18.08.2015 •

Die truppenärztliche Versorgung der Beratergruppen der Bundeswehr in Afrika

Etwa 50 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr leisten ihren Dienst in den Beratergruppen in Afrika. Aufgrund der langjährigen truppenärztlichen Versorgung des o. a. Personenkreises sollen in diesem Artikel entsprechende Besonderheiten beschrieben werden.

Rahmenbedingungen

Afrika ist ein faszinierender Kontinent, der von (gast)freundlichen, dem Leben zugewandten Menschen bewohnt wird. Afrika ist nicht nur ein Kontinent der Kriege, Krankheiten und Katastrophen, sondern auch ein Kontinent beeindruckender Landschaften, Flora und Fauna, sowie reicher Kulturen und gewaltiger Ressourcen. Großartig ist die meist positive Lebenseinstellung, Gelassenheit und intensive Lebensfreude der Menschen sowie Humor und Heiterkeit auch am Rande des Abgrunds, denn viele leben und sterben noch immer unter oft verheerenden wirtschaftlichen und hygienischen Verhältnissen. 

Afrika zeigt sich als eine andere Welt, eine Welt, in der der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten selten eine Gerade und Geduld eine lebensnotwendige Tugend ist. Es herrscht dort eine Kultur des Raumes, in der die genaue Zeitmessung keine große Rolle spielt, im Gegensatz zur Kultur der Zeit, die in unserer westlichen Welt, der „Moderne“, herrscht. Der Unaufgeregtheit in der Kultur des Raumes steht die übergroße Aufgeregtheit in der Kultur der Zeit gegenüber, in der es immer um „etwas Neues“ geht: anstelle von Beharrung zählt nur die ständige Veränderung, über allem steht die Bewegung als Selbstzweck, alle Beharrlichkeit wird vernichtet. Genau das ist es, wovor viele in der Kultur des Raumes sich fürchten. Die Kultur der Zeit empfinden Afrikaner als Bedrohung.

Entwicklungshilfe

Desmond Tutu, Friedensnobelpreisträger und ehemaliger anglikanischer Erzbischof von Kapstadt hat einmal gesagt: „Afrika hat der Welt etwas zu geben, das sie dringend braucht: die Mahnung, dass wir mehr sind als die Summe unserer Teile, die Mahnung, dass strikter Individualismus uns schwächer macht. Die Welt muss die grundlegende Lektion lernen, dass wir zur Harmonie geschaffen sind, zur Interdependenz, also gegenseitiger Abhängigkeit. Wenn es uns jemals wahrhaft gut gehen soll, dann nur zusammen.“

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Tab. 1: Afrika: Entwicklungshindernisse.
Im Hinblick auf Afrika hat Deutschland wirtschaftliche, geostrategische, innen- und sicherheitspolitische Interessen, Verantwortungs- und Werteinteressen sowie ein Interesse an der Stabilität und Stärkung der afrikanischen Staaten. Nachhaltige Entwicklung mit zukunftsfähigen Perspektiven für Millionen von Menschen auf dem schwarzen Kontinent erfordert vierfache Anstrengungen von betroffenen Ländern und Industrienationen: soziale Gerechtigkeit (d. h. sozialer Ausgleich und armutsmindernde Rahmenbedingungen), wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (d. h. armenorientiertes Wachstum und wirtschaftliche Zusammenarbeit), politische Stabilität (d. h. Einsatz für Frieden, Menschenrechte, Demokratie und Gleichberechtigung), und ökologisches Gleichgewicht (d. h. Bewahren der natürlichen Ressourcen als Lebensgrundlage bzw. nachhaltigem Umgang mit den Lebensvoraussetzungen wie sauberes Wasser, reine Luft und gesunde Böden). 

Bei einer ehrlichen Bestandsaufnahme bleibt Afrika, reich an Rohstoffen, Energiereserven und Arbeitskräften, jedoch auch nach mehr als 50 Jahren Unabhängigkeit und Entwicklungshilfe in Armut und Not gefangen, weil Korruption (von Verwaltung, Polizei und Justiz), mangelnde Solidarität mit den Armen, Inkompetenz, Misswirtschaft und fehlende Rechtssicherheit regieren. Entwicklungshindernisse sind in Tabelle 1 dargestellt. Vor diesem Hintergrund dürfen Missstände in Afrika nicht länger schöngeredet werden, die Arbeit (auch von Nichtregierungsorganisationen) muss überprüft werden, es sollte so wenig Geld wie irgend möglich und nur so viel wie dringend nötig fließen, eine schlechte Regierungsführung muss Folgen haben, und die Schlüsselrolle für Hilfsprogramme müssen die afrikanischen Regierungen selbst übernehmen.

Militärische Ausstattungshilfe

Entwicklungszusammenarbeit ist ein weites Tätigkeitsfeld und ein Weg zur Wiederherstellung um Frieden. Von besonderer Bedeutung für eine langfristige Entwicklung in Afrika ist dabei die Stärkung von demokratischen Strukturen und die Förderung afrikanischer Fähigkeiten zur Friedenssicherung. Das bedeutet auch, dass politisch nicht mehr zwischen Entwicklung und Förderung der Friedenssicherheit getrennt werden sollte. Die Unterstützung der Anstrengungen der Afrikanischen Union und der subregionalen Organisationen zum Aufbau friedenserhaltender und friedensschaffender Kapazitäten ist daher aller Hilfe wert. Hier setzt das Ausstattungshilfeprogramm der Bundesregierung für ausländische Streitkräfte an als Ressortübergreifende Initiative zur Krisenprävention und Friedenserhaltung. Dazu wurden Beratergruppen der Bundeswehr ins Leben gerufen, die derzeit in Holeta (Äthiopien), Accra (Ghana), Bamako (Mali), Windhoek (Namibia) (Abb. 1), Abuja (Nigeria), Dakar (Senegal) und Dar es Salaam (Tansania) aufgestellt sind. Sie leisten einen oft zwar kleinen, aber bedeutsamen Beitrag zu mehr Frieden in der einen Welt, einer besseren Welt.

Das „Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre“ in Accra (Ghana), die „École de Maintien de la Paix“ in Bamako (Mali) und das „African Centre for Strategic Research and Training“ beim „National War College“ in Abuja (Nigeria) sind dabei Modelle zur Krisenprävention und Konfliktlösung. 

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Tab. 2: Afrika: Gesundheitsrisiken.

Truppenärztliche Versorgung

Die sanitätsdienstliche Versorgung, Betreuung und Begutachtung von Soldatinnen und Soldaten der Beratergruppen der Bundeswehr in Afrika (sowie deren Familienangehörigen) wird durch den Leitenden Sanitätsoffizier Streitkräfteamt (LSO SKA) sichergestellt. Sie ist sowohl präventiv als auch kurativ ausgerichtet, und hat dabei eine Vielzahl von länderspezifischen (Risiko-)Faktoren zu berücksichtigen. Diese sollten auch bei der Beurteilung der Auslands- und Tropendienstverwendungsfähigkeit vor und während einer Verwendung bei einer der oben genannten Beratergruppe im Einzelfall stets kritisch abgewogen werden. Dabei gilt es, eine aktuelle Bewertung des Gesundheitszustandes der Soldatin oder des Soldaten (einschließlich z. B. Stabilität einer (Vor-)Erkrankung, und der Compliance mit präventiven/therapeutischen Maßnahmen) vorzunehmen, und im Hinblick auf mögliche Komplikationen während der Verwendung in einem der oben genannten afrikanischen Länder auch die länderspezifischen Risiken und die medizinische Infrastruktur vor Ort zu berücksichtigen.

Von wesentlicher Bedeutung sind biologische Risiken (Krankheitserreger, Vektoren, Prävalenzen von Infektionskrankheiten). Nicht infektiöse Risiken ergeben sich aufgrund von Umweltrisiken (Allergen- und Schadstoffbelastungen der Luft, verunreinigtes Trinkwasser, Bodenbelastung mit Schwermetallen und chemischen Noxen, Giftwirkungen von Tieren und Pflanzen, Sicherheitsstrukturen, Klima) und kulturellen Einflüssen (Religionen und Menschenbilder). Transportmittel bergen zusätzliche Risiken, und Verkehrsunfällen in afrikanischen Ländern ist – aufgrund oftmals chaotischer Straßenverhältnisse - ein höheres Gewicht beizumessen als allen Infektionskrankheiten. Je nach den Gegebenheiten des Ortes kommen zusätzlich noch Berufs- und Freizeitaktivitäten hinzu, deren immanentes Risikoprofil sich zu den genannten hinzuaddiert. Ein weiteres entscheidendes Kriterium in der Risikobewertung ergibt sich schließlich aus der Qualität des Gesundheitswesens vor Ort.

Die Gesundheitsversorgung in den o. a. afrikanischen Ländern ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet: eine geringe Anzahl von Krankenhäusern, mangelnde Hygiene (einschließlich deutlich erhöhtem Risiko einer Krankenhausinfektion), die nationalen Standards und Leitlinien zur Patientenversorgung unterscheiden sich zum Teil erheblich von denen in Deutschland, unzureichender Ausbildungsstand des medizinischen und Pflegepersonals, kaum Nothilfestationen und Krankenwagen bzw. luftgebundene Rettungsmittel sowie sehr lange Transportwege, stark reduziertes Arzneimittelangebot (vor allem bei importierten Mitteln, Antiseren und Impfstoffen, wie z. B. moderne Gewebekultur­impfstoffe und Tollwut-Immunoglobulin), teure Medikamente (die oft durch unsachgemäße Lagerung unbrauchbar werden), Arzneimittelfälschungen (Fakes), administrative Unzulänglichkeiten sowie keine medizinische Hilfe ohne finanzielle Vorleistung.

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Abb. 2: Afrika: Chaotische Verkehrsverhältnisse.
Darüber hinaus sehen sich die Soldatinnen und Soldaten der Beratergruppen Verständigungsproblemen, insbesondere im medizinischen Bereich, ausgesetzt. Ihnen fehlen zudem gewohnte Vertrauenspersonen. Die Krankenpflege übernehmende Familienangehörige – wie zumeist in Afrika – stehen oftmals nicht zur Verfügung. Durch die Gesamtsituation ist ein persönliches Abwägen der medizinischen Risiken und Möglichkeiten nicht objektiv möglich. Dies kann zu weiteren Gesundheitsschädigungen führen.

Bei dem Verdacht einer nicht ausreichenden Versorgungsqualität muss das Risiko einer aufgeschobenen Behandlung bei längerem Transport in die nächste größere Stadt oder die Repatriierung gegenüber dem Nutzen und Risiko einer sofortigen Behandlung im Einzelfall abgewogen werden. Für verunfallte oder akut erkrankte Soldatinnen und Soldaten der Beratergruppen ist es dabei oft schwierig bzw. unmöglich, zwischen guter und schlechter Versorgungsqualität zu unterscheiden, insbesondere wenn die Kommunikation durch mangelnde Sprachkenntnisse begrenzt ist. Bei solchen Notfällen ist es demnach wichtig, sich auf den LSO SKA verlassen zu können, der einen Transport zu einer Einrichtung hoher Versorgungsqualität veranlassen kann.

Hinweise für schlechte Versorgungsqualität, die einen Behandlungsabbruch nahe legen, sind insbesondere: sehr schnelle, überstürzte Diagnosestellung ohne eingehende Untersuchung; extrem teure Behandlungsempfehlung; Unwille, über Diagnose und die Art der Behandlung zu informieren; viel mystisches Beiwerk, Rituale, Beeinflussungsversuche und Suggestion; zweifelhafte Hygiene und mehrfachbenutzbares Instrumentarium wie Spritzen und Nadeln; die Verneinung von Neben- und Fernwirkungen von Therapiemaßnahmen; abfällige Urteile über die Sichtweise LSO SKA oder andere Ärzte.

Überall in Afrika begegnet man zudem auch heute noch der ungebrochenen Macht der traditionellen Heiler sowie der Magie, insbesondere der Glaube an Amulette.

Es gibt zwar keine verlässlichen Statistiken, aber es sterben fast so viele Afrikaner durch Autounfälle (und von Zeit zu Zeit durch Flugzeugabstürze) wie etwa durch Malaria. Viele Autofahrer verlassen sich auf die magische Kraft ihrer Amulette. Dementsprechend ist der Zustand der (meist überladenen) Fahrzeuge (Abb. 2). Je mehr die Menschen auf die Macht des Übersinnlichen bauen, desto weniger kümmern sie sich um real existierende Probleme wie den Zustand von Bremsen, Reifen und Motor. Es keine ordnungsgemäße Wartung, sondern nur improvisierte Pannenbeseitigung.

Gesundheitsberatung

Die Gesundheitsberatung vor und während einer Verwendung bei einer Beratergruppe stellt medizinische Prävention auf höchstem Niveau dar. Dabei ist eine Beschränkung auf impfpräventable Infektionskrankheiten und Malaria allein nicht ausreichend. Auch weitere der Prävention zugängliche Risiken, wie nahrungsmittel-, vektor-, und sexuell übertragbare bzw. durch Hautkontakt erworbene Infektionskrankheiten, Atemwegserkrankungen und regional bedeutsame weitere vektorübertragene Infektionskrankheiten, sind bei den Vorsorgemaßnahmen zu berücksichtigen.

Aus der Gesamtheit der ermittelten Risiken ergeben sich allgemeine und individuelle Prohylaxeempfehlungen, etwa zu Verhaltensmaßnahmen (einschließlich Resilienz), Vektorprophylaxe, Sonnenschutz, Impfungen, und Medikamenten für die Malaria-Chemoprophylaxe. Dabei müssen ggf. Auslandsgesetze, z. B. Einreisevorschriften und Einfuhrbeschränkungen bei der Mitnahme von Medikamenten (z. B. Betäubungsmittel), beachtet werden. Ebenso kann es vorkommen, dass anzuwendende Präparate für Deutschland nicht zugelassen sind (Ciprofloxacin-Single-Dose, Doxycyklin zur Malariaprophylaxe). 

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Tab. 3: Beratergruppen: Truppenärztliche Versorgung.

Es gilt, die Soldatinnen und Soldaten der Beratergruppen darauf hinzuweisen, dass Impfungen nicht die gebotenen Maßnahmen zur Hände- und Toilettenhygiene sowie Nahrungs-, Trinkwasser- und Küchenhygiene ersetzen, und dass es eine absolut sichere Malaria-Chemoprophylaxe zur Zeit nicht gibt. Unter Beachtung aller Maßnahmen ist das Risiko aber gering und kalkulierbar. Eine rechtzeitig erkannte Malaria ist in der Regel heilbar. Bei jeder fieberhaften Erkrankung in den oben genannten Ländern muss jedoch an die Möglichkeit einer Malaria gedacht werden und sofort ein Arzt aufgesucht werden. Dies gilt auch für die Zeit nach der Rückkehr aus einer dienstlichen Verwendung bei einer Beratergruppe, insbesondere für die ersten drei Monate. Spätere Manifestationen der Malaria tropica sind sehr selten. Rezidive bei Malaria tertiana können bis zu einem Jahr, gelegentlich auch danach vorkommen; sie sind allerdings gut therapierbar und nicht lebensbedrohlich.

Eine erweiterte und vertiefte, ausführliche individuelle Beratung zur Malariaprophylaxe ist für die Soldatinnen und Soldaten in Beratergruppen erforderlich, die erfahrungsgemäß wenig geneigt sind, eine kontinuierliche Malaria-Chemoprophylaxe ggf. über Jahre durchzuführen. Hier bietet sich eine pragmatische Lösung an, die sich an den Gegebenheiten vor Ort orientiert. Dies trifft insbesondere für Soldatinnen und Soldaten zu, die - nachdem sie das lokale und saisonale Malariarisiko kennen - ihre Umgebung einrichten (z. B. bauliche Nachbesserung, Einbau von Screens, Beseitigung von hausnahen Brutplätzen, Umgang mit Moskitonetzen), sich in die Infrastruktur integrieren und die medizinischen Versorgungsmöglichkeiten vor Ort einschätzen. Neben einer konsequenten Expositionsprophylaxe wird dabei in Hochrisikogebieten eine Malaria-Chemoprophylaxe mindestens zu Beginn des Aufenthaltes, während der Hauptübertragungszeit und bei Reisen mit eingeschränktem Moskitoschutz empfohlen. Schließlich muss die Verfügbarkeit geeigneter Medikamente, auch zur notfallmäßigen Selbstbehandlung, gewährleistet sein.

Auch Fragen zu einem medikamentösen Handvorrat, Ergänzungsausstattung und Dauermedikation sind von Bedeutung. Dabei ist unklar, in welchen Ländern außerhalb der EU eine sichere Kontrolle von Pharmazeutika unterstellt werden kann. Schließlich ist die sorgfältige Auswahl der medizinischen Einrichtungen, durch welche die nach Afrika entsandten Soldatinnen und Soldaten vor Ort versorgt werden können, eine wichtige Aufgabe des LSO SKA in enger Kooperation mit dem Kommando Sanitätsdienst (KdoSanDst), Unterabteilung IV-VI, Medical Intelligence.

Schließlich berät der LSO SKA die Beratergruppen in Hinblick auf aktuelle und künftige sanitätsdienstliche Projekte im Rahmen der militärischen Ausstattungshilfe. Beispielhaft insbesondere in seiner Nachhaltigkeit ist die Errichtung eines Sanitätsbereichs des Übungsplatzes „Spezielle Operationen“ in Toubakouta (Senegal) (Abb. 3).

Vor dem Hintergrund, dass die staatlichen Gesundheitssysteme in den oben genannten afrikanischen Ländern aufgrund fehlender finanzieller und personeller Ressourcen nicht alle Bevölkerungsgruppen (einschließlich ihrer Streitkräfte) adäquat versorgen kann, sollte die Entwicklungshilfe insgesamt sowie die militärische Ausstattungshilfe auch künftig Projekte zur Verbesserung ausgesuchter ziviler und/oder militärischer Gesundheitseinrichtungen umfassen. Darüber hinaus erscheinen Kooperationen zwischen deutschen Krankenhäusern und afrikanischen Kliniken sinnvoll unter der Devise „Ausbilden, ausrüsten und aufklären“. Die Ebola-Epidemie in Westafrika war ein globaler Weckruf, insbesondere auch im Hinblick auf den Kampf gegen Infektionskrankheiten in den betroffenen Ländern. Schließlich ist die Förderung der Gesundheit in Afrika nicht nur ein humanitärer Akt, sondern auch ein Mittel der sogenannten „soft power“, als ein gewaltfreies Instrument, um den Einfluss in einer Region zu stärken.

Betreuung

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Abb. 3: Beispielhaft: Sanitätsbereich in Toubakouta (Senegal)
Während einer Verwendung bei einer Beratergruppe in Afrika ist der LSO SKA verantwortlich für die medizinische und psychologische Versorgung, die Versorgung mit Medikamenten sowie administrative Aufgaben wie medizinische Dokumentation und Führen der Gesundheitsunterlagen, Lotsenfunktion und Einsteuerung in Sanitätseinrichtungen der Bundeswehr und/oder zivile Gesundheitseinrichtungen im Inland, Genehmigung von Heilfürsorgeleistungen, der Prüfung von Rechnungen auf Anspruch auf unentgeltliche truppenärztliche Versorgung (in enger Kooperation mit der Abrechnungsstelle, dem Bundesamt für Personalmanagement in Strausberg) sowie die Organisation von Kranken(rück)transporten und Kostenübernahmeerklärungen (Tab. 3). Einzelheiten dazu sowie Informationen zu Erreichbarkeit, genehmigungspflichtigen Leistungen, Antragsformularen zur Erstattung von Krankheitskosten, Anforderung von Handvorrat und Dauermedikation u. ä. sind in einem Merkblatt des LSO SKA beschrieben.

(Vorzeitige Nach-)Untersuchungen im Inland erfolgen nach mehrwöchiger Erkrankung oder körperlicher Beeinträchtigung, die Anlass zu Bedenken gegen die Fortsetzung der Auslandsverwendung geben könnten, und nach ärztlichem Ermessen in Einzelfällen (z. B. zur Abklärung eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer Erkrankung und der Auslandstätigkeit oder bei befristeten gesundheitlichen Bedenken).

Repatriierung

Rückholungen oder auch Medical Evacuations von Soldatinnen und Soldaten einer Beratergruppe mit einem Linien- (Commercial Carrier) oder einem Ambulanzflugzeug sind selten. Sie werden über den LSO SKA, die Patient Evacuation Coordination Cell (PECC) des KdoSanDst, Koblenz, und dem European Air Transport Command (EATC), Eindhoven (NLD) organisiert. Eine Entscheidung über die Rückholung erkrankter oder verletzter Soldatinnen und Soldaten erfolgt dabei unter Abwägung medizinischer, psychologischer, sozialer und wirtschaftlicher Aspekte. Neben Unfällen, infektiösen oder kardiovaskulären Erkrankungen sind psychische Störungen die häufigsten Gründe für die medizinische Rückführung von Soldatinnen und Soldaten aus einem der oben genannten afrikanischen Länder und die Überweisung an militärische oder zivile Gesundheitseinrichtungen im Deutschland.

Psychosoziale Aspekte

Wenn es während einer Verwendung bei Soldatinnen oder Soldaten einer Beratergruppe zu psychischen Auffälligkeiten bzw. Störungen kommt, spielen sehr oft Persönlichkeitsstruktur, Über- oder Unterforderung und psychosozialer Stress (Lebens- und Arbeitsbedingungen, „Kulturschock“, Schwierigkeiten mit der Landessprache, gesellschaftliche Isolation und Einsamkeit, Kontakte mit Vorgesetzten bzw. Kameraden vor Ort oder Angehörigen des Gastlandes, Monotonie des Daseins, wenig Teilhabe am öffentlichen Leben, etc.) eine krankheitsverursachende Rolle. Bei der Untersuchung auf Auslands- bzw. Tropendienstverwendungsfähigkeit ist daher auch auf psychische Vorerkrankungen oder -belastungen sowie auf abnorme Persönlichkeitsstrukturen zu achten. Alkoholkranke Soldatinnen und Soldaten sind nicht auslands- bzw. tropendienstverwendungsfähig. Ferner ist jede Form von Flucht (egal ob aus dem Beruf, Umgebung, Partnerschaft) als Basis für eine Auslandsverwendung nicht tragfähig.

Psychische Erkrankungen, insbesondere auch Suchterkrankungen, können bei Soldatinnen und Soldaten der Beratergruppen, oft auch bei den begleitenden Ehe- oder Lebenspartnern, ein ernstes Problem darstellen. Internistische, neurologische, psychiatrische und psychosoziale Folgen und Komplikationen können bestehende Konflikte in den verschiedenen Lebensbereichen verstärken und verschärfen sowie neue schwerwiegende Lebensschwierigkeiten bedingen. Zudem kann es auch zu rauschbedingten Unfällen (Verkehrs- und Dienstunfälle, Unfälle im Freizeitbereich wie etwa beim Tauchsport) kommen. In diesen Fällen kann es zu (meist schwierigen) Rückholungen und Überweisungen in ein Bundeswehrkrankenhaus und/oder zivile Gesundheitseinrichtung zur Entgiftungs- und Entwöhnungstherapie kommen.

Gerade der Anpassungserfolg ist bei einer Verwendung bei einer Beratergruppe neben anderen Faktoren (insbesondere fachliche und militärische Qualifikation sowie Sprachkenntnisse) stark abhängig von der interkulturellen Kompetenz der bzw. des Einzelnen. Sie hat eine personenbezogene, eine soziale sowie eine Wahrnehmungsdimension. Wichtig sind in diesem Zusammenhang u. a. Faktoren wie Sensibilität und Einfühlungsvermögen, Wertschätzung anderer Menschen, Offenheit, Selbstbeherrschung, Teamfähigkeit, Gewandtheit im Umgang mit anderen Menschen, situationsadäquates Verhalten, Selbstvertrauen, Flexibilität, Non-Ethnozentrismus und Toleranz, Ambiguitätstoleranz und Eigeninitiative. Dies vermindert den sogenannten Kulturschock (als Zeichen einer mangelnden Anpassungsfähigkeit, die sich in einer permanenten Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, oft verbunden mit einer Abwertung des Gastlandes, zeigt) und erleichtert dem Soldaten vor Ort eine echte Partnerschaft zu Land und Leuten.

Ganzheitliche Betrachtung

Die medizinische und psychologische Betreuung von Soldatinnen und Soldaten der Beratergruppen durch LSO SKA findet bei 24-stündiger Erreichbarkeit primär aus der Distanz (am Telefon, per E-Mail oder Fax) und in unregelmäßigen Abständen während Dienstreisen mit truppenärztlicher Sprechstunde vor Ort statt. Die Herstellung und Aufrechterhaltung einer tragfähigen und vertrauensvollen Beziehung zwischen dem LSO SKA und dem ihm anvertrauten Soldatinnen und Soldaten sowie deren Vorgesetzten und Angehörigen gehört daher zu den besonderen Herausforderungen. Vor dem Hintergrund der besonderen Fürsorgeverantwortung erscheint die ganzheitliche Wahrnehmung von Soldatinnen und Soldaten der Beratergruppen in ihrer körperlich-seelisch-sozialen Einheit besonders wichtig, um ihnen in ihrer Komplexität gerecht zu werden.

Fazit

Die aktuellen Krisen und Konfliktherde in Afrika verweisen auf einen engen Zusammenhang zwischen fragiler Staatlichkeit und sozialen und politischen Konflikten. Deutschland wird langfristig einen wesentlichen Beitrag in Form von Entwicklungshilfe sowie militärischer Ausstattungshilfe durch die Beratergruppen leisten und damit die Afrikanische Union befähigen, die Krisen und Konflikte in Afrika eigenständig zu lösen. Antoine de Sanit-Exupéry hat einmal gesagt: „Die Zukunft soll man nicht voraus sehen können, sondern möglich machen“. Das ist das Ziel.

In den Streitkräften sind die Soldatinnen und Soldaten von Anfang an und während ihres Dienstes auf andere Menschen angewiesen. Der Dienst in den Beratergruppen heißt in einem ganz elementaren Sinn auch: Helfen und auf Hilfe angewiesen sein, in Kooperation und Kommunikation existieren. Die truppenärztliche Versorgung der Beratergruppen durch LSO SKA als Dienstleistung dient dem Leben und einem guten Zusammenleben. Mit seinen Alleinstellungsmerkmalen ergänzt er das Netz um die ihm anvertrauten Soldatinnen und Soldaten (und deren Familienangehörigen) und vertraut dabei auf das enge Zusammenspiel und Ineinandergreifen aller Teilbereiche des Sanitätsdienstes und des Gesundheitswesens im Inland und in Afrika.

Datum: 18.08.2015

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2015/2

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