SANITÄTSEINSATZÜBUNG "SCHNELLER SCHUTZ 2010" BEI KFOR

Wie gut ist die Bundeswehr auf Infektionen mit "gefährlichen hochkontagiösen Erregern" vorbereitet?

Seit der Beteiligung der Bundeswehr an Auslandseinsätzen besteht für die eingesetzten Truppenteile das Risiko Infektionen mit gefährlichen hochkontagiösen Erregern zu erwerben. Hierzu zählen insbesondere die viral-hämorrhagischen Fieber wie Ebola, Lassa, Marburg und das "Krim- Kongo-Hämorrhagische Fieber" (CCHF), die im Erkrankungsfall mit Letalitätsraten von 30 - 50% gekennzeichnet sind. Das CCHF tritt endemisch in den aktuellen Einsatzgebieten im Kosovo und in Afghanistan auf, allerdings ist es bei deutschen Soldaten bisher noch nicht zu Krankheitsfällen gekommen. Ein US-amerikanischer Soldat ist jedoch schon an einem in Afghanistan erworbenen CCHF verstorben.

Der vorliegende Artikel befasst sich exemplarisch mit dem CCHF, zeigt das Risikopotenzial für Soldaten auf, gibt Hinweise auf derzeitige Behandlungsmöglichkeiten sowie deren Grenzen und stellt eine Konzeption zur Optimierung vor. In diesem Zusammenhang wird auf die bereits zum dritten Mal im Kosovo durch den Leitenden Hygieniker Balkan durchgeführte Übung "Schneller Schutz" hingewiesen, die im Rahmen einer einsatznahen Ausbildung und Bewältigung von Infektionsszenarienzu den noch fehlenden, praxisbezogenen Erkenntnissen geführt hat. Die aktuelle Übung "Schneller Schutz 2010" verdankt ihren Erfolg unter anderem der Unterstützung durch das "Zentrum für Einsatzausbildung und Übungen des Sanitätsdienstes" (ZEUS), dem Fachbereich Tropenmedizin beim Bundeswehrkrankenhaus Hamburg und dem Sanitätsamt der Bundeswehr, Abteilung V

Was sind "gefährliche hochkontagiöse Erkrankungen"?

Schnupfen ist hochkontagiös jedoch nicht bedrohlich. Tollwut ist gefährlich, aber nicht hochansteckend. Erst die Kombination beider Eigenschaften in einem Krankheitsbild führt zu der im deutschen Sprachgebrauch üblichen Bezeichnung einer "gefährlichen hochkontagiösen Erkrankung". Neben viral-hämorrhagischen Fiebern gehören auch Lungenpest, SARS und Pocken zu dieser Gruppe. In der Arbeitsmedizin gilt gemäß der Biostoffverordnung (1) für den Umgang mit solchen Erregern die Risikogruppe 4. Dies entspricht in etwa dem von dem"center of disease control and prevention" (CDC) nach bio-safety-level- Stufen festgelegten Grad 4 (BSL 4). Sowohl für die Behandlung / Pflege, als auch für die Untersuchungen von Labormaterial gelten daher strenge Anforderungen, die mindestens in Nordamerika und Westeuropa unstrittig sind. In Deutschland aktualisiert die Ständige Arbeitsgemeinschaft der Kompetenz- und Behandlungszentren (STAKoB) in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe regelmäßig diese Standards und stimmt sich dabei mit anderen europäischen Staaten ab. Werden entsprechende Krankheitsfälle versehentlich nach Deutschland importiert, dürfen nur speziell ausgerüstete Behandlungszentren diese Patienten behandeln (s. Tab. 1)

Was ist das "Krim-Kongo- Hämorrhagische Fieber" (CCHF)?

Das CCHF ist eine im 20. Jahrhundert unabhängig voneinander von russischen Ärzten auf der Krimhalbinsel bei Landarbeitern (1944) sowie in Belgisch-Kongo bei Soldaten (1956) beschriebenes Krankheitsbild eines hämorrhagischen Fiebers (Tab. 2.)Es wird durch Zeckenstich der Gattung Hyolomma marginatum marginatum (Abb. 1) sowie durch Blutkontakt mit infizierten Nutztieren übertragen. Der dritte, "nosokomiale" Übertragungsweg über Blut, Schleimhaut und fraglich auch engen Körperkontakt mit Patienten begründet die aufwändigen Schutzmaßnahmen im Rahmen des so genannten "barrier nursings". Das die Krankheit verursachende Virus gehört zur Familie der Bunyaviren und ist genetisch ausgesprochen variabel. Es existieren mehrere Serotypen, die sich in angrenzenden Verbreitungsgebieten auch im Sinne des Gendrifts rekombinieren können (2).

Umfassende Erfahrungen haben Infektiologen in der Türkei, da hier jedes Jahr hunderte von Fällen auftreten (3). Der zugehörige Stamm tritt auch in Südrussland und im Kosovo auf. Weitere Cluster gibt es in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in China, in Iran / Pakistan / Afghanistan sowie in Afrika im Kongo, in Südafrika und südlich der Sahelzone (4). Bemerkenswert ist weiterhin, dass es zahlreiche Fälle von stummen oder mild verlaufenden Infektionen geben muss, da die Serokonversionsrate z.B. im Kosovo bei ca. 24% der exponierten Bevölkerung liegt (5).

Welche präventiven Maßnahmen können eingesetzt werden?

Die Präventivmedizin unterscheidet zwischen Verhaltens- und Verhältnisprävention. In der Bundeswehr sind alle im Einsatz befindlichen Soldaten hinreichend und wiederholt über das Vermeiden von Zeckenstichen und Tierkontakten aufgeklärt. Die Maßnahmen werden - soweit es die Auftragserfüllung zulässt - eingehalten, einen sicheren Schutz vor Exposition kann es im militärischen Alltag jedoch nicht geben. Zur Verhältnisprävention zählt die vektorgeschützte Uniform, die sich bisher im Kosovo als ausgesprochen wirksames Mittel zur Prävention von vektorübertragbaren Krankheiten gezeigt hat. Zur Prävention zählen aber auch Maßnahmen der Sekundärprävention, die bei einmal aufgetretener Exposition eine Infektion, bzw. bei bestehender Infektion weitere Folgeinfektionen verhindern sollen. Konkret können hier zwei Wirkprinzipien eingesetzt werden, die bei jeder Form der Seuchenprophylaxe zur Anwendung kommen:

  • Postexpositionsprophylaxe, d.h. Gabe von Medikamenten, die den Ausbruch der Krankheit nach erfolgter Exposition / Infektion verhindern. Hier existiert für das CCHF das sowohl für die Postexpositionsprophylaxe als auch für die Behandlung geeignete antivirale Mittel Ribavirin (6), welches so schnell wie möglich nach Exposition verabreicht werden muss.
  • Isolier- und Schutzmaßnahmen, um eine Weiterverbreitung z.B. beim behandelnden Personal zu verhindern. Bei CCHF werden hier Maßnahmen des "barrier nursing" erforderlich.

Was ist unter "barrier nursing" zu verstehen?

Die Behandlung von Erregern bis zur bio-safety- level-Stufe 3 (z.B. Tuberkulose) sieht die klassischen Maßnahmen des Eigenschutzes unter Nutzung von Schutzkitteln, Schutzbrillen und FFP-Masken (face-filtering-piece; Halbfiltermasken) sowie den Einsatz von einfachen Personalschleusen vor. In nahezu jeder stationären Behandlungseinrichtung, ob zeltgestützt oder in einem Festbau kann solch eine Isoliereinheit relativ problemlos eingerichtet werden. Ab der Erregerstufe BSL-4 gelten wesentlich strengere Anforderungen an den Eigenschutz und die Verhinderung einer Weiterverbreitung aus der Behandlungseinrichtung heraus. Die Summe der Maßnahmen werden als "barrier nursing" zusammengefasst, die Behandlungseinrichtung heißt dementsprechend "barrier nursing unit" (BNU). Die Bestandteile einer BNU sind in Tabelle 3 dargestellt. Die Grundprinzipien einer BNU sind

  • Intensivbehandlung und Laboruntersuchungen im Schwarzbereich unter Kontaminationsschutzanzug.
  • Vollständige "Dekontamination" der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) im Graubereich, danach Entkleiden bis auf die Unterbekleidung.
  • Körperdusche sowie abschließende Dekontamination der Masken / Filteranlagen im Weißbereich.
  • Erzeugen eines Unterdruckes mit einem Gefälle Schwarz-, Grau-, Weißbereich.

Ein komplett abgedichteter Kontaminationsschutzanzug verhindert jegliches Vordringen des Krankheitserregers auf die Haut und über die Atemwege. Aus diesem Grunde ist eine Vollfilterung (ABC-Schutzmaske, bzw. belüfteter Schutzanzug) erforderlich. Wird kein voll integrierter, belüfteter Schutzanzug getragen, müssen alle Übergangsbereiche des Anzuges zu Schuhen, Handschuhen und Masken luft- und flüssigkeitsdicht abgeklebt werden (s. Abb 2). Erforderlich werden diese Maßnahmen wegen des teilweise heftigen Bluterbrechens der Patienten bei gleichzeitiger Agitiertheit und Aggression im Frühstadium der Erkrankung. Unter diesen Arbeitsbedingungen sind Schichten von zwei bis vier Stunden realistisch, jedoch wegen Personalmangel möglicherweise nicht immer realisierbar. Die Dekontamination des eingesetzten Personals erfolgt mit Peressigsäure, einer Substanz mit geringem Temperaturfehler, breitem Wirkspektrum und geringer Umweltbelastung (7). Eine Schicht besteht aus einem Behandlungsteam (Facharzt Anästhesie / Innere Medizin, Intensivpfleger) und einem Springer / Assistent bei der Dekontamination. Ein großes Problem stellt die Kommunikation innerhalb des Schwarzbereiches und nach außen dar. Ein optimales System existiert nicht, es können Wechselsprechanlagen, Funkgeräte oder sogar handgeschriebene Nachrichten auf mobilen "whiteboards" verwendet werden.

Erfahrungen mit der Übung "Schneller Schutz 2010"

Die Sanitätseinsatzübung "Schneller Schutz 2010" ist die dritte ihrer Art und berücksichtigte anders als in 2007 bei der ersten Übung die Bewältigung eines Krankheitsfalls in Echtzeit und unter Berücksichtigung sämtlicher zu erwartender Rahmenbedingungen. In diesem Übungsszenario zeigte sich erneut, dass Sanitätspersonal der Bundeswehr auch unter improvisierten Bedingungen in der Lage ist, engagiert, phantasievoll und unter Inkaufnahme hoher Belastungen solch herausfordernde Situationen zu bewältigen. Der Ablauf der Übung bestand aus folgenden Teilschritten:

  • Erkennen des Krankheitsbildes in einem externen Feldlager durch medizinisches Personal einer Role-1-Einrichtung und rechtzeitiges Einleiten von Schutzmaßnahmen vor Ort (Eigenschutz, Absicherung) (Abb. 3)
  • Alarmierung des PECC (Patient-Evacuation- Coordination-Centers) unter Nutzung der existierenden Checkliste.
  • Infekt-Transport durch MedEvacKp mit einem kurzfristig vorbereiteten Infekt-KrKw unter improvisiertem Schutz (Abb. 4a und b)
  • Parallel dazu Absicherung der Role-3-Einrichtung, Vorbereitung von Dekontaminationsmaßnahmen durch SanHyg und Übergabe des Patienten nach Eintreffen
  • Betrieb einer improvisierten "barrier nursing unit" (BNU) einschließlich Labor (Abb. 5)
  • vollständige Dekontamination von Personal und Material im Rahmen des Schichtwechsels (Abb. 6a und b).
  • Entnahme, Verpackung und sachgerechter Transport einer diagnostischen Probe zur Laboreinrichtung der "host nation" (Landtransport).
  • Einsatz der Taskforce "Management Hochrisikoinfektionen" (TF MHRI) im Rahmen des Übungsgeschehens (Stellen einer Schicht, fachliche Beratung, Einsatz vollbelüfteter Schutzanzüge)

Die Übung "Schneller Schutz 2010" deckte erwartungsgemäß auf, dass der Fall eines gefährlichen hochkontagiösen Erregers die Einsatzkräfte bis zur Grenze der Auftragserfüllung belasten wird. Die Abmeldung der Einrichtung kann je nach Situation (nosokomiale Zweitinfektion) die ultima ratio darstellen. Weiterhin muss davon ausgegangen werden, dass wegen der unspezifischen Anfangssymptomatik bis zum Erkennen eines Verdachtsfalles CCHF das Vollbild aufgetreten ist und die Rückfall-position des StratAirMedEvac genauso ausfällt, wie der Transport einer diagnostischen Probe. Grundlage hierfür sind die Bestimmungen der "International Air Transport Association" (IATA) und der "Internation Civil Aviation Organisation" (IACO), die einen Transport solch hochinfektiöser Patienten strikt untersagen.

Wie ist die Bundeswehr auf das Auftreten von "gefährlichen hochkontagiösen Erregern" vorbereitet? In Kenntnis der Gefährdung durch CCHF im Kosovo hat das BMVg im Jahre 2003 Grundlagen für das "Management und die Kontrolle gefährlicher Infektionskrankheiten" erlassen (8). Sie umfassen folgende Kernaussagen:

  • Bezüglich der Behandlung aufgetretener gefährlicher hochkontagiöser Erkrankungen gilt die Maxime des im Ergebnis vergleichbaren Behandlungsstandards wie in Deutschland unverändert.
  • Gleichzeitig wird betont, dass aufgrund der geltenden internationalen Vorschriften der IATA in diesen Fällen keine StratAirMedEvac sondern nur eine Behandlung im Einsatzland in Frage kommt (Prinzip "stay and play")
  • Die international gültigen Standards für eine Behandlung hämorrhagischer Fieber im Einsatzland sind grundsätzlich einzuhalten.
  • Fachpersonal und entsprechende Materialien für ein "barrier nursing" sind im Krankheitsfall unverzüglich (innerhalb von 48 72 h) in das Einsatzland zu verbringen.

Das Sanitätsamt der Bundeswehr hat zur Umsetzung des Erlasses BMVg im Jahre 2005 einen Entwurf für ein "Einsatzkonzept Management hochkontagiöser Erkrankungen / barrier nursing im Einsatz" vorgelegt. In diesem wird der Einsatz einer taskforce "Management Hochrisikoinfektionen" konkretisiert. Er besteht neben einem fact-finding-team aus den zwei Einzel-taskforces "Aufsuchende Epidemiologie" und "Behandlung und Evakuierung". Im Rahmen des Bundeswehreinsatzes EUFOR RD Kongo im Jahre 2006 wurden zwei transportable "barrier-nursing-units" sowie einige Sätze mit belüfteten Schutzanzügen beschafft, um schnell auf etwaige Fälle reagieren zu können. Eine Konzeption zur Aufstellung einer mobilen Behandlungseinrichtung, die den Anforderungen an eine BSL-4-Einrichtung entspricht existiert als abschließende funktionale Forderung und muss erst im Haushalt verhandelt werden.

Am Fachbereich Tropenmedizin beim Bundeswehrkrankenhaus Hamburg wurde zwischenzeitlich ein Lehrgang "Barrier nursing" aufgebaut, der es Ärzten und Assistenzpersonal ermöglichen soll, sich im Einsatzgebiet auf entsprechende Situationen einstellen zu können. Bis zum Jahre 2007 hatte es keine systematische praktische Erprobung im Einsatz gegeben, wie ein Szenario des Auftretens gefährlicher hochkontagiöser Erreger bewältigt werden kann. Mit der Einführung der Sanitätseinsatzübung "Schneller Schutz" konnten im KFOR entscheidende Fragen beantwortet werden:

  • Bestehen Möglichkeiten eines improvisierten "barrier nursings" bis zum Eintreffen der taskforce MHRI?
  • Kann mit der vorhandenen Schutzausrüstung das eingesetzte Personal hinreichend geschützt werden?
  • Besteht eine schnelle Diagnosemöglichkeit innerhalb der host nation?

Im Rahmen einer Falldarstellung konnte gezeigt werden, dass bei vorheriger Schulung das eingesetzte Personal die Nutzung von Schutzanzügen der Klasse 3 (EN 14126 und § 11 BioStoffV) in Kombination mit ABCSchutzmasken und Abkleben der Nähte beherrschen kann. Genauso war es möglich im Rahmen bestehender infrastruktureller Möglichkeiten vor Ort durch Errichten improvisierter Schleusen eine "improvisierte barrier nursing unit" aufzubauen. Mit Hilfe des Instituts für Mikrobiologie, München, wurde am "Institute of public health of Kosovo" eine PCR für CCHF etabliert und im Jahr darauf revalidiert. Dennoch blieben sehr viele Fragen unbeantwortet. Diese konnten schließlich 2010 im Rahmen der dritten Übung "Schneller Schutz" genauer beantwortet werden.

Welche konzeptionellen Vorschläge ergeben sich aus der Übung "Schneller Schutz 2010"

Um deutschen Einsatzkräften eine realistische Chance zur Bewältigung eines Falles von CCHF bis zur endgültigen Versorgung zu ermöglichen, gilt es künftig folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Angehörige des Sanitätseinsatzverbandes müssen im Rahmen von Trainingsmaßnahmen für z.B. CCHF sensibilisiert werden, d.h. Erkennen des Krankheitsbildes, Sicherheit beim Eigenschutz, Einüben von Verfahren (Transport, Unterbringung, Pflege).
  • Für das intensivmedizinisch tätige Behandlungspersonal müssen vollbelüftete Kontaminationsschutzanzüge verfügbar sein. Die Kombination von ABC-Schutzmaske und Klasse-3-Schutzanzügen genügt den Anforderungen für dieses Personal nicht.
  • Es muss ein Transportfahrzeug für Infekttransporte vorbereitet sein (Entkernung, Abdichtung).
  • Es sind geeignete Medikamente zur Postexpositionsprophylaxe und Therapie vorzuhalten.
  • Für jedes Einsatzgebiet muss es ein geeignetes Verfahren zum "improvisierten barrier nursing" geben. Für den Einsatz KFOR ist diese in den Abbildungen 7a und 7b dargestellt.
  • Es müssen Materialien (z.B. Peressigsäure) und qualifiziertes Personal zur sachgerechten Dekontamination vorgehalten werden. Solche Leistungen lassen sich nicht durch Fremdvergabe erbringen.
  • Einsatzstäbe nicht nur des Sanitätsdienstes müssen auf die Risikokommunikation beim Auftreten solcher Fälle vorbereitet sein.

Eine entscheidende Rolle wird die erstmals beim "Schnellen Schutz 2010" eingesetzte TaskForce MHRI spielen. Deren Zusammensetzung muss neu überdacht werden. Die Übung ergab, dass

  • für die Behandlung zwei Schichten ohne Springer abgedeckt werden müssen (je 1 SanStOffzArzt und je 1 Intensivpfleger).
  • qualifiziertes Laborpersonal erforderlich ist, da angelerntes Personal unter Vollschutz die Diagnostikverfahren nicht beherrscht.
  • ein weiterer Desinfektor benötigt wird, damit sowohl im "barrier-nursing-Bereich", als auch bei der Materialdekontamination Fachpersonal verfügbar ist.

Je nach den räumlichen Bedingungen des "improvisierten barrier nursings" (1-2 Patientenbetten, Intensivtherapie und Labor möglich) spielt die Zuführung einer mobilen BNU nicht mehr die entscheidende Rolle, da der Patient in den seltensten Fällen verlegbar sein dürfte. Für die Planung künftiger Einsatzlazarette bzw. Rettungszentren können die Erkenntnisse beim Einsatz eines "improvisierten barrier nursings" auf ein Konzept des integrierten "barrier nursings" übertragen werden. Ein Schema des Konzeptes ist in Abb. 8 zu sehen. Hierzu sind gegenüber den bisherigen Planungen folgende Maßnahmen zu empfehlen:

  • Ausplanung des zweiten Intensivzimmers mit vorgeschalteter Schleuse (Nr. 1 in Abb. 8).
  • Ausstattung der Schleuse mit Bodenablauf und Duscheinrichtung (ggf. Zumischung Peressigsäure).
  • Abtrennung von übriger Intensivstation durch eine luftdicht schließende Zwischentür (Nr. 2 in Abb. 8).
  • Gegenüber dem ITS-Zimmer Einrichten eines Laborraumes (Nr. 3 in Abb. 8). Raumlufttechnik mit zuschaltbarem Unterdruck.
  • Lokalisierung des Bereiches an den Rand der Einrichtung und Vorhalten eines Notausganges für die Absteuerung (Weißbereich).

Unabhängig von der Intensivierung von Trainingsmaßnahmen zum Thema "gefährliche hochkontagiöse Erreger" und der Optimierung der Schutzausstattung in den Einsatzgebieten stellt die frühzeitige Berücksichtigung der Infrastruktur den wesentlichen Faktor zur Realisierung einer erfolgreichen Behandlung von z.B. CCHF bei deutschen Kontingentangehörigen dar. Erst unter der Berücksichtigung einer leistbaren Versorgung innerhalb der ersten 48 - 72 Stunden kann der Anspruch des BMVg, den dieser in (8) formuliert hat, wirklich erfüllt werden.

Datum: 11.03.2010

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2010/2

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