17.02.2020 •

MINUSMA und EUTM – SanDst in Mali

Aus dem Einsatzführungskommando (Befehlshaber: Generalleutnant E. Pfeffer)

Deutschland beteiligt sich in Mali an zwei Einsätzen: European Training Mission (EUTM) und Mission multidimensionnelle ­intégrée des Nations Unies pour la stabilisation au Mali (MINUSMA).

Hintergrund

Im Norden Malis gründeten Ende 2011 Tuareg eine Nationale Bewegung für die Befreiung des Azawad („Mouvement National de Libération de l‘Azawad“, MNLA). Sie begannen im Januar 2012 einen Aufstand gegen die Regierung, mit dem Ziel, die Unabhängigkeit des Nordens zu erreichen. Sie verbündeten sich mit diversen, teils radikal-islamistischen Gruppierungen. Den Aufständischen gelang es, weite Teile des Nordens unter ihre Kontrolle zu bringen. Im April 2012 proklamierten sie einen autonomen Staat, „Azawad“, der international jedoch keine Anerkennung fand. Parallel zu den Kämpfen im Norden kam es im März 2012 in der Hauptstadt Bamako zu einem Militärputsch. Im Januar 2013 intervenierte Frankreich, das als ehemalige Kolonialmacht intensive Beziehungen zu Mali unterhält, auf Bitten der Regierung mit der Operation „Serval“ im Norden, um die Islamisten zurückzudrängen. Die Streitkräfte der Staaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) führten parallel die militärische Mission AFISMA („African-led International Support Mission to Mali“) zur Stabilisierung Malis durch.

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Malische Absolventen der Ausbildung
Die Kernaufgaben von MINUSMA umfassen die Unterstützung von Waffenruhevereinbarungen und von vertrauensbildenden Maßnahmen zwischen den Konfliktparteien sowie die Umsetzung des Abkommens für Frieden und Aussöhnung in Mali. Ebenso wird das Herstellen der staatlichen Autorität im gesamten Land und die Reform des malischen Sicherheitssektors unterstützt sowie der Schutz der Menschenrechte und der humanitären Hilfe gefördert.

Die deutsche Beteiligung an MINUSMA ergänzt die eigene ­Beteiligung an der von der EU seit 2013 geführten Ausbildungsmission EUTM Mali für die Sicherheitskräfte der G5-Sahel (Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso, Tschad), derzeit in Koulikoro.

Die dabei von der europäischen Trainingsmission ausgebildeten malischen Streitkräfte werden unter anderem im Norden Malis zur Stabilisierung und Wiederherstellung der staatlichen Integrität eingesetzt. Diese sollen langfristig die VN-Mission ersetzen.

Mandate und Entwicklung

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Luftaufnahme der Sanitätseinrichtung in Koulikoro während des Umbaus von LSE zu MSE (2014)
Am 28. Februar 2013 billigte der Deutsche Bundestag erstmals die Entsendung von Streitkräften zur internationalen Unterstützungsmission in Mali unter afrikanischer Führung (AFISMA) auf Grundlage der Resolution 2085 (2012) des VN-Sicherheitsrats. Deutschland stellte Lufttransportkapazität für Transporte aus den Anrainerstaaten nach und innerhalb Malis bereit. Es führte zudem Lufttransporte und Luftbetankungen für die französischen Streitkräfte in unmittelbarer Unterstützung von AFISMA durch. Nachdem der VN-Sicherheitsrat am 25. April 2013 mit Resolution 2100 (2013) die Einrichtung der MINUSMA beschlossen hatte, wurde nach Zustimmung des Deutschen Bundestages vom 27. Juni 2013 die deutsche Unterstützung von AFISMA in die Unterstützung von MINUSMA überführt.

An der Stabilisierungsmission in Mali beteiligen sich aktuell mehr als 50 Nationen mit rund 13 100 Blauhelmsoldaten, circa 1 700 Polizisten und Zivilpersonal.

Der Großteil des deutschen Einsatzkontingentes ist in Gao (Camp CASTOR) stationiert. Deutschland stellt aber auch Personal für das Forces Headquarters in Bamako und betreibt in Niamey, der Hauptstadt des benachbarten Niger, einen Lufttransportstützpunkt, um Material- und Personaltransporte und taktischen Verwundetenlufttransport zu gewährleisten.

Sanitätsdienst bei EUTM

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Beweglicher Arzttrupp im Konvoi
Die truppenärztliche, truppenzahnärztliche Versorgung sowie die notfallchirurgische und erste klinische Versorgung in Koulikoro wurden zunächst durch ein Rettungszentrum (Role 2) als Luftverlegbare Sanitätseinrichtungen (LSE) sowie mobile MEDEVAC-Elemente gewährleistet. Aufgrund der hohen Belastung durch Wetter und Klima wurde die lediglich für einen kurzen Zeitraum geeignete „Zeltlösung“ durch die modulare Sanitätsausstattung (MSE) ersetzt. Organisatorisch sind die Sanitätskräfte in einer Sanitätskompanie gegliedert; Serbien sowie Spanien beteiligen sich mit jeweils einem beweglichen Arzttrupp (BAT) an der notfallmedizinischen Versorgung. Den tropenmedizinischen Herausforderungen des Einsatzgebiets wird durch die Ausbringungen von Tropenmedizinern oder tropenmedizinisch fortgebildeten Truppenärzten sowie telemedizinischer Unterstützung Rechnung getragen.

Hubschrauber im Rahmen AIRMEDEVAC stehen durch einen zivilen Anbieter in vertraglicher Verantwortung des HQ EUTM zur Verfügung.

Die Absicht Deutschlands und so auch der EU angezeigt ist die Rückverlegung des Rettungszentrums nach Deutschland.

Sanitätsdienst bei MINUSMA

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Role 1 in Gao
In GAO wurde zur Versorgung des deutschen Einsatzkontingentes eine Sanitätseinsatzstaffel mit Kräften zur truppenärztlichen und notfallmedizinischen Versorgung und mobilen Kräften zur notfallmedizinischen Versorgung sowie Laborfähigkeiten (z. B. für tropenmedizinische Untersuchungen und die für den Betrieb des Feldlagers erforderliche Analyse von Brunnenwasser) aufgestellt.

Eine deutsche Role 2 mit Operationsgruppe ist derzeit vor Ort nicht erforderlich, weil die chirurgische Versorgung durch eine französische Versorgungseinrichtung (Role 2) im Camp BARKHANE, dem Lager der gleichnamigen, rein französischen Operation in Mali sichergestellt wird. Das Camp liegt nur zwei Kilometer vom Camp CASTOR in Gao entfernt.

Vor dem Hintergrund der operativen Lageentwicklung und des Zeitbedarfs zur Verlegung aus Deutschland wurde infrastrukturell und materiell auf MSE-Basis eine Role 2 im Camp Castor ausgebracht. Das Personal zum Betrieb dieser Role 2 befindet sich größtenteils in Rufbereitschaft in Deutschland. Somit kann auf Lageänderung wie Verschlechterung der Sicherheitslage kurzfristig reagiert werden. Beabsichtigt ist, die MSE durch eine feste Infrastruktur abzulösen.

Verwundetenlufttransport ist auch in diesem Einsatzgebiet aufgrund schlechter Straßenverhältnisse und den großen Entfernungen von essentieller Bedeutung. Diese Fähigkeit wurde zunächst durch NLD mit CH 47, dann durch DEU mit NH 90 und zuletzt von CAN mit CH 47 und zukünftig durch ROU mit IAR 330 PUMA gestellt.

Sanitätsdienst in Niamey

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A400 M im Rahmen Stratairmedevac
In Niamey, der Hauptstadt der Republik Niger, dem östlichen Nachbarland Malis, sind zwei Transportluftfahrzeuge Transall C-160 stationiert.

Der taktische Verwundetenlufttransport dient der Gewährleistung einer bruchfreien, belastbaren medizinischen Rettungskette sowohl für deutsche Soldatinnen und Soldaten im Einsatzraum Mali, die im Rahmen von MINUSMA und EUTM Mali eingesetzt sind, als auch für die Soldatinnen und Soldaten anderer Nationen, die im Rahmen oben genannter Missionen sowie französische Soldatinnen und Soldaten der Operation BARKHANE eingesetzt werden. Der Lufttransportstützpunkt beinhaltet inzwischen auch eine „Casualty Staging Unit“ zur Aufnahme und Behandlung von Verwundeten bis zu einem Weitertransport nach Deutschland zur abschließenden Behandlung.

Zusammenfassend hat sich auch in Mali die multinationale Zusammenarbeit auf allen Ebenen auch vor dem Hintergrund der Kräfteersparnis bewährt. Darüber hinaus hat sich die große Bedeutung des Verwundetenlufttransportes wiederholt bestätigt.

Bei Einsätzen in Afrika ist neben der traumatologischen insbesondere auch die infektiologische Rettungskette von besonderer Bedeutung. 

 

Für die Verfasser:
Oberfeldarzt Dr. Volker Scheerer
Einsatzführungskommando der Bundeswehr
Werderscher Damm 21 - 29
14548 Schwielowsee
E-Mail: VolkerScheerer@bundeswehr.org 

Alle Abbildungen: Einsatzführungskommando der Bundeswehr

 

Datum: 17.02.2020

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 4/2019

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