Zusammenfassung
Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) ist ein unverzichtbarer Partner im Bevölkerungsschutz und bei Katastrophen aller Art, so auch bei Hochwasserkatastrophen. Damit war das THW in dem ersten Halbjahr 2024 besonders gefordert. Mit einer flächendeckenden Präsenz von 668 Ortsverbänden und rund 88 000 ehrenamtlichen HelferInnen ist das THW in nahezu jedem Landkreis vertreten und dank standardisierter Ausbildung und einheitlicher Technik bundesweit einsatzbereit. Das Einsatzspektrum reicht von technischer Hilfeleistung, Logistik, Notversorgung und Notinstandsetzung bis hin zu Führung und Kommunikation und macht das THW zu einem wichtigen Akteur in der Katastrophenhilfe.
Das THW ist auf vielfältige Einsatzszenarien vorbereitet. Die Einheiten sind nach einsatztaktischen Gesichtspunkten bundesweit flächendeckend in den THW-Ortsverbänden präsent. Aufgrund der einheitlichen Ausstattung und Ausbildung können THW-Einheiten bundesweit zusammengeführt und eingesetzt werden. Daher ist es möglich, dass das THW auch bei langandauernden und kräftezehrenden Einsätzen wie etwa dem Einsatz nach Starkregen „Bernd“ in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Sommer 2021. Darüber hinaus verfügen einige Ortsverbände über eine spezielle Ausstattung zur Unterstützung der örtlichen Gefahrenabwehr.
Bei Hochwasser gefordert
Zu Beginn des Jahres 2024 waren 12 000 THW-Kräfte bei drei großen Hochwasserkatastrophen im Einsatz. Zum Jahreswechsel waren mehr als 5 500 THW-Kräfte vier Wochen lang in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt im Einsatz, um nach dem Sturm „Zoltan“ Hochwasser und Überschwemmungen zu bekämpfen. Insgesamt förderten die THW-Einsatzkräfte mit Hochleistungspumpen rund 5,4 Milliarden Liter Wasser – das entspricht dem Volumen von etwa 2 160 olympischen Schwimmbecken.
Im Mai folgte der nächste große Hochwassereinsatz in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Mehr als 2 600 THW-Kräfte aus allen Landesverbänden unterstützten die betroffenen Gebiete mit Spezialtechnik und umfassender Fachberatung. Das Tief „Katinka“ hatte mehrere Regionen unter Wasser gesetzt. Durch die starken Regenfälle traten vielerorts Flüsse über die Ufer und überfluteten großflächig Städte und Gemeinden. Teilweise waren auch dicht besiedelte Gebiete betroffen. Die THW-HelferInnen retteten Menschen, pumpten Wasser aus Kellern, Tiefgaragen und Regenrückhaltebecken. Außerdem verpflegten sie die Einsatzkräfte, betankten Einsatzfahrzeuge und Geräte und berieten die örtlichen Einsatzleitungen. Insgesamt wurden 2,2 Milliarden Liter Wasser abgepumpt und zahlreiche mobile Pegel zur Überwachung der Wasserstände eingesetzt.
Kurz nach dem Hochwassereinsatz durch Tief „Katinka“ begann der Großeinsatz wegen des Sturmtiefs „Orinoco“. Es sorgte im Süden und Südosten Deutschlands für extrem ergiebige Niederschläge, die zu Überschwemmungen führten. Rund 5 000 THW-Kräfte aus 200 Ortsverbänden haben unter anderem Sandsäcke gefüllt, transportiert und verbaut, Wasser abgepumpt oder Pegelstände gemessen. Zuletzt standen vor allem Aufräumarbeiten im Vordergrund. In der Spitze waren mehr als 1 800 THW-Kräfte gleichzeitig im Einsatz. Der Einsatz zeigte außerdem die enge und effiziente Zusammenarbeit zwischen THW, örtlichen Feuerwehren, Bundeswehr und anderen Hilfsorganisationen.
Breites Einsatzspektrum
Die Fachfähigkeiten des THW sind vielfältig – vor allem wenn es um technisch aufwendige und hochspezialisierte Lösungsansätze geht oder schweres Gerät nötig ist. Insgesamt kann das THW auf 25 Teileinheiten zurückgreifen, die einzeln oder auch gebündelt zum Einsatz kommen. Bei Hochwasserkatastrophen waren in den vergangenen Einsätzen nach den Stürmen „Orinoco“, „Katinka“ und „Zoltan“ vor allem folgende Fähigkeiten gefragt:
Hochleistungspumpen: Das THW verfügt über zahlreiche Hochleistungspumpen, die bis zu 25 000 Liter pro Minute fördern können. Sie werden eingesetzt, um Wasser aus überschwemmten Gebieten, Kellern oder Tiefgaragen zu pumpen. Die Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen ist in der Lage, Wasser über weite Strecken zu fördern, um beispielsweise Löschwasser zu transportieren. Außerdem sind die Einsatzkräfte in der Lage, Abwasserleitungen zu bauen oder zu reparieren.
Pegelstände überwachen: Die THW-ExpertInnen der Fachgruppe „Mobile Pegel“ können eine automatische und permanente Pegelüberwachung einrichten. Dies geschieht zum Beispiel, wenn Pegel durch Hochwasser beschädigt werden. Die Messdaten mit den Pegelständen werden an einen Server übermittelt und können dort von allen notwendigen Stellen abgerufen werden.
Strom- und Elektroversorgung: Mit leistungsstarken Netzersatzanlagen stellt das THW die Energieversorgung bei Stromausfall sicher und sorgt für die Notunterbringung und Notversorgung von Einsatzkräften und Betroffenen. Außerdem können ExpertInnen elektrische Versorgungsanlagen und Stromnetze reparieren.
Öl-Wasser-Trennung: Mit speziellen Ölfilteranlagen trennen THW-Kräfte Öl-Wasser-Gemische, um Umweltschäden zu minimieren. Dazu nehmen sie Öl an verschmutzten Ufern und Stränden auf oder Öl, das durch die Folge von Hochwasser aus Öltanks in Kellern austritt. Mit schwimmenden Barrieren kanalisieren sie die Verschmutzung auf dem Wasser. Mit schwimmenden Absaugvorrichtungen (Skimmer) nimmt die Fachgruppe das Öl dann gezielt von der Wasseroberfläche auf. Mobile Separationsanlagen trennen anschließend die Wasser- von den Ölanteilen.
Bergung: Die Bergungsgruppe rettet Menschen und Tiere beispielsweise aus eingestürzten Gebäuden oder Unfallfahrzeugen. Zudem birgt die Bergungsgruppe Gegenstände aus Gefahrenlagen. Sie stützt beschädigte Gebäude ab, leistet leichte Räumarbeiten und richtet Wege und Übergänge her. Das Personal und die Ausstattung sind auf die Bewältigung eines möglichst breiten Aufgabenspektrums ausgerichtet. In einigen Ortsverbänden ist die Bergungsgruppe mit einer zusätzlichen universellen Abstütz- und Sicherheitskomponente aus Holzbauteilen (Abstütz-System-Holz = ASH) ausgestattet.
Logistische Unterstützung: Die Fachzüge „Logistik“ versorgen die THW-Einheiten im Einsatz oder bei Übungen mit Verpflegung, Verbrauchsgütern und Material. Darüber hinaus setzen die Fachgruppen Materialwirtschaft Fahrzeuge und Geräte instand. Größere Mengen an Gütern und Gefahrgut werden mit Sattelschleppern transportiert. Der Fachzug kann auch Einheiten anderer Organisationen versorgen.
Kenntnisse in allen Bereichen: Fachberatung
Wie bereits dargestellt, sind die Einsatzmöglichkeiten des THW breit gefächert. Deshalb ist es für die anfordernden Stellen nicht immer einfach zu entscheiden, wie konkret das THW in einer Notsituation helfen kann. Deshalb entsenden wir auf Anforderung immer FachberaterInnen in die jeweiligen Einsatzstrukturen der Landkreise, Städte und Gemeinden. Sie kennen das gesamte Hilfeleistungspotenzial des THW und stellen so sicher, dass den anfordernden Stellen alle Fähigkeiten des THW angeboten werden. Auf diese Weise kann das THW optimal in Einsatzlagen eingebunden werden. So hat sich beispielsweise die Einbindung von THW-FachberaterInnen in die Einsatzstäbe der Landkreise, Städte und Gemeinden während der Coronapandemie oder zu Beginn des Ukraine-Krieges mehrfach bewährt. Sie stellten zuverlässig das gesamte Einsatzspektrum des THW dar und sorgten für eine optimale Einbindung der benötigten THW-Einheiten.
Kooperation mit zivil-militärischen Partnern
In der Katastrophenhilfe arbeitet das THW eng mit verschiedenen zivil-militärischen Partnern zusammen, um die erforderlichen Ressourcen und Kompetenzen zu bündeln und effizient einzusetzen. Nach den schweren Erdbeben in der Osttürkei und in Nordsyrien starteten vom Fliegerhorst Wunstorf bei Hannover die ersten Bundeswehrmaschinen mit Hilfsgütern des THW in Richtung Türkei, um die Not der Überlebenden zu lindern. Auch nach dem verheerenden Sturm „Daniel“, der in Libyen schwere Verwüstungen anrichtete, schickte das THW gemeinsam mit der Bundeswehr Hilfsgüter in die betroffene Region. In Übungen trainieren Einsatzkräfte von Bundeswehr und THW zusammen mögliche Einsatzsituationen, um auf Katastrophenfälle optimal vorbereitet zu sein.
Landkreise, Städte, Gemeinden, Bundespolizei oder Bundeswehr können das THW im Rahmen der Amtshilfe anfordern. Durch diese unbürokratische Unterstützung kann das THW schnell und effektiv helfen. Durch eine Änderung des THW-Gesetzes kann das THW ab 2020 bei der Amtshilfe auf eine Kostenerstattung verzichten, was die Zusammenarbeit weiter erleichtert.
Modernste Technik und schnelle Reaktion
Das THW hat in den vergangenen Jahren erheblich in moderne Technik und Ausrüstung investiert und damit seine Einsatzfähigkeit bei Hochwasserkatastrophen weiter verbessert. Neue Hochleistungspumpen, mobile Pegel und ein flächendeckendes Logistiknetz ermöglichen schnelle und effiziente Hilfe. Diese Investitionen haben sich insbesondere bei großflächigen Hochwassereinsätzen wie nach den Sturmtiefs „Zoltan“, „Katinka“ und „Orinoco“ bewährt.
Ausblick
Das THW ist ein unverzichtbarer Akteur in der Katastrophenhilfe und im Bevölkerungsschutz. Durch seine vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, die enge Zusammenarbeit mit zivil-militärischen Partnern und die stetige Modernisierung der Ausstattung ist das THW bestens gerüstet, um bei Hochwasserkatastrophen und anderen Notlagen schnell und effektiv zu reagieren. Die engagierte Arbeit der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sowie die strategische Zusammenarbeit mit anderen Organisationen machen ddas THW zu einer tragenden Säule der nationalen und internationalen Katastrophenhilfe.
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 3/2024
Verfasser:
THW-Pressestelle
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