Das deutsche Gesundheitssystem auf bewaffnete Konflikte vorbereiten

R. Burfeindt, J. Steinke

Einsatzübung auf einem Flughafen.
DRK LV Sachsen/ Björn Händler

Im März 2024 hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach öffentlichkeitswirksam angekündigt, das deutsche Gesundheitssystem für einen bewaffneten Konflikt vorbereiten zu wollen. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat eine besondere Rolle: Als freiwillige Hilfsgesellschaft der deutschen Behörden im humanitären Bereich und Nationale Gesellschaft der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung in Deutschland ist es in einem bewaffneten Konflikt zur mitwirkenden Unterstützung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr rechtlich verpflichtet. Gleichzeitig verfügt das DRK über zahlreiche Einrichtungen und Erfahrungen im gesundheitlichen Bevölkerungsschutz, deren Funktionsfähigkeit von elementarer Bedeutung ist, wenn es darum geht sich auf die damit verbundenen Aufgabenvorzubereiten.

Die sicherheitspolitische Zeitenwende, die den Zivil- und Katastrophenschutz bislang noch unzureichend einschließt, sollte zwingend im bestehenden Gesundheitssystem mitgedacht werden. Es braucht Krankenhaus-, Versorgungs- und Rettungsdienststrukturen, die auch dann noch funktionsfähig sind, wenn sie doppelt gefordert sind: Bei der Versorgung der Zivilbevölkerung und bei der Versorgung verwundeter SoldatInnen sowie aus Kriegsgebieten flüchtender Menschen.

Da momentan Zweifel bestehen, dass die Gesundheitssysteme in Friedenszeiten dauerhaft funktionsfähig sind, sind berechtigte Zweifel angebracht, dass unser Gesundheitssystem einer solchen Doppelbelastung standhält.

Zivil-Militärische Zusammenarbeit

Das DRK hat eine besondere Rolle in bewaffneten Konflikten. Gemäß der im DRK-Gesetz im § 2 formulierten Aufgaben, unterstützt das DRK den mit rund 20.000 Stellen ausgestatteten Sanitätsdienst der Bundeswehr. Diese Unterstützung könnte in ihrer konkreten Umsetzung z. B. bedeuten, dass Mitglieder des DRK mit medizinisch-pflegerischer Qualifikation (u. a. Rotkreuzschwestern des Verbandes der Schwesternschaften vom DRK) zur Substitution der abgezogenen SoldatInnen des Sanitätsdienstes in Bundeswehrkrankenhäusern (BwKrhs) oder auch im Transport von Verwundeten eingesetzt werden. Diese Inanspruchnahme führt dazu, dass dieses Fachpersonal bei der Versorgung der Zivilbevölkerung nicht zur Verfügung steht. Die Aufgaben des DRK können sich in diesem Zusammenhang und aufgrund der auxiliaren Rolle gegebenenfalls auch auf den sogenannten Host Nation Support – also die Unterstützung ausländischer Streitkräfte im Bündnisfall – ausweiten.

Hier ist zu beachten, dass sich die Bedingungen für die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und damit für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit absehbar verändern werden. Das Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr wird in den nächsten Monaten gemeinsam mit dem Kommando Streitkräftebasis im neuen Kommando Unterstützung der Bundeswehr aufgehen und der Sanitätsdienst der Bundeswehr somit seine Eigenschaften als eigenständiger militärischer Organisationsbereich verlieren. Die jeweils unterstellten Dienststellen und somit auch die BwKrhs sind von Anpassungen derzeit nicht betroffen. Welche konkreten Auswirkungen dies hat, ist noch nicht abzusehen.

Gesundheitliche Versorgung grundsätzlich nicht gewährleistet

In bewaffneten Konflikten wird eine Vielzahl an Kliniken mit spezifischen Kapazitäten benötigt. Sehr viele Verwundete mit zum Teil schwersten Verletzungen müssten zusätzlich medizinisch/pflegerisch versorgt werden. Es ist jedoch derzeit fraglich, ob diese Kapazitäten vorhanden sein werden. Die Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministerium wird von Seiten der Träger stark kritisiert. Zahlreiche Häuser weisen einen hohen Investitionsrückstand auf, viele Standorte haben angesichts unzureichender Finanzierung eine ungewisse Zukunft. Auch das DRK hat sich bereits mehrfach besorgt geäußert. Zumal gerade gemeinnützige Einrichtungen es schwer haben, zu bestehen. Und das, obwohl sie mit ihrer verbindlichen Bindung an das Gemeinwohl gerade in Krisen und bewaffneten Konflikten unverzichtbar sind. Allein neun Krankenhäuser in Trägerschaft des DRK sind derzeit in einem Insolvenzverfahren – neun Krankenhäuser, die in einem bewaffneten Konflikt eine besondere Bedeutung hätten.

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Sanitätsdienst zusätzlich zur weltweiten Versorgung der deutschen Streitkräfte fünf BwKrhs (Koblenz, Hamburg, Berlin, Ulm und Westerstede) in Deutschland betreibt. Die Klinken der BwKrhs behandeln neben Bundeswehrangehörigen auch zivile PatientInnen und sind fester Bestandteil der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung (Teil des jeweiligen Landesbettenplans). Zu berücksichtigen ist, dass die Bundeswehr in Konfliktsituationen (insbesondere Landes-/Bündnisverteidigung) das militärische Sanitätspersonal zum Großteil aus den BwKrhs abziehen müsste, um die einsatznahen Rettungsketten aufrecht zu erhalten. Hier würde in den fünf Häusern somit ein umfangreiches Versorgungsdelta entstehen, das durch Dritte – wie dem DRK – geschlossen werden müsste.

Eine Schwachstelle über das gesamte Gesundheitssystem hinweg sind die personellen Kapazitäten. Der Arbeitskräftemangel bedroht die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems massiv. Während der Coronapandemie hat sich gezeigt, dass die bestehenden Strukturen an der Belastungsgrenze waren. Die demografischen Daten verdeutlichen, dass die personelle Krise im Gesundheitssystem weiter zunimmt, aktuelle Studien verweisen auf eine alternde Belegschaft, Rückgänge an Auszubildenden und immer schwierigere Stellenbesetzungen (siehe hier z. B. die Studie „Vor dem Kollaps!? Beschäftigung im sozialen Sektor”). Es bräuchte folglich ein ganzes beschäftigungspolitisches Maßnahmenpaket, um auch im bewaffneten Konflikt ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung zu haben.

Ersthelferin bei der Herz-Lungen-Wiederbelebung im Rahmen eines Erste Hilfe...
Ersthelferin bei der Herz-Lungen-Wiederbelebung im Rahmen eines Erste Hilfe Kurses des DRK
Quelle: DRK/ Willing-Holtz

Um eine kritische Infrastruktur (KRITIS) im Krankenhausbereich für eine militärische Konfliktlage auszustatten, ist eine verlässliche Finanzierung in Friedenszeiten mitzudenken – dies gilt gleichermaßen für das DRK in Gänze als KRITIS. Darüber hinaus ist eine gesetzlich zu verankernde Vorrangstellung für gemeinnützige Träger von hoher Bedeutung. Sie sind in der Regel in größere Verbandsstrukturen eingebunden, denen die Mobilisierung von ehrenamtlichem Engagement gelingt. Im DRK sind sie zudem Teil eines komplexen Hilfeleistungssystems eingebunden, das in einem bewaffneten Konflikt zum Tragen kommt und in dem alle Einrichtungen und Dienste ineinandergreifen.

Verlegungen, Transporte und die Betreuung vulnerabler Gruppen

Durch den bewaffneten Konflikt in der Ukraine bestehen bereits erste Erfahrungen – sie zeigen jedoch, dass noch viel zu tun ist, um ein größeres militärisches Szenario und seine Folgen für die Versorgung von physisch und psychisch Traumatisierten in Deutschland bewältigen zu können.

Der Rettungsdienst ist das Rückgrat des gesundheitlichen Bevölkerungsschutzes in der alltäglichen Gefahrenabwehr und verdient besondere Aufmerksamkeit. Das DRK ist der größte rettungsdienstliche Leistungserbringer in Deutschland. Mit ca. 37 200 angestellten MitarbeiterInnen im Rettungsdienst sowie rund 23 000 ehrenamtlich im Rettungsdienst Tätigen ist das DRK mit über 5 200 Notarzt-Einsatz-Fahrzeugen, Rettungs- und Krankentransportwagen jeden Tag für die Menschen im Einsatz. Dieses System muss zukünftig mit höheren Ressourcen ausgestattet werden, wenn es in Katastrophen- und Zivilschutzlagen leistungsfähig bleiben soll. Für den Transport einer zu erwartenden, größeren Anzahl von Verwundeten innerhalb und außerhalb Deutschlands sind derzeit kaum ungebundene Fahrzeugkapazitäten vorhanden. Auch im Bereich der Sanitätsmittelbevorratung für Konfliktsituationen gibt es nur überschaubare Reserven – dies muss zwingend mit entsprechenden Ressourcen hinterlegt werden.

In vielen Ländern und Kommunen ist der Rettungsdienst über alle Leistungserbringer hinweg bereits an seinen Kapazitätsgrenzen oder sogar darüber hinaus belastet. Zudem stellt sich die Frage der Koordinierung im Falle eines bewaffneten Konflikts. Ziel muss es sein, alle betroffenen Politikfelder zu einem integrierten und sektorenübergreifenden Hilfeleistungssystem zu verknüpfen. Präventives Handeln, das Vorhalten von Reserven, sowie modernes und abgestimmtes Krisenmanagement müssen bei sich verändernden Krisen im Interesse der jederzeit bestmöglichen Versorgung aller PatientInnen möglich bleiben. Das sollte im Alltag ansetzen und erprobt werden, damit es dann im Krisenfall funktionieren kann. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Ganz besonders sollte berücksichtigt werden, dass ein leistungsfähiger Rettungsdienst als Brücke zum Katastrophen- bzw. Zivilschutz zu sehen ist. Rettungsdienst ist im Kern Gefahrenabwehr; das DRK kommt diesem Anspruch nach, indem es in Regelstrukturen ehrenamtliche Einsatzkräfte einbindet, um so einen nahtlosen Aufwuchs in Krisensituationen sicherstellen zu können. Insgesamt ist das DRK mit seiner Sonderrolle als Auxiliar in diesem Kontext zu befähigen, seinen humanitären Aufgaben auch im Konfliktfall nachkommen zu können.

Dabei geht die gesundheitliche Versorgung im Konfliktfall weit über verwundete SoldatInnen hinaus. ZivilistInnen, darunter Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen müssen oftmals ebenfalls verlegt und in spezifische Einrichtungen verbracht werden, wenn es dort, wo sie leben, nicht mehr sicher für sie ist. Die Erfahrung zeigt, dass sich eine koordinierende Schnittstelle wie die vom DRK organisierte Bundeskontaktstelle für aus der Ukraine geflüchtete Menschen mit Behinderungen und/oder Pflegebedarf (BKS) in der schnellen und bedarfsgerechten Versorgung von Menschen in vulnerablen Situationen grundsätzlich als sinnvoll erweist. In Zusammenarbeit mit den Ministerien des Bundes, den Landeskoordinierungsstellen, den stationären Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe sowie den evakuierenden Organisationen entstanden eine tragfähige Struktur und neue Netzwerke. Die BKS hat sich zu einer übergeordneten Kontaktstelle für Betroffene aus dem In- und Ausland, ehrenamtlich Engagierte, Behörden und Hilfsstellen entwickelt. Sie fungierte als Informations- und Vermittlungsstelle für Plätze in Einrichtungen für geflüchtete Menschen mit Behinderung und/oder Pflegebedarf aus der Ukraine. Die Idee eignet sich zur Skalierung in anderen Kontexten; sie kann auch innerhalb staatlicher Strukturen Umsetzung finden. Dabei sollten Erkenntnisse aus der Arbeit der BKS beachtet werden, z. B. hinsichtlich der frühzeitigen Klärung der Finanzierung von Betreuungsplätzen oder der begrenzten Übertragbarkeit von medizinischen Befunden aus dem Ausland.

Blutprodukte vorhalten

Die Sicherstellung einer kontinuierlichen Blutversorgung in einem bewaffneten Konflikt ist von großer Bedeutung. Selbst in Friedenszeiten werden deutschlandweit täglich ca. 15 000 Blutspenden benötigt. Rund 80 Prozent dieses Bedarfs werden von den DRK-Blutspendediensten gedeckt. Aus diesen Zahlen allein wird deutlich, dass die DRK-Blutspendedienste auch im Fall eines bewaffneten Konflikts eine zentrale Rolle bei der umfassenden Versorgung der Bevölkerung sowie der Bundeswehr, spielen müssen. Der tatsächliche Bedarf an Blutprodukten in einem solchen Fall ist im Vorfeld sehr schwer abzuschätzen und wäre angesichts dynamischer Lageentwicklungen zudem wiederholt kurzfristigen Veränderungen unterworfen. Abhängig vom jeweiligen Szenario könnten aber innerhalb weniger Tagen einige tausend Blutkonserven zusätzlich (zur dann reduzierten, aber dennoch weiterhin notwendigen Routineversorgung) erforderlich werden.

Da die allgemeine Spendenbereitschaft der Bevölkerung in Krisenzeiten erfahrungsgemäß erhöht ist, ist nicht mit einem akuten Mangel an Spenderinnen und Spendern zu rechnen. Nichtsdestotrotz sind logistische Herausforderungen zu erwarten und müssen rechtzeitig angegangen werden.

Vorbereitung der Bevölkerung

Es ist wichtig, dass die Resilienz der Bevölkerung gestärkt wird. Das kann nur gelingen, wenn eindringliche Appelle seitens der Bundesregierung erfolgen und diese mit Kompetenzaufbau und Übungen hinterlegt werden.

Gemäß Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetzes (ZSKG) fördert der Bund die Ausbildung der Bevölkerung in Erster Hilfe mit Selbstschutzinhalten (EHSH). Ziel dieser Ausbildung ist, die Resilienz und praktischen Fähigkeiten der Bevölkerung zur Selbst- und Fremdhilfe im Zivilschutzfall und in außergewöhnlichen Notlagen bis zum Eintreffen professioneller Hilfskräfte zu steigern und sie zu deren weiteren Unterstützung zu befähigen. Die Förderung zielt zusätzlich darauf ab, das Bewusstsein der Bevölkerung für die herausragende Bedeutung des Ehrenamtes zu stärken. Sie läuft Ende des Jahres 2024 aus. Das DRK unterstützt dringend die Bestrebungen des Bundes, ein entsprechendes Folgeprojekt für dieses Erfolgsmodell unmittelbar im Anschluss (ab Januar 2025) durchzuführen.

Das ZSKG sieht weiterhin vor, dass der Bund die Ausbildung zu Pflegehilfskräften (PUK) fördert. Hierzu wurde seitens des Bundes und vier der anerkannten Hilfsorganisationen in den vergangenen Jahren ein Grobkonzept abgestimmt. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hatte die finanziellen Mittel für die Jahre 2023 bis 2026 beim Bundesministerium der Finanzen angemeldet. Eine Bewilligung der beantragten Mittel fand jedoch nicht statt. Auch im Bundeshaushalt 2024 wurden keine entsprechenden Mittel bereitgestellt. Dabei wären die potenziellen Kräfte sowohl in der Nachbarschaftshilfe als auch innerhalb von Einrichtungen des Gesundheitswesens (ambulanter und stationärer Bereich) eine kostbare zusätzliche Ressource für den Krisenfall und das Programm sollte nun für den Bundeshaushalt 2025 Beachtung finden.

Für den Konfliktfall ist es entscheidend, die Resilienz der Bevölkerung u. a. durch Ausbildung in Erster Hilfe und Reanimation, durch Selbstschutz, durch Vermittlung von Grundkenntnissen in der Pflege, sowie durch die Organisation von Nachbarschaftshilfe nachhaltig zu stärken. Reanimationskurse für SchülerInnen sollten z. B. verpflichtenden Eingang in die Lehrpläne finden. Durch diese und andere Projekte in der Breitenausbildung kann die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung signifikant gestärkt werden – Erfolgsprojekte wie EHSH machen dies vor.

Notwendig ist zudem eine weitere Unterstützung durch Bund und Länder, etwa bei der Weiterentwicklung und Refinanzierung von Pflegeinterventionskräften zur Befähigung von Pflegefachkräften zur Führung von Pflege im Einsatz.

Einsatzbereitschaft des DRK

Das DRK kann in Krisen und Katastrophen im Rahmen seines Komplexen Hilfeleistungssystem alle seine Verbandsteile und Einrichtungen vernetzt mobilisieren. Hier spielen Engagierte eine zentrale Rolle, die in Nicht-Krisenzeiten laufend geschult werden. Problematisch sind in diesem Zusammenhang der demografische Wandel sowie eine zunehmende Schwierigkeit, Engagierte für dauerhafte Aufgaben zu gewinnen. Eine Neuausrichtung der Engagementpolitik der Bundesregierung erscheint in diesem Zusammenhang angemessen. Überlegungen in Richtung Resilienzstärkung könnten und sollten beispielsweise in die Engagementstrategie des Bundes, die derzeit neu aufgelegt wird, einfließen.

Das DRK bereitet sich mit allen ehren- und hauptamtlichen Kräften darauf vor, sein gesamtes Hilfeleistungspotential in der Bundesrepublik Deutschland und über die Grenzen hinaus bei Katastrophen, Krisen und bewaffneten Konflikten einsetzen zu können und stets ein fundiertes Krisenmanagement zu gewährleisten.

Die Bewältigung komplexer Krisenlagen erfordert zudem in der Regel das Zusammenwirken ehrenamtlicher Kräfte aus verschiedenen Organisationen, die je nach Größe des Einsatzes potenziell aus verschiedenen Bundesländern zusammenkommen. Allerdings sind die gesetzlichen Regelungen bezüglich Freistellung, Versicherung und Kostenerstattung in den verschiedenen Bundesländern nicht einheitlich geregelt. Dies führt neben einer nicht hinnehmbaren Ungleichbehandlung ehrenamtlicher HelferInnen, zu Unklarheiten und Missverständnissen, die einen erhöhten Mehraufwand in der Kommunikation und Einsatzverwaltung bedeuten. Eine Gleichberechtigung von Einsatzkräften der anerkannten Hilfsorganisationen mit denen der Freiwilligen Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks in den meisten Ländern nur im Falle der Feststellung eines Katastrophenfalls gegeben.

Dieser Mangel an einheitlichen Voraussetzungen verstärkt Lücken im deutschen Bevölkerungsschutz und sorgt insbesondere für den Eindruck mangelnder Wertschätzung gegenüber den unverzichtbaren ehrenamtlichen Einsatzkräften der anerkannten Hilfsorganisationen. Diese müssen daher dringend flächendeckend sowohl bundesweit in allen Bundesländern als auch gegenüber anderen Einsatzkräften anderer Organisationen gleichgestellt werden. 

Fazit: Große Anstrengungen sind nötig

Die Ausführungen zeigen, dass die Herstellung von Handlungsfähigkeit im Falle eines bewaffneten Konflikts nur mit einer Kraftanstrengung möglich ist, die dringend anzugehen ist.

Dazu gehören folgende Maßnahmen: Unterstützung des Krankenhaussektors (insbesondere der gemeinnützigen Strukturen und Neuansatz einer Krankenhausreform, die einen potenziellen Konfliktfall mit bedenkt); Stärkung des Zivilschutzes und der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit (damit die gesetzlichen Aufgaben vollumfänglich wahrgenommen werden können); Weiterentwicklung des Rettungsdienstes (zu einem integrierten und sektorenübergreifenden Hilfeleistungssystem als Brücke zum Zivil- und Katastrophenschutz); Schaffung von koordinierenden Schnittstellen (nach dem Vorbild der BKS zur Sicherstellung einer guten Versorgung von vulnerablen Geflüchteten aus der Zivilbevölkerung); wirksame, gezielte beschäftigungspolitische Maßnahmen (die den Arbeitskräftemangel abfedern); Förderung von Maßnahmen zur Resilienzstärkung der Bevölkerung (wie beispielsweise die Programme EHSH und PUK) sowie eine auf Nachhaltigkeit und Resilienz ausgerichtete Engagementpolitik (die die anerkannten Hilfsorganisationen im Konfliktfall handlungsfähig macht).

Dieses Paket ist nicht kostenfrei umsetzbar. Das gilt insbesondere, da die Maßnahmen aufeinander abgestimmt und miteinander integriert aufgesetzt werden müssen. Dies sollte im Zusammenhang mit der proklamierten Zeitenwende gesehen werden und einfließen in die gesamte Neuausrichtung der zivilmilitärischen Fähigkeiten der Bundesrepublik.

 

Der Beitrag erschien erstmalig als Brennpunkt 4/2024 des Deutschen Roten Kreuzes auf https://drk-wohlfahrt.de/.  Zweitabdruck mit freundlicher Genehmigung.


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