16.12.2019 •

Bioresorbierbare Magnesiumschrauben (MgYREZr) in der orthopädischen Chirurgie

Zusammenfassung

Bioresorbierbare Schrauben auf Magnesiumbasis sind relativ neu in der Gruppe der orthopädischen Osteosynthese-Materialien. Magnesium (Mg) wird vollständig vom Körper resorbiert, hat osteokonduktive Eigenschaften und hilft, Infektionen vorzubeugen. Der Implantat-Werkstoff MgYREZr ist die erste für eine Anwendung in der orthopädischen Chirurgie zugelassene Magnesium-Legierung weltweit und wird bereits seit 2013 in der klinischen Praxis eingesetzt. Es gibt seither eine überschaubare Anzahl klinischer Studien, die Informationen über die funktionellen und radiologischen Ergebnisse sowie die Indikationen und mögliche Komplikationen dieses Materials liefern. Eine umfassende Übersichtsarbeit aus Sicht des klinisch tätigen Chirurgen wurde bislang nicht vorgelegt. Diese narrative Übersichtsarbeit bietet einen Überblick über klinische Studien, radiologische Befunde sowie die Indikationen und Ergebnisse bei der Verwendung bioabsorbierbarer Magnesiumschrauben.

Stichworte: Magnesium, Schraube, orthopädische Chirurgie, MgYREZr-Legierung, WE43, biodegradierbares Implantat

1. Einleitung

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Abbildung 1: Repräsentative Fälle zu den Anwendungsgebieten von Magnesium-Kompressionsschrauben. (a) Mediale Spunggelenksfraktur (b) Kahnbeinfraktur (c) Radiuskopffraktur (d) Distale Radiusfraktur (e) Laterale Spunggelenksfraktur (f) Fingerfraktur (g) Tillaux-Fraktur im Jugendalter (h) Abriss des hinteren Kreuzbands (ı) Capitulum-humeri- Fraktur
Derzeit werden in der orthopädischen Chirurgie überwiegend metallische Osteosynthese-Materialien aus Edelstahl, Titan, Kobalt-Chrom und seinen Legierungen eingesetzt. Diese Materialien bieten zwar eine relativ hohe mechanische Festigkeit, führen aber durch Unterschiede im Elastizitätsmodul von Knochen und Metallimplantat auf längere Sicht zum sog. „Stress-Shielding-Effekt“. Ferner müssen diese metallischen Implantate oftmals wieder entfernt werden [1]. Operationen zur Implantatentfernung haben in vielerlei Hinsicht zahlreiche Nachteile. Zum einen stellt eine zweite OP eine erhebliche Belastung für die in ihren Ressourcen begrenzten Gesundheitsversorgungseinrichtungen dar [2], zum anderen handelt es sich bei der Implantatentfernung um einen Eingriff, der erneute Komplikationsrisiken birgt. So kann es zu Refrakturen und Infektionen, als auch zu Nerven- und Gefäßschädigungen kommen [3]. Hinzu kommt die mit dem erneuten Eingriff verbundene psychische Belastung des Patienten.

Deshalb wurden alternative Biomaterialien entwickelt. Dabei sollte das ideale Fixationsmaterial für Frakturen über eine angemessene mechanische Festigkeit verfügen, biokompatibel sein, keine unerwünschten Wirkungen auf die Knochenheilung haben und nach abgeschlossener Knochenheilung vollständig vom Körper resorbiert werden. Polymere wie Polyglykolsäure (PGA) oder Polylactid (PLA) sind bereits seit Jahren in der orthopädischen Chirurgie im Einsatz. Aufgrund ihrer geringen mechanischen Festigkeit und der geringen Belastbarkeit sind ihre Anwendungsgebiete allerdings limitiert [4]. Zudem traten immer wieder Probleme wie Entzündungs- und Fremdkörperreaktionen auf [5].

Auf der Suche nach dem optimalen bioresorbierbaren Material hat die Forschung ihren Blick auf Metalle gerichtet, die im Körper abgebaut werden können. Magnesium (Mg) ist gerade deshalb ein attraktiver Werkstoff für die Herstellung orthopädischer Implantate, weil er metallisch ist und die Dichte sowie das Elastizitätsmodul sehr nah an denen des kortikalen Knochens liegen [6]. Die beim Abbauprozess anfallenden Produkte induzieren bzw. fördern zudem die Knochenneubildung. Mg besitzt zudem anti-infektiöse Eigenschaften, die u.a. durch ein Verschieben des pH-Wertes ins basische Milieu begründet sind [7, 8].

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Abbildung 2: Erscheinungsbild der MAGNEZIX® 3,2 mm Ø-Kompressionsschraube
Die erstmalige Anwendung von Mg in der orthopädischen Chirurgie reicht schon ins späte 19. Jahrhundert zurück.  Der rapide Abbau der ersten Implantate aus reinem Magnesium führte damals allerdings zu einem raschen Verlust der mechanischen Eigenschaften und zur raschen Entstehung großer Mengen von Abbauprodukten im Gewebe, insbesondere Gas [9]. Das eigentliche Problem war also der frühe Zeitpunkt der Degradation. Allerdings konnte durch Fortschritte in Materialwissenschaft, Herstellungstechnik sowie Oberflächenbehandlung dieses Verhalten in der Entwicklung von Mg-Legierungen der neuen Generation auf Basis des Legierungssystems WE 43 (wie z.B. MgYREZr) deutlich verbessert werden. Die Menge der pro Zeit freigesetzten Abbauprodukte wurde dadurch reduziert [10, 11] oder anders: die in vivo-Abbaurate wurde verlängert, so dass die biomechanische Festigkeit der Implantate im Gewebe länger aufrechterhalten blieb. Die Implantate wurden dabei so ausgelegt, dass sie sich - unmittelbar nach Erfüllung ihrer Funktion – restlos im Körper abbauen. Nach mehrjähriger Entwicklung wurden Kompressionsschrauben als erste Implantate aus einer solchen Mg Legierung der neuen Generation 2013 – nach ihrer Zulassung und Erhalt des CE-Zeichens – auf den Markt gebracht [12].

Bislang wurde eine überschaubare Anzahl klinischer Studien publiziert. Ähnliches gilt für Übersichtsarbeiten zu Mg-Implantaten.  Da diese Implantate in der orthopädischen Chirurgie in den letzten Jahren vermehrt zur Anwendung kommen, soll diese Arbeit in einem narrativen Literaturüberblick die Bedeutung von bioresorbierbaren Magnesiumschrauben in der orthopädischen Chirurgie aufzeigen, ihre klinisch relevanten Anwendungsgebiete, die bisherigen Ergebnisse, Befunde aus bildgebenden Verfahren und potenzielle Komplikationsmöglichkeiten.

2. Anwendungsgebiete für bioresorbierbare Magnesium-Kompressionschrauben

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Abbildung 3: (a) Koronare Fraktur des distalen Humerus am Capitulum (schwarzer Pfeil) in der präoperativen lateralen Röntgenaufnahme des Ellenbogens. (b) Röntgenaufnahme des Ellenbogens mit Gasansammlung im Weichgewebe (weiße Pfeile) am ersten postoperativen Tag. (c) Röntgenaufnahme des Ellenbogens 25 Tage nach der Operation, die Gasmenge hat sich verringert (weißer Pfeil). (d) Bei der radiographischen Nachbeobachtung nach 2 Monaten ist kein Gas im Weichgewebe mehr sichtbar.
Die Mg-Kompressions-Schraube MAGNEZIX® CS kann für eine ganze Reihe unterschiedlicher Indikationen in der orthopädischen und der Trauma-Chirurgie eingesetzt werden (Abbildung 1): grundsätzlich ist sie geeignet für die Versorgung von Frakturen und Pseudoarthrosen sowie Arthrodesen kleiner Knochen, im Speziellen Kahnbeinfrakturen, Abrissfrakturen, Sprunggelenksfrakturen, intraartikuläre Frakturen der Fußwurzel- und der Mittelfußknochen, der Handwurzel- und Mittelhandknochen, Bunionektomien und Osteotomien am Fuß oder Knöchel, Arthrodesen kleiner Gelenke (z. B. Phalangen), Patella-Frakturen, distale Ulna- und Radiusfrakturen, Radiuskopffrakturen und intraartikuläre Frakturen des distalen Humerus [13].

3. Implantate und Operationstechnik

Die Mg-Kompressionsschrauben werden nach dem Herbert-Schrauben-­Design hergestellt (Abbildung 2). Hierbei handelt es sich um eine kanülierte Kompressionsschraube mit unterschiedlicher Gewindesteigung und ohne Schraubenkopf, die vom britischen Chirurgen Timothy James Herbert entwickelt wurde. Sie war ursprünglich für die stabile Kompressionsosteosynthese von Kahnbeinfrakturen entwickelt worden [14].

Diese Schrauben verfügen über typische Merkmale, die einen operativen Eingriff erleichtern. Zunächst kann die Schraube durch den fehlenden Schraubenkopf vollständig im Knochen versenkt werden und es gibt keine Überstände, die Reizungen verursachen, selbst bei intraartikulärer Platzierung. Die Kanülierung ermöglicht eine exakte Platzierung der Schrauben und erlaubt auch die perkutane Applikation. Im Gegensatz zu den Kortikalisschrauben, die eine konstante Gewindesteigung aufweisen, sorgen diese Schrauben durch die unterschiedliche Steigung am proximalen und distalen Gewinde für eine interfragmentäre Kompression.

Die Applikation und die Anwendung von Magnesiumschrauben unterscheiden sich nur wenig von Titan- und Edelstahlimplantaten. Gerade bei der Verwendung von Mg-Schrauben ist das zweistufige Vorgehen beim Einbringen (Vorbohren und Fräsen des Kopfraums) maßgeblich. Ebenso selbstverständlich ist es den Schraubendreher orthogonal aufzusetzen und beim Eindrehen ein nicht zu hohes Drehmoment anzuwenden, um den Schraubenkopf nicht zu beschädigen.

4. Bildgebende Befunde von bioresorbierbaren Magnesiumschrauben

Während des Abbauprozesses bzw. im Resorptionszeitraum der Mg-Implantate können teilweise „ungewöhnliche bildgebende Befunde“ beobachtet werden. Diese Befunde gehören jedoch zum normalen Abbauprozess, sind aber vielen orthopädisch tätigen Chirurgen nicht bekannt. In diesem Dokument sollen die Befunde in der konventionellen Radiographie, der Computertomographie (CT) und der Magnetresonanztomographie (MRT) detailliert behandelt werden.  

4.1. Konventionelles Röntgen

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Abbildung 4: Serien-Röntgenaufnahmen des Handgelenks eines 19-jährigen männlichen Patienten mit Kahnbeinpseudoarthrose, die mit Magnesiumschrauben fixiert wurde. (a) Präoperative posterior-anteriore (pa) Röntgenaufnahme des Handgelenks mit sichtbarer Kahnbeinpseudoarthrose (schwarzer Pfeil). (b-f) Serielle pa-Röntgenaufnahmen des Handgelenks zeigen die allmähliche Resorption der Gasansammlung im Knochen bei der Nachbeobachtung 2, 5, 10, 14 und 17 Monate postoperativ. Bemerkenswert: die Heilung und Konsolidierung der Pseudoarthrose.
Das konventionelle Röntgenbild wird sowohl für die Diagnose als auch zur Nachbeobachtung bei der Frakturbehandlung verwendet. Häufig beurteilen Chirurgen die Knochenheilung anhand der körperlichen Untersuchung und klinischer Zeichen (wie Schmerzempfindlichkeit, Belastbarkeit und Funktionsfähigkeit) in Kombination mit den radiologischen Befunden (wie Kallusbildung, fehlender Frakturlinie und erfolgter Knochenkonsolidierung). Die radiologische Untersuchung ist also für orthopädische Chirurgen von herausragender Bedeutung [15]. Magnesiumbasierte Implantate zeigen indes ungewohnte radiographische Befunde, die durchaus zu Fehlinterpretationen führen können. Unmittelbar nach der Implantation von Magnesiumschrauben in den Knochen setzt die Degradation über einen Prozess der Korrosion ein. Die Wechselwirkung zwischen Mg und Körperflüssigkeiten führt u.a. zur Bildung von Magnesium-Hydroxid (MgOH) und H2-Gas [16].  

In frühen postoperativen Röntgenaufnahmen lässt sich auch Gas im Weichgewebe beobachten, das sich in den Gewebeschichten verteilt. Klinisch produziert dieses Gas aber keine wahrnehmbare Krepitation unter der Haut oder ähnliche Symptome. Die Gasschatten im Weichgewebe bilden sich gewöhnlich rasch zurück (Abbildung 3). In frühen postoperativen Röntgenaufnahmen stellt Gas im Weichgewebe oft ein alarmierendes Signal dar, da es – bei herkömmlichen Metallimplantaten - mit gasbildenden anaeroben Infektionen in Verbindung gebracht wird. Die Bildung von Gas während der Degradation von Mg-Implantaten hat einen vollkommen anderen Hintergrund – es handelt sich weder um eine Lockerung des Implantates noch gar um eine Infektion. Während des Abbauprozesses via Korrosion nimmt die Gasmenge zu und breitet sich im trabekulären Knochenanteil aus. Schließlich wird es jedoch vollständig resorbiert und die Mg-Schrauben zeichnen sich zunehmend prominenter ab (Abbildung 4). Tierstudien haben gezeigt, dass die Schraube schließlich durch kortikales Knochengewebe ersetzt wird (7).   

4.2. Computertomographie 

In Bezug auf die Gasbildung und Resorption zeigt die Computertomographie ähnliche Ergebnisse wie die konventionellen Röntgenaufnahmen. In der Frühphase sind sowohl die Schrauben als auch die umgebenden Gasansammlungen deutlich sichtbar (Abbildung 5).  Langfristige CT-Untersuchungen zeigen, dass das Gas vollständig resorbiert wird und damit vollständig verschwindet. Die Schrauben sind bis zu ihrer Umwandlung in kortikales Knochengewebe deutlich erkennbar (Abbildung 6). Adil et al. haben nachgewiesen, dass diese Konturen vier Jahre nach der Implantation in der tomographischen Dichtemessung ähnliche Hounsfield-Einheiten aufweisen wie die umgebende Kortikalis (17). Darüber hinaus erzeugen Implantate auf Magnesiumbasis - im Gegensatz zu konventionellen Metallimplantaten wie Titanschrauben - nur minimale Metallartefakte (18-20). Für die Nachbeobachtung der Patienten stellt dies einen signifikanten Vorteil dar.

4.3. Magnetresonanztomographie

MRT-Scanner erzeugen mithilfe starker Magnetfelder und entsprechender Radiofrequenzsignale digitale Bilder. Wenn metallische Gegenstände im Magnetfeld platziert werden, kann dies zu Verzerrungen des Magnetfelds führen. Diese Verzerrungen können zu signifikanten Störungen der im konventionellen MRT verwendeten räumlichen Kodierungsmechanismen führen und Bilder mit Artefakten und/oder verzerrter Anatomie erzeugen. Dies kann die optimale Beurteilung der MRT-Aufnahmen erheblich beeinträchtigen (18-20).

Als eines der Metalle aus der Gruppe IIa des Periodensystems hat Magnesium paramagnetische Eigenschaften. Frühere experimentelle Studien haben jedoch gezeigt, dass Magnesiumimplantate deutlich weniger Artefakte erzeugen als andere Metallimplantate (Abbildung 7). Sonnow et al. verglichen mithilfe einer 1,5 T MRT mit verschiedenen Sequenzen die Größe der Artefakte, die von Magnesium- und Titanschrauben in Hühnerknochen erzeugt wurden. Sie berichteten bzgl. Magnesiumimplantaten von einer signifikant geringeren Artefaktbildung gegenüber Titanschrauben (18). In ähnlicher Weise demonstrierten Filli et al. und Ernstberger et al. mit Implantaten auf Magnesiumbasis eine geringere Artefaktbildung in der MRT (19, 20). Diese Studien wurden allerdings nicht mit korrodierten Magnesiumimplantaten durchgeführt. Es liegt mit degradierten Implantaten im Menschen jedoch eine MRT-Studie vor, die drei Jahre nach Implantation durchgeführt wurde. Plaass et al. nahmen eine MRT-Evaluation an acht Patienten nach korrektiver Hallux valgus-Osteotomie vor und berichteten über eine lineare Hypointensität im Bereich des ehemaligen Implantatlagers ohne Metallartefakte (21). Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Menge der Artefakte während der Resorption des Implantats im Zeitverlauf abnimmt.

5. Klinische Ergebnisse und Komplika­tionen

Seit Beginn der Anwendung von Magnesiumimplantaten in der klinischen Praxis im Jahr 2013 wurden insgesamt 16 klinische Studien und Fallberichte zur Verwendung von Magnesium-Implantaten vorgelegt (Tabelle 1) (12, 17,21-34). In sechs dieser früheren Studien wurden Mg-Schrauben zur Fixation von Metatarsal-Osteotomien bei Hallux valgus eingesetzt (21-23, 29-31). Es wurden dabei stets ähnliche Ergebnisse erzielt wie bei Titanschrauben. Es konnte mehrfach gezeigt werden, dass Magnesiumschrauben der Anwendung von Titanschrauben bei der Hallux valgus-Korrektur nicht unterlegen sind (sog. „Non-inferiority“). Auch bei medialen und lateralen Sprunggelenksfrakturen wurden positive Ergebnisse erzielt (27, 33). Köse et al. berichteten, dass die Anwendung von Mg-Schrauben insbesondere bei Sprunggelenksfrakturen von Vorteil ist, weil die Implantate gerade in diesem Bereich sehr häufig entfernt werden müssen (28). Ferner liegen Berichte über die intraartikuläre Anwendung von Magnesiumschrauben vor. Gigante et al. verwendeten Magnesiumschrauben zur Fixierung von Ausrissen des vorderen Kreuzbandes in der Kinderchirurgie und berichteten hervorragende Ergebnisse (32). Aktan et al. verwendeten diese Schrauben zur Fixierung kleiner intraartikulärer osteochondraler Fragmente bei Trümmerfrakturen des distalen Humerus, um die Gelenkfläche wiederherzustellen (34). Magnesiumschrauben zeigten sich sogar in der Anwendung bei Kiefer- und Gesichtsoperationen als geeignet (26).

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Abbildung 6: 24-jähriger Mann mit Innenknöchelfraktur, die mit zwei Magnesiumschrauben fixiert wurde. (a) In der anterior-posterioren Röntgenaufnahme des Knöchels in Monat 30 nach der Operation sind die Heilung der Fraktur und die Umrisse der Schrauben sichtbar. (b) Koronare und (c) axiale CT-Aufnahmen weisen keine Gasansammlung im Knochen auf und die Schrauben zeigen eine ähnliche Dichte wie die umgebende Kortikalis.
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Abbildung 5: 53-jährige Patientin, die zur Behandlung einer osteochondralen Läsion am Talus einer Innenknöchel-Osteotomie und Mosaikplastik unterzogen wurde. Die biplanare Innenknöchel-Osteotomie wurde mit zwei Magnesiumschrauben fixiert. (a) Die anterior- posteriore Röntgenaufnahme des Knöchels am 7. postoperativen Tag zeigt an der Operationsstelle diffuse Gasansammlungen im Weichgebe (weiße Pfeile). (b) Koronare und (c) axiale CT-Aufnahmen mit sichtbarem Gas (weiße Pfeile).

Neben diesen positiven Ergebnissen wurden in zwei Studien auch negative Ergebnisse berichtet (24, 25). In der ersten Studie wurde an der Hand eine Fusion von Skaphoid, Trapezium und Trapezoideum (STT) mit zwei Magnesiumschrauben an einem 42-jährigen Patienten nach Kahnbeinfraktur und SST-Arthrose vorgenommen. In der Frühphase kam es zu beträchtlicher Gasbildung. Zudem wurden eine Lockerung der Implantate und eine „Zystenbildung“ innerhalb der Karpalknochen festgestellt, sodass der Patient einer Revision unterzogen wurde (24). U.E. war der Operationsmisserfolg vorhersehbar, da ganz offensichtlich mehrere Kontraindikationen nicht beachtet worden waren. Als weiteres negatives Ergebnis wurde bei der Fixierung von fünf akuten Kahnbeinfrakturen berichtet. 

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Abbildung 7: 54-jährige Patientin, die zur Behandlung einer osteochondralen Läsion am Talus einer Innenknöchel-Osteotomie und Mosaikplastik unterzogen wurde. PD-gewichtete koronare MRT-Aufnahmen in den Monaten 3 (a) und 13 (b) zeigen, dass die Artefakte im Laufe der Zeit abnehmen.
Wie auch im vorherigen Bericht sahen die Autoren in der frühen postoperativen Phase eine beträchtliche Gasbildung um die Schrauben herum und bewerteten diese Phänomene als „Osteolyse“ und somit als Misserfolg der Operation. Bei der klinischen und radiologischen Nachbeobachtung waren die klinischen Ergebnisse jedoch hervorragend: alle Patienten erreichten durchschnittlich 99 Punkte im Mayo-Wrist-Score und es wurde keine non-union oder Pseudoarthrose festgestellt (25). Zumindest in der letzten Fallserie war ganz offensichtlich eine Fehlinterpretation der im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen spezifischen Aufnahmen der Grund für das schlechte Fazit. Dies unterstreicht die Bedeutung einer korrekten Bewertung von radiologischen Befunden während der Degradationsphase. Chirurgen, die solche Implantate verwenden, sollten somit in der Lage sein, diese Aufnahmen korrekt zu beurteilen und mit dem Korrosionsprozess von Mg-basierten Biomaterialien vertraut sein.

6. Schlussfolgerungen

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Die orthopädische Chirurgie hat sich im Laufe der Jahre nicht nur durch die Beschreibung neuer Operationstechniken, sondern auch durch die Einführung neuartiger Implantationsmaterialien und -designs verändert. Der nahezu vollständige Umstieg von Edelstahlimplantaten zu Titan war eine Entwicklung, die wohl jeder orthopädische Chirurg mitgemacht hat. Was Mg-Implantate angeht, so hat diese Umstellung bereits begonnen und es ist anzunehmen, dass die Ära der konventionellen Implantate aus Polymeren und Titan schon bald ihrem Ende entgegengeht. In den letzten sechs Jahren wurden in einer begrenzten Anzahl von Studien vergleichbare funktionelle Ergebnisse erzielt wie mit Titanimplantaten. Es wurde nur in einem einzigen Fall von einem negativen klinischen Ergebnis berichtet, wobei wir der Ansicht sind, dass dieses negative Ergebnis einer falschen Indikation in der klinischen Situation zuzuschreiben ist. Die negative Auswertung einer Fallserie von fünf Patienten ist ganz offensichtlich auf eine Fehlinterpretation radiologischer Befunde zurückzuführen. Die korrekte Interpretation dieser Aufnahmen sowie die Unterscheidung zwischen pathologischen Prozessen und normalen Abbauprozessen ist sowohl für den orthopädisch tätigen Chirurgen als auch für den mitbefundenden Radiologen äußerst wichtig. Magnesiumbasierte Implantate scheinen aufgrund ihrer signifikanten Vorteile, die sie gegenüber den konventionellen Metallimplantaten bieten, über unterschiedliche Indikationen hinweg zukünftig eine breite Anwendung zu finden.

Literatur und Abbildungen beim Verfasser.

Artikel von der Syntellix AG zur Verfügung gestellt. Orthopädische Magnesiumimplantate sind u. a. in den BwKrhs Berlin und Hamburg verfügbar. Die Verantwortung für den Inhalt übernimmt der Autor. Übersetzt aus dem Englischen. 

Anschrift des Verfassers:

Universität für Gesundheitswissenschaften Antalya Bildungs- und Forschungskrankenhaus
Abteilung für Orthopädie und Traumatologie
Antalya/ TÜRKEI
E-Mail: drozkankose@hotmail.com 

Datum: 16.12.2019

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 3/2019

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