Vom Wissen zum Handeln

Sektion Implementation untersucht, wie die Bekämpfung von Infektionskrankheiten gelingen kann.

Seit 2020 erforscht das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) nicht nur Infektionserreger, -überträger und -krankheiten, sondern auch, wie sie sich in den betroffenen Regionen erfolgreich bekämpfen lassen. In den vergangenen dreieinhalb Jahren hat das Institut dafür eine große Forschungssektion aufgebaut: die Sektion „Implementation“. Sie ist mittlerweile auf neun Arbeitsgruppen und mehr als 100 Mitarbeitende angewachsen.

Vom Wissen zum Handeln
Quelle: BNITM | Dino Schachten

Für viele Infektionskrankheiten weltweit stehen hochwirksame Medikamente, Impfungen oder andere Bekämpfungsmaßnahmen zur Verfügung. Dennoch gelingt es nicht, sie zu eliminieren oder zumindest zu kontrollieren. Worin liegen die Gründe? Wie müssten sich Gesundheitssysteme ändern, was kann Politik, was medizinisches Personal anders machen? Welche Rolle spielen Kultur, Klima, wirtschaftliche Aspekte, Kommunikation und vieles mehr?

Um diese Fragen zu beantworten, hat das BNITM den großen interdisziplinären Forschungsschwerpunkt „Implementation" etabliert. In Kooperation mit nationalen und internationalen Partnern möchte der neue Forschungszweig in Hamburg, einen bedeutenden Beitrag leisten, um vor allem armutsbedingte Infektionskrankheiten in Ländern mit begrenzten Ressourcen wirksam zu bekämpfen und zurückzudrängen.

Dabei ist es dem BNITM erstmals gelungen, zusammen mit dem UKE zwei Wissenschaftler aus Afrika auf Professuren zu berufen: Prof. Dr. Ghyslain Mombo-Ngoma vom Centre de Recherches Médicales de Lambaréné (CERMEL) in Gabun und Prof. Dr. John Amuasi vom Kumasi Centre for Collaborative Research in Tropical Medicine (KCCR) in Ghana. Ein weiterer Meilenstein ist die Berufung der Forscherin für Gesundheitskommunikation Prof. Dr. Cornelia Betsch im Rahmen des Professorinnen-Programms der Leibniz-Gemeinschaft. Sie ist Professorin an der Universität Erfurt und hat sich nicht erst im Zuge der Coronavirus-Pandemie einen Namen gemacht.

Den Aufbau der Sektion haben Bund, Länder und die Freie und Hansestadt Hamburg seit 2020 mit insgesamt mehr als acht Millionen Euro gefördert. Die Mittel gehen jetzt dauerhaft in den Kernhaushalt des Instituts über.

Der Vorstandsvorsitzende des BNITM, Prof. Jürgen May:

„Die Sektion Implementation ist eine echte Bereicherung für unser Institut. Die neuen Kolleginnen und Kollegen haben eine weitere Perspektive auf unser Forschungsgebiet mitgebracht: neue Ansätze und Ideen, andere Begriffe, andere Vorgehensweisen und Studiendesigns, kurz: eine ganz neue Forschungskultur. Dies hilft uns, Forschungsergebnisse noch schneller in die Translation, also in die Umsetzung zu bekommen. Auf diese Weise können wir noch besser dazu beitragen, Krankheitsausbrüche hochgefährlicher Erreger, neu auftretende Infektionen und vernachlässigte und armutsbedingte Krankheiten im Globalen Süden wirksam zu bekämpfen und dauerhaft zu kontrollieren.“

Die Sektion Implementation setzt sich aktuell aus folgenden Arbeitsgruppen zusammen:

  • AG Gesundheitskommunikation (Prof. Dr. Cornelia Betsch)- 
  • AG Gesundheitsökonomie (Dr. Jan Priebe)- 
  • AG Zoonosen-Kontrolle (Elisabeth Fichet-Calvet, Ph.D.)- 
  • AG Vektorkontrolle (Dr. Renke Lühken)- AG Medizinanthropologie (Dr. Sung-Joon Park)- 
  • AG Global One Health (Prof. Dr. John Amuasi)- AG One-Health-Bakteriologie (Dr. Denise Dekker)- 
  • AG Schlangenbissvergiftungen (Dr. Jörg Blessmann und Dr. Benno Kreuels)- 
  • AG Drug Implementation (Prof. Dr. Ghyslain Mombo-Ngoma)

Der Wissenschaftliche Beirat des BNITM hatte bereits in seinem Audit im November 2022 die hervorragende Entwicklung der Sektion Implementation gelobt. Dabei hatten die Mitglieder des Beirats insbesondere die bereits hohe Zahl der Publikationen hervorgehoben.Für die Zukunft plant das BNITM, seine Sektionen noch stärker miteinander zu verbinden. So werden derzeit interdisziplinäre Cluster etabliert, zum Beispiel für One Health und Malaria. Auf diese Weise will sich das Institut noch wirksamer für Globale Gesundheit einsetzen.



Über das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM)

Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) ist Deutschlands größte Einrichtung für Forschung, Versorgung und Lehre auf dem Gebiet tropentypischer und neu auftretender Infektionskrankheiten. Seit jeher werden BNITM-Forschungsschwerpunkte unter dem Aspekt der Globalen Gesundheit / One Health betrachtet sowie unter dem Aspekt der Translation – des Transfers von Grundlagenforschung in die Anwendung. Dieser Forschungsansatz spiegelt sich auch in den fünf Sektionen des Instituts wider: Pathogen (Erreger) -> Interface (Immunologie, Wirt/Erreger) -> Patient (Klinik) -> Population (Epidemiologie) -> Implementation (erfolgreiche Etablierung des Wissens).

Aktuelle thematische Schwerpunkte bilden Malaria, hämorrhagische Fieberviren, vernachlässigte Tropenerkrankungen (NTDs), Immunologie, Epidemiologie und die Klinik tropischer Infektionen sowie die Mechanismen der Übertragung von Viren durch Stechmücken. Für den Umgang mit hochpathogenen Viren und infizierten Insekten verfügt das Institut über Laboratorien der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (BSL4) und ein Sicherheits-Insektarium (BSL3). Die mobilen Laboratorien des BNITM stehen für die globale Ausbruchsbekämpfung hochpathogener oder hochinfektiöser Viren bereit.

Das BNITM ist Nationales Referenzzentrum für den Nachweis aller tropischen Infektionserreger und WHO-Kooperationszentrum für Arboviren und hämorrhagische Fieberviren und ist ein Institut in der Leibniz-Gemeinschaft.

Gemeinsam mit dem ghanaischen Gesundheitsministerium und der Universität von Kumasi betreibt das BNITM ein modernes Forschungs- und Ausbildungszentrum im westafrikanischen Regenwald, das auch externen Arbeitsgruppen zur Verfügung steht. Darüber hinaus pflegt das Institut zahlreiche weitere Kooperationen unter anderem in anderen afrikanischen Ländern wie in Gabun, Nigeria, Tansania und Madagaskar.


Verwandte Artikel

Erster Fall von Mpox-Clade IIa in Guinea

Erster Fall von Mpox-Clade IIa in Guinea

Guinea hat seinen ersten Fall von Mpox bestätigt und damit den ersten Nachweis des Virus im Land erbracht. Der Fall stammt von der westafrikanischen Clade IIa, die sich von der Clade Ib unterscheidet, die für den anhaltenden Ausbruch in Zentral-...

Coronapandemie: Verzerrte Erinnerungen bei Geimpften und Ungeimpften

Coronapandemie: Verzerrte Erinnerungen bei Geimpften und Ungeimpften

Ein internationales Team von Wissenschafter:innen aus Deutschland, Österreich und den USA zeigt im renommierten Fachjournal Nature, wie die gesellschaftliche Polarisierung die Erinnerung an die Coronapandemie verzerrt und damit die Vorbereitung auf...

Meist gelesene Artikel

Photo

Snus in der Bundeswehr

Das rauchfreie Tabakprodukt Snus erfreut sich beim Militär aufgrund seiner einfachen Handhabung großer Beliebtheit. Trotz des Verkaufsverbots in Deutschland importieren Konsumenten Snus über…