiologischen Einsatzlaboratorien bereitgestellt werden. Zur Unterstützung des diagnostischen Prozesses innerhalb der MBL wurde das Modul „Telemikrobiologie“ entwickelt und evaluiert. Das Modul ist derzeit in drei Einsatzgebieten installiert und hat sich in der Routineanwendung seit über zehn Jahren bewährt. Es gilt nun, die Erfahrungen („Lessons learned“) in der Weiterentwicklung des Telemikrobiologie-Projektes und bei der Neuentwicklung anderer Telemedizinapplikationen für die Auslandseinsätze der Bundeswehr zu nutzen.
Kernaussagen zur „Telemedizin“
• Die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien vereinfacht die diagnostische und therapeutische Praxis, steigert die Qualität der medizinischen Versorgung und verbessert die Verfügbarkeit umfassenden medizinischen Wissens.
• Die Telemedizin mit ihrem enormen Innovationspotenzial erfordert als einsatzrelevantes „Tool“ ständige fachliche wie technische Weiterentwicklung, Ausbildung, Nutzerbetreuung und Koordination mit zahlreichen Akteuren innerhalb und außerhalb der Bundeswehr.
• Bei Einführung neuer Systeme erfolgt grundsätzlich eine Pilot- bzw. Konzeptphase, die eine klinische Validierung beinhaltet. In dieser soll nachgewiesen werden, ob und dass in einem abgegrenzten medizinischen Fachbereich das betreffende System zukünftig in und zwischen bestimmten Dienststellen eingesetzt werden kann.
• Die Akzeptanz der Telemedizin wird durch den Nachweis der Effizienz und Effektivität in der medizinischen Versorgung gefördert. Zahlreiche Fachanwendungen sind im engen Verbund mit Konsiliargruppen und Expertenstellen denkbar, erste Ansätze für eine weitere Diversifizierung von Telemedizinanwendungen gibt es bereits.
Literatur
Michel R, Demoncheaux JP, Créach MA, Rapp C, Simon F, Haus-Cheymol R, Migliani R: Prevention of infectious diseases during military deployments: a review of the French armed forces strategy. Travel Med Infect Dis 2014; 12(4): 330-340.
Zöller L, Scheid P: Telemikrobiologie: Ein neues Telemedizin-Modul zur Einsatzunterstützung in der Infektionsmedizin. Flug & Reisemedizin 2005; 46: 13-16.
Ferse M, Njul S, Bartholome E, Scheid P: Evaluation und Vergleich von zwei immunchromatographischen Kassetten Triple-Tests. MTA Dialog 2014; 5: 395-401.
Martin Th, Thömmes A, Scheid P: Telemedizin in der Bundeswehr – Wirtschaftlichkeitsbetrachtung 2007. Wehrmedizinische Monatsschrift 2008;; 52(5-6): 168-170 .
Scheid P, Martin T, Thömmes A, Zöller L: Telemikrobiologie: Von der Validierung bis zu Expertennetzwerken. Wehrmedizinische Monatsschrift 2008; 52: 165-168.
Scheid P, Lam D, Thömmes A, Zöller L: Telemicrobiology and Teleparasitology for mission support in infectious diseases. Telemedicine and E-Health 2009; 14 - Supplement 1: 38-39.
Scheid P: Use of Telemedicine for the diagnosis of parasites and viruses in a deployed setting. Medical Corps International Forum (MCIF) 2013; 3: 29-31.
Interessenkonflikt: Die Verfasser erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Bildquelle: ZInstSanBw, Koblenz
Für die Verfasser:
Oberstleutnant Priv.-Doz. Dr. Patrick L. Scheid
Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Koblenz
Andernacher Straße 100, 56070 Koblenz
E-Mail: patrickscheid@bundeswehr.org
Datum: 15.07.2016
Wehrmedizinische Monatsschrift 2016/5