17.10.2017 •

Toxikologisch relevante Parameter in der Einsatzverpflegung – Herausforderungen im Grundbetrieb und im Einsatz

Aus der Abteilung III – Lebensmittel- und Ökochemie – (Stellvertretender Leiter Oberfeldapotheker R. Heuermann) des Zentralen Institutes des Sanitätsdienstes der Bundeswehr München (Leiter Oberstapotheker Dr. T. Zimmermann)

Mit der konzeptionellen Änderung des europäischen Lebensmittelrechts Anfang der 2000er Jahre wurde die Lebensmittelsicherheit in den Mittelpunkt der Maßnahmen gerückt, um ein hohes Gesundheits- und Verbraucherschutzniveau zu garantieren.

Kernaussagen der Europäischen Kommission im Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit waren dabei, dass bei der Sicherheit von Lebensmitteln in der Europäischen Union ein möglichst hoher Standard gelten soll und dass die Risikoanalyse das Fundament der Politik des Verbraucherschutzes sein muss. Für die Lebensmittelüberwachung wurde in der Folge ein europaweit standardisierter Kontrollansatz eingeführt, der verbindlich die Risikoorientierung bei der Aufstellung der Überwachungsprogramme vorschreibt. Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung wurden die einschlägigen Rechtsvorschriften durch die Zentralen Dienstvorschriften A-840/5 „Durchführung des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches und der Qualitäts­kontrolle von Lebensmitteln, kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen und Futtermitteln (DLFGBBMVg)“ und A1 - 840/5 - 4002 „Umsetzung der risikoorientierten Lebensmittelüberwachung“ sowie A1 - 840/5 - 4007 „Probenahmen im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung“ umgesetzt.

Der Begriff „Risiko“ ist nach Artikel 3 Nr. 9 der Basisverordnung VO (EG) Nr. 178/2002 als Funktion der Wahrscheinlichkeit einer die Gesundheit beeinträchtigenden Wirkung und der Schwere dieser Wirkung als Folge der Realisierung einer Gefahr definiert. Als mögliche Gefahren kommen dabei insbesondere chemische und biologische Agenzien in Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen in Betracht, die eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursachen können. Die Identifizierung und Beschreibung derartiger Gefahren sowie die Expositionsabschätzung sind Bestandteil der wissenschaftlichen Risikobewertung, die als ein Element der Risikoanalyse der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) und dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) obliegen. Innerhalb der Bundeswehr erfolgt die Risikobewertung toxikologisch relevanter chemischer Substanzen durch das Referat V 2, Lebensmittel-/Trinkwasserchemie und Verbraucherschutz im Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr.

Für die Angehörigen der Bundeswehr im Auslandseinsatz resultieren zusätzliche potentielle Gefahren durch Lebensmittel, die in den Einsatzgebieten zugekauft werden. Diese Lebensmittel stammen teilweise aus regionalen Märkten, für die kein vergleichbares Verbraucherschutzniveau wie in der Europäischen Union vorausgesetzt werden kann. Dies ist dadurch zu begründen, weil funktionsfähige staatliche Überwachungsbehörden nicht vorhanden sind oder Lebensmittel von regionalen Distributoren bezogen werden, die keine überprüfbare Rückverfolgbarkeit für ihre Ware sicherstellen können.

Rückstände und Kontaminanten

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Untersuchung von Lebensmitteln im Rahmen der Eigenvollzugskompetenz
Mögliche toxikologisch relevante Gefahren in Lebensmitteln sind einerseits Rückstände, die nach einer Behandlung von lebensmittelliefernden Organismen in den Lebensmitteln verbleiben, wie z. B. Pflanzenschutzmittel- oder Tierarzneimittelrückstän­de und andererseits Kontaminanten, die unbeabsichtigt aus der Umwelt, wie z. B. Schwermetalle oder persistierende organische Verunreinigungen, über den Herstellungsprozess oder durch Kontaktmaterialien in ein Lebensmittel eingetragen werden. Ein aktuelles Beispiel ist das Insektizid Fipronil in Eiern und Eiprodukten, das über die unzulässige Anwendung von Reinigungsmitteln in den Tierställen in die Nahrungskette gelangte und zu einem europaweiten Lebensmittelskandal führte.

Die Vielfalt der in Frage kommenden Stoffe ist enorm und erfordert eine ebenso vielseitige Analytik. Da einige dieser Stoffe bereits im Spurenbereich gesundheitsschädlich sind, müssen die Untersuchungsmethoden den Nachweis und die Bestimmung kleinster Gehalte erlauben. Hinzu kommt, dass länderspezifisch der Zugang zu modernen Techniken und Chemieerzeugnissen teilweise drastisch eingeschränkt ist, so dass durch die dortige Erzeugung von Lebensmitteln Stoffe eingetragen werden, mit denen in Deutschland nicht (mehr) gerechnet werden muss bzw. die nicht mehr angewendet werden dürfen. So besitzt das z. B. hochpotente Organochlorpestizid DDT unverändert Bedeutung zur Bekämpfung der Malaria, gehört jedoch in Europa zu den nicht bis wenig beachteten Substanzen.

Seit den ersten Auslandseinsätzen der Bundeswehr in Kambodscha 1992 und Somalia 1993 hat die Wehrpharmazie konsequent Fähigkeiten entwickelt, um Lebensmittel, Bedarfsgegenstände und Trinkwasser im Auslandseinsatz auf mögliche Gefahren und Risiken für die Kontingentteilnehmer zu untersuchen. Die Motivation besteht dabei nicht allein in der Maxime des Sanitätsdienstes, nach der die Versorgung der Soldatinnen und Soldaten weltweit im Ergebnis dem fachlichen Standard in Deutschland entsprechen soll, sondern auch in der Vermeidung einer Einschränkung der Auftragserfüllung durch lebensmittelbedingte Schädigungen oder Erkrankungen. Je nach Infrastruktur vor Ort unterscheiden sich dabei einerseits der Fokus der Untersuchungen und andererseits die dafür verfügbaren Mittel. So steht zu Beginn einer Militärmission und bei sehr kleinen Einsatzkontingenten vorwiegend das zur Herstellung von Lebensmitteln, wie z. B. der Einsatzgruppenverpflegung, oder zur Körperpflege zur Verfügung stehende Wasser im Mittelpunkt, das in der Regel entweder als abgepacktes Trinkwasser („Mineralwasser“) vor Ort beschafft oder aus Rohwasser aufbereitet werden muss. Neben Schwermetallen und Umweltkontaminanten – u. a. krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) – ist hier je nach Einsatzszenario auch auf Kampfstoffe oder Sabotagegifte bzw. deren Abbauprodukte zu prüfen. In dieser Phase muss vor allem ein Kompromiss zwischen Schnelligkeit und Leistungsfähigkeit der Analysenmethoden gefunden werden. Daher kommen hier der Verwendung von Schnelltests (Farbreaktionen im Küvettenformat) sowie photometrischen Bestimmungen mit einem tragbaren Handgerät wichtige Funktionen zu. Ziel ist es, schwerwiegende Gefahren zu erkennen und das kurzzeitige Risiko, d. h. die Überschreitung akut toxischer Richtwerte – wie z. B. der Akuten Referenzdosis (ARfD) – für die Einsatzsoldaten zu begrenzen. Daneben werden insbesondere bei multinationalen Einsätzen, in denen die Bereitstellung von Verpflegung nicht durch deutsche Einrichtungen erfolgt, wie aktuell die European Union Training Mission Mali (EUTM MLI), und der Einsatz MINUSMA, bereits vor Beginn der Mission an Lebensmittel aus der Truppenverpflegung risikoorientiert entnommen und im Reach-­Back-Verfahren an Zentrale Insti­tute des Sanitätsdienstes der Bundeswehr (ZInstSanBw) zur Untersuchung und Begutachtung eingesendet. Die Probenauswahl obliegt dabei Sanitätsoffizieren Apothekern/Lebensmittelchemie, die als Sachverständige, z. B. temporär als Leitende Apotheker i. E. vor Ort zusammen mit SanStOffz Veterinären tätig sind, und erfolgt anhand von Auffälligkeiten und Risiken der Lebensmittel einschließlich ihrer Kennzeichnung.

Risikobewertung von Lebensmitteln

So wurde beispielsweise aus dem Einsatzgebiet Mali ein auffällig gefärbtes aromatisiertes Erfrischungsgetränk zur Untersuchung auf Lebensmittelfarbstoffe eingesendet. Im ZInstSanBw München konnte als Ursache dieser Färbung ein Zusatz des Azofarbstoffs Gelborange S in der dreifachen Höhe der in der EU zulässigen Höchstmenge von 20 mg/l ermittelt werden. Eine einfache Beurteilung des Erfrischungsgetränks als nicht in der EU verkehrsfähig greift in solchen Fällen jedoch zu kurz, weil die Soldatinnen und Soldaten vor Ort wegen des erforderlichen großen täglichen Trinkvolumens ein nachvollziehbares Interesse an einer möglichst vielseitigen Auswahl an Getränken haben. Zweckmäßiger ist daher eine Risikobetrachtung hinsichtlich der zu erwartenden Exposition mit dem Zusatzstoff. Für diesen hat die EFSA auf der Basis toxikologischer Daten einen Acceptable Daily Intake (ADI) von 4 mg / kg Körpergewicht und Tag festgelegt. Aus diesem konnte für einen durchschnittlichen Verpflegungsteilnehmer eine vertretbare tägliche Aufnahmemenge von 4 Litern des Erfrischungsgetränkes ermittelt und somit dem Leitenden Sanitätsoffizier DEU EinsKtgt EUTM MLI die Empfehlung gegeben werden, die Angehörigen der Mission über das Ergebnis der Untersuchung zu informieren und auf einen mäßigen Konsum hinzuwirken. Vier weiteren zur Untersuchung eingesendeten Fruchtsaftgetränken und Limonaden war nach Maßgabe der Kennzeichnung auf den Dosen der zugelassene Konservierungsstoff Benzoesäure zugesetzt. Dieser gilt an sich als sicher, jedoch ist bekannt, dass bei gleichzeitiger Anwesenheit von Vitamin C in sauren Lebensmitteln aus Benzoesäure das krebserregende und genotoxische Benzol gebildet werden kann. Dieser Prozess läuft besonders schnell bei erhöhter Temperatur ab. Mittels eines sehr empfindlichen Messverfahrens (Gaschromatographie mit Massenspektrometrie) wurde in einer dieser Proben durch das ZInstSanBw München tatsächlich Benzol in Höhe des zweieinhalbfachen Grenzwerts für Trinkwasser von 1 µg/l gefunden. Zwei weitere Proben schöpften den Trinkwassergrenzwert zu 25 % bzw. zu 40 % aus. Ähnliche Befunde waren Mitte der 2000er Jahre auch bei Inlandsproben ermittelt worden. Die europäischen Hersteller von Erfrischungsgetränken haben daraufhin Anstrengungen für eine Minimierung des unerwünschten Stoffes unternommen. Auf die Festsetzung eines Grenzwerts für Erfrischungsgetränke wurde bislang jedoch verzichtet. Zwar kann wegen der krebserregenden Eigenschaften von Benzol keine sichere Aufnahmemenge festgelegt werden, allerdings zeigen Abschätzungen des BfR zur Gesamtexposition, dass die tägliche Aufnahme über die Atemluft in Deutschland 50 - 100 µg Benzol beträgt und bei Rauchern oder in urbanen, verkehrsreichen Gebieten noch wesentlich höher sein kann. Demzufolge wird das zusätzliche Risiko durch Gehalte von wenigen Mikrogramm je Liter in Erfrischungsgetränken als vergleichsweise gering angesehen. Auch wenn sich in den skizzierten Beispielen nach Risikoabschätzung keine zwingende Notwendigkeit für eine toxikologische Beanstandung der Lebensmittel ergab, zeigen sie dennoch sehr gut den Prozess und die Zusammenarbeit der verschiedenen Ebenen bei der Identifizierung und Bewertung von Gefahren durch toxikologisch relevante Stoffe in Lebensmitteln der Einsatzverpflegung.

Die lebensmittelchemischen Einsatzlabore

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Einblick in den Laborcontainer Lebensmittel- und Ökochemie
Waren die Lebensmittelchemiker in der UN-Mission 1993 in Somalia noch grundsätzlich darauf angewiesen, Proben für weitergehende Untersuchungen an die Basis Inland einzusenden, weil ihnen vor Ort nur wenige einfache nass­chemische Untersuchungsverfahren zur Verfügung standen, so wurde in den Folgejahren im Zuge der Entwicklung der modularen Sanitätseinrichtungen (MSE) ein 20-Fuß Laborcontainer konzipiert, der Untersuchungen mit modernsten apparativen Techniken wie der Gaschromatographie, Hochleistungsflüssigkeitschromato­graphie, Photometrie, Massenspektrometrie, ­Kaltdampf-Atomabsorptionsspektroskopie und Elektrochemie im Einsatzland erlaubt.

Mit dieser vielseitigen Ausstattung ist eine Untersuchung auf toxikologisch relevante organisch-chemische Spurenstoffe in Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen und Wasser möglich. Dazu gehören beispielsweise das Chloroform, das bei der Desinfektion von Trinkwasser als Nebenprodukt gebildet wird, sowie Rückstände von Sprengstoffen, die in Krisen- und Kriegsgebieten witterungsbedingt aus den Böden in das Grundwasser ausgewaschen werden und eine ausgeprägte Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem haben können. Es ist aber auch die Bestimmung kleinster Spuren von Schwermetallen wie Blei, Cadmium und Quecksilber in Wasser und nach einem Mikrowellenaufschluss in Lebensmitteln möglich. Weitere toxikologisch relevante Stoffe, für die eine Messausstattung im Laborcontainer verfügbar ist, sind die Mykotoxine, die durch Schimmelpilze während der Vegetation und auch bei der Lagerung in Lebensmitteln gebildet bzw. eingetragen werden und von denen einige als krebserregend eingestuft sind, wie das Aflatoxin B1.

Auch wenn mit der Ausstattung des Labor­containers eine Vielzahl an toxikologisch relevanten Stoffen untersucht werden kann, so bestehen dennoch die für ein mobiles Labor typischen Beschränkungen hinsichtlich der Vielfalt der Fragestellungen, die bearbeitet werden können. Insbesondere unterliegt die Bevorratung und qualifizierte Verwendung von Referenzsubstanzen für Zielanalysen Beschränkungen, die es erforderlich machen, die Parameterauswahl auf die gesundheitlich bedeutendsten Untersuchungsziele zu konzentrieren. Darüber hinaus erfordert insbesondere die spurenanalytische Erfassung von Rückständen und Kontaminanten in Lebensmitteln aufgrund der Komplexizität der Matrix aufwändige Probenvorberei­tungs­techniken, die mit der MSE-Ausstattung bislang nur in Teilen realisiert werden können. Solche Fragestellungen werden daher in den ­ZInstSanBw bearbeitet.

Bundeswehreigene Überwachungs­programme

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Hochauflösendes Massenspektrometer am Standort ZInstSanBw München
In bundeswehreigenen Überwachungsprogrammen wird deshalb versucht, frühzeitig mögliche Gefahren ausgehend von Lebensmitteln oder Wasser zu erkennen. Am ZInstSanBw München werden beispielsweise seit Mitte der 2000er Jahre monatlich Lebensmittelproben aus den Einsatzgebieten KFOR und ISAF/RS nach einem festgelegten Probenplan auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht. Die Untersuchungsergebnisse werden jährlich in Monito­ring­berichten zusammengefasst. Bei auffälligen Befunden erfolgt eine toxikologische Bewertung nach dem „pesticide residue intake model“ (PRIMo) der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA durch qualifizierte lebensmittelchemische Sachverständige mit abgeschlossener Weiterbildung zum Fachapotheker für Toxikologie und Ökologie. Die Bewertung wird den sachverständigen Sanitätsoffizieren Apothekern/Lebensmittelchemie vor Ort mitgeteilt, die bei Bedarf weitergehende Maßnahmen zum Schutz der Verpflegungsteilnehmer einleiten können.

Ein weiteres am ZInstSanBw München etabliertes Überwachungsprogramm betrifft die Bestimmung von Uran-Isotopen in Wasserproben aus den Einsatzgebieten KFOR und ISAF/RS. Aus der Verwendung von Munition, die als Hartkern abgereichertes Uran (DU) enthält, ist es möglich, dass das Schwermetall in ionischer Form in Wasser übergehen kann. Für abgereichertes Uran steht die chemisch-toxische Wirkung auf die Niere im Vordergrund, mit der bereits bei Konzentrationen ab 30 µg/l Wasser zu rechnen ist. Für die Unterscheidung zwischen geogener und militärischer Ursache eines Urangehalts in Wasser und somit für die Bewertung, ob mit einer weiteren Zunahme zu rechnen ist, ist zwingend die Isotopendifferenzierung erforderlich, die nur mittels ICP-Massenspektrometrie in einem ZInstSanBw vorgenommen werden kann.

Die Proben für diese Überwachungsprogramme werden jeweils von den Einsatzlaboren sachgerecht entnommen und so versendet, dass keine die Untersuchungsziele gefährdenden Veränderungen bis zum Eintreffen im ZInstSanBw auftreten können.

Das komplette containergestützte System wurde jeweils in der Initialphase und während der ersten Einsatzkontingente im Kosovo (KFOR) und in Afghanistan (ISAF) betrieben. Nach dem Umzug in feste Infrastruktur wird in diesen Einsätzen wie bereits zuvor im Einsatz SFOR nur die Analysenausstattung in einem stationär eingerichteten Labor betrieben.

Im Rahmen der fünfmonatigen first-entry Mission EUFOR RD CONGO im Jahr 2006 zeigte sich jedoch, dass die Aufstellung der MSE umfangreiche infrastrukturelle Vorbereitungen (z. B. Untergrundbefestigung) erfordert, die beispielsweise den Witterungsbedingungen im tropischen Afrika (Regenzeit) standhalten.

„Lab in a box“ – hochmobile Einsatz­analytik

Aktuell wird an abgestuften Systemen gearbeitet, die leichter verlegbar und für kleinere Einsatzszenarien mit provisorischer Infrastruktur besser geeignet sind. Kern der Überlegungen ist dabei einerseits die Erweiterung des Untersuchungsspektrums, das mit Schnelltests bearbeitet werden kann, andererseits die Etablierung präanalytischer Verfahren zur Vorreinigung, Stabilisierung und Immobilisierung von Primär­extrakten aus Proben, um diese unabhängig von äußeren Transportbedingungen in die ZInstSanBw versenden zu können. Erste Untersuchungen in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik der Technischen Universität München zur Immobilisierung auf Dünnschichtchromatographie-Platten zeigten bereits vielversprechende Ergebnisse. (A. Honold, wiss. Abschlussarbeit, 2014).

Eine besondere Bedeutung bei der Identifizierung von Gefahren durch Lebensmittel und Trinkwasser wird zukünftig außerdem der Fähigkeit zum Screening auf toxikologisch relevante Stoffe zukommen. Hier stehen vor allem wirkungsbezogene Untersuchungsverfahren, die Bestimmung der Belastung mit Radionukliden (Gesamtalphaaktvität) mittels mobiler Flüssig­szintillation sowie die hochauflösende Massenspektrometrie im Fokus der Methodenentwicklung.

Insbesondere die Realisierung einer Kopplung zwischen der Dünnschichtchromatographie und der Massenspektrometrie verbindet die „Ein­satz­analytik“ mit der Reach-Back-Capability im Heimatland.

Fazit

Die Prüfung der Verpflegung und der Trinkwasserversorgung in Grundbetrieb und Einsatz auf gesundheitliche Unbedenklichkeit ist eine unverzichtbare Aufgabe des Sanitätsdienstes. Dabei ist es für die Zukunft essentiell, die lebensmittelchemischen Fähigkeiten rollenabhängig im Einsatz zu etablieren. Durch das Zusammenspiel aller beschriebenen Laborebenen, von der einfachen Vor-Ort-Analytik, über die Laboranalyse im Einsatz bis hin zur hochkomplexen Absicherungsanalytik und toxikologischen Bewertung im Heimatland, wird die Lebensmittel- und Trinkwassersicherheit im Sinne der Force Health Protection sichergestellt. Dabei leisten die lebensmittelchemischen Sachverständigen Sanitätsoffiziere Apotheker/Lebensmittelchemie gemeinsam mit den im Labor eingesetzten technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen wesentlichen Beitrag. z

(Fotos beim Verfasser)


Anschrift der Verfasserin

Oberstabsapotheker Dr. Nadja Herkert
Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr München
Ingolstädter Landstraße 102
85748 Garching
Fon: 089 - 3755849 - 5032
NadjaHerkert@bundeswehr.org

Datum: 17.10.2017

Quelle: WM 3/17

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