Die Grenze der Auflösung eines konventionellen Lichtmikroskops wird bei einer 1000-fachen Vergrößerung erreicht. Die Verwendung von Elektronenstrahlen und Magnetspulen als Linsen – das Elektronenmikroskop – überwindet diese physikalische Grenze. Die theoretischen physikalischen Grundlagen waren bereits im 19. Jahrhundert gelegt. Als in den zwanziger Jahren durch den deutschen Physiker Hans Busch die Grundlagen der Elektronenoptik erarbeitet wurden, war der Weg frei für die Entwicklung eines funktionierenden Elektronenmikroskops. Ernst Ruska und Max Knoll konstruierten in den Laboratorien der Firma Siemens in den 30er Jahren in Berlin die ersten funktionierenden Geräte. 50 Jahre später, im Jahr 1986, erhielt Ernst Ruska dafür den Nobelpreis. Unter Manfred von Ardenne und Max Knoll wurde dann das Rasterelektronenmikroskop entwickelt. Elektronenmikroskope waren bis zur Einführung von PCR-Analysen der Goldstandard zur Virusdiagnostik.

aus der Gruppe der Amphibol-Asbeste. Die Morphologie ist charakteristisch
geradlinig und das Elementspektrum zeigt eine typische
Zusammensetzung aus Silizium (Si), Eisen (Fe), Magnesium (Mg) und
Calcium (Ca).
Das erste Elektronenmikroskop der Bundeswehr wurde 1962 in Koblenz am damaligen „Institut für Wehrmedizin und Hygiene“ in Betrieb genommen. Im Jahr 1974 wurde eine eigene „Laborabteilung Elektronenmikroskopie“ gegründet, welche in den nächsten Jahren mit weiteren Fachabteilungen wie der „Medizinischen Mikrobiologie“ unter dem Namen „Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Koblenz“ zusammengefasst wurde. Unter anderem war die „Laborabteilung Elektronenmikroskopie“ zu dieser Zeit in den „Pockenalarmplan“ des Bezirks integriert. (Im Kreis Monschau in der Eifel brach noch Anfang der Sechziger Jahre eine kleine, aber hoch spektakuläre Pockenepidemie aus.)

eines Nierensteins. Die makroskopische Aufnahme zeigt ein Exemplar
eines Nierensteines. Die REM-Aufnahme zeigt Calziumoxalat-typische
trianguläre Strukturen. Das dazugehörige Spektrum mit Kalzium, Kohlenstoff
und Sauerstoff. Die Goldpeaks stammen von der Beschichtung.
Mit der Auflösung des „Zentralen Institutes des Sanitätsdienstes“ im Jahr 2017 wurde die „Laborgruppe Elektronenmikroskopie“ dem Institut für Pathologie (Abteilung XIII) des Bundeswehrzentralkrankenhauses angegliedert und befindet sich in der Außenstelle Rheinkaserne in Koblenz. 2021 wurde unter ärztlicher Leitung eine umfassende Regenerierung des Materialbestandes vorgenommen. Zentraler Bestandteil der Regenerationen sind hierbei die beiden neuen Elektronenmikroskope, welche die bisherigen etwa 30 Jahre alten Geräte ersetzen. Bei der Beschaffung wurde Wert auf möglichst leistungsstarke Geräte mit umfangreichen Features gelegt. Außerdem verfügen wir über neue, hochwertige Geräte zur Makrofotografie mit entsprechend moderner Technik zur Bildakquise.

Kokken- und Stäbchenbakterien.
Zur Untersuchung der Proben in einem Elektronenmikroskop erfolgt zunächst eine umfangreiche Präparation, damit die Proben dem Vakuum sowie dem Elektronenstrahl standhalten. Das neue Rasterelektronenmikroskop „GeminiSEM 360“ der Fa. Zeiss wird hauptsächlich für Materialanalysen von Feststoffen verwendet, kann aber auch zur Analyse von biologischen Präparaten eingesetzt werden. Durch das Auftreffen eines Primärelektronenstrahls auf die Probenoberfläche werden abhängig vom jeweiligen Material sowie der eingestellten Beschleunigungsspannung Sekundärelektronen erzeugt, die durch verschiedene Detektorsysteme für die Bilddarstellung der Probenoberfläche genutzt werden können. Die zu untersuchenden Proben werden üblicherweise vor der Abbildung im Rasterelektronenmikroskop (REM) mit einer elektrisch-leitenden Schicht aus Gold versehen. So können Materialkontraste und Topographien sehr gut dargestellt werden. Zudem werden die erzeugten Röntgenstrahlen (engl. X-ray) für die sogenannte „Energiedispersive Röntgenspektroskopie“ (engl. energy dispersive X-ray spectroscopy, EDX) genutzt.
Mithilfe der EDX kann eine qualitative und in gewissem Umfang auch eine quantitative Bestimmung der Elementzusammensetzung der untersuchten Materialien durchgeführt werden. Beispielsweise können mittels rasterelektronenmikroskopischer Untersuchung Faser- und Staubanalysen durchgeführt werden. So können z. B. Asbestfasern anhand ihrer Morphologie und Elementzusammensetzung charakterisiert werden und eine Differenzierung der Fasern in Chrysotil-Asbest, verschiedene Amphibol-Asbeste oder sonstige anorganische Fasern erfolgen. Die verwendete Methode dient unter anderem als ergänzende Detektion von Asbestfasern in Lungengewebe im Kontext von asbestassoziierten Erkrankungen wie Lungenkrebs und Mesotheliomen. Weiterhin ist beispielsweise über den Zusammenschau der Morphologie und des Chemismus die Analyse von Nierensteinen oder sonstigen Konkrementen möglich. Ferner die schnelle Einordnung von unbekannten Substanzen (z. B. „weißes Pulver in einem Umschlag“, Umweltgifte, wie mit Schwermetall belastete Schlacken etc.) Selbstverständlich können auch biologische Präparate wie Bakterien oder Insekten und vieles mehr. visualisiert werden.

mit typisch spiegeleiartiger Morphologie.
Das Transmissionselektronenmikroskop „JEM-2100 Plus“ dient zur Darstellung von biologischen Proben wie Gewebeschnitten, Zellstrukturen, Mikroorganismen, Viren, Phagen oder Makromolekülen. Die Probe wird hierbei in ultradünne Schichten (< 100 nm) geschnitten, mit Schwermetallionen kontrastiert und auf einem Netzchen (Grid), als Objektträger in die vakuumdichte Säule des Transmissionselektronenmikroskops (TEM) eingebracht. Ein Teil der Primärelektronen des anregenden Elektronenstrahls tritt dabei auf der Rückseite der Probe wieder aus (Transmission.) Mithilfe dieser transmittierten (nicht absorbierten) Elektronen wird eine Abbildung erzeugt. Ein hinter der Probe angeordnetes System aus mehreren Magnetspulen als Linsen bildet dann ein vergrößertes, hochauflösendes Durchlicht-Elektronenbild. Je höher die hierbei verwendete Beschleunigungsspannung ist, desto größer ist die theoretische Auflösung. Das von uns verwendete Transmissionselektronenmikroskop „JEM-2100 Plus“ erreicht hierbei eine Beschleunigungsspannung von bis zu 200 kV und kann somit formal eine Auflösung von bis zu 0,2 nm liefern, sodass selbst Darstellungen von Objekten im Nanometerbereich mit atomarer Auflösung denkbar sind. Durch die elektronenmikroskopische Untersuchung kann eine Analyse des Probenmaterials auf verschiedene, ggf. unbekannte Krankheitserreger umgesetzt werden. Darstellung von kleinsten Viruspartikeln inklusive. Beispielsweise über das Verfahren der Negativ-Kontrastierung als Schnelldiagnostik (ca. 20 min für den Nachweis von Viren unter optimalen Bedingungen) zur ersten (ggf. notfallmäßigen) Einordnung eines Krankheitserregers oder der additiven Diagnostik zur Qualitätskontrolle.
Die Anwendungsgebiete der Elektronenmikroskopie sind vielfältig. Zudem kann in Kombination mit den vorhandenen Fähigkeiten des Institutes für Pathologie eine umfassende Analyse in Zusammenschau mit molekularen, histologischen, immunhistologischen sowie ultrastrukturellen Veränderungen erzielt werden. Klinisch spielt das Elektronenmikroskop im Kontext von Muskelerkrankungen und Erkrankungen der peripheren Nerven sowie glomerulärer Läsionen in den Nieren nach wie vor eine zentrale Rolle in der Diagnostik. Auch interdisziplinäre Kooperationen innerhalb der Bundeswehr sowie zivil-militärische Wissenschaftsprojekte mit Universitäten können unterstützt werden. Die Einrichtung soll konzeptionell eine „Core Facility“ abbilden, die prinzipiell allen Einrichtungen der Bundeswehr Zugang zu modernster Forschungsinfrastruktur ermöglichen soll.

Je nach Auftragslage, Art und Umfang der Projekte kann eine unmittelbare praktische Beteiligung der jeweiligen Auftraggeber erforderlich werden. Aktuell wird die Einrichtung von einem Facharzt für Pathologie und einer Biologin, beide im Nebenamt, sowie einer Vollzeit-MTLA und einer Mediengestalterin betreut. Standarduntersuchungen (z. B. Steinanalysen) können in Kürze unter Verwendung eines Einsendescheines (Homepage des Institutes für Pathologie des BwZKrhs) angefordert werden. Elektronenmikroskopische Techniken erfordern jedoch mitunter spezielle Anforderungen, weshalb bei bestimmten Fragestellungen eine vorherige Absprache vor Gewinnung bzw. Versand einer Probe grundsätzlich zu empfehlen ist.
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 1/2025
Für die Verfasser:
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
OFA Dr. (H) Alexander Ammon
Institut für Pathologie
Andernacher Straße 100
56070 Koblenz