DAS ABDOMINALTRAUMA MIT NIERENVERLETZUNG: ASPEKTE VOM NICHT OPERATIVEN MANAGEMENT (SNOM) BIS ZUR AUTOTRANSPLANTATION
Abdominal trauma with injuries to the kidney: aspects from selective non-operative management (SNOM) to autotransplantation
Aus der Klinik und Poliklinik für Chirurgie des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München¹ (Komm. Klinikdirektor: Univ.- Prof. Dr. J. Kleeff), der Klinik für Prokto-Chirurgie (Chefarzt: Priv.-Doz. Dr. D. Doll) des St. Marienhospitals Vechta² (Geschäftsführer: Dipl.-Kfm. U. Pelster), der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie (Abteilungsleiter: Flottenarzt Dr. S. Lenz) des Bundeswehrkrankenhauses Berlin³ (Chefarzt: Admiralarzt Dr. W. Titius) und dem Vechtaer Institut für Forschungsförderung VIFF e. V.⁴ (Geschäftsführer: Priv.-Doz. Dr. D. Doll)
Edouard Matevossian¹, Dietrich Doll²,⁴ und Arne Macher³
Zusammenfassung
Verletzungen der Nieren sind bei stumpfem Traumamechanismus relativ selten, da die Nieren geschützt im Retroperitoneum liegen. Sie resultieren jedoch oft aus Messerstichen durch Flanke und Rücken oder Einschüssen aus jedweder Richtung. Während eine einseitige stumpfe Nierenverletzung unter Umständen vollständig konservativ ausbehandelt werden kann, benötigen komplexere Verletzungen mit Blutungen in die Bauchhöhle und Kreislaufinstabilität ein sofortiges Eingreifen.
Bilaterale Verletzungen und Blutungen aufgrund von queren Schussverletzungen erfordern ein spezielles Augenmerk, um mindestens eine Niere zu retten. Hiläre Verletzungen und Durchtrennungen des Ureters sollten sachkundig versorgt werden. Im Zweifel kann auch der Ureter ligiert und markiert werden, um tags darauf eine sachkundige postprimäre operative Rekonstruktion zu erfahren.
Schlagworte: komplexe Nierenverletzungen, Ureter, SNOM, Damage Control Surgery.
Summary
Injuries to the kidneys a relatively seldom in blunt trauma as the kidneys are hidden deep within the retroperitoneum. Nevertheless, they can be reached by any stab from the flank and back or by gunshots from any direction. Whereas a single kidney injury in blunt trauma may completely be managed by conservative treatment, this is not true for complex injuries, especially in intraabdominal bleedings or in the hemodynamic instable patients. Bilateral injuries and bilateral penetrating bleedings often need immediate exploration to save at least the function of one of the kidneys. Injuries to the hilum and injuries to the ureter need to be addressed with specialists’ help (if available). Damage control surgery options as temporary ureter ligation are discussed.
Keywords: complex kidney injuries, ureter, SNOM, damage control surgery.
Einleitung
Stumpfes Bauchtrauma wird oft im Rahmen eines Polytraumas gesehen [1]. Dabei haben die Patienten mit stumpfen oder penetrierenden Verletzungen oft multiple Organverletzungen, deren Kombination die Versorgung (im Vergleich zu Einzelorganverletzungen) erschweren kann. Ein Nierentrauma wird in 3 % der Trauma-Patienten berichtet, wobei die Mehrheit (> 90 %) auf stumpfe Verletzungsmechanismen zurückzuführen sind. Leichte Nierenverletzungen sind unkompliziert zu behandeln und können in der Regel abwartend-konservativ behandelt werden. Komplexere Parenchymverletzungen sind potenziell lebensbedrohlich und wurden bisher grundsätzlich operativ mit Naht der verletzten Niere angegangen [2].
Isolierte penetrierende Nierenverletzungen sind selten. Die Mehrheit dieser Patienten hat Begleitverletzungen der umliegenden Organe, was die Behandlung erschweren kann. Ist der Patient kreislaufstabil und ohne expandierendes Hämatom, sind Begleitverletzungen nicht mit einer höheren Nephrektomie-Rate assoziiert. Adäquate radiologische und chirurgische Einschätzung vorausgesetzt, können so viele verletzte Nieren versorgt und auch bei extensiven abdominellen Begleitverletzungen erhalten werden. [3].
Nierenverletzungen werden nach der Klassifikation der American Association for Surgery of Trauma (AAST) klassifiziert, was die Eingruppierung und den Vergleich von Verletzungen erheblich erleichtert. Grad I- und Grad II-Verletzungen werden als niedrig gradige Verletzungen (“low grade”) zusammengefasst, während Grad III- und Grad IV-Verletzungen ohne Gefäßbeteiligung als mittelschwer („intermediate“) klassifiziert werden. Nierenverletzungen AAST Grad IV mit Gefäßbeteiligung und Grad V-Verletzungen werden als schwerste Verletzungen bezeichnet („high grade“) [3].
Die therapeutischen Optionen nach stumpfer Nierenverletzung bestehen aus der konservativ-nicht-operativen und operativen Therapie. Die Versorgung von Nierenrupturen im Kontext einer abdominellen Verletzung kann herausfordernd sein, ist doch das Ziel eines Nierenerhaltes möglich. Der Entscheid zwischen operativem und nicht-operativem Management wird durch die Anzahl und Ausprägung von Begleitverletzungen, die Kreislaufstabilität des Patienten, das Ausmaß der Nierenzerstörung und die Erfahrung des Chirurgen bestimmt. Da die operative Intervention in derartigen Situationen mit konsekutiver Morbidität und Letalität verknüpft sein kann, wird der Patient in ausgewählten Fällen von einem selektiven nicht-operativen Management (SNOM) profitieren. Dessen Anwendungsbreite wird jedoch noch kontrovers diskutiert. Viele Patienten mit leichten Nierenverletzungen zeigen exzellente Ergebnisse ohne Komplikationen auch unter nicht-operativer Therapie [4].
Tiefe Risse und Nierenrupturen können von der frühen operativen Versorgung nach genauer vorhergehender Diagnostik der Verletzung profitieren. Isolierte Grad IV-Rupturen ermöglichen die besondere Behandlung eben nur dieser Verletzung, ohne auf Begleitverletzungen Rücksicht nehmen zu müssen. Hier kann nicht-operatives Management durchaus häufiger gewagt werden. Bei persistierenden Blutungen aus einer Nierenverletzung hingegen wird eine Exploration und Rekonstruktion nahezu regelhaft notwendig. Bedingung einer jeden operativen Intervention ist das Staging der Verletzung bei jedem kardiovaskulär stabilen Patienten [5]. Grad V-Verletzungen sind auch derzeit mit einer 90 %-igen Rate an Trauma-Nephrektomien behaftet (Abb. 1); bei gleichzeitiger Kreislaufinstabilität beträgt die Nephrektomie-Rate 100 % [2, 6].
Bei den meisten Patienten mit stumpfem Nierentrauma ist die konservative Herangehensweise ein erprobtes und sicheres Verfahren. Die Blutungen werden in der Regel zum Stehen kommen und minimal-invasive Techniken werden als zusätzliche Maßnahme ausreichen. Dieses gilt ebenfalls für kreislaufstabile Kinder mit hochgradigen Nierenverletzungen nach stumpfem Trauma.
Eine persistierende Extravasation von Urin in das Retroperitoneum kann durch zweizeitige Drainage erfolgen, womit die Morbidität reduziert werden kann [7]. In den Situationen nach stumpfem Trauma und isolierter Nierenverletzung genießen grundsätzlich konservative Erwägungen den Vorrang. Eine Ausnahme bildet die persistierende Kreislaufinstabilität des Patienten, so jung er auch sein mag [8]. Patienten mit kompletter Nierenruptur oder massiver retroperitonealer Extravasation von Urin bereits in der Aufnahme-Bildgebung werden in der Regel kaum Spontanheilungen oder Kapselbildungen zeigen, sodass eine operative Intervention hier wahrscheinlicher wird. Die Therapie der Extravasation kann mit einer Ableitung nach extern oder intern erfolgen (Abb. 2).
Gedeckte Rupturen des oberen Urogenitaltraktes sind selten, aber nicht unmöglich. Doch dann sind sie bei Verletzungen des pyeloureterischen Übergangs, und hier öfter rechtsseitig, zu finden [9]. Proximale Harnleiterverletzungen bedürfen einer aufwendigen Rekonstruktion. Diese kann eine Nephrektomie, eine Ureter-Neuinsertion oder eine Autotransplantation beinhalten (Abb. 3 und 4) [10].
Die präoperative Ureterschienung reduziert die Chance einer iatrogenen Verletzung, so wie sie die Rate einer intraoperativen Verletzungsdiagnose erhöht [11]. Bei konservativem wie operativem Vorgehen ist eine regelhafte Nachsorge mit Blutdruckkontrollen und Komplikationsmonitoring notwendig [12].
Verletzungen des Ureters sind sehr selten und können intraoperativ leicht übersehen werden. Ihre Versorgung kann durch mikrochirurgische Naht über einer liegenden Ureterschiene erfolgen. Zuvor werden die Ränder eines durchschossenen Ureters sparsam debridiert; dieses Débridment ist bei Stichverletzungen nur selten notwendig. Die Ureteranastomose von ungeübter Hand kann zu postoperativen Leckagen und Strikturen führen. Dennoch ist der Versuch einer Primärnaht gerechtfertigt, da die Kontinuität des Ureters dann nicht aufgegeben wird. Die sekundäre Therapie einer Striktur kann endoskopisch angegangen werden. Bei Ureterverletzungen im distalen Drittel kann durch eine Mobilisierung der Blase und Fixierung am M. psoas das distale Ureterende an das proximale beziehungsweise an das Harnblasendach (hier Bildung eines Flaps zur Rekonstruktion und End-zu-End-Anastomosierung mit dem proximalen Ende) herangeführt werden (Psoas-hitch-Plastik). Gegebenenfalls erfolgt die Ureterozystoneostomie und Antirefluxplastik nach Lich-Gregoir (Abb. 5).
Muss der Eingriff im Sinne einer Schadenbegrenzung schnell beendet werden, kann das distale Ende eines verletzten (traumatisch durchtrennten) Ureters mit einer groben Fadenmarkierung versehen und belassen werden. Der proximale Ureterstumpf wird auf einen kleinen Katheter fixiert, der durch die Bauchwand nach außen abgeleitet wird. Dabei ist in Erinnerung zu behalten, dass das mit Ligatur fixierte Stück des Ureters bei der postprimären Versorgung mit reseziert werden muss; hier sollte bei chirurgischer Erstversorgung entsprechend nah am durchtrennten Ende ligiert werden.
Es ist nicht selten, dass Leckagen oder Durchtrennungen des Ureters erst mit ausgiebiger Diagnostik nach Versorgung des Traumas oder bei dem Revisionseingriff erkannt werden. Das Drainieren großer klarer Flüssigkeitsmengen über Bauchdrainagen oder Bauchwunde mit anschließender Bestimmung von Harnstoff und Kreatinin daraus kann ein weiterer Hinweis sein. Bei Verletzungen der Urethra wird die Blase suprapubisch drainiert und urologisch weiterversorgt. Bei passendem Verletzungsmechanismus mit Harnverhalt oder Blut am Meatus urethrae wird eine weiterführende Diagnostik mit retrograder Urographie durchgeführt. Zusammenfassend ist aus unserer Sicht das akkurate Staging der Nieren-Verletzung der Schlüssel zum Erfolg. So kann der Entscheid zum konservativen versus chirurgischen Vorgehen zuverlässig getroffen werden, natürlich abhängig vom Grad der Zerstörung intakter Parenchym- und Gefäßstrukturen der betroffenen Niere.
Allgemeine Aspekte und Versorgung der Nierenverletzung im Rahmen eines Abdominaltraumas
Nierentraumen sind mit einer signifikanten Morbidität und Letalität verbunden. Weltweit wird die jährliche Anzahl von Nierenverletzungen auf 245 000 geschätzt und der Anteil von Nierenverletzungen bei Traumapatienten beträgt zwischen 1,4 – 3,5 %. Nierentraumen sind allerdings bis zu 90 % mit Verletzungen des Abdomens, des Thorax oder der Extremitäten verbunden und es besteht eine direkte Korrelation zwischen dem Grad der Nierenverletzung und dem klinischen Allgemeinbild des Patienten [13].
Anatomisch ist die Niere vor allem am Gefäßstiel befestigt, weshalb Dezelerationstraumen besonders an diesen Orten Verletzungen der Nierengefäße und des Nierenbeckens verursachen [14]. Diese Verletzungen sind die Folge einer Kombination von primärem Anprall und sekundärer Interaktion der Niere mit den anatomisch benachbarten Strukturen. Experimentelle Studien haben gezeigt, dass Nierenverletzungen dabei aus einer Kombination von Biegungs- und Scherkräften heraus entstehen, sobald eine kritische Toleranzgrenze überschritten wird.
Die Niere erfährt mit zunehmender Anprallgeschwindigkeit eine erhöhte Verletzbarkeit, da sich die elastische Toleranzgrenze des Nierengewebes gleichzeitig reduziert [14]. Schussverletzungen werden primär durch einen direkten Gewebsschaden (permanent cavity) und sekundär durch eine Schädigung des umliegenden Gewebes (temporary cavity) verursacht [15]. Vorbestehende Nierenanomalien wie Hydronephrosen, Zysten, Nierentumoren und ektope Nieren sind mit einer erhöhten Verletzbarkeit verbunden und werden bei Traumapatienten vermehrt vorgefunden [15].
Das heutzutage am meisten verwendete Klassifikationssystem der amerikanischen Gesellschaft für Traumachirurgie (AAST) teilt die Nierenverletzungen in fünf Verletzungsgrade ein. Die AAST-Klassifikation wurde 2001 anhand einer retrospektiven Studie an 2 467 Patienten (Level 3 evidence) in ihrer klinischen Aussagekraft bestätigt [3, 15, 16, 17].
Diese Klassifikation erlaubt eine genaue Beschreibung der Verletzungen und liefert die Grundlage der Behandlungsstrategie. In der Mehrheit handelt es sich bei Nierenverletzungen um leichte Verletzungen (Grad I – II). Grad V-Verletzungen entsprechen einer massiven Zerstörung der Gefäß- und Parenchymstruktur und müssen von multiplen Nierenparenchymlazerationen (Grad IV), die eine signifikant bessere Langzeitprognose haben, getrennt werden. Die Evaluation der Nierenverletzungen erfolgt nach einer Gesamtevaluation des Traumapatienten. Hierbei muss initial die hämodynamische Stabilität des Patienten abgeklärt und sichergestellt werden.
Heutzutage wird der Großteil der Nierentraumata konservativ behandelt. Die allgemein gültigen Abklärungsrichtlinien für stumpfe und penetrierende Nierenverletzungen beinhalten ein regelmäßiges hämodynamisches Monitoring, Immobilisation des Patienten bis zum Sistieren der Makrohämaturie und radiologische Kontrolle des klinischen Verlaufs [15, 17]. Die Möglichkeit der selektiven arteriellen Embolisation von lokalisierten Nierenblutungen hat durch zunehmenden Verzicht auf operative Revision an Bedeutung gewonnen. Die Technik besitzt eine Erfolgsrate von 70 – 80 % und kann bei etablierter Vorgehensweise einen minimalen Gewebeverlust (10 %) garantieren [15, 18, 22].
Chirurgische Aspekte: direkte Versorgung, Nephrektomie oder (Auto-)transplantation
Bei hämodynamisch stabilen Patienten mit penetrierender Nierenverletzung ist eine konservative Behandlung möglich. Verletzungen mit massivem Harnaustritt, einem großen Anteil von devitalisiertem Gewebe oder einer Obstruktion der höheren Harnwege bedürfen einer chirurgischen Revision [19]. Im Fall von hochenergetischen Schusswunden gilt die Indikation zur chirurgischen Exploration grundsätzlich als gegeben. Offene Nierenverletzungen (Grad III – IV) entwickeln bei konservativer Behandlung in bis zu 25 % der Fälle sekundäre Blutungen [17]. Bei gleichzeitiger explorativer Laparotomie für Begleitverletzungen sollte in diesen Fällen eine chirurgische Revision erfolgen.
Im Falle eines operativen Eingriffs sollte nach medianer Laparotomie ein transperitonealer Zugang gewählt werden, der gleichzeitig die Inspektion und Exploration des gesamten Abdomens ermöglicht. Bei hämodynamisch instabilen Patienten im Schockzustand mit multiplen relevanten Begleitverletzungen stehen die lebensrettenden Maßnahmen und die Nephrektomie bei hochgradigen Nierenverletzungen im Vordergrund – als einzige und zugleich effiziente Methode der Blutstillung [17]. Die operative Versorgung von Nierenverletzungen erfordert die Exzision von devitalisiertem Gewebe und eventuell die Ligatur/Rekonstruktion von arteriellen Läsionen. Die Verletzungen des Nierenpols können durch eine partielle Nephrektomie kontrolliert werden, während die Verletzungen im mittleren Nierendrittel durch eine Renoraphie (direkte Naht der Nierenkapsel) korrigiert werden sollten. Größere Defekte können mit einer Omentumplastik überdeckt werden [19].
Verletzungen des Nierenhilus mit Begleitläsion der A. und/oder V. renales sind mit 2,5 – 4 % relativ selten und finden sich häufiger bei polytraumatisierten Patienten. Im Falle von offenen Verletzungen steigt diese Rate auf 16 % [17]. Operative Revision ist nur bei Verletzungen der A. renalis sinnvoll und hat dann auch nur Erfolgsraten zwischen 25 – 60 % [15, 20, 21] (Abb. 1). Nierenverletzungen auf der linken Seite in der Nähe der V. cava inferior können mit einer Ligatur kontrolliert werden, da in dieser Region genügend Kollateralvenen bestehen. Im Gegensatz hierzu ist kontralateral eine Rekonstruktion der V. renalis indiziert [15].
Einen besonderen Stellenwert in der primär chirurgischen Strategie bei der traumatischen Nierenverletzung nimmt die Autotransplantation ein. Als Indikation hierfür gilt die hochgradige Läsion der A. renalis [23]. Die technischen Aspekte der Nierenautotransplantation bei nicht traumatischen Läsionen (zum Bespiel persistierende renale Hypertonie infolge Intimahyperplasie), wie sie bei der fibromuskulären Dysplasie, bei einem Aneurysma der A. renalis oder einer akuten Dissektion der Aorta berichtet wird, wurden in mehreren Publikationen mit Fallbeispielen und Langzeitverlaufskontrolle bereits mehrfach beschrieben [24, 25, 26, 27]. Mit einer warmen Ischämiezeit von 1 – 1,5 Stunden, die erforderlich ist, um ex vivo das Organ zu präparieren beziehungsweise gefäßchirurgisch zu rekonstruieren, ergibt sich postoperativ eine regelrechte (Auto)Transplantatfunktion mit guter Langzeitprognose [24]. Die Technik ist weitgehend identisch mit der Allotransplantation und wird orthotop, gegebenenfalls auch heterotop, mit Revaskularisation an den Iliacalgefässen durchgeführt (Abb. 6 a, b). Eine temporäre Schienung des Ureters mittels eines Mono- oder Doppel-J-Katheters ergibt sich aus dem jeweiligen Verletzungsmuster und Replatzierungsort des Autotransplantates. Zur Prävention eines vesikouretralen Refluxes ist die Antirefluxplastik indiziert (siehe auch Abb. 5).
Schlussfolgerungen
Zusammenfassend lässt sich schlussfolgern, dass die Mehrheit von isolierten oder kombinierten Nierenverletzungen bei kreislaufstabilen Patienten eine konservative Behandlungsdomäne im Sinne des SNOM darstellt. Wenngleich heutzutage, nicht zuletzt auch wegen der progressiven Entwicklung nicht invasiver interventioneller Techniken, nur in wenigen Fällen eine Operationsindikation besteht, bleibt die chirurgische Therapie bei selektioniertem Patientengut als etablierte therapeutische Methode der Wahl. Kreislaufinstabile Patienten mit penetrierenden Nierenverletzungen bedürfen einer Exploration.
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Bildquelle: Priv.-Doz. Dr. E. Matevossian, Klinik und Poliklinik für Chirurgie des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München
Datum: 03.12.2013
Quelle: Wehrmedizinische Monatsschrift 2013/11