ZAHNMEDIZINISCHE AUSSTATTUNG IM EINSATZ
RÜCKBLICK UND SACHSTAND
Der Fachbereich Zahnmedizin steht seit der Aufstellung der Bundeswehr vor der Aufgabe, stationäre Behandlungseinrichtungen zu betreiben, aber auch mobile Versorgungsmöglichkeiten vorzuhalten. Die Einsatz- und Verteidigungsszenarien des „Kalten Krieges“ machten mobile Behandlungsmöglichkeiten erforderlich.
Hierzu wurde die sogenannte Feldzahnstation konzipiert und vorrätig gehalten. Auf der Abbildung sieht man noch das Doriotgestänge zur Drehkraftübertragung auf die zahnärztlichen Hand- und Winkelstücke. Diese erreichten typischer weise ca. 6.000 Umdrehungen pro Minute und stellten bis 1957 den allgemeinen Standard in der zahnärztlichen Behandlung dar. Später wurde zum Antrieb der Handund Winkelstücke ein Elektromotor zusätzlich verfügbar, aber auch der Fußantrieb war nach wie vor vorhanden.
Daneben bestand immer auch die Erfordernis, zahnärztliche Versorgung an Bord der Schiffe verfügbar zu machen, die vor allem – auch aufgrund der Besatzungsgröße und aus Platzgründen– an Bord der Fregatten realisiert wurde und wird. Die Bordeinsätze und damit die sogenannte „Bordzahnstation“ sind die große Konstante, wenn es um mobiles zahnärztliches Behandlungsgerät geht. In diesem Bereich existieren die umfangreichsten Erfahrungswerte über lange Zeiträume hinweg. Hieraus entwickelte sich ein Mindestanforderungskanon hinsichtlich Behandlungsgerät und Zusatzausstattung (wie beispielsweise Anmischgerät, zahnärztlichem Instrumentarium und zahntechnischer Mindestausstattung). Während auf den Schiffen die Untersuchungs-/ Behandlungsliege zur Patientenlagerung verwendet wird, müssen bei Landeinsätzen in der Regel auch ein Patientenstuhl und eine adäquate Behandlungsleuchte bereitgestellt werden.
Aktuelles Einsatzspektrum
Während bislang zahnmedizinische Versorgung in den landgebundenen Einsätzen im Gegensatz zu den Bordeinsätzen lediglich in der Versorgungsebene 2 und 3 (role 2 und 3; d.h. Rettungszentrum/Feldlazarett) vorgesehen war, befindet sie sich aufgrund einer Festlegung der NATO neuerdings auch szenarioabhängig in der Role 1 (Rettungsstation) – wie es zu Beginn für den Einsatz in Mali realisiert wurde.
Für die Unterbringung der Behandlungskomponenten wurde festgelegt, dass
- für einen Einsatzzeitraum von bis zu 6 Wochen zeltgestützte luftverlegbare Sanitätseinrichtungen einzusetzen sind,
- für einen Einsatzzeitraum von bis zu einem Jahr die Sanitätseinrichtung modular containerbasiert untergebracht wird,
- bei einem Einsatzzeitraum von mehr als 12 Monaten eine Unterbringung in festen Gebäuden erfolgen soll.
Diese Festlegung entspricht dem aktuellen Planungswillen und hat sich aus den zurückliegenden Einsatzerfahrungen entwickelt.
Zahnmedizin im Einsatz
Einer der frühen Einsätze erfolgte im Rahmen der Erdbebenhilfe 1990 im Iran. Zur Versorgung vor allem der betroffenen Zivilbevölkerung wurde auf die Ausstattung der Feldzahnstation zurückgegriffen, die bis dahin vor allem im Zusammenhang mit AMF-Übungen (Allied Military Forces) mitgeführt wurde. Beim internationalen Einsatz der Bundeswehr in Kambodscha (1992/93) wurde weiterhin der Behandlungsstuhl aus der Feldzahnstation genutzt, aber als Verbesserung das Behandlungsgerät der Firma Satelec* als tragbare Behandlungseinheit im Koffer eingesetzt. Hierbei handelte es sich um eine Leihgabe aus der damals aktuellen Ausstattung der Bordzahnstation. Noch während des Einsatzes wurden der Behandlungsstuhl gegen den sogenannten Bushranger* und das Behandlungsgerät gegen ein tragbares Modell der Firma Lysta* ausgetauscht.In der Folge wurde die Containerunterbringung entwickelt und vorangebracht. Sehr früh erfolgte die Festlegung, dass in Anbetracht der Geräteausstattung und Arbeitsabläufe zwei Container erforderlich sind:
- ein Container für die zahnärztliche Behandlung und
- ein Container für Röntgen – hier ist das Panoramaschichtaufnahmegerät mit Entwicklungsgerät untergebracht; ebenso dient er der Zahntechnik und der Instrumentenaufbereitung.
Konsequent wurden die MSE-Container (Modulare Sanitätseinrichtung) entwickelt und ausgeliefert (aktueller Bestand: 8 Container „zahnärztliche Behandlung“, 7 Container „Zahntechnik – Röntgen“).
Durch die Marine wurde ein eigenständiges Containerkonzept als MarineEinsatzRettungs- Zentrum (MERZ) entwickelt. Dieses Containersystem kann entsprechend dem Bedarf auf Deck eines Einsatzgruppenversorgers (EGV) verlastet werden und bildet mit seinen Gesamtkomponenten in maximaler Besetzung Bedingungen entsprechend einem kleinen Krankenhaus (Versorgungsebene 2 und 3 – role 2-3).
Die Behandlungseinrichtungen bei ISAF (Mazar- e-Sharif) und KFOR (Prizren) sind in fester Infrastruktur untergebracht und mit Behandlungseinrichtungen in der Sanitätsbasis Inland weitgehend vergleichbar.
Mithilfe der Ausstattung der Marine konnten wiederholt kurzfristig Einsätze realisiert werden – so auch in Feisabad, da zum einen die Transportwege eine Anlieferung der Container „zahnärztliche Behandlung“ und „Zahntechnik – Röntgen“ anfänglich nicht zuließen und zum anderen der Betreuungsumfang generell keine „große Lösung“ erforderte.
Das Arzt- und Assistenzelement wird starr mit der Behandlungsliege (im Schiffslazarett) verbunden. (Bei Verwendung im Bordeinsatz bedeutet dies, dass die Bordzahnstation nach jedem Gebrauch wieder abgebaut und verstaut werden muss – zum einen, weil der Schiffsarzt die Untersuchungs- und Behandlungsliege für seine Tätigkeit braucht, zum anderen, damit sich bei entsprechenden Schiffsbewegungen keine Gegenstände verselbständigen können.)
Zusätzlich steht aus Beständen der Marine ein tragbares digitales Zahnfilmröntgengerät zur Verfügung, das sich gegenwärtig im Einsatz in Mali befindet.
Sachstand
Aufgrund des angepassten Einsatzspektrums – zahnärztliche Behandlungsmöglichkeit auch in der role 1 auszubringen – und der Erneuerungsbedürftigkeit der Komponenten der Bordzahnstation, wurde aktuell ein Beschaffungsverfahren eingeleitet, um diese Fähigkeiten auf dem aktuellen Stand der Technik zu realisieren. Hierbei sollen sowohl die Erfordernisse an zeitgemäße mobile zahnärztliche Behandlung mit den erforderlichen Zusatzgeräten und zahntechnischer Grundausstattung Berücksichtigung finden, aber auch die Möglichkeit zur mobilen Röntgendiagnostik als notwendigem Bestandteil der Diagnostik durchgängig realisiert werden.
* Produkt- und / oder Firmennamen unterliegen ggf. dem Namens- / Markenschutz, auch wenn dies nicht näher gekennzeichnet sein sollte.
Datum: 20.03.2014
Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2013/4