DGTI mahnt: Blutspenden sind unverzichtbar – auch in Krisensituationen

Köln, September 2025 – In militärischen Einsätzen, bei Terroranschlägen oder Naturkatastrophen kann eine rechtzeitige Bluttransfusion über Leben und Tod entscheiden. Die Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie e. V. (DGTI) macht anlässlich ihrer Jahrestagung auf die entscheidende Rolle der Blutversorgung im Krisenfall aufmerksam. Denn ohne ausreichende Spenden sind medizinische Rettungsmaßnahmen schnell am Limit – im Alltag ebenso wie im zivilen oder militärischen Krisenfall. Die DGTI ruft deshalb dringend zur regelmäßigen Blutspende auf. 

Verletzungen mit starkem Blutverlust gehören zu den häufigsten Todesursachen in Krisensituationen mit vielen Verletzten– sei es in militärischen Einsätzen oder bei zivilen Großschadenslagen. „Bei den sogenannten penetrierenden Verletzungen, beispielsweise durch Splitter, spitze Gegenstände oder in militärischen Konflikten durch Waffen, haben wir einen erhöhten Bedarf an Blutprodukten. Gerade in solchen Fällen ist eine schnelle Gabe von Blut entscheidend. Verzögert sich die Transfusion, steigt das Risiko zu versterben mit jeder Minute um zwei bis drei Prozent“, sagt Dr. med. Diana Sauer, Oberfeldarzt und Direktorin der Abteilung für Transfusionsmedizin und Hämotherapie am Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz. 

Hier zeigt sich, wie sehr medizinische Erkenntnisse aus der militärischen Notfallversorgung auch im zivilen Bereich helfen können: „Wir wissen heute, dass eine frühe Gabe von Vollblut – wie es direkt aus der Vene gespendet wird – bei schweren Blutungen besser wirkt als Infusionslösungen oder eine spätere Therapie mit einzelnen Blutbestandteilen“, erklärt Sauer. Die Bundeswehr darf Vollblut als ultima ratio aufgrund einer Verfahrensanweisung im Ausland bei militärischen Einsätzen nutzen – in Deutschland ist Vollblut bisher noch nicht zugelassen.  

Blutspenden retten täglich Leben – nicht nur in Krisen

Die Blutversorgung hängt immer von der Spendenbereitschaft ab. „Jede Person, die Blut spendet, trägt zur Sicherheit der Versorgung bei. Nicht nur, aber natürlich insbesondere in Krisensituationen“, betont Sauer. Schon jetzt gibt es Phasen, in denen die Bestände knapp werden – vor allem bei Blutgruppen, die universell einsetzbar oder empfangbar sind. „Besonders wertvoll sind hier regelmäßige Spendende, deren Blutgruppe bekannt ist und bei denen wir wissen, ob sie durch Blut übertragbare Infektionserreger in sich tragen. Das ist ein entscheidender Vorteil, wenn in einer Krisensituation die Diagnostik eingeschränkt ist.“ 

Herausforderung: Blutversorgung im Ernstfall

Krisenlagen stellen die Blutversorgung vor besondere Herausforderungen. Zerstörte oder blockierte Transportwege, der Ausfall von IT- und Kommunikationssystemen, ein Mangel an medizinischem Personal und Spendenden oder Engpässe bei universal einsetzbaren Blutprodukten können die Lage erheblich verschärfen. Auch eine beschädigte Infrastruktur, etwa bei Blutspendeeinrichtungen oder Lagerstätten, kann die Bereitstellung lebenswichtiger Blutkonserven behindern. Hinzu kommen mögliche Lieferengpässe bei essenziellen Materialien wie Blutbeutelsystemen oder Laborausstattung. „Corona hat uns gezeigt, dass Lieferketten schnell an ihre Grenzen stoßen. Daraus müssen wir lernen“, so Sauer. 

Nationale und internationale Zusammenarbeit entscheidend

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen eine Vielzahl an Fragestellungen bereits jetzt erarbeitet werden: Wie werden Menschen kurzfristig für eine Blutspende mobilisiert? Wie kann eine hinreichende Materialbevorratung sichergestellt werden? Wie können Blutprodukte unbürokratisch über Grenzen hinweg verteilt werden?  

Dafür braucht es umfassende Krisenpläne: „Auf nationaler und internationaler Ebene werden derzeit bereits Lösungsansätze erarbeitet. Um den Herausforderungen im Bereich der Blutversorgung in Krisensituationen zu begegnen, müssen Expertinnen und Experten aus Medizin, Politik, Recht und Wirtschaft zusammenarbeiten“, so Sauer. „Ziel ist es, auch in Ausnahmesituationen die Versorgung der Patientinnen und Patienten so sicher wie im Alltag zu gewährleisten – für Spendende wie für Empfangende“, fasst Sauer zusammen.  


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