Gemeinsame Stellungnahme von DGIM, DGIIN und BDI zur Notfallreform
Wiesbaden/Berlin, Juni 2024 – Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) und der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI) begrüßen die geplante Notfallreform zur Umgestaltung des aktuell überlasteten und durch Fehlsteuerung gekennzeichneten Systems der Notfallversorgung. In einer gemeinsamen Stellungnahme gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mahnen die Internisten jedoch auch Erweiterungen und Konkretisierungen des aktuellen Referentenentwurfs an. DGIM und BDI sind mit jeweils mehr als 30.000 bzw. 20.000 Mitgliedern die größten Vertreter sowohl niedergelassener als auch in Kliniken tätiger Internistinnen und Internisten. Die DGIIN und ihre Sektion Pflege vertritt Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegefachpersonen der internistischen Intensiv- und Notfallmedizin und damit zwei der zentralen Professionen der Notfallversorgung.
8 konkrete Vorschläge zur Abänderung des aktuellen Referentenentwurfs formulieren DGIM, DGIIN und BDI in ihrer Stellungnahme.
Integrierte Notfallzentren (INZ): Standortprüfung muss rasch erfolgen
Die integrierten Notfallzentren sollen zukünftig das Herzstück der Notfallbehandlung darstellen.
„Wir halten dies grundsätzlich für eine richtige Entscheidung“, sagt Professor Dr. med. Jan Galle, Präsident der DGIM. Die Entscheidung über die angedachten Standorte müsse jetzt zeitnah erfolgen. „Wichtig ist dabei, für den stationären Bereich rasch zu prüfen und zu entscheiden, an welchen Kliniken ein INZ bereits vorhanden ist, bleiben oder auch eingerichtet werden sollte“, so Galle.
Die Öffnungszeiten der KV-Praxen in den INZ müssten so gewählt sein, dass keine unnötigen Doppelstrukturen geschaffen werden.
„Zentral ist, dass es niedrigschwellige Zugangsmöglichkeiten und eine einheitliche Kommunikation dieser Öffnungszeiten in die Bevölkerung gibt“, sagt Professor Dr. med. Christian Karagiannidis, Past-Präsident der DGIIN.
Vernetzung von 112 und 116117 und Ersteinschätzungsverfahren
Um eine bessere Steuerung von Patientinnen und Patienten zu ermöglichen, ist geplant, die Rufnummer des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117 sowie die Notrufnummer 112 zu vernetzen. DGIM, DGIIN und BDI betonen, dass dabei aus Aspekten der Qualitätssicherung standardisierte Erstabfragen in Form von Checklisten zwingend notwendig seien.
Das neu angedachte Verfahren zur Ersteinschätzung, bei dem in Kliniken schnell und verlässlich die Dringlichkeit einer Behandlung beurteilt werden soll, stelle grundsätzlich ein wichtiges Instrument dar, so DGIM, DGIIN und BDI. Es müsse jedoch zunächst validiert und dann vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) verabschiedet werden.
Strategien im Umgang mit der zunehmenden Zahl älterer Patientinnen und Patienten
Alte und hochbetagte Patientinnen und Patienten machen einen erheblichen Anteil in den Notaufnahmen aus.
„Ein Primärarztsystem, das eine Notfallversorgung gerade der Alten- und Pflegeheime abdeckt, ist daher ein wesentlicher Schlüssel, um die Versorgung der älter werdenden Bevölkerung sicherzustellen und Überlastungssituationen in den Notaufnahmen abzuwenden“, betont Professor Dr. med. Matthias Kochanek, Präsident der DGIIN.
Ein weiterer zentraler Schlüssel zur Versorgung älterer Menschen sei „treat@home“, also die Behandlung in der häuslichen Umgebung.
„Dafür ist es unabdingbar, den Rettungsdienst als eigenes Leistungssegment in das SGB-V zu überführen, damit eine Behandlung vor Ort abschließend durchgeführt und auch vergütet werden kann“, so der Kölner Intensivmediziner.
Viele offene Fragen zur Finanzierung und zu personellen Ressourcen
Die Vergütung der ambulanten Notfallbehandlung in Krankenhäusern über den EBM ist im Moment nicht kostendeckend möglich, da die Kosten der Vorhaltung nicht abgebildet sind. Es bedürfe deshalb einer Regelung, die bei Zuweisung von Notfallpatientinnen und -patienten durch den Rettungsdienst für Notaufnahmen in Krankenhäusern mit Integriertem Notfallzentrum eine andere, zum Beispiel eine vorstationäre Vergütung ermöglicht, betonen die drei Verbände.
„Unbeantwortet bleibt bislang auch die Frage, mit welchen Mitteln – personell und finanziell – ein 24/7-Angebot mit Akutleitstelle, aufsuchendem Dienst, und Telemedizin umgesetzt werden soll. Das ist mit Blick auf die vorhandenen Ressourcen aktuell nicht möglich“, sagt Christine Neumann-Grutzeck, Präsidentin des BDI. „Mit einer telemedizinischen und aufsuchenden Bereitschaft 24/7 wird eine Parallelstruktur zur vertragsärztlichen Versorgung aufgebaut, der damit personelle Ressourcen entzogen werden. Das würde eine erhebliche Schwächung der ambulanten Versorgung bedeuten.“
Die vollständige Stellungnahme von DGIM, DGIIN und BDI finden Sie hier:
Federführende Autoren der Stellungnahme:
Prof. Dr. med. Jan Galle, Vorsitzender der DGIM
Prof. Dr. med. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM
Prof. Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Vorsitzender der DGIM-Kommission Struktur der Krankenversorgung
Prof. Dr. med. Matthias Kochanek, Präsident der DGIIN
Prof. Dr. med. Christian Karagiannidis, Past-Präsident der DGIIN
Christine Neumann-Grutzeck, Präsidentin des BDI
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