Das Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz

65 Jahre des Wandels im Dienste der Gesundheit

R. Haben

Bundeswehr/BwZKrhs Koblenz

1957 übernahm die gerade neu aufgestellte Bundeswehr das damals als Standortlazarett gebaute „André Curtillat Lazaret“ in Koblenz von der französischen Armee. Heute, 65 Jahre danach, findet also ein von der Bevölkerung weitgehend unbemerktes Jubiläum statt. Die Entwicklung vom Bundeswehrlazarett zum Bundeswehrzentralkrankenhaus (BwZKrhs) mit den dazugehörenden Meilensteinen soll im nachfolgenden Artikel dargestellt werden.

Neben fünf weiteren Krankenhäusern auf dem damaligen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland übernahm die Bundeswehr das „Zentrallazarett der Bundeswehr“ am 02.07.1957. Hintergrund für die Namensgebung war nicht nur die geographisch zentrale Lage in Deutschland, sondern auch die Nähe zum damaligen Regierungssitz in Bonn. Im Jahr 1965 erfolgte die Umbenennung in „Bundeswehrlazarett Koblenz-Metternich“.

Zu Beginn lag der Hauptauftrag noch ausschließlich in der medizinischen Versorgung der SoldatInnen. Nur selten und mit Genehmigung des Verteidigungsministeriums wurden zivile PatientInnen versorgt. Trotzdem konnten bis zum zehnjährigen Bestehen des Hauses im Jahr 1967, nahezu 100 000 ambulante Behandlungen durchgeführt werden. Die medizinische Versorgung erfolgt dabei immer auf höchstem Niveau. Bereits 1957 war in einem Artikel der Rheinzeitung zu lesen, „dass sich Patienten und Ärzte kaum eine bessere und modernere Anlage wünschen könnten“.

Das Lazarett der französischen Armee im Jahr 1957
Das Lazarett der französischen Armee im Jahr 1957
Quelle: Bundeswehr/BwZKrhs Koblenz

Diesem Anspruch ist die Bundeswehr bis heute treu geblieben. Bester Beleg hierfür ist das, nach einer Gesundheitsreform zur Jahrtausendwende in deutschen Krankenhäusern vorgeschriebene, zertifizierte Qualitätsmanagement. Nach mehrjähriger Vorbereitung erwarb das BwZKrhs im Oktober 2010 das Qualitätssiegel von Joint-Commission-International (JCI). Dieses System genügt in der ganzheitlichen Patientenversorgung höchsten Ansprüchen und ist weltweit anerkannt. Gerade einmal 550 Krankenhäuser auf der ganzen Welt erfüllen die Standards. Fast zehn Jahre lang wurde das Siegel vom BwZKrhs als einziges der Bundeswehrkrankenhäuser geführt und bereits zweimal erfolgreich rezertifiziert. Bedauerlicherweise führte die Weiterentwicklung des angloamerikanischen JCI Systems zunehmen zu Konflikten mit den Anforderungen an einen Krankenhausbetrieb in Deutschland. Daher hat sich das BwZKrhs entschieden, auf eine weitere Rezertifizierung nach JCI zu verzichten. Nach entsprechender Vorbereitung erwarb unser Haus im Jahr 2021 mit einem herausragenden Ergebnis das Zertifikat der „Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen GmbH“, kurz KTQ-Zertifikat.

Eine weitere Umbenennung fand am 01.10.1970 statt. Das Haus erhielt den heutigen Namen Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz. Trotzdem hat sich die Bezeichnung „Das Lazarett“ im regionalen Sprachgebrauch erhalten. Hierzu trug sicherlich auch die Öffnung des Krankenhauses für die Versorgung der Zivilbevölkerung bei.

Am 29.01.1973 erfolgte erstmals die Stationierung einer Luftrettung mit dem Rettungshubschrauber SAR 73. Zum Einsatz kam der Rettungshubschrauber Bell UH-1 D, ausgestattet mit modernster Technik. 1999 folgte die Übernahme durch den Allgemeinen Deutschen Automobil-Club und die Stationierung des Christoph 23. Zwischenzeitlich wurde der Hubschrauberhangar neu gebaut. Nächstes Jahr wird die Luftrettung ihr 50-jähriges Bestehens feiern können.

Am 30.04.1987 erhielt das BwZKrhs – damals mit 17 Abteilungen, 160 Ärzten und 1 000 Mitarbeitern – den Status eines Akademischen Lehrkrankenhauses der Universität Mainz. Wurden 1967 noch 100 000 PatientInnen pro Jahr registriert, so waren es 1987 schon 205 000. Auch die Anzahl der Betten hat sich über die Jahre verändert. 1957 galt man als 400 Bettenhaus. Die Zahl wuchs in den 1960er Jahren auf 600 Betten an. Die heutigen sollorganisatorischen Grundlagen weisen für das BwZKrhs Koblenz 506 Betten aus.

Seit Mitte der 1990er Jahre wurde das Fach der Chirurgie ständig weiterentwickelt. Bis heute hält diese Transformation an. Zunächst stellte man eine Teileinheit Herz- und Gefäßchirurgie auf. Mittlerweile haben sich verschiedene chirurgische Fachrichtungen entwickelt, die teilweise den eigenständigen Status einer bettenführenden Klinik erreicht haben. Hierzu zählen Tumorchirurgie, Minimal-Invasive Chirurgie, Hernienchirurgie, Endokrine Chirurgie, Notfallchirurgie, Proktologie, Viszeralchirurgie und schließlich Thoraxchirurgie. Aus der Teileinheit der Herz- und Gefäßchirurgie sind Kliniken für Herz- und für Gefäßchirurgie entstanden. Alleine hier werden jährlich ca. 1 000 PatientInnen behandelt. Die Klinik für Neurochirurgie kooperiert im Sinne einer Zentrenbildung eng mit der Neurologie. Hinzu kommt auch die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Eine Vielzahl von Zertifikaten und Gütesiegeln belegen die hohe Leistungsfähigkeit der operativen Fächer.

Rettungswache und Rettungsmittel
Rettungswache und Rettungsmittel
Quelle: Bundeswehr/BwZKrhs Koblenz

Nicht weniger leistungsstark ist die heutige Klinik I – Innere Medizin. Hier vereinen sich die Bereiche Interventionelle ­Kar­diologie, Internistische Intensivstation, Gastroenterologie, Hämatologie/Onkologie, Pneumologie sowie Infektiologie und Diabetologie. Seit vielen Jahren besteht eine 24-Stunden Herzkatheterbereitschaft zur Therapie akuter Herzinfarkte sowie eine Chest-Pain-Unit zur Abklärung akuter Brustschmerzen.

Seit der Jahrtausendwende war die Weiterentwicklung des BwZKrhs Koblenz auch von dem Blick auf die notfallmedizinischen Kapazitäten geprägt. Im September 2003 eröffnete die Zentrale Interdisziplinäre Notaufnahme. Mit modernster Ausstattung wurden hier bereits 2006 rund 10 000 PatientInnen versorgt. Bereits ein Jahr später wurde die Rettungswache Koblenz Land im BwZKrhs in Betrieb genommen. Dadurch verfügte die Rettungsleitstelle Mayen-Koblenz über ein zusätzliches Rettungsteam rund um die Uhr.

Am 10.02.2007 folgte die Ernennung zum Notfallmedizinischen Zentrum des Landes Rheinland-Pfalz. Durch Neubau der Rettungswache und der Bereithaltung modernster Rettungsmittel werden heute jährlich ca. 7 500 Einsätze für die Bevölkerung der Stadt Koblenz und der angrenzenden Gemeinden geleistet.

Eine wesentliche Rolle spielt auch die Klinik XIV – Unfall-, Wiederherstellungs-, Handchirurgie und Orthopädie. Sie ist überregionales Traumazentrum im Traumanetzwerk Mittelrhein mit Schwerpunkt Polytraumaversorgung. Die Klinik verfügt über eine Durchgangsarztambulanz und ist aufgrund der personellen und materiellen Ressourcen für die stationäre wie ambulante Behandlung von Arbeitsunfällen aller Schwierigkeitsgrade, als eine von nur fünf Kliniken in Rheinland-Pfalz, zum Schwerstverletztenverfahren zugelassen.

Weitere Kliniken und Abteilungen von A wie Augenheilkunde bis U wie Urologie runden das Versorgungsspektrum des BwZKrhs Koblenz ab. Jede für sich ist ein Unikat und doch ein Zahnrad in der ganzheitlichen Patientenversorgung und das auf höchstem Niveau.

Beschäftigt werden heute in 25 Kliniken und Abteilungen etwa 320 ÄrztInnen und ApothekerInnen. Ungefähr 1 900 Mitarbeiter versorgen jährlich rund 15 000 stationäre und 80 000 ambulante PatientInnen. Etwa 2 500 ambulante und 8 000 stationäre Operationen werden jährlich durchgeführt. Die interdisziplinäre Tagesklinik ist dabei Dienstleister für Operative Abteilungen für ambulantes Operieren. Am 17.06.2016 aufgestellt schaffte man 3 000 PatientInnen im ersten Jahr.

Um den hohen Standard zu halten sind natürlich auch Modernisierungen erforderlich. So gilt das Haus bei den Mitarbeitern als „ewige Baustelle“. Die Sanierung der Gebäude A und B, in denen hauptsächlich die stationäre Versorgung untergebracht ist, hat in den vergangenen 65 Jahren zweimal stattgefunden. Hinzu kamen dann die Gebäude F1 und W, zwei weitere Bauten mit gleicher Funktion. Letztgenanntes wurde im Jahr 2018 eingeweiht und erfüllt modernste Ansprüche.

Der Grundstein des Schwesternwohnheims, dem heutigen Gebäude P, wurde 1963 gelegt. Auch dieses ist zu Beginn des letzten Jahrzehnts saniert worden. Unmittelbar in der Nachbarschaft ist in den vergangenen Jahren ein neues Personalwohnheim errichtet worden. Hier befindet sich heute die Aula des Hauses. Weitere Neubau- und Sanierungsarbeiten betrafen Apotheke, Rettungswache, Hubschrauberhangar, den Bau eines Betriebskindergartens und eines Parkhauses. Aktuell befinden sich gleich drei Großbaustellen auf dem Liegenschaftsgelände. Neben den Bau einer Interimsintensivstation im westlichen Bereich des Geländes entsteht zeitgleich zwischen Hubschrauberlandeplatz und Wirtschaftsgebäude eine neue Energiezen-trale. Größtes Neubauprojekt ist die Entstehung eines hochmodernen Multifunktionsgebäudes, seit 2020 laufen die Bauarbeiten. Die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts ist für das Jahr 2026 vorgesehen. Das Gebäude soll nach modernsten Erkenntnissen für Aufbau und Betrieb von Krankenhäusern errichtet werden.

Natürlich hat auch der Einsatz im erweiterten Aufgabenspektrum der Bundeswehr seine Meilensteine in der Geschichte des Hauses hinterlassen. Die Liste ist sehr lange. Erwähnung soll daher nur die Aufstellung eines Lazaretts der Krisenreaktionskräfte im Jahr 1996 finden. Dieses hatte sich sowohl in Kambodscha als auch im Stabilisation Force-Einsatz in Bosnien-Herzegowina bewährt, wurde im Rahmen einer Umstrukturierung nach Rennerod verlegt und dort in das damalige Lazarettregiment 21 eingegliedert. Bewährung in Humanitären- und Katastrophenszenarien hat es für das Haus ebenfalls immer gegeben. Auf humanitärer Seite stehen z. B. die Flüchtlingshilfen für den Libanon und Syrien. Besonders in Erinnerung bleibt das Flugtagunglück in Rammstein, bei dem am 28.08.1988 durch einen Flugzeugabsturz 70 Menschen starben und 350 verletzt worden. Weniger bekannt ist der Einsatz im Rahmen des Festivals „Rock am Ring“ im Jahr 2016. Hier gab es nach einem Blitzeinschlag 82 Verletzte, 15 davon schwer. In der jüngsten Vergangenheit ist die Flutkatastrophe im Ahrtal vom Juli 2021 mit 134 Toten und 766 Verletzten in Rheinland-Pfalz zu erwähnen.

Zuletzt wird die Bewältigung in der immer noch andauernden COVID-19-Pandemie beschrieben. Hier wurde nicht nur das militärische Personal versorgt. Im Rahmen von Amtshilfeleistungen unterstützte das BwZKrhs bei der Versorgung der zivilen Bevölkerung in Coronaambulanzen, Abstrichzentren und bei dem Aufbau und Betrieb von Impfzentren. Das BwZKrhs arbeitet seit Ausbruch der Pandemie mit anderen Krankenhäusern in Koblenz, beispielsweise dem Gemeinschaftsklinikum und dem Katholischen Klinikum, noch enger zusammen und hat seinen Anteil an der ­Versorgung der zivilen Bevölkerung übernommen. Teilweise übernahm man auch die stationäre Versorgung italienischer Patienten und unterstützte ein Krankenhaus in Portugal vor Ort.

Zusätzlich ist das Haus gleichberechtigter Partner bei dem Betrieb des Koordinierenden Lagezentrums Mittelrhein-Westerwald. Dieses spielt in der Landesstruktur des Katastrophenschutzes eine wichtige Rolle.

Welche Aufträge sich aus dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russland gegen die Ukraine ergeben, ist noch nicht abzusehen. Festzustellen ist aber, dass sich das BwZKrhs bereits jetzt auf alle vorstellbaren Szenarien einstellt. 


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