Bedeutung prädisponierender Faktoren zur Ausbildung intrakranieller chronischer Subduralhämatome bei jungen Patienten
Zusammenfassung
Hintergrund: Chronische Subduralhämatome (cSDH) sind eine typische Folgeerkrankung nach einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT). Zumeist sind ältere Erwachsene nach milderen SHT betroffen. Aber auch junge Patienten können in seltenen Fällen ein cSDH entwickeln, wie 3 Fallbeispiele zeigen. Die Charakterisierung spezieller anatomischer und demographischer Faktoren eines jungen Patientenkollektivs mit cSDH soll hier vorgestellt werden.
Methode: Im Rahmen einer retrospektiven Auswertung wurden 60 Patienten mit cSDH im Alter <50Jahren hinsichtlich des Vorliegens einer Prädisposition (Hämostasestörung, Liquorungleichgewicht, zerebrale Malformation, Drogen-/ Alkoholabusus) untersucht. Es fanden sich 36 Patienten mit wenigstens einem solchen prädisponierenden Faktor. Für beide Gruppen (mit und ohne Prädisposition) wurden folgende Parameter analysiert: Schwere des SHT, Zeitraum vom SHT bis zur Diagnose, Zeitdauer der Symptomatik sowie klinische Hauptsymptome. Zudem wurden Hämatomgröße und Blutungsbilateralität sowie das Rezidivverhalten und die Häufigkeit von Revisionsoperationen differenziert ausgewertet.
Ergebnisse: Kopfschmerz ist das führende klinische Symptom unabhängig vom Vorliegen einer Prädisposition. Die häufigsten Prädispositionen waren Liquorunterdruck (n = 13), Hämostase-Störungen (n = 12) und anatomische Malformationen (n = 9). Patienten mit Prädisposition zeigen gegenüber jenen ohne Prädisposition signifikant geringgradigere SHT, größere Hämatome und längere Intervalle vom Trauma bis zur Diagnosestellung des Hämatoms. Auch die Rate an bilateralen Hämatomen und Rezidiven war in der Gruppe mit Prädisposition erhöht.
Diskussion und Fazit: Auch junge Patienten können ein cSDH entwickeln. Patienten mit prädisponierenden Faktoren zeigen stellenweise andere Charakteristika auf. Sollten cSDH bei unter 50-Jährigen festgestellt werden, ist eine Ursachenabklärung hinsichtlich spezifischer Prädispositionen anzuraten. Bei jungen Patienten mit bereits bekannter Prädisposition muss auch nach banal erscheinendem SHT eine gründliche Kontrolle erfolgen und Betroffene müssen für das erhöhte Risiko zur verzögerten Ausbildung eines cSDH sensibilisiert werden. Die Prädisposition zum cSDH muss zudem Einfluss in die Entscheidungen bei Tauglichkeitsprüfungen für bestimmte militärische Dienste finden.
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Wehrmedizinische Monatsschrift 6-7/2022
Für die Verfasser:
Flottillenarzt Priv.-Doz. Dr. Chris Schulz
Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Klinik XII – Neurochirurgie
Oberer Eselsberg 40, 89081 Ulm
E-Mail: chrisschulz@bundeswehr.org