Vom Erfassen des Unfassbaren: Mit der Analytik auf Spurensuche für den medizinischen C-Schutz

Aus dem Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr, Institutsleiter: Oberstarzt Prof. Dr. med. H. Thiermann

H. John

„…analyse the plasma and urine samples for the presence or absence of biomarkers of nerve agent exposure…“ oder “…wir wissen nicht, welches Gift verschluckt wurde. Können Sie uns helfen und dies klären?” oder „…wir vermuten eine Tollkirschvergiftung. Kann Ihr Institut die relevanten Gifte nachweisen?“. So oder ähnlich klingen typische Beispiele für Unterstützungsanfragen, die das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr (InstPharmToxBw) in den letzten Jahren immer wieder erreicht haben. Gestellt wurden diese Anfragen beispielsweise von der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OVCW), von Krankenhäusern und nationalen wie internationalen Giftinformationszentren (GIZ).

Die Besonderheit der Analytik am InstPhamToxBw

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Abb. 1: Besprechung der Geräteparameter für die nächsten Analysen (Abb.: SanAkBw)
Die besonderen Fähigkeiten des InstPharmToxBw zum bioanalytischen Nachweis von Vergiftungen sind auf nationaler und internationaler Ebene gefragt. Im Rahmen des medizinischen C-Schutzes (Med C-Schutz) verfügt das Institut über eine Vielzahl analytischer Verfahren, die es erlauben, in Blut, Plasma, Urin oder Gewebe geringste Spuren chemischer Kampfstoffe (CKS) und ihrer Abbauprodukte (Biotransformationsprodukte) nachzuweisen. Diese Fähigkeit ist in Deutschland einzigartig, da nur InstPharmToxBw zum Zwecke des Med C-Schutzes mit CKS umgehen darf. Dieses Alleinstellungsmerkmal macht auch die Analytik zu einem nationalen Unikat.

Viele der relevanten Methoden sind durch die deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) nach der DIN/EN/ISO Norm 17025 für forensische Laboratorien akkreditiert. Dadurch wird nicht nur die Einzigartigkeit, sondern auch die Qualität der Analytik durch eine offizielle, externe nationale Instanz verbrieft. Zudem gehört InstPharmToxBw seit 2016 zu einem Kreis von weltweit ungefähr 17 Laboren, die durch die OVCW für die biomedizinische Verifikation designiert sind. Diese Designierung stellt einen internationalen Qualitätsbeleg dar. Sie bestätigt dem Institut, über anerkannte und häufig selbst entwickelte Verfahren zu verfügen, die unter Einhaltung strenger Qualitätsnormen den eindeutigen Beweis einer Vergiftung mit CKS in biologischen Proben gerichtsfest erlauben.

Zu den analytischen Aufgabenstellungen gehört auch die quantitative Bestimmung (Konzentrationsmessung) von Antidoten im Plasma. Dies kann erforderlich sein, um Pharmakokinetik-Profile (Konzentration-Zeit-Verläufe der Medikamente) aufzuklären oder therapiebegleitend Wirkstoffkonzentrationen zu monitoren. Einige Fallbeispiele zur Aufklärung realer Vergiftungsfälle werden im Folgenden vorgestellt.

Der Nervenkampfstoff Sarin in Syrien

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Abb. 2: Manuelle Probenvorbereitung zum Vergiftungsnachweis (Abb.: InstPharmToxBw)
Im Frühjahr und Sommer 2013 häuften sich anfänglich noch unbestätigte Berichte in den öffentlichen Medien, der Nervenkampfstoff (NKS) Sarin sei jüngst während des Bürgerkrieges in Syrien eingesetzt worden und hätte eine Vielzahl von ungeschützten Zivilisten vergiftet und getötet. Die Vereinten Nationen (UN) reagierten mit der Entsendung eines Untersuchungsteams (Fact Finding Mission), das das Sammeln von biologischen und Umweltproben zur Aufgabe hatte. Nach anfänglich verweigerter Einreise gelang es dem Team, eine Vielzahl unterschiedlicher Proben sicherzustellen, um diese dann zur weiteren Untersuchung in die Verantwortung der OVCW zu übergeben. Die OVCW ist eine internationale Organisation mit Hauptsitz in Den Haag/Niederlande, die die Einhaltung des Chemiewaffenübereinkommens (CWÜ) kontrolliert (www.opcw.org). Sie pflegt ein weltweites Netzwerk spezialisierter nationaler Labore, die die Expertise für den Nachweis von CKS besitzen. So ergab es sich, dass auch das InstPharmToxBw über das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland um Unterstützung bei der Analyse biologischer Proben gebeten wurde. InstPharmToxBw willigte mit ministerieller Genehmigung des Ressorts ein und erhielt sehr bald eine größere Anzahl Proben, um den Verdacht einer möglichen Vergiftung mit Sarin zu prüfen. Bei den überantworteten Proben handelte es sich um menschliches Gewebe verschiedener Organe wie beispielsweise Leber, Niere, Herz, Muskel und Lunge sowie um Blut und Haare. Diese Proben stammten von einer Frau, die am 29. April 2013 im syrischen Sarakeb Opfer eines vermuteten Sarin-Angriffes geworden war. Sie verstarb 24 Stunden später während ihres Krankentransportes mit den für NKS-Vergiftungen typischen klinischen Symptomen (Pupillenverengung, cholinerge Krise). Die Organproben konnten jedoch erst einige Wochen post-mortem genommen und den Laboren zur Analyse zugestellt werden. Innerhalb von zwei Wochen wurden die Untersuchungen am InstPharmToxBw mit hoch-modernen und selektiven Methoden – basierend auf Massenspektrometrie (MS) - durchgeführt, ein Bericht angefertigt und an die OVCW übergeben. Aus diesem Bericht ging hervor, dass in allen Geweben zweifelsfrei diverse Biomarker einer Sarin-Vergiftung nachgewiesen worden waren. Diese Ergebnisse flossen in den UN Bericht A/68/663–S/2013/735 vom September 2013 ein, der eindringlich die Gräuel vom Frühjahr und Sommer des Jahres vor Augen führt. Detaillierte Ergebnisse und analytische Methoden wurden inzwischen der Öffentlichkeit in einer wissenschaftlichen Publikation im Open Access Format (kostenfreier Zugriff über das Internet, https://doi.org/10.1007/s11419 - 017 - 0376 - 7) vorgestellt. Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit den niederländischen Kollegen von der TNO (Niederländische Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung, Rijswijk, Niederlande), die von der OVCW parallel mit der Analyse der gleichen Proben beauftragt worden waren. Die Beauftragung von mindestens zwei Laboren ist zur Absicherung der Ergebnisse ein übliches Verfahren.

Somit gehörte InstPharmToxBw zu den ersten Laboren, die den experimentellen Beweis lieferten, dass Menschen in Syrien – wie in den Medien vermutet – mit Sarin vergiftet und getötet worden waren.

Arbeitsunfall bei der Vernichtung chemischer Kampfstoffe

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Abb. 3: Sichtung und Diskussion der Messdaten im Labor (Abb.: InstPharmToxBw)
Im Herbst 2014 wurde InstPharmToxBw vom Klinikum Eppendorf in Hamburg kontaktiert. Dort befanden sich drei Patienten in Behandlung, die typische Anzeichen einer perkutanen Vergiftung mit dem Hautkampfstoff Schwefellost (S-Lost) zeigten. Sie litten unter Hautirritationen, -rötungen, starkem Juckreiz, Schmerzen und auf einigen Hautpartien trat Blasenbildung auf. Bei den Patienten handelte es sich um Arbeiter, die zuvor mit der Vernichtung (Verbrennung) von Rückständen chemischer Kampfstoffe aus Syrien beschäftigt waren. Eine Fehlfunktion in der Zuführung der Chemikalienlösungen in den Verbrennungsofen veranlasste die Arbeiter, in nahen Kontakt zu den bereits erwärmten Giftbehältern zu gehen, um den Fehler mit Erfolg zu beseitigen. Obwohl diese Arbeiter zuvor durch Masken und einfache Anzüge einen persönlichen Schutz hergestellt hatten, entwickelten sich am Abend die beschriebenen Symptome. InstPharmToxBw wurde gebeten, Plasma und Urin zu untersuchen, um festzustellen, ob eine Vergiftung mit S-Lost vorlag. Während die Urinproben mit einer der bewährten und akkreditierten Methoden untersucht wurden, kam bei den Plasmaproben eine unmittelbar zuvor fertig gestellte und qualifizierte Methode zur Anwendung, die im Rahmen einer Chemie-Masterarbeit am Institut entwickelt worden war. Mit diesen Methoden gelang es, zweifelsfrei zu beweisen, dass die Arbeiter sich tatsächlich mit S-Lost vergiftet hatten. Die Exposition ließ sich durch die Detektion von Albuminaddukten im Plasma sogar noch einen Monat nach Giftaufnahme nachweisen. Die Ergebnisse verdeutlichten, dass die Arbeiter offensichtlich beim Beheben des technischen Defektes Dämpfen von S-Lost ausgesetzt waren, die bis auf die Haut vordringen und dann systemisch aufgenommen werden konnten.

InstPharmToxBw war es mit dieser Unterstützungsleistung möglich, die klinische Diagnose zu untermauern und Klarheit für die Interpretation der Phänomene zu schaffen. Allen betroffenen Arbeitern ging es sehr bald wieder gut und sie gehen heute symptomfrei ihrer Arbeit weiter nach. Die Analysen wurden international publiziert, um so die Erfahrungen und Empfehlungen der Öffentlichkeit mitzuteilen.

Der Hautkampfstoff S-Lost im Nahen Osten

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Abb. 4: Kleinere Wartungsmaßnahmen werden in eigener Verantwortung durchgeführt (Abb.: InstPharmToxBw)
Nach einem Mörserangriff im Sommer 2015 in einer Krisenregion des Nahen Ostens wurde die Freisetzung von S-Lost vermutet. Sieben Personen waren nahe des Einschlagsorts, von denen einige zeitnah unter Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Irritationen von Haut und Augen und Schmerzen in den oberen Atemwegen litten. Hautrötungen und Blasenbildung traten im späteren Verlauf auf. Dennoch konnten Blutproben der Betroffenen erst 15 Tage nach diesem Vorfall genommen werden. Vier Personen litten noch immer an Hautverletzungen, während drei von Ihnen symptomfrei waren. InstPharmToxBw wurde gebeten, die Plasmaproben zu untersuchen, um biomedizinisch eine Vergiftung durch S-Lost beurteilen zu können. Wegen der langen Phase, die zwischen Exposition und Blutabnahme verstrichen war, konnte nur noch der Nachweis von langlebigen Proteinaddukten als Post-Expositionsmarker Klarheit liefern. So gelang InstPharmToxBw die Detektion von vier verschiedenen S-Lost-Albuminaddukten, von denen zwei erst kurz zuvor im Rahmen einer Doktorarbeit am Institut gefunden und etabliert worden waren. Die bioanalytischen Ergebnisse bewiesen in Übereinstimmung mit dem klinischen Bild bei vier Personen eine S-Lost Exposition. Bei den stets symptomfrei gebliebenen Personen konnten dagegen keine Expositionsmarker nachgewiesen werden.

Mit diesen Untersuchungen ließ sich ein weiteres Mal dokumentieren, dass während der kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten gegen das CWÜ verstoßen wurde, um Menschen gezielt zu vergiften.

Suizidale und akzidentelle Pestizidvergiftungen

Phosphororganische Pestizide wie beispielsweise Parathion (E605), Chlorpyrifos oder Malathion repräsentieren eine Klasse von Giften, die in ihrem chemischen Aufbau und der toxikologischen Wirkung den NKS nahe verwandt sind. Weltweit sterben noch immer weit mehr als 130.000 Menschen an den Folgen einer beabsichtigten oder seltener unbeabsichtigten Aufnahme dieser Substanzen. So ist ihre missbräuchliche Verwendung auch als Anschlagsgift bei Terrorakten eine ernstzunehmende Bedrohung für die Zivilgesellschaft oder die Truppe im Einsatz. Aus diesem Grund wurden am InstPharmToxBw Methoden entwickelt und etabliert, die auch noch Tage und Wochen nach Vergiftung den eindeutigen Nachweis der Noxe ermöglichen. Auch diese Spezialisierung macht das Institut zu einem geschätzten Ansprechpartner für zivile Kliniken. Die über Jahre gewachsenen Beziehungen beispielsweise zur Toxikologischen Abteilung der II. Medizinischen Klinik (Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München) haben immer wieder die Untersuchung von Plasmaproben realer Vergiftungsfälle ermöglicht. Die Testung solcher Proben liefert nicht nur einen essenziellen Beitrag zur klinischen Diagnostik der Vergiftung, sondern erlaubt dem InstPharmToxBw auch, neue Methoden an realen Fällen zu prüfen und deren Anwendbarkeit unter Beweis zu stellen. So analysierte das Institut beispielsweise in folgenden klinischen Fällen:

Ein 65 Jahre alter multimorbider Mann wurde an einem Nachmittag in seiner Wohnung in seinem Erbrochenen liegend, bewusstlos aufgefunden. Symptome cholinerger Krise und eine vollständig inhibierte Plasmacholinesterase (BChE) ließen sich feststellen. Die inhibierte (nicht funktionsfähige) BChE ist ein typisches Zeichen für eine Vergiftung mit einem phosphororganischen Pestizid. Die Vermutung einer Vergiftung ließ sich durch die Analysen am InstPharmToxBw eindeutig bestätigen. Es gelang der Nachweis von Reaktionsprodukten (Addukten), die das Pestizid Phoxim und sein hochtoxisches Abbauprodukt mit körpereigenem Serumalbumin im Blut gebildet hatten.

In einem weiteren Fall konnte InstPharmToxBw durch den Nachweis ganz neuartiger Albuminaddukte, die kurz zuvor am Institut entdeckt worden waren, zweifelsfrei eine versehentliche Vergiftung mit dem Pestizid Dimethoat belegen. Ein 87-jähriger dementer Mann hatte die Flasche seines Analgetikums mit der von Roxion, einem kommerziell erhältlichen Pestizid, vertauscht. Desorientiert, mit starken Bauchschmerzen und nach wiederholtem Erbrechen wurde er in die toxikologische Abteilung eines nahen Krankenhauses überführt. Die Untersuchungen des Plasmas am InstPharmToxBw ermöglichten nicht nur aufzuklären, zu welcher Klasse von Pestiziden das eingenommene Gift gehörte (Dimethyl-thiono-Pestizid), sondern auch das Gift vollständig zu identifizieren.

Eine ähnlich umfassende Aufklärung gelang im Falle einer suizidalen Vergiftung mit dem kommerziell erhältlichen Präparat Metasystox. Eine 77 Jahre alte Frau wurde in ihrem Bett in Kot und Erbrochenem liegend gefunden und zeigte starke cholinerge Symptomatik und inhibierte BChE. Die Anwendung einer neuen am InstPharmToxBw entwickelten forensischen Methode lieferte den Beweis für die Vergiftung mit den Pestiziden Oxydemeton-S-methyl und Demeton-S-methylsulfon.

Die oben beschriebenen Fälle verdeutlichen, wie wichtig die wissenschaftliche Kooperation mit Kliniken sowohl für die Krankenhäuser wie aber auch für das InstPharmToxBw selber ist. Alle benannten Fälle wurden durch Publikationen der wissenschaftlichen Fachwelt zugänglich gemacht.

Generell erfordern die zielgerichtete Reaktion auf aktuelle auch unvorhergesehene Intoxikationsereignisse vom Institut stets hohe Flexibilität und die Fähigkeit zur Adaption und Etablierung neuer Methoden. Dafür sind zwingend einige Voraussetzungen erforderlich.

Die Anforderungen an Personal und Material

Die akademischen Mitarbeiter der beiden bioanalytisch arbeitenden Arbeitsgruppen des InstPharmToxBw qualifizieren sich kontinuierlich beispielsweise durch die Teilnahme an Kongressen, das Studium internationaler Fachartikel, den fachlichen Austausch im internationalen Kollegenkreis und Kooperationen mit universitären und außeruniversitären Einrichtungen. Das technische Personal, welches sich überwiegend aus chemisch-technischen Assistenten zusammensetzt, nutzt ebenso fachbezogene Fortbildungen im Rahmen von externen und internen Schulungen und Seminaren. Als essenziell für den zeitnahen Erfolg und Fortschritt im Ausbau des Methodenspektrums hat sich zudem der Einsatz von Reservisten mit naturwissenschaftlichem Studium erwiesen. Diese Naturwissenschaftler bringen die neuesten Erkenntnisse aus der universitären Ausbildung mit und können ihre Kreativität und Begeisterung für aktuelle Anforderungen gewinnbringend einfließen lassen. In diesem Sinne haben auch die zahlreichen Absolventen von Universitäten und Hochschulen, die ihre Abschlussarbeiten unter Betreuung der Analytiker des InstPharmToxBw angefertigt haben, einen überaus wichtigen Anteil am wissenschaftlichen Fortschritt der analytischen Fähigkeiten des Institutes. Die wachsenden Kompetenzen sind nicht minder auch an die Verfügbarkeit von modernsten und empfindlichsten Geräten gebunden. So sind ein kontinuierlicher Austausch und Ausbau von analytischen Instrumenten unabdingbar, um auf dem neuesten und notwendigen Stand von Wissenschaft und Technik zu bleiben. Das InstPharmToxBw ist daher stolz, beispielsweise über eine Auswahl modernster Massenspektrometer zu verfügen, die für die Aufklärung unbekannter Vergiftungsfälle und die Entwicklung neuer Nachweisverfahren unverzichtbar sind.

Die aktive Einbindung in internationale Fachgesellschaften sowie der Kontakt zu den Schwesterinstituten der NATO ermöglichen zudem eine Sensibilisierung für aktuelle toxikologische Trends und sich verändernde Gefährdungslagen. Diese Informationen ermöglichen dem InstPharmToxBw, sich mit Planungsvorlauf neuen Erfordernissen zu stellen. So erweitern die analytischen Arbeitsgruppen derzeit ihr Methodenspektrum, um hoch-toxische Fentanyle in biologischen Proben nachweisen zu können. Ein wachsender Abusus dieser Substanzklasse, die verschreibungspflichtigen Einsatz in der Schmerztherapie findet, lässt sich seit einigen Jahren besonders in den USA vermerken. Der Missbrauch ist dort für mehr als 50.000 Todesfälle jährlich ursächlich. Die wehrmedizinische Relevanz dieser Ultragifte liegt jedoch in ihrem potentiellen Einsatz als chemischer Kampfstoff. Fetanyle können in kürzester Zeit nach inhalativer Aufnahme eines Aerosols oder Staubes zum Tode führen, wie es schon die Geiselbefreiung im Moskauer Dubrowka-Theater im Jahre 2002 vor Augen geführt hat.

Zusammenfassung

Der mögliche Einsatz von CKS und verwandten Giftstoffen im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen oder bei Terroranschlägen bei asymmetrischer Bedrohung ist nicht auszuschließen. In medizinischem und strafrechtlichem Interesse werden daher spezielle, hoch-selektive und empfindliche Nachweisverfahren benötigt, die die Detektion der Gifte und zugehöriger Biomarker auch noch Wochen nach Exposition erlauben. Solche Verfahren sind am InstPharmToxBw etabliert und das Methodenspektrum wird kontinuierlich ausgebaut. Ihre Anwendbarkeit und Zuverlässigkeit konnte schon bei der Analyse zahlreicher Realproben unter Beweis gestellt werden.

 

Anschrift des Verfassers:
Regierungsdirektor Prof. Dr. Harald John
Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr
Neuherbergstrasse 11
80937 München
E-Mail: HaraldJohn@Bundeswehr.org  

Datum: 16.11.2020

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