COVID-19 und das Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz

Eine Erfolgsgeschichte der interdisziplinären Zusammenarbeit

F. Müller, D. Rauschning und G. Scheumann

Die Coronapandemie hat weltweit und auch in Deutschland das Gesundheitssystem vor enorme Herausforderungen gestellt. Der Sanitätsdienst der Bundeswehr hat frühzeitig und in vielfältiger Weise das zivile Gesundheitssystem unterstützt und dabei auch koordinierende Aufgaben übernommen. Auch die Bundeswehr­kran­kenhäuser (BwKrhs), hier als Beispiel das Bundeswehrzentralkrankenhaus (BwZKrhs) Koblenz, haben sich in vielfältiger Weise bei der Bewältigung dieser infektiologischen Notlage unterstützend eingebracht. Die Krankenhausstrukturen werden dabei vor große Herausforderungen gestellt, müssen sie doch die Besonderheit bei der Behandlung von infektiologischen Patienten mit erheblichen Einschränkungen in der normalen Patientenversorgung in Einklang bringen. Auch der Ambulanzbetrieb muss aufrechterhalten werden und gleichzeitig der Schutz von Patienten und Personal gewährleistet sein. Wie das gelingen kann, wird am Beispiel des BwZKrhs Koblenz dargestellt. 

COVID-19, hervorgerufen durch das Virus SARS-CoV-2, hat sich innerhalb kurzer Zeit zur Pandemie entwickelt. Ausgehend von der Region Wuhan/Hubei in China, wo Ende 2019 die ersten Fälle auftraten, hat sie sich binnen weniger Wochen weltweit ausgebreitet. Auch in Deutschland hat die Zahl der Infizierten und Erkrankten im ersten Quartal 2020 rasch zugenommen.

Das BwZKrhs Koblenz wurde bereits im Februar 2020 mit einem Coronafall aus dem zweiten deutschen Infektionscluster in Nordrhein-Westfalen konfrontiert. Ausgehend von diesem Patienten hat sich das Krankenhaus sehr frühzeitig auf diese neue Gefährdungslage durch logistische, strukturelle und personelle Maßnahmen eingestellt. Das BwZKrhs Koblenz hat in der frühen Phase der ersten Pandemiewelle eine koordinierende Funktion in der regionalen medizinischen Versorgung übernommen. Noch lange bevor staatliche Institutionen bzw. Behörden auf Bundes-, Landes- und regionaler Ebene aktiv wurden, erfolgte in Zusammenarbeit und Abstimmung mit den regionalen Krankenhäusern, der Feuerwehr, dem örtlichen Gesundheitsamt, mit Vertretern der Rettungsdienstbehörden und des Amtes für Brand- und Katastrophenschutz die Einrichtung einer sogenannte Fieberambulanz, die eine ambulante Sichtungs- und Filterfunktion für die Krankenhäuser und die Arztpraxen übernahm und so eine Überlastung des ambulanten und stationären Gesundheitssystems verhinderte.

Im BwZKrhs selbst wurde ein Coronalagezentrum und eine Zelle für die Personal- und Ausbildungssteuerung unter Führung der Kommandeurin und Ärztlichen Direktorin bzw. des Leiters der Abteilung Zentrales Prozess-, Leistungs- und Ressourcenmanagement (ZKPLRM) eingerichtet, die die Koordination aller gemeinsamen Anstrengungen auf dieser Ebene wahrnahmen.

Besonders bewährt hat sich die regelmäßig tagende „Corona-Lage“ als Steuerungs- und Kommunikationseinrichtung des Hauses. Als feste Teilnehmer wurden die Kommandeurin und Ärztliche Direktorin bzw. der Leiter ZKPLRM, Vertreter des Lagezentrums und der Zelle für die Personal- und Ausbildungssteuerung, der Krankenhaushygiene, der Infektiologie, der Kliniken für Innere Medizin und Anästhesie, der Notaufnahme, der Mikrobiologie, der Krankenhausapotheke und des Bundeswehrdienstleistungszentrums sowie die Pflegedienstleitung, der Direktor des Krankenhauslabors, der Leiter Stabsgruppe, der Truppenarztbereich und die Presseoffiziere bestimmt.

Eine besondere Herausforderung war die lagegerechte Anpassung der Behandlungsstrukturen an das Patientenaufkommen in den unterschiedlichen Coronawellen. Für die Pflegekräfte und Ärzte, die im „Coronabereich“ eingesetzt wurden, ergab sich eine zusätzliche Belastung durch das Arbeiten unter der persönlichen Schutzausstattung (PSA). Es wurden Behandlungsleitfäden für die Notaufnahme, die periphere Versorgung und den High-Care-Bereich sowie zahlreiche Hygieneleitfäden entwickelt und regelmäßig an die Lageentwicklung angepasst.

Im Verlauf der jeweiligen Coronawellen mussten schrittweise und strukturiert die regulären Behandlungs- und Operationskapazitäten zurückgefahren sowie die infektiologischen und SARS-CoV-2 bedingten Behandlungsmöglichkeiten und -strukturen erweitert werden. Das erforderte gerade auch bei den operativen Fächern ein hohes Maß an Flexibilität und bei den anderen, nicht unmittelbar an der COVID-Behandlung beteiligten Fächern, die teilweise in ihren Behandlungskapazitäten erheblich eingeschränkt wurden, viel Verständnis.

Für die Steuerung der Patientenbewegungen wurde darauf geachtet, eine strikte Trennung von Patienten ohne SARS-CoV-2-Infektion, Verdachtsfällen und COVID-19-Erkrankten sicherzustellen. Hierzu wurden bereits in der Notaufnahme neben dem schon existierenden „grünen Bereich“ je ein räumlich getrennter „gelber Bereich“ für unklare Fälle sowie für konkrete Verdachtsfälle und für bestätigte Fälle ein „roter Bereich“ etabliert. Die strikte Trennung dieser Bereich musste auch im Normal-Care-Bereich und High-Care-Bereich realisiert werden.

Schematische Darstellung der in die Versorgung von SARS-CoV-2-Infizierten...
Schematische Darstellung der in die Versorgung von SARS-CoV-2-Infizierten einbezogenen Anteile BwZKrhs Koblenz sowie der externen Kommunikationsbeziehungen
Quelle: Bundeswehr/Daniel Mathies

Parallel zu diesen Herausforderungen in der Patientenbehandlung und -versorgung mussten angepasste Besucherregelungen getroffen und kommuniziert werden.

Es soll an dieser Stelle besonders auch auf die logistischen und organisatorischen Problemstellungen hingewiesen werden, die sich durch die Impfungen und Testungen der Mitarbeiter auf SARS-CoV-2 ergaben. Hier waren besonders der Truppenarztbereich, die Hygiene, die Notaufnahme, das Labor und die Mikrobiologie gefordert. Erst die frühzeitige und vorausschauende Beschaffung und Bevorratung von PSA, Desinfektionsmitteln und antiviralen Wirkstoffen durch die Apotheke ermöglichte eine ausreichende Durchhaltefähigkeit auch bei Versorgungsengpässen. Nicht zu vergessen ist die wichtige Unterstützungsleistung durch das Bundeswehrdienstleistungszentrum und die Stabsgruppe in allen Bereichen und zu jeder Zeit. Besondere Erwähnung verdient auch die personelle Unterstützung durch „unser“ Sanitätsregiment 2 in Rennerod bzw. Koblenz. Hierdurch konnten gerade die verschiedenen COVID-Behandlungsbereiche erheblich entlastet und die Durchhaltefähigkeit gestärkt werden.

In der Gesamtschau stellte und stellt die Coronapandemie eine besondere Herausforderung für unser „Lazarett“ (wie es liebevoll im Koblenzer Volksmund genannt wird) dar, in der es sich hervorragend bewährt hat. Nur durch den disziplinierten, außerordentlich engagierten und fachlich versierten Einsatz sämtlicher Mitarbeiter auf allen Ebenen gelang und gelingt die Bewältigung einer solchen Bewährungsprobe. Als besondere Stärke des BwZKrhs zeigte sich dabei wieder einmal die auf allen Ebenen funktionierende interdisziplinäre und kameradschaftliche bzw. kollegiale Zusammenarbeit.

Welche bisherigen „Lessons learned“ können aus Krankenhaussicht aus der SARS-CoV-2-Pandemie gezogen werden?

  1. Eine Pandemie stellt ein Gesundheitssystem, den Sanitätsdienst und die Krankenhausstrukturen vor große Herausforderungen, um Behandlung und Schutz von Patienten und Personal zu gewährleisten. Dabei muss neben den infektiologischen Erfordernissen der normale Krankenhausbetrieb und auch die ambulante Patientenversorgung in ausreichendem Umfang fortgeführt werden. 
  2. Von besonderer Bedeutung für das Gesundheitssystem auf den verschiedenen Ebenen und insbesondere auch in den Krankenhäusern ist die frühzeitige Planung und Einnahme einer Pandemiestruktur. Die Patientendynamik in einer Pandemie kann kaum vorausgesehen werden und kann rasch zu einer Überforderung der normalen Strukturen führen.
  3. Die frühzeitige Bevorratung von PSA, Desinfektionsmitteln und antiviralen Wirkstoffen ermöglicht eine ausreichende Durchhaltefähigkeit. Bei weltweiten Versorgungsengpässen spielen dabei Versorgungs- und Produktionsstrukturen eines Landes eine bedeutende und lebenswichtige Rolle.
  4. Die straffe und schnelle Umsetzung der Transformation in Pandemiestrukturen kann durch entsprechende vorausschauende Planungen erheblich beschleunigt werden und ist nur unter zentraler Führung, kontinuierlicher Anpassung an die Lage und unter engagierter Mitarbeit aller Teilbereiche möglich.
  5. Eine offene sowie zeitkritische Öffentlichkeitsarbeit und Informationsweitergabe ist auf allen Ebenen von herausragender Bedeutung.
  6. Aufgrund aktueller und zukünftig möglicher Infektionsszenarien, auch vor dem Hintergrund weltweiter Einsatztätigkeit und Migration, erscheint die Etablierung von Infektionsstationen und das entsprechende Vorhalten von Intensivkapazitäten (mit invasiven Beatmungsmöglichkeiten) für Infektionspatienten gerade in den BwKrhs von höchster Priorität zu sein. Auch das Vorhalten von Lungenersatzverfahren (ECMO) sollte in ausreichender Kapazität sichergestellt werden. 

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