
Verbesserung der Einsatzfähigkeit von chronisch erkrankten Soldaten mit Salicylat-Intoleranz
Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Hintergrund

Die Wahrscheinlichkeit einer Salicylat-Intoleranz liegt für Patienten mit Polyposis und Asthma bei 50 %, für Patienten mit einer Rezidivpolyposis sogar bei etwa 60 %. Zu Grunde liegt eine nicht-immunologische Dysbalance des Arachidonsäure- Eicosanoid-Stoffwechsels mit seinem zyklischen Syntheseweg zur Produktion von Prostaglandinen, Prostacyclinen und Thromboxanen sowie dem linearen Syntheseweg zur Produk-tion von Leukotrienen. Die gängigste Theorie zur Ätiologie ist die der Leukotrien-Überexpression. Das bedeutet, dass es bei Hemmung des zyklischen Syntheseweges durch COX-Inhibitoren bzw. Salicylate zu einem überwiegenden Wechsel zu Gunsten des linearen Syntheseweges mit dessen Endprodukt, den Leukotrienen, kommt.
Die Reizung der naso-pharyngealen und pulmonalen Schleimhäute beeinflusst stark die Lebensqualität sowie die Einsatz- und Durchhaltefähigkeit dieser Soldaten im Einsatz mit häufig zusätzlicher Umweltbelastung, wie Hitze, Staub und niedriger Luftfeuchtigkeit. Die bislang einzige kausale Therapie-mög-lichkeit besteht in der adaptiven Desaktivierungsbehandlung. Dabei wird nach vorausgehender stationärer Provokationstestung unter langsamer Aufdosierung von Acetylsalicylsäure (ASS) mit anschließender regelmäßiger, täglicher Einnahme des ASS eine Refraktärphase und somit eine Reduktion von Polypenrezidiv-Operationen, der Gesamtsymptomatik und einer alternativen, mit größerem Nebenwirkungsspektrum verbundenen Steroidtherapie erreicht. Bis heute gibt es kaum Daten zur Krankheitsentwicklung unter dieser Therapie. Im Bundeswehrkrankenhaus Ulm wurde dieses Verfahren bei Patienten mit dem Verdacht auf eine oder dem Nachweis einer AERD systematisch untersucht.
Methoden

Ergebnisse
Das Alter der Patienten lag im Median bei 49 Jahren, wobei der jüngste Patient 1985 geboren wurde. Die ermittelte Erhaltungs-dosierung als Folgerung aus den Ergebnissen der intravenösen Provokation lag im Median bei 300 mg. In der anschließenden Verlaufskontrolle zeigte sich nach 12 Monaten ein sehr positiver Trend; bei 69 % der Patienten war es zu einer klinischen Verbesserung gekommen, davon waren 7 % sogar gänzlich beschwerdefrei sowie 41 % deutlich gebessert. Weiterhin verbesserten sich die einzelnen Symptome im Vergleich zum stationären Aufenthalt bis zum Abschluss der Verlaufskontrollen. Die Polyposis nasi nahm am deutlichsten unter der adaptiven Desaktivierung von 74 % auf 34 % ab. Das Asthma bronchiale verbesserte sich um 22 %, die chronische Rhinosinusitis (ohne Polyposis nasi) um 18 %. Die unspezifische Hautveränderung der Urtikaria blieb weiterstgehend unverändert. Ein Teil der Patienten war nicht adhärent bis zum Ende des Nachbeobachtungsjahrs. Gründe für einen Abbruch waren beispielsweise geplante Operationen.
Diskussion

Schlussfolgerung
Mit der dosisangepassten adaptiven Desaktivierung gelingt es, die Beschwerden an den oberen und unteren Atemwegen beim überwiegenden Teil der Patienten mit Salicylat-Intoleranz zu bessern und damit zum einen eine Einsparung von Steroiden und zum anderen eine Steigerung der Leistungsfähigkeit, insbesondere der Ausdauer in Bezug auf die unteren Atemwege, zu erreichen. Zur Vermeidung einer Beeinträchtigung der Durchhalte- und Einsatzfähigkeit von Soldaten mit unerkannter Salicylat-Intoleranz bedarf es einer breiten Aufklärung der Truppenärztinnen/Truppenärzte über diese Erkrankung. Diese ist nach Erkennen einfach und kostengünstig, auch im Einsatzland, zu behandeln. Insgesamt ist die Desaktivierungstherapie mit ASS in einer magensäureresistenten Formu-lierung die einzige kausal wirksame Therapieform, die mit vorausgehender systemischer Provokation zur Ermittlung individueller Erhaltungsdosierungen sehr gute Verbesserungsraten bei einer geringen Nebenwirkungsrate aufweist.
Literatur
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- Rozsasi A, Polzehl D, Deutschle T, et al. Long-term treatment with aspirin desensitization: A prospective clinical trial comparing 100 and 300 mg aspirin daily. Allergy. 2008;63(9): 1228 - 1234.
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Stabsarzt Dr. Raphael Hausch
E-Mail: [email protected]
[1] Im Folgenden wird zur besseren Lesbarkeit nur noch die maskuline Form genutzt, es sind aber immer sowohl Soldaten wie Soldatinnen gemeint.
Datum: 18.12.2017
Quelle: Raphael Hausch