TOWARDS A MUTUAL UNDERSTANDING-EIN MULTIDIMENSIONALES SEMINARKONZEPT
DAS SEMINAR "MILITARY MEDICAL SUPPORT IN THE HUMANITARIAN ARENA" AN DER FÜHRUNGSAKADEMIE DER BUNDESWEHR
Im Frühjahr 2007 war ein Thema der Deutsch-Niederländischen Medical Expert Talks die zunehmende Relevanz humanitärer Hilfe durch den Sanitätsdienst in den Einsätzen. In der Diskussion ging es um die Notwendigkeit von Handlungssicherheit auf diesem Gebiet und eine entsprechende Ausbildung
Konsens war, dass die Entwicklung eines Kurses zu diesem Thema Hinweise zu der Gestaltung entsprechender Richtlinien geben könnte. Eine ad-hoc-Arbeitsgruppe erhielt den Auftrag, ein Curriculum für einen solchen Lehrgang zu entwickeln. Aufbauend auf einem seit 2005 implementierten Lehrgang zur zivil-militärischen Zusammenarbeit im Ausland / sanitätsdienstlicher Anteil gelang es, ein Lehrgangskonzept zu entwickeln und diesen Lehrgang, beginnend 2009 mit einer Pilotveranstaltung, einmal jährlich durchzuführen.
VIP-Vortrag Generalstabsarzt Dr. Patschke.
Seminaridee
Die Lehrgangsteilnehmer sind Sanitätsoffiziere, Stabsoffiziere und Angehörige ziviler Organisationen, zunächst aus Deutschland und den Niederlanden. Insbesondere diese Mischung führt zu einem fach-, nationen- und organisationsübergreifenden Lernumfeld, das das Erreichen der Lernziele (Abb. 1) ermöglicht. Seit 2011 ist der Lehrgang auch für Angehörige anderer NATO-Nationen geöffnet, die Kurssprache ist Englisch.
Aus Budgetgründen beteiligen sich die Niederlande seit diesem Jahr nur noch durch die Stellung von Gastdozenten.
Das Seminar hat eine zunehmende Anzahl ziviler Teilnehmer, und wird auch für die militärischen Teilnehmer angesichts der Entwicklungen in der NATO (Erlass der ACO-Directive 83-2, Allied Command Operations (ACO) Guidance for Military Medical Services Involvement with Humanitarian Assistance and Support to Governance, Reconstruction and Development am 29. März 2010) immer relevanter. So hatte der Autor Gelegenheit, das Konzept bei der NATO Operational Medical Conference 2011 in Madrid vorzustellen. Aus dem Umfeld des Seminars stammen auch die folgenden Beiträge.
Abb. 1: Didaktisches Modell MMSHA.
Didaktisches Konzept des Seminars
Das didaktische Konzept des Lehrgangs geht von einem Schichtmodell (Abbildung 1) aus. Die unterste Schicht, die im Seminar als erstes vermittelt wird, sind Terminologie und Definitionen. Es geht neben einer Einführung in Arten militärischer Operationen wie Crisis Response Operations um Begriffe wie Koordination und komplexe Notsituationen, die im zivilen und militärischen Umfeld durchaus unterschiedlich belegt sind. Darauf aufbauend geht es um die Prinzipien humanitärer Hilfe wie den humanitären Imperativ, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit und die sich manchmal ergebenen ethischen Dilemmata, die in Kleingruppen diskutiert werden. Professor Gardemann geht in seinem Beitrag darauf ein.
Die Perspektiven verschiedener Akteure werden durch Vorträge an Hand von Fallstudien dargestellt. Dabei stellen neben der Bundeswehr internationale Organisationen und Nichtregierungsorganisationen ihre Sichtweise des humanitären Raumes, der Tätigkeit in diesem Raum, Mandate und Planungsverfahren vor. Die Artikel von Charles A. Royce, Dr. Peter Schmitz und Dr. Steinmetz beschreiben Aspekte aus diesem Themenfeld.
Gefolgt wird dieser Abschnitt, der in der Regel einige Überraschungen für den einen oder anderen Lehrgangsteilnehmer mit sich bringt und hilft, Vorurteile abzubauen, von Fallstudien zum medizinischen und sanitätsdienstlichem Vorgehen. Mit der zivil-militärischen Zusammenarbeit betraute Offiziere aus dem CIMIC-Bereich, aber auch der eine oder andere Sanitätsoffizier und zivile Teilnehmer erfährt Neues zu Methoden und Verfahren mit dem Fokus auf den Gesundheitssektor. Eines der wichtigsten Themen, die hier zur Sprache kommen, sind die anzuwendenden Standards und die damit verbundenen ethischen und moralischen Fragestellungen.
Abb. 2: Seminarteilnehmer bei der Planung eines Camps.
Ausgehend von diesen Grundlagen werden die Lehrgangsteilnehmer in einer zweitägigen Simulation als Mitglieder verschiedener Organisationen durch den Gouverneur einer Provinz in einem generischen Szenario aufgefordert, kurz- und mittelfristige Probleme im Bereich der Gesundheit anzugehen (Abbildung 2). Vertreter der integrierten UN-Mission in AURIGA, zweier Nichtregierungsorganisationen und des Regional Commands Central der Alliance in AURIGA erarbeiten ge-meinsam einen Aktionsplan für die Errichtung eines neuen Flüchtlingslagers in der auriganischen Provinz LANKOR und des gleichzeitigen Wiederaufbaus der Gesundheitsversorgung der lokalen Bevölkerung. Dieser Aktionsplan wird dann dem Gouverneur vorgetragen.
An diesem Vortrag nimmt auch der VIP teil, der zum Lehrgangsabschluss seine Gedanken und Ideen zum Thema humanitäre Unterstützung durch militärische Sanitätsdienste zusammenfasst. Bisher konnten als Redner gewonnen werden Brigadier Robin Cordell, Medical Advisor beim Allied Command Operations (2009), Brigadegeneral Dr. Rob van der Meer, Inspekteur des niederländischen Sanitätsdienstes und Vorsitzender des Committee of the Chiefs of Military Medical Services in NATO (COMEDS)(2010) und der damalige stellvertretende Befehlshaber des Sanitätsführungskommandos, Generalstabsarzt Dr. Ingo Patschke (2011).
Teilnehmer 2011.
Ausblick
Humanitäre Hilfe durch Soldaten, medizinische Behandlung von Zivilisten durch Angehörige von Sanitätsdiensten im Einsatz, der Beitrag des Sanitätsdienstes zur Operationslinie „Governance, Reconstruction and Development“ in Afghanistan, Aufbau von sanitätsdienstlichen Fähigkeiten im Rahmen des Aufbaus indigener Sicherheitskräfte, Mentoring und Partnering auch durch Angehörige des Sanitätsdienstes, eine zunehmende Anzahl von Artikeln zu „Medical Diplomacy“, humanitäre Einsätze durch amerikanische und chinesische Lazarettschiffe zeigt die Relevanz der gegenseitigen Kenntnis militärischer Sanitätsdienste und ziviler Organisationen, um bei Einsätzen Möglichkeiten und Grenzen abgestimmten Handelns zu erkennen.
Das nächste Seminar „Military Medical Support in the Humanitarian Arena“ findet vom 21. bis 25. Mai 2012 an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg statt. VIP – Sprecher wird der Bundesbeauftragte für humanitäre Hilfe im Ausland der Johanniter- Unfall-Hilfe, Generalleutnant a.D. Friedrich W. Riechmann sein.
Datum: 17.09.2012
Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2012/2