Die Sanitätsakademie der Bundeswehr – einzigartig in den Streitkräften

W. Kring

Luftaufnahme SanAkBw
Bundeswehr

Auftrag

Die Sanitätsakademie der Bundeswehr (SanAkBw) vereint in ihrem Portfolie mehrere Kernfelder. Zum einen forscht sie im Auftrag des Sanitätsdienstes der Bundeswehr zur wehrmedizinischen Wissenschaft und Fähigkeitsentwicklung. Zum anderen bildet sie SoldatInnen des Sanitätsdienstes aus, entwickelt sanitätsdienstliche Konzepte, streitkräftegemeinsame Fähigkeiten und Tech­nologien. Zudem stellt die SanAkBw den Medizinischen ABC-Schutz – den Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Waffen – für die Bundeswehr bereit.

Geschichte

Ihren heutigen Namen erhielt die SanAkBw 1997, ihre Wurzeln reichen jedoch weiter zurück: Im kommenden Jahr wird sie das 60-jährige Bestehen feiern.

Historisch gehen die Vorläufer der militärmedizinische Ausbildungseinrichtung in Deutschland bereits auf die Gründung eines Theatrum anatonicum im Jahr 1712 und einige Jahre später, 1724, mit der Aufstellung eines Collegium medico-chirurgium der preußischen Armee zurück. Auch die medizinisch-chirurgische Pépinière von 1795 gehört in die Ahnenreihe militärmedizinischer Ausbildungseinrichtungen. Die später in Kaiser-Wilhelms-Akademie umbenannte Einrichtung prägte schon damals den Leitsatz: Scientiae – Humanitati – Patriae, der sich noch heute im Foyer des Stabsgebäudes der SanAkBw befindet. Mit mehreren Unterbrechungen des Lehrbetriebs und Umbenennungen (zuletzt als Militärärztliche Akademie bezeichnet), wurde diese Institution im Frühjahr 1945 endgültig aufgelöst.

Nach Gründung der Bundeswehr wurde im Mai 1956 die Sanitätstruppenschule des Heeres in Degerndorf am Inn, im oberbayerischen Landkreis Rosenheim, aufgestellt. Ihr Auftrag war die militärmedizinische Ausbildung von Sanitäts-, Truppen- und Unteroffizieren. Schon 1957 wurde sie zur besseren Anbindung an Universitäten und Krankenhäuser nach München in die Luitpold-Kaserne verlegt und zwei Jahre später in Sanitätsschule der Bundeswehr umbenannt. Dort folgte ein rascher Aufbau zu einem Ausbildungszentrum aller drei Teilstreitkräfte und eine Intensivierung des Lehrbetriebs. Es wurden erstmals neben Einweisungs- und Laufbahnlehrgängen für alle Dienstgradgruppen auch Verwendungslehrgänge zur Qualifikation von Sanitätsunteroffizieren und -mannschaften implementiert.

1963 erfolgte die Umbenennung der Sanitätsschule in Akademie des Sanitäts- und Gesundheitswesens der Bundeswehr, womit programmatisch ein hoher qualitativer Anspruch als Bildungseinrichtung erhoben wurde. Zusätzlich schloss der Sanitätsdienst der Bundeswehr damit, zumindest im Hinblick auf die Namensgebung, an die Tradition der früheren militärärztlichen Akademien an. 1980 bezog die Akademie ihr heutiges Domizil in der Ernst-von-Bergmann-Kaserne in München. Zudem verschmolz sie mit Fachabteilungen und Ressortforschungsinstituten aus dem ehemaligen Sanitätsamt zu einem neuen Kompetenzzentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Die „neue“ SanAkBw bereitet Erkenntnisse aus Einsatz, Wissenschaft und Fähigkeitsanalyse auf und setzt diese in sanitätsdienstliche Aus-, Fort-, und Weiterbildung um.

Ab 2023 wird das neu geschaffene Institut für Wehrmedizinische Ethik der SanAkBw unterstellt.

Gliederung

Die SanAkBw in München untersteht dem Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr in Koblenz. Sie setzt sich zusammen aus dem klassischen militärischen (Akademie-)Stab, dem Direktorat Ausbildung und Lehre Gesundheitsversorgung der Bundeswehr, dem Direktorat Wehrmedizinische Wissenschaft und Fähigkeitsentwicklung Sanitätsdienst sowie drei angegliederten Forschungsinstituten. Ziel dieser Organisationsstruktur ist es, einen stetigen Wissensaustausch zwischen Forschung, Entwicklung und Ausbildung zu gewährleisten, um jederzeit die eigene Ausbildung an den medizinischen und technischen Fortschritt anzupassen.

Das Direktorat Ausbildung und Lehre Gesundheitsversorgung der Bundeswehr konzipiert die Aus-, Fort- und Weiterbildung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Es legt den Inhalt der Unterrichte fest und koordiniert den laufenden Lehrbetrieb. Jährlich nehmen bis zu 9 000 SoldatInnen an Laufbahnlehrgängen oder Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen teil. Das gesamte Führungspersonal des Sanitätsdienstes, Unteroffiziere mit und ohne Portepee, Sanitätsoffiziere und Sanitätsstabsoffiziere, Offiziere und Stabsoffiziere des Truppendienstes und Offiziere des militärfachlichen Dienstes durchläuft hier die der jeweiligen Laufbahn entsprechende Laufbahnausbildungen. Moderne Ansätze, wie die Kompetenzorientierte Ausbildung oder deren Digitalisierung gehören heutzutage zu den Schwerpunkten der Entwicklung und Qualitätssteigerung.

Das Direktorat Wehrmedizinische Wissenschaft und Fähigkeitsentwicklung Sanitätsdienst ist verantwortlich für Forschung und Entwicklung an der SanAkBw. Darüber hinaus verfügt das Direktorat mit der Tierschutzbeauftragten der Bundeswehr und dem Medizinischen ABC-Schutz zwei einzigartige Fähigkeiten innerhalb der Bundeswehr.

Ein Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit des Instituts für Radiobiologie der Bundeswehr liegt in der Erforschung molekularer und zellulärer Mechanismen der Strahlenreaktion. Zudem werden geeignete diagnostische Verfahren zur Beurteilung eines Strahlenschadens entwickelt. Der Grundstein für die experimentelle Tätigkeit im Medizinischen A-Schutz wurde in den Anfangsjahren der Bundeswehr durch den späteren Oberstarzt Dr. Messerschmidt gelegt, Anfang der 1980er Jahre entstand schließlich das heutige Forschungsinstitut.

Das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr befasst sich mit einer Vielzahl von Infektionserregern und Biogiften, die als biologische Kampfstoffe eingesetzt werden können. Die Entwicklung stationärer und mobiler Nachweisverfahren von biologischen Kampfstoffen ist einer der Forschungsschwerpunkte des Instituts. Seine Fähigkeiten waren besonders in der Coronapandemie international stark gefragt und bildete einen Schwerpunkt in den letzten Jahren. Das Institut geht auf die 1959 eingerichtete „Sanitäts-Lehr- und -Arbeitsgruppe ABC-Schutz“ der Sanitätsschule der Bundeswehr zurück. Aus dieser Lehreinrichtung entwickelte sich im Lauf der Jahre ein Forschungsinstitut für Fragen des biologischen Schutzes. Seit dem letzten Unterstellungswechsel 2013 untersteht es zum wiederholten Male der SanAkBw.

Beim Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr steht die Entwicklung von Antidoten und alternativen Therapieverfahren zur Behandlung von Vergiftungen durch Haut- und Nervenkampfstoffen im Vordergrund. Zudem ist das Institut in der Lage, Vergiftungen durch chemische Kampfstoffe nachzuweisen. Auch das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr kann auf eine bewegte Geschichte seit Mitte der 1960er Jahre zurückblicken.

Die diversen und vielschichtigen Fähigkeitsprofile der SanAkBw vereint, ergeben als Ganzes eine für sich einzigartige Dienststelle. International hoch anerkannt und vernetzt mit zahlreichen zivilen Forschungseinrichtungen sowie mit vergleichbaren Dienststellen der NATO-Partner bildet sie nicht nur das Rückgrat des Medizinischen ABC-Schutzes der Bundeswehr, sondern ist auch ein äußerst innovatives Leistungszentrum für Forschung und Ausbildung über die gesamte militärmedizinische Bandbreite. 


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