Forschung und Wissenschaft am Bundeswehrkrankenhaus Ulm

M. Melnyk

Forschungsaktivitäten am Bundeswehrkrankenhaus (BwKrhs) Ulm gibt es bereits seit Ende der 1970er Jahre. Eine der ersten Publikationen aus dem BwKrhs Ulm entstand 1979 in der Chirurgie mit Oberstarzt Prof. Dr. Gerngross als treibendem wissenschaftlichen Mentor. Gleichzeitig war diese erste gemeinsame Publikation zusammen mit Prof. Dr. Burri, dem Ordinarius für Unfall­chirurgie am Universitätsklinikum Ulm, der Auftakt einer intensiven wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen dem BwKrhs Ulm und der Universität beziehungsweise dem Universitätsklinikum Ulm. 

Heute werden von Sanitätsoffizieren aus dem BwKrhs jährlich über 100 Studien in nationalen und internationalen Zeitschriften publiziert. Zu den Veröffentlichungen kommen wissenschaftliche Vorträge, die auf Kongressen der Wehrmedizin, auf national und internationalen Fachkongressen und Fachkonferenzen von Sanitätsoffizieren aus fast allen Abteilungen des BwKrhs Ulm gehalten werden.

Forschung und Wissenschaft am Bundeswehrkrankenhaus Ulm

Zudem ist Oberstarzt Prof. Dr. Schramm, der Klinische Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie, gleichzeitig der Lehrstuhlinhaber dieses Fachs am Universitätsklinikum Ulm. Neben den umfangreichen wissenschaftlichen Tätigkeiten im BwKrhs werden zahlreiche medizinische Doktoranden aus dem Sani­tätsdienst und dem Zivilen betreut. Zurzeit arbeiten mehr als 90 Studenten, Ärzte und Sanitätsoffiziere an ihren Promotionen, Habilitationen oder sind als Außerplanmäßige Professoren in Forschungsprojekten am BwKrhs Ulm eingebunden. Sie alle sind ein Teil der Nachwuchsförderung des Sanitätsdienstes. Realisiert wird die Vergabe von Doktorarbeiten auch durch die Einwerbung von Drittmittelprojekten mit zivilen Institutionen wie Universitäten, Stiftungen sowie nicht-akademischen und akademischen Krankenhäusern. Institute der Fraunhofer Gesellschaft bearbeiten wehrmedizinisch relevante Forschungsprojekte zusammen mit den entsprechenden Projektoffizieren. Dieses große Spektrum an Forschungstätigkeiten wird zudem von eingeworbenen Sonderforschungsprojekten des Sanitätsdiensts ergänzt. Eine direkte Reflexion der wachsenden Forschungsaktivität in den Kliniken und Abteilungen ist ferner an der signifikanten Anzahl der abgeschlossenen oder sich im Gutachterverfahren befindlichen Habilitationen zu erkennen. 

Bei allen Forschungen spielt die Universität und das Universitätsklinikum Ulm eine bedeutende Rolle, da Forschungsprojekte von der Ethikkommission Ulm genehmigt werden müssen. Auch sind alle Promovierenden offiziell in das Promotionsverfahren der Universität Ulm eingebunden. Dies zeigt, dass ein weiterer Ausbau der Kooperation mit der Universität Ulm und dem Universitätsklinikum Ulm in Forschung und Lehre zur Entwicklung des BwKrhs als universitäres Krankenhaus von entscheidender Bedeutung ist.

Zu den derzeitigen Forschungsschwerpunkten zählt wie schon vor 30 Jahren die Trauma- respektive Polytraumaforschung mit einem zentralen Blick auf die besonderen Verletzungsmuster, wie Schuss- und Explosionsverletzungen, und die damit verbundenen Defektwunden. Hierzu gibt es zahlreiche universitäre partnerschaftliche Anknüpfungspunkte zum Universitätsklinikum und der Universität Ulm, wie beispielsweise die aktive Mitarbeit bei der Etablierung der Klinische Forschergruppe der DFG, der Gründung des Zentrums für Muskulo-skelettale Forschung, der Mitgliedschaft im Zentrum für Traumaforschung und der Deutschen Traumastiftung. In der Zukunft wird es für uns das Ziel sein, die Position des nicht-universitären Partners in die Rolle eines vollwertigen universitären Forschungspartners zu überführen. Hierfür will das BwKrhs Mitbetreiber des Zentrums für ­Multidimensionale Trauma-Wissenschaften werden, das 200 Forschende aus unterschiedlichen Bereichen zum Thema Trauma­forschung unter einem Dach zusammenführen soll. Ein anderer Zugang zum Schwerpunktthema Polytrauma soll mit der Gründung des Forschungsverbundes Süd (ForschVerbSüd) etabliert werden. Zusammen mit dem Lehrstuhl für Informatik der Universität der Bundeswehr München (UniBwM) wird ein Forschungscluster aufgebaut, der die klinische Betrachtung des Traumas in seinen unterschiedlichen Facetten mit den Möglichkeiten der Simulation und Sensorik zusammenführt. Die Nutzung der Digitalisierung, möglicher Modellberechnungen sowie dem potenziellen Einsatz der KI verspricht ein hochinteressantes Forschungsfeld zu werden. Eine inhaltliche Beteiligung am neuen Studiengang Medizinische Informatik an der UniBwM ist Teil dieses ForschVerbSüd. Ein zusätzlicher aber wesentlicher Mehrwert dieses Zusammenschlusses ist, dass das BwKrhs Ulm mit der UniBwM eine Universität an seiner Seite hat, ebenso wie dieses für das Universitätsklinikum Ulm die Universität Ulm ist. Daher ist es für uns wesentlich, dass der ForschVerbSüd schnellstmöglich formalisiert und nach außen hin sichtbar wird.

Ein zweiter Forschungsschwerpunkt, der sich in den letzten zwei bis drei Jahren herausgebildet hat, ist ein Forschungsnetzwerk aus den Kliniken Pathologie und Innere Medizin sowie den Sektionen Pneumologie und Hämato-Onkologie. Insbesondere zu Covid-19 wurden einige Studien durchgeführt und deren interessante Ergebnisse international publiziert. Diese Aktivität mündete unter anderem in die Aufnahme in das nationale Covid-19-Register, das von der Pathologie für das BwKrhs Ulm geführt wird. Zudem werden momentan alle im Sanitätsdienst erhobenen klinischen Daten zur Covid-19-Pandemie mit dem Ziel der wissenschaftlichen Aufarbeitung und Publikation federführend von der Klinik Innere Medizin vom BwKrhs Ulm zusammengetragen. Der zukünftige Fokus dieses Netzwerks soll auf der Analyse und wissenschaftlichen Aufarbeitung von pneumologischen Fragestellungen einerseits und anderseits auf der Untersuchung von pathologischem onkologischen Gewebe liegen, um eine Verbesserung der Therapie für den Patienten zu erreichen. 

Neben den zwei Schwerpunkten ist es das mittel- und langfristige Ziel, Forschung in allen Kliniken und Abteilungen des BwKrhs Ulm anzustoßen, zu fördern und Nachwuchsförderung sicherzustellen, die das Niveau des Sanitätsdienstes qualitativ und quantitativ verbessert und eine zunehmende Attraktivität für den wissenschaftlichen Nachwuchs darstellt. 


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