Hochwassereinsatz im Rahmen der Amtshilfe am Beispiel Sanitätsregiment 3 „Alb-Donau“ aus Dornstadt

B. Beuermann, J. Grumptmann

Unimog der Johanniter im Einsatz in Günzburg
Bundeswehr/ Tim Bösl

Nicht zuletzt für den Kommandeur Sanitätsregiment (SanRgt) 3 kamen in den Tagen Anfang Juni 2024 Erinnerungen an die Hochwasserkatastrophe 2021 in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hoch. Besonders betroffen war, wie allgemein bekannt, das Ahrtal mit alleine 135 Menschenopfern. Mit diesen Bildern im Kopf starteten die Kräfte des SanRgt 3 „Alb-Donau“ ihren Unterstützungseinsatz im Landkreis Günzburg.

Soldaten des SanRgt 3 „Alb-Donau“ leisteten Amtshilfe in Günzburg

Alarmiert wurden die Kräfte am Wochenende. Ein Vorbefehl zur Bereithaltung von Kräften und Material traf bereits am Freitag, 31.05.2024, bei der Truppe ein. Hier begann bereits unmittelbar die Bergebereitschaft für vier SoldatInnen des Verbandes mit einer Notice To Move (NTM) von einer Stunde. Besetzt wurde hier ein Kran 10 t sowie ein Lkw 2 t U 5 000.

Insbesondere in für zivile Rettungskräfte schwer zugänglichem Gelände punktete die Truppe mit den eingesetzten watfähigen Krankenkraftwagen (KrKw) 2 t geländegängig (gl). So konnte die Bundeswehr bei der Evakuierung, Rettung und medizinischen Versorgung der Bevölkerung maßgeblich unterstützen.


Vor Ort stellte sich heraus, dass zivile Kräfte vereinzelt ebenfalls Kraftfahrzeuge desselben Fahrzeugmusters hatten. Hier wurde deutlich, dass der mangelnden Fahrpraxis geschuldet die Fahrzeuge durch die zivilen Kräfte leider nicht an ihr Maximum geführt werden konnten. Sobald die Räder das Wagens vollständig von Wasser bedeckt sind, ist der ungeübte Fahrer unsicher, was sein Fahrzeug kann und riskiert – nachvollziehbarerweise – auch in dieser Ausnahmesituation eher keinen Ausfall von Material.

Üben übt

Kraftfahrer der Bundeswehr profitierten hier eindeutig von den regelmäßigen militärischen Schulungen und Trainings, auch in äußerst unwegsamen Geländen. Das SanRgt 3 bietet für alle Kraftfahrer entsprechende Möglichkeiten an, die Fahrpraxis auch z. B. an hohen Steigungen sowie an und in Gewässern zu erlangen. Beim Einsatz der Kräfte in Günzburg wurde situationsbedingt das eine oder andere Mal die zulässige Wattiefe durch die militärischen Helfer überschritten. Die Fahrzeuge nahmen keinen Schaden. Dies war nur möglich, da die Fahrer ihr Fahrzeug wie ihre Westentasche kannten und sich auf ihr Material 100 % verlassen konnten.

Zivilmilitärische Zusammenarbeit

Im Interview berichtet ein eingesetzter Soldat von den anfänglich etwas chaotischen Umständen, im Schwerpunkt Günzburg. SoldatInnen mussten teilweise offensiv bei Einsatz- und Abschnittsleitern von Wasserrettung, Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) erst einmal ihre Kompetenzen erklären und ihre Fähigkeiten (z. B. Watfähigkeit) offenlegen, um zielgerichtet und effizient eingesetzt werden zu können. Hieraus kann abgeleitet werden, dass in Zukunft der Fokus vermehrt auf gemeinsamen Übungsvorhaben liegen sollte (Großschadensübungen mit Feuerwehren, THW, Rotes Kreuz und Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft. Im Großen und Ganze war die Zusammenarbeit aber reibungslos.

KrKw am Haken

Für den Fall der Fälle wurde eine Bergebereitschaft vorgehalten. Diese musste in einem Fall auch in der Nacht vom 05. auf den 06.06. ausrücken und einen liegengebliebenen KrKw zurück in die Kaserne verbringen. Das Fahrzeug konnte nach erfolgter Instandsetzung wieder in das Einsatzgebiet verbracht werden. Die „freigesetzte“ Besatzung (Kommandant und Kraftfahrer) koordinierte in der Zwischenzeit mit im Lagezentrum. Im Nachhinein betrachtet trugen diese Soldaten dazu bei, ihre KameradInnen in diesem Zeitfenster zielgerichteter einzusetzen. Es erfolgte kein Informationsverlust und konnte direkt mit den einzelnen Leitstellen kommuniziert werden.

KrKw im Einsatz in Günzburg
KrKw im Einsatz in Günzburg
Quelle: Bundeswehr/ Tim Bösl

Schnittstelle Kommunikation mit Fernmeldemitteln

Als problematisch stellten sich auch die unterschiedlichen Fernmeldewege heraus. Eingesetzte SoldatInnen konnten am ersten Tag nicht mit der Leitstelle oder zivilen Kräften kommunizieren. Durch die Zufuhr von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS)-Handapparaten über das Lagekommando im Landratsamt konnte dieser Mangel behoben werden.

Digitalfunk der BOS

Dieses Funksystem wird durch die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat als föderales Digitalfunknetz betrieben.

Durch eine Änderung des BDBOS-Gesetzes im Dezember 2019 ist die Bundeswehr nun offizieller Teilnehmer. Somit stellt die Bundeswehr nur einen Nutzer (unter vielen) in diesem System dar. Hierbei findet kein Betrieb von Systemtechnik durch die Bundeswehr statt.

Vorteil dieses Systems ist die Kommunikation mit zivilen Counterparts (Feldjäger – Polizei, Bundeswehr Feuerwehr – zivile Feuerwehr, Sanitätsdienst – Rettungsdienst), sowie die Vereinfachung zivil-militärischer Kommunikation und Zusammenarbeit. Weiterhin kann der Digitalfunk BOS als Betriebsfunk innerhalb der Bundeswehr verwendet werden (z. B. Schießplatzsicherheit). Hinzu kommt eine Netzabdeckung von 

99,2 % in Deutschland. Liegenschaften der Bundeswehr, welche bisher nicht ausreichend versorgt sind, werden im Rahmen der Netzertüchtigung ausgebaut und zukünftig versorgt.

Anzumerken ist, dass die Bundeswehr als ein Teilnehmer unter vielen nur eine begrenzte Menge an Teilnehmern bzw. Endgeräten einbringen kann (40 000 Stück), sowie einer Limitierung der Rufgruppen unterliegt, da es sich hierbei um eine begrenzte Ressource handelt. Allerdings ist der Digitalfunk BOS nicht als Truppenfunk zu verstehen! Aktuell nutzen folgende Angehörige in der Bundeswehr BOS Geräte: Feldjäger, Sanitätsdienst Bundeswehr, Bundeswehr Feuerwehr und Zentrum Brandschutz, Schule ABC-Abwehr, Flugplätze der Bundeswehr (Heer, Luftwaffe, Marine werden zurzeit ausgerollt), Search and Rescue (SAR) sowie Streitkräftebasis im Rahmen der Amtshilfe Corona.

Noch nicht alle Schäden beseitigt

Persönlich betroffene SoldatInnen des Verbandes spüren bis heute die Auswirkungen dieses Naturereignisses. Weiterhin sind Kindertageseinrichtungen und Schulen in den besonders geschädigten Landkreisen geschlossen oder in Interimsgebäuden untergebracht. Die Schadensabwicklung im privaten Bereich konnte auch in einigen Fällen noch nicht zufriedenstellend abgeschlossen werden.

Neben dem SanRgt 3 war auch das Sanitätslehrregiment aus Feldkirchen (Landkreis Straubing-Bogen) im Einsatzgebiet Bayern und Baden-Württemberg mit Kräften vor Ort.

Dank für die Truppe

Nach Beendigung der Amtshilfe sprach Landrat Dr. Hans Reichhart der Truppe seinen aufrichtigen Dank für die geleistete Unterstützung aus. Ein Sprecher: 

„Ihre Soldatinnen und Soldaten haben mit den eingesetzten KrKw einen wesentlichen Beitrag zu den notwendigen Evakuierungsmaßnahmen im Landkreisgebiet geleistet und sind vor allem dort in die Bresche gesprungen, wo die zivile Seite nicht mehr über die notwendigen Einsatzmittel verfügte, um Menschen aus der Bedrohungslage zu retten.“

Grundlage für die Amtshilfe

Die Bundeswehr ist gemäß Artikel 35 des Grundgesetzes verpflichtet, Behörden bei der Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben im Rahmen der Amtshilfe zu unterstützen. Damit die Bundeswehr allerdings überhaupt tätig werden kann, bedarf es immer eines Antrags durch eine andere Behörde. Bei einem positiv beschiedenen Antrag unterstützen die Streitkräfte die zivilen Behörden vor allem mit Personal und technischem Gerät. Für Amtshilfeersuchen hat die Bundeswehr landesweit ein Netzwerk von Ansprechstellen für die Anforderung und Beratung zu Leistungen der Bundeswehr aufgebaut. Dieses Netzwerk und auch die weiteren Kräfte der Bundeswehr stehen den Ländern zur Seite. Ansprechpartner sind unter anderem die Landeskommandos der Bundeswehr in den 16 Bundesländern, die Bezirks­verbindungskommandos in den Regierungsbezirken oder auch Kreisverbindungskommandos in den Landkreisen oder kreisfreien Städten. 


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