Vom Berufsanfänger zum Facharzt
Moderne Wege in der chirurgischen Weiterbildung
Aus der Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie (Ltd. Arzt: Flottenarzt Dr. W. Rost) des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg (Chefarzt: Generalarzt Dr. J. Hoitz)
C. H. Wulffert
Einen Artikel über die die chirurgische Weiterbildung verfassen zu dürfen ist immer eine ambivalente Ehre. Schließlich ist jeder chirurgisch Tätige ein Experte in diesem Thema, da er jahrelang weitergebildet wurde und folglich eine fundierte eigene Meinung zum Thema besitzt. Dies ist ein Unterschied zur Behandlung von beispielsweise Schussverletzungen mit Beteiligung supraaortaler Gefäße, ein Thema mit eher kleinem Expertenkreis.
Ferner kann man trefflich darüber streiten, was eine moderne (gute) Weiterbildung zum Chirurgen beinhaltet, da schon die Meinungen darüber, was einen modernen (guten) Chirurgen ausmacht, weit auseinandergehen.
Andererseits hat das Thema (Weiter-) Bildung innerhalb der deutschen Gesellschaft als Zukunftsfaktor und in der Bundeswehr als Attraktivitäts- und Nachhaltigkeitsfaktor mittlerweile einen erheblichen Stellenwert erlangt. Weshalb das so ist und woher wir die Motivation nehmen sollten, insbesondere die militärchirurgische Weiterbildung zu optimieren, ergibt sich unserer Auftragslage.
Motivation
Als Bundeswehr ist es unsere Aufgabe, nationale Interessen zu wahren, internationale Verantwortung zu übernehmen und Sicherheit
gemeinsam zu gestalten [1]. Dafür muss sie „mit Blick auf die anhaltenden und unvorhersehbaren strategischen Unwägbarkeiten (…) auch künftig über ein breites und flexibles militärisches Fähigkeitsspektrum verfügen“ [2]. Zusätzlich ist aktuell beschlossen und gesetzlich fixiert, dass die Bundeswehr einer der attraktivsten Arbeitgeber Deutschlands werden soll, was für sich genommen schon einen massiven Einfluss auf alle Teilbereiche der Armee hat [3].Um den Auftrag sicherzustellen, hat der Sanitätsdienst die zentrale Aufgabe erhalten, die Gesundheit der Soldatinnen und Soldaten zu schützen, zu erhalten und wiederherzustellen.
Dazu gehören die „Fachausbildung für den Einsatz und für die Sicherstellung der Inlandsversorgung, einsatzvorbereitende Ausbildung, (sowie) Einsatzvorbereitung und Gesundheitsvorsorge“ [4].
Dass der Sanitätsdienst im Rahmen der Attraktivitätsagenda eine Vorbildfunktion für die anderen Teile der Bundeswehr inne hat, ergibt sich aus der jetzt schon vorhandenen Etablierung eines egalitären Geschlechteranteils mit den entsprechenden Konsequenzen für den Dienstbetrieb, was unter anderem durch Elternzeit und Teilzeittätigkeit bedingt ist.
Für die Bundeswehrkrankenhäuser und damit für die chirurgischen Abteilungen wird eine wesentliche Herausforderung die Fähigkeit sein, auch zukünftig hochqualifiziertes medizinisches Fachpersonal auf dem Arbeitsmarkt zu gewinnen und zu binden [5].
Moderne militärchirurgische Weiterbildung muss somit eine hervorragende Ausbildung, die mindestens der Weiterbildungsordnung genügt, bei geregelten Arbeitszeiten mit Vereinbarkeit von Familie und Beruf in einem sich ständig verändernden sicherheits-, arbeitsmarkt- und gesundheitspolitischem Umfeld gewährleisten.
Wir beschränken uns hier auf die Darstellung der Methoden moderner Weiterbildung, die Einfluss haben auf die Qualität des Facharztes und auf die Mitarbeiterbindung, lassen die Komponente des Personalmanagements, was die Betrachtung der Demographie, der Diversifikation und der Nachwuchsgewinnung umfasst, jedoch bewusst außer Acht, da sie unserem Einfluss weitestgehend entzogen ist.
Stand der Weiterbildung in Deutschland
Im Folgenden wollen wir kurz auf den aktuellen Stand der Facharztweiterbildung in Deutschland und die damit verbundenen Probleme und Herausforderungen eingehen. Dies umfasst die Darstellung der gegenwärtigen Weiterbildungsordnung ergänzt durch die militärchirurgischen Besonderheiten sowie der aktuellen Reformbemühungen.
Weiterbildungsordnung
Der Weiterbildungsassistent hat einen Katalog von selbstständig durchgeführten Untersuchung- und Behandlungsmethoden zu erfüllen, die
anhand von Spiegelstrichaufzählungen aufgelistet sind und somit eine rein quantitative Sichtweise der Qualifikation darstellen. Ergänzend sind einige der sogenannten Soft-Skills wie die ärztliche Gesprächsführung aufgeführt, welche näherungsweise qualitativ mit den Attributen „Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben“ zu beurteilen sind. Die Definition, was Kenntnisse und Fertigkeiten für die einzelnen Handlungsfelder der ärztlichen Tätigkeit umfassen, sucht man vergebens und bleibt somit dem Weiterbilder überlassen.Verbindlich festgelegt hingegen ist die zeitliche Struktur in einen Teil Basisweiterbildung mit Fokus auf den ärztlichen Basisfertigkeiten wie Erhalt und Wiederherstellung der Vitalfunktionen sowie einen Facharztteil, der für die Allgemeinchirurgie die Rotation in Viszeralchirurgie und Orthopädie/Unfallchirurgie enthält.
Die Dokumentation findet in einem Logbuch, welches als PDF-Datei bei den Ärztekammern erhältlich ist, statt.
Facharztprüfung
Die Weiterbildung zum Allgemeinchirurgen umfasst einen Zeitraum von mindestens 6 Jahren inklusive Basisweiterbildung. Hierin finden abgesehen von dem sehr unterschiedlich ausgeprägten Feedback und der Supervision durch den Weiterbilder kaum Bewertungen des Weiterbildungsfortschritts statt. Die Ergebnisse der Evaluation zur Weiterbildung zeigten, dass selbst die jährlich vorgeschriebenen Weiterbildungsgespräche nicht ausreichend durchführt werden [6]. Die Überprüfung der Facharztkompetenz erfolgt anhand einer mündlichen Prüfung, mitunter auch kollegiales Gespräch genannt. Es spiegelt letztlich in kaum einer Fachrichtung die Versorgungsrealität wieder und unterscheidet sich wesentlich von den Assessments anderer europäischer Länder [7].
Evaluation der Weiterbildung
Seit dem Jahre 2009 werden von den Ärztekammern in unregelmäßigen Abständen Evaluationen der Weiterbildung unter den Weiterbildungsassistenten durchgeführt. Weiterbildungsbefugte waren in den Jahren 2009 und 2011 bundesweit aufgefordert, an ihren Weiterbildungsstätten für die Teilnahme zu werben. Die Ergebnisse differieren erwartungsgemäß stark und die Interpretationen fallen sehr unterschiedlich aus [8]. Mit einem neuen Fragebogen nach Schweizer Vorbild wurde 2014 in 4 Bundesländern eine Pilotbefragung durchgeführt. In dem Bogen werden die für die Weiterbildung relevanten Handlungsfelder als W-Fragen (WAS, WIE, WOMIT, WO) formuliert, die als Fragenblöcke zu bewerten sind. Das Ergebnis der eigenen Abteilung findet sich beispielhaft in Abbildung 1.
Diese Entwicklung stellt einen Schritt zur Professionalisierung der Facharztweiterbildung dar, weil sie eine Vergleichbarkeit der Weiterbildungsstätten untereinander sicherstellt und vor allem den Entwicklungsbedarf der eigenen Abteilung sowie die Wirkung von Verbesserungsmaßnahmen im zeitlichen Verlauf aufzeigt.
Militärchirurgie
Seit 2009 existiert in der Bundeswehr der Ausbildungsgang zum Einsatzchirurgen [9]. Dieser definiert die Kenntnisse und operativen
Fähigkeiten, die ein Militärchirurg im Rahmen bewaffneter Konflikte benötigt. Die Formulierung der Anforderungen und Struktur dieses Konzeptes geht weit über die der Musterweiterbildungsordnung des zivilen Sektors hinaus, da hier insbesondere die Teilnahme an speziellen Fortbildungsveranstaltungen mit militärchirurgischen Inhalten sowie Empfehlungen für den Kompetenzerhalt vorgegeben sind. Beispielhaft ist die Organisation der Basisweiterbildung mit obligatem Erwerb der ATN Rettungsmedizin, die fakultativ mit Prüfung in eine Zusatzbezeichnung Notfallmedizin münden kann. Hier wurde in den vergangen 10 Jahren ein Prozess installiert, der bei Betrachtung der Struktur und Qualität inklusive Anreizsystem über eine finanzielle Zulage wahrscheinlich einzigartig im deutschen Gesundheitswesen ist. Er ist zwar weniger Folge des Konzeptes Einsatzchirurg als eher dem politischen Druck geschuldet, kommt der Militärchirurgie aber auf unterschiedlichen Ebenen zugute und zeigt eindrucksvoll, mit welchen Mitteln bestimmte Ausbildungsziele erreicht und Bedarfe gedeckt werden können.Aktuelle wehrmedizinische Evaluationsprojekte zielen darauf ab, den Prozess des Ausbildungsganges auf Basis zuvor definierter Schlüsselkompetenzen und resultierendem Schulungsbedarf anhand von Kennzahlen zu untersuchen, um Entwicklungspotentiale abzuleiten [10].
Die gegenwärtige modulare Struktur im eigenen Bereich zeigt Abbildung 2.
Reformbemühungen
Da die aktuell gültige Weiterbildungsordnung nicht mehr die Versorgungsrealität in den Kliniken widerspiegelt, arbeitet im Auftrag des Deutschen Ärztetags die Bundesärztekammer zurzeit an einer kompetenzbasierten Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO). Die einzelnen Schritte erfolgen über eine für die beteiligten ärztlichen Organisationen im Internet zugängliche Plattform (WIKI-BÄK). Die MWBO befindet sich seit Juli 2013 im Abstimmungsprozess zwischen den Landesärztekammern, der Bundesärztekammer und den Fachgesellschaften [11].
Kompetenzorientierung
Kompetenzbegriff
Der chirurgische Eingriff ist eine der psychomotorisch fordernsten Tätigkeiten überhaupt [12]. Das zugehörige Management des chirurgischen Patienten und was damit zusammenhängt ist ebenfalls Aufgabe des Chirurgen. Insofern lässt sich am Beispiel einer operativen Therapie der Kompetenzbegriff sehr gut darstellen.
Nach Weinert, einem bekannten deutschen Bildungswissenschaftler, werden unter Kompetenz
„die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten verstanden, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösung in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ [13].
Der europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen sieht den Prozess der Kompetenzentwicklung als stufenweises Verantwortungslernen. Die Stufen umfassen an unterster Stelle die Kenntnisse, also das reine Faktenwissen, es schließen sich die Fertigkeiten, also kognitive und praktische Fähigkeiten, die Arbeit unter Aufsicht möglich machen, an, um schließlich in der Kompetenz, der endgültigen Verantwortungsübernahme zu münden [14].
Am Beispiel der Behandlung eines jungen Patienten mit Bauschmerzen wollen wir den stufenweisen Lernprozess einmal durchspielen. Zum Faktenwissen gehören hier rein deskriptiv die Anatomie der Bauchhöhle, physiologische Abläufe, pathologische Veränderungen, diagnostische Verfahren, unterschiedliche Differentialdiagnosen und deren Therapiemöglichkeiten. Zu den Fertigkeiten zählen dann die Durchführung einer Anamnese, einer körperlichen Untersuchung, Bildung von Differentialdiagnosen (Appendizitis, Divertikulitis, Extrauteringravidität) in Wertung der Befunde, Anordnung und Durchführung diagnostischer Verfahren (Labor, Sonographie), Aufklärung des Patienten und schließlich Durchführung einer laparoskopischen Appendektomie mit anschließender postoperativer Überwachung (Wund- und Drainagekontrolle) und Nachbehandlung (Kostaufbau).
Dieser Prozess kann im Rahmen der Routinetätigkeit schrittweise abgearbeitet und bewertet werden, die Bewältigung stellt jedoch nicht die Kompetenz dar, wie wir sie einem (Militär-) Chirurgen zuschreiben wollen.
Dazu gehört auf der nächsten Stufe die innere Haltung oder Motivation, diese Schritte auch nachts selbstständig durchzuführen, diagnostische Unsicherheiten bei der Indikationsstellung (unauffällige Entzündungswerte) zu bewerten und mit Ihnen zu leben, Verantwortung für das eigene Handeln (Fehldiagnose) zu übernehmen und die Komplikationen (intraabdomineller Abszeß mit Revision) zu bewältigen. Die Kompetenz kann man noch erweitern auf die Beteiligung an Qualitätsverbesserungsprogrammen (SOP Akutes Abdomen für die Notaufnahme), an Forschungsprojekten (Evaluation der Single-Port-Appendektomie) oder an der Ausbildung nachfolgender Kollegen.
Das Ziel eines kompetenzbasierten Weiterbildungscurriculums ist es nun, die übergeordnete Kompetenz zu definieren, sie in Teilkompetenzen zu zerlegen, den Kompetenzerwerb zu operationalisieren und an die Bedürfnisse von Patienten und Weiterbildungsassistenten anzupassen [15]. Dazu wird die Facharztkompetenz in verschiedene Dimensionen strukturiert, diese werden mit Lernzielen hinterlegt, welche über Meilensteine erreicht werden können. Die Messung der Erreichung erfolgt über sogenannte anvertraubare professionelle Tätigkeiten (APT), die in aller Regel mehrere Meilensteine umfassen [16]. Am Beispiel unseres Patienten mit der Appendizitis könnte man als APT die präoperative Vorbereitung definieren. Diese umfasst die Meilensteine
- Herstellung eines „Informend Consent“, also die Aufklärung,
- Bewertung der Befunde und
- Treffen der ärztlichen Anordnungen mit ggf. ergänzender Diagnostik.
Diese Tätigkeiten können innerhalb weniger Minuten evaluiert, die Meilensteine bewertet und als erreicht dokumentiert werden.
Im Weiteren stellen wir drei der bekanntesten kompetenzbasierten Weiterbildungscurricula vor.
Kompetenzbasierte Weiterbildungscurricula
CanMEDS-Framework (Kanada)
Die CanMEDS Rahmenstruktur hat sich unter den Curricula zu einer Art weltweitem Marktführer entwickelt. Sie ist die Grundlage des deutschen nationalen Lernzielkataloges Medizin und wird somit bei nachfolgenden Ärztegenerationen eine tragende Rolle spielen [17]. Ferner stellt sie die Grundlage auch für die Facharztcurricula in der Schweiz und den Niederlanden dar [18, 19].
Der Rahmen strukturiert die ärztliche Kompetenz in sieben Rollen mit dem zentral stehenden medizinischen Experten (Medical Expert), um den sich Kommunikator (Communicator), Teammitglied (Collaborator), Gelehrter/Wissenschaftler (Scholar), Gesundheitsberater (Health Advocate), professionell Handelnder (Professional) und Führungsperson (Leader) gruppieren. Die einzelnen Rollen werden geformt durch Schlüsselkompetenzen (key-competencies), welche weiter in Basiskompetenzen (enabling competencies) unterteilt sind. Diese werden durch Meilensteine im Laufe der Ausbildung erreicht.
Dem CanMEDS Framework liegt ein aufwendiger Konsensusprozess zugrunde, an dem zahlreiche Akteure des Gesundheitswesen beteiligt waren, und der schließlich in dem Idealbild des modernen Arztes mündete [20]. Seit 2005 wird die Struktur kontinuierlich angepasst, ausgebaut und es werden Programme entwickelt, die auf Erreichung dieses Idealbildes im Kontext des jeweiligen Fachgebietes unter Berücksichtigung institutioneller Besonderheiten abzielen. Dies umfasst insbesondere auch Methoden der Messung und Evaluation des individuellen Weiterbildungsfortschritts, seiner Dokumentation sowie der Qualität der Weiterbildung an sich.
ACGME Milestone Project (USA)
In den USA werden die „Residents“ (Weiterbildungsassistenten) nach dem „Milestone„-Projekt des ACGME ausgebildet. Hier werden die Kompetenzdimensionen Patientenversorgung, medizinisches Wissen, praxisbasiertes Lernen, zwischenmenschliche und Kommunikationsfertigkeiten, Professionalität in der Berufsausübung, systembasierte Praxis definiert, die ebenfalls über Meilensteine erreicht werden [21].
ISCP (UK)
Das Intercollegiate Surgical Curriculum Programme in Großbritannien orientiert sich in seinen Zielen an der formulierten „Good Medical Practice“ (gute medizinische Praxis). Es liefert einen ausführlichen Lernzielkatalog für die chirurgischen Fachgebiete und weist einzelnen Ausbildungsabschnitten Kenntnisse, Lernziele und sogenannte Indexprozeduren zu, die den Weiterbildungsfortschritt messbar machen [22].
Allen drei Curricula gemein ist die kontinuierliche Bewertung des Weiterbildungsfortschritts. Hierzu dienen verschiedene Evaluationsinstrumente, wie z. B. standardisierte Bögen zur Bewertung der Durchführung invasiver Tätigkeiten (DOPS).
Zur Dokumentation sind elektronische, internetbasierte ePortfolios entwickelt worden. In diesen können durchgeführte Prozeduren aber auch Veröffentlichungen und Kongressbeiträge nachhaltig gespeichert werden und lassen somit ein konstantes Monitoring zu.
Perspektive
Die Kompetenzorientierung der ärztlichen Weiterbildung wird uns in den nächsten Jahren treffen. Also sollten Strukturen geschaffen werden, die dieser Aufgabe gerecht werden.
Benennen wir dazu Weiterbildungsbeauftragte, die sich um die Organisation der Weiterbildung bemühen wie die Erstellung von Rotationsplänen, Abstimmung mit der jeweiligen Schwesterabteilung im Hause sowie anderen Abteilungen im Systemverbund, Planung von Lehrgängen und zivilen Weiterbildungsabschnitten. Diese müssen natürlich in die Lage versetzt werden, diese Aufgabe adäquat auszufüllen. Zum sogenannten Faculty-Development stehen Postgraduiertenstudiengänge wie der Master of Medical Education [23] oder der in Akkreditierung befindliche Studiengang „Führung in der Medizin“ im Profil „Personalmanagement und Nachwuchsförderung“ des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung der Helmut-Schmidt-Universität zur Verfügung, der für die Zielgruppe der Sanitatsoffiziere geeignet ist. Ohne diese Investition in die Ausbildung der Ausbilder (Train-the-Trainer) wird eine Professionalisierung nicht realistisch sein [16].
Die Weiterbildungsbefugnis kann lokal auf mehrere Schultern verteilt werden. Betrachtet man Basisweiterbildung, Orthopädie/Unfallchirurgie, Spezielle Unfallchirurgie, Allgemeinchirurgie, Viszeralchirurgie, Spezielle Viszeralchirurgie als einzelne Abschnitte auf dem Weg zum „Duo“-Facharzt, kann man die Verantwortlichkeiten trennen, anstatt sie allein in der Hand des Abteilungsleiters zu lassen.
Wenn nötig können verbindliche Kooperationen mit zivilen Abteilungen auch als kumulative Weiterbildung geschaffen werden, um fehlende Ausbildungsinhalte zu ergänzen. Die sollte konkrete Zielvereinbarungen umfassen.
Das aktuell laufende o. g. Evaluationsprojekt zum Einsatzchirurgen wird Teilziele und zugehörige Monitoringinstrumente definieren, um diese zu überprüfen und mit Kennzahlen zu hinterlegen. Dies umfasst die quantitative Auswertung durchgeführter Operationen genauso wie die Erfassung von Fortbildungsveranstaltungen u. ä. [10].
Eine weitere Herausforderung wird die nachhaltige Speicherung dieser Daten sein. Mögliche Instrumente hierzu sind das auf der Open-Source-Lernplattform Moodle basierende iTAPBw oder die ILIAS-Plattform der Helmut-Schmidt-Universität, welche wir derzeit in der eigenen Abteilung für das Curriculum „iSurgery„ nutzen. Sie dient uns zur Hinterlegung von Lerninhalten, also dem Wissensmanagement, wie Verlinkungen zu Fachliteratur, welche über das San-Netz erhältlich ist, oder zu audiovisuellen Medien.
Schaffen wir evaluierbare Ausbildungsmethoden. Im eigenen Vorgehen wurde in diesem Jahr ein standardisiertes Format der Morbiditäts- & Mortalitätskonferenz installiert, welches sich an dem durch das Imperial College of London publizierten SBAR-Schema (Situation, Background, Assessment, Recommendiation) orientiert [24]. Hier werden evidenzbasiert klinische Fälle aus der nahen Vergangenheit problemorientiert aufgearbeitet, bewertet, Handlungsoptionen operationstechnischer Art oder im perioperativen Management aufgezeigt und möglichst konkrete Maßnahmen sowie eine Take-home-massage abgeleitet. Die abschließende elektronische Evaluation durch das Auditorium wird den Vortragenden und dem Moderator zeitnah zurückgespiegelt. Ausbildung, Fehlerkultur, Kommunikation und Komplikationsmanagement greifen hier eng ineinander. Zwischenmenschliche Faktoren der Zusammenarbeit und Kommunikation, die häufig outcomebestimmend sind, stellen kein Tabu in diesen Besprechungen dar.
Die Teilnahme an weiteren Evaluationen der Ärztekammern sollte forciert und aktiv beworben werden, um die Wahrnehmung der Weiterbildungsassistenten realistisch beurteilen zu können.
Die Ausbildung im OP ist sicher ein zentraler Teil eines Konzeptes zur modernen Weiterbildung. Hier können bereits vorhandene Ausbildungsinstrumente wie der Laparoskopietrainer verbindlich eingebunden werden. Im eigenen Bereich wird dies durch ein schrittweises Konzept sichergestellt, das dem Assistenten nach Erreichen bestimmter Meilensteine Teilschritte einer Operation ermöglicht bis hin zur kompletten selbstständigen laparoskopischen Cholezystektomie, die bereits im ersten Weiterbildungsabschnitt erreicht werden kann (s. Abb. 3).
Weitere Ausführungen zur Durchführung von Lehrassistenzen und deren Evaluation geben genug Stoff für weitere Publikationen. Alle Konzepte brechen aber mit der „Ich zeig es Ihnen lieber noch einmal!“-Tradition, die aus falsch verstandenem Interesse am Operationserfolg sowie ökonomischen Erwägungen weit verbreitet ist.
Viele dieser Konzepte und Maßnahmen und noch viele mehr sind sicher in Ihren Abteilungen implementiert. Die Frage ist, wie diese in Zukunft zu einem nachhaltigen, einheitlichen und zentral handhabbaren Weiterbildungscurriculum Militärchirurg gebündelt werden können, um dem anfangs formulierten Auftrag gerecht zu werden. z
Literatur beim Verfasser.
Anschrift für die Verfasser:
Oberfeldarzt Dr. Chris-Henrik Wulfert
Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Abteilung II (AVTCH)
Lesserstr. 180
22049 Hamburg
E-Mail: chrishenrikwulfert@bundeswehr.org
Datum: 19.08.2016
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2016/2