„....eine gute und ­umfassende Ausbildung für ärztliches und ­nicht-ärztliches Personal ermöglichen.“

Interview mit Generalarzt Dr. Joachim Hoitz, Kommandeur des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg

WM: Sehr geehrter Herr Generalarzt, die fünf Bundeswehrkrankenhäuser sind grundsätzlich eigenständige Betriebsstätten. In welchen Bereichen äußerst sich heute der „Systemverbund Bw(Z)Krhs“? Welche Änderungen hat dieser Verbund im Laufe der Jahre erfahren?

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Generalarzt Dr. Hoitz (Abb.: BwKrhs HH)
Generalarzt Dr. Hoitz: Da ich seit Ende 1990 ausschließlich in einem Bundeswehrkrankenhaus eingesetzt bin, kann ich die Entwicklung der vergangenen 28 Jahr gut überblicken. Mit Einnahme der neuen Struktur der Bundeswehr unterstehen die Bw(Z)Krhs seit Januar 2013 dem Kommandeur Gesundheitseinrichtungen und stv. Inspekteur. Im Laufe der Jahre wurde der Erfahrungsaustausch zwischen den damaligen Chefärzten deutlich häufiger und enger. Seit etwa vier Jahren werden „Best Practice Projekte“ in den einzelnen Betriebsstätten identifiziert und soweit möglich auf die anderen Betriebsstätten übertragen. Beispiel hierfür ist die am BwKrhs Hamburg seit 2013 entwickelte Ausbildungsreihe „Common Trunk Sanitätsoffizier“ für die Vorbereitung auf die truppenärztliche Tätigkeit. Daneben sind Arbeitsgruppen mit Teilnehmern aus allen Betriebsstätten zu verschiedenen Themenbereichen etabliert worden. Das BwKrhs Hamburg hat z. B. die Federführung in der Arbeitsgruppe „Risikomanagement“, in der von allen Bw(Z)Krhs ein Risikokataster zusammengestellt wurde. Einzelne Risiken werden von jeweils einem Bw(Z)Krhs für alle Betriebsstätten bearbeitet. Außerdem wird hierfür eine gemeinsame elektronische Plattform genutzt werden, sodass jede Betriebsstätte Zugriff auf alle Informationen hat.

WM: Welche Vorteile hat ein solcher Verbund für das jeweilige BwKrhs, z. B. auch auf dem Gebiet einer effizienteren Gestaltung medizinischer Leistungserbringung?

Generalarzt Dr. Hoitz: Im Bereich Krankenhausmanagement sind neben der rein fachlichen Leistungserbringung teilweise Maßnahmen z. B. zur Qualitätssicherung und zur Risikominimierung gesetzlich vorgeschrieben. Die Bearbeitung dieser sehr zeit- und ressourcenaufwändigen Aufgaben kann bei betriebsstättenübergreifender Bearbeitung effizienter und effektiver erfolgen. Bei der rein medizinischen Leistungserbringung finden zunehmend engere fachliche Diskussionen und Erfahrungsaustausch zwischen den Kliniken der Betriebsstätten statt, dies allerdings überwiegend im Rahmen der Konsiliargruppen.

WM: Gibt es auch mit zivilen Krankenhäusern bzw. mit Militärkliniken der Partnernationen Elemente des Verbunds oder auch Kooperationen, z. B. in Ihrem Haus zur Verbesserung der Interoperabilität oder anderer Zielsetzungen?

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Generalarzt Dr. Hoitz in einer Dienstbesprechung (Abb.: BwKrhs HH)
Generalarzt Dr. Hoitz: Die Bw(Z)Krhs haben in ihrem jeweiligen regionalen Umfeld die unterschiedlichsten Kontakte zu vielen Krankenhäusern, so z. B. zu den Universitätskliniken für die die Bw(Z)Krhs als Akademische Lehrkrankenhäuser fungieren. Diese Kooperationen sind für den Ausbildungsauftrag des Systemverbundes Bundeswehrkrankenhäuser äußerst förderlich und erlauben gleichzeitig auch den Wissenstransfer unserer militärischen Erfahrungen in Wissenschaft und Lehre der jeweiligen Universität. Auf strategischer Ebene werden weitere Kooperationen z. B. des Systemverbundes Bundeswehrkrankenhäuser mit der Holding der Berufsgenossenschaftlichen Klinken angestrebt. International hat sich in den vergangenen Jahren eine exzellente Kooperation mit dem französischen Sanitätsdienst entwickelt. Neben den Erfahrungsaustauschen auf Kommandoebene hat jedes Bw(Z)Krhs ein französisches Partnerkrankenhaus, zu dem mehrfach jährlich Kontakte und Austausche auf Leitungs- und auf fachlicher Ebene stattfinden. Diese Maßnahmen dienen neben der Stärkung des gegenseitigen Kennenlernens und der Wertschätzung auch dem Lernen vom jeweiligen Partnerkrankenhaus durch Erfahrungsaustausch. 

WM: Welche strategischen Schwerpunkte bestehen in allen Bundeswehrkrankenhäusern und auf welchen Gebieten können die Kliniken eigene Akzente setzen?

Generalarzt Dr. Hoitz: Alle Bw(Z)Krhs haben sich u. a. in dem Schwerpunkt der Akut- und Notfallversorgung entwickelt. So sind alle Betriebsstätten Mitglied im jeweiligen regionalen Traumanetzwerk und fungieren in verschiedenen Stufen als Krankenhäuser zur Behandlung von Arbeitsunfällen gemäß den Vorgaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Außerdem sind die Zentralen Interdisziplinären Notaufnahmen aller Bw(Z)Krhs in die regionale Versorgung von Notfallpatienten eingebunden und behandeln hohe Patientenzahlen pro Jahr, die eine gute und umfassende Ausbildung und Inübunghaltung für ärztliches und nicht-ärztliches Personal in Vorbereitung auf unsere Aufgaben im Auslandseinsatz ermöglichen. Seit Bestehen der Bw(Z)Krhs haben sich einzelne Betriebsstätten auch im Rahmen der Möglichkeiten im jeweiligen regionalen Umfeld mit unterschiedlichen Schwerpunkten ent­wickelt. So betreibt beispielsweise das BwKrhs Hamburg das größte Rettungszentrum Norddeutschlands bezogen auf arztbesetzte Rettungsmittel und verfügt somit über eine großartige Ausbildungsplattform für die notfallmedizinische Ausbildung der jungen Sanitätsoffiziere, während das BwKrhs Berlin mit der Integration mehrerer Rettungswagen in die dortige Rettungsstruktur eine vergleichbar hervorragende Plattform für die Inübunghaltung von Notfallsanitätern darstellt.

WM: Worin liegen die Vorteile einer Zusam­menarbeit des BwKrhs Hamburg mit dem ­SchiffMedInstM?

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Pflegepersonal im BwKrhs HH (Abb.: BwKrhs HH)
Generalarzt Dr. Hoitz: Bereits heute arbeiten wir eng mit dem Sanitätsdienst der Marine zusammen, seiten des BwKrhs Hamburg vorangetrieben von einer von mir eingerichteten Arbeitsgruppe „Marine“. Während die telemedizinische Anbindung seegehender Einheiten zu Fragen der Maritimen und Tauchmedizin seit vielen Jahren über das SchiffMedInstM besteht, wurde ab dem Jahr 2016 eine 24/7/365 telemedizinische Anbindung für klinische Fragen am BwKrhs Hamburg etabliert, die auch regelhaft genutzt wird. Mit der Verlegung des SchiffMedInstM an den Standort Hamburg wird diese Kooperation noch enger werden. Ebenso wird die Überdruckkammer des SchiffMedInstM das Behandlungsportfolio beider Einrichtungen neben der Tauchunfallbehandlung auf die hyperbare Oxigenierungstherapie auch bei stationären und sogar intensivpflichtigen Patienten erweitern.

WM: Zur Etablierung von Netzwerkstrukturen sind Kommunikationsstrukturen zwischen den Häusern notwendig. Welche Rolle spielt dabei die vorgesetzte Dienststelle im KdoSanDstBw?

Generalarzt Dr. Hoitz: Innerhalb des KdoSanDstBw ist die Abteilung C speziell für das Krankenhausmanagement vorgesehen. Deren Aufgaben bestehen überwiegend im zentralen Monitoring der Aktivitäten aller Bw(Z)Krhs und im Management der Harmonisierung der Anstrengungen im Sinne des gesamten Systemverbundes.

WM: In den Beiträgen dieses Schwerpunktheftes wird auch die zivil-militärische Zusammenarbeit in chirurgischen Disziplinen thematisiert. Welche Bedeutung hat ein solcher Wissenstransfer aus dem Militärischen in zivile Ausbildungsformate und gibt es ähnliche Initiativen für die Notfall- und Rettungsmedizin bzw. für nicht-operative Fachgebiete?

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Junge Ärztinnen und Ärzte bei einer Röntgenbesprechung (Abb.: BwKrhs HH)
Generalarzt Dr. Hoitz: Der Wissenstransfer aus den militärischen Erfahrungen in der Bundeswehr in die zivile Welt findet nicht nur in chirurgischen Fachgebieten statt, wiewohl sie dort am öffentlichkeitswirksamsten sind. So hat die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin den Arbeitskreis Taktische Medizin mit Beteiligung von Sanitätsoffizieren etabliert. Darüber hinaus beteiligen sich auch andere Fachgebiete am Wissenstransfer in die zivilen Fachgesellschaften bis hin zu den Sanitätsoffizieren Zahnmedizin, die sich im Arbeitskreis Wehrmedizin der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) engagieren. Auch in der universitären Lehre werden unsere Erfahrungen durch Referenten aller Bw(Z)Krhs thematisiert, teilweise mit eigenen Praktikumsformaten wie z. B. das Wahlpflichtmodul „Einsatz- und Katastrophenmedizin“ in Berlin mit der Charité oder des zukünftigen 2nd Track-Wahlpflichtstranges zum Themenkomplex „Notfall-, Katastrophen- und Einsatzmedizin“ im Rahmen des Modellstudiengangs iMED an der Universität Hamburg.

WM: Eine zentrale Rolle in der Arbeit der BwKrhs spielt die Aus-, Fort- und Weiterbildung des Nachwuchses. Wie sieht nach ihrer Bewertung die idealtypische Unterstützung eines Bw-­Krankenhauses in seiner Rolle als Betreuungsdienststelle für Sanitätsoffizieranwärterinnen und –anwärter in fachlichen und allgemeinbildenden Angeboten aus?

Generalarzt Dr. Hoitz: Sanitätsoffiziersanwärterinnen und –an­wär­ter lernen im Rahmen von Famulaturen die verschiedenen Bw(Z)Krhs auf jeden Fall kennen. Bereits in diesen studienintegrierten Praktika informieren sie sich über die Besonderheiten einer Tätigkeit in einem Bw(Z)Krhs. Diejenigen Bw(Z)krhs, die auch als Betreuungsdienststelle für SanOA fungieren, versuchen den Nachwuchs sowohl fachlich als auch militärisch zu begleiten, werden doch neben fachlichen Angeboten aktiv auch Möglichkeiten zur Auffrischung militärischer Fähigkeiten nachgefragt. Eine enge Bindung der Studierenden an die Bw(Z)Krhs hilft aus meiner Erfahrung, den Nachwuchs frühzeitig für die Besonderheiten der Tätigkeit eines Sanitätsoffiziers zu sensibilisieren und an die Bundeswehr zu binden.

WM: Ebenso spielt der Kompetenzerwerb und -erhalt des akademischen und nichtakademischen Personals eine große Rolle im klinischen Alltag. Gibt es hier krankenhausübergreifende Ansatzpunkte?

Generalarzt Dr. Hoitz: Bereits seit längerem etabliert sind Formate für den einsatzorientierten Kompetenzerwerb im ärztlichen Bereich. Als Beispiele hierzu mögen die gefäßchirurgischen und neurochirurgischen Workshops am BwKrhs Ulm, die einsatzchirurgischen Workshops am BwKrhs Berlin und die notfallmedizinischen Praxisfortbildungen für BAT-Ärzte vor dem Einsatz am BwKrhs Hamburg genannt werden. Im Bereich des nicht-ärztlichen Personals gilt es hier in Zukunft sich noch deutlich weiter zu entwickeln, gibt es hier zurzeit doch nur wenige Angebote. Glücklicherweise hat aber bereits ein Umdenken stattgefunden, indem dem nicht-ärztlichen Personal zunehmend mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, was diese Berufsgruppen zu Recht in den verschiedenen Gremien auch immer eingefordert haben.

WM: Insbesondere unser klinischer Nachwuchs fordert aktiv Skills wie gutes Arbeitsklima, zeitgemäße Menschenführung, Wertschätzung, Personalbindung und das Aufzeigen von Chancen ein. Wie können Kommandeure von BwKrhs und ihr Führungspersonal solchen Erwartungshaltungen gerecht werden? Welche Weiterbildungsmaßnahmen gibt es hier auch für Vorgesetzte?

Generalarzt Dr. Hoitz: Bezogen auf die Fähigkeiten als Führungsperson und Vorgesetzter ist das verfügbare Angebot innerhalb der Bundeswehr sehr breit aufgestellt und wird von verschiedenen Dienst­stellen angeboten so z. B. Führungsakademie, Sanitätsakademie, Zentrum Innere Führung und Bildungszentrum der Bundeswehr in Mannheim. Das Angebot ist groß, allein wurde es in der Vergangenheit nicht im gewünschten Maße genutzt, einerseits weil sich das Verständnis für die Wichtigkeit derartiger Weiterbildungsmaßnahmen erst entwickelt und andererseits weil die Abwesenheit aus der Patientenversorgung erheblicher langfristiger Planungshorizonte bedarf. Als ein besonders gelungenes Angebot an der Führungsakademie hat sich das einwöchige Frührungskräftetraining für Sanitätsoffiziere herausgestellt. Die Helmut-­Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr in Hamburg hat im Verlauf der vergangenen Jahre in enger Kooperation mit dem BwKrhs Hamburg den zertifizieren Weiterbildungsmasterstudiengang „Führung in der Medizin“ entwickelt, der derzeit zum zweiten Mal durchgeführt wird. 

WM: Der Systemverbund Bw(Z)Krhs steht auch vor der strategischen Herausforderung, höhere Effizienz und bessere Patientenversorgung bei besserer Mitarbeiterbindung zu erreichen. Welche Rolle spielen dabei systematische und ganzheitliche Ansätze zur Organisationsentwicklung wie der Planetree-Ansatz?

Generalarzt Dr. Hoitz: Die vielfältigen arbeitsrechtlichen, dienstrechtlichen, fachlich-medizinischen, medizinisch-organisatorischen und medizinrechtlichen Vorgaben sowie die Beschleunigung des Patientendurchsatzes seit Einführung des Deutschen DRG-Systems führten zu einer erheblichen Arbeitsverdichtung mit großen Anteilen an Tätigkeiten, die nicht direkt am Patienten durchgeführt werden. Diesen Herausforderungen lassen sich nur mit systematischen und ganzheitlichen Ansätzen begegnen. Der Plane­tree-Ansatz ist ein solches Beispiel, darüber hinaus muss über ganz neue organisatorische Ansätze wie z. B. interdisziplinäre Stationsbelegung, zentrales Belegungsmanagement, Case Manager und vieles mehr nachgedacht werden. Hier gilt es für die Zukunft noch viel zu tun, wobei der Abschied von alten gewohnten Prozessen hin zu neuen interdisziplinären und interprofessionellen Prozessen, teilweise mit Abgabe von herkömmlich tradierten Befugnissen und organisatorischen Verantwortlichkeiten aus meiner Erfahrung mit zu den größten zu überwindenden Schwierigkeiten gehört.

WM: Ein für die Zukunft des Sanitätsdienstes der Bundeswehr entscheidendes Projekt ist die Digitalisierung der Daten der Gesundheitsversorgung der Bundeswehr. Welche Bedeutung hat die Digitalisierung für die Bundeswehrkrankenhäuser bzw. für den Systemverbund, was ist bisher bereits erreicht und in welchem Bereich liegen künftige Herausforderungen?

Generalarzt Dr. Hoitz: Digitalisierung ist bereits heute eine conditio sine qua non für einen geordneten Arbeitsablauf. Allerdings entsprechen die uns derzeit zur Verfügung gestellten digitalen Systeme in den Bw(Z)Krhs nicht unseren Wünschen für eine papierlose Dokumentation. Ich erhoffe mir hier zügige Ergebnisse der eingesetzten Projektgruppe des Sanitätsdienstes, die sich mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens in der Bundeswehr beschäftigt. Wir haben als Bw(Z)Khrs ein höchstes Interesse daran, Teil eines umfassenden und bereichsübergreifenden digitalen Dokumentations-, Kommunikations- und Auswertesystems zu sein. Ein Sanitätsoffizier z. B. muss letztlich falls nötig im Auslandseinsatz ebenso auf einen älteren Operationsbericht des vor ihm sitzenden Soldaten direkt digital zugreifen können, wie die Sanitätsoffiziere der Behandlungsebene 4 in den Bw(Z)Krhs in Deutschland direkt auf die digitale Dokumentation im Auslandseinsatz zugreifen müssen.

WM: Für die Erfüllung des Auftrags der BwKrhs sind Zivilpatienten unerlässlich. Hierzu ist eine valide Dokumentation der erbrachten Leistungen in den BwKhrs notwendig. Wie werden im Systemverbund die erbrachten Leistungen sachgerecht erfasst und vergütet? Wie kann sichergestellt werden, dass dieser Prozess ohne Kürzungen der der Leistungs- und Abrechnungsdaten infolge von MDK-Prüfungen stattfindet?

Generalarzt Dr. Hoitz: Bei der Vergütung der erbrachten Leistungen bei Zivilpatienten gilt auch für die Bw(Z)Krhs dasselbe Verfahren mit Budgetverhandlungen und MDK-Prüfungen wie bei jedem zivilen Krankenhaus. Für beides ist eine lückenlose und in sich schlüssige Falldokumentation für eine korrekte Kodierung erforderlich, welche sich am besten mit einer Fallbegleitung durch medizinische Dokumentationsassistenten einerseits und digitaler Patientenakte andererseits verwirklichen lässt. Unklare oder unvollständige Dokumentation auch einer fachlich erforderlichen oder organisatorischen Maßnahme in jedem Einzelfall und an jedem einzelnen Tag kann zu deutlichen Kürzungen bei MDK-Prüfungen führen. Diese Vielfältigkeit immer im Überblick zu haben kann nur mit spezialisierten Dokumentationskräften mit digitaler Unterstützung gelingen. Diese Stufe haben wir in den Bw(Z)Krhs noch nicht erreicht, wo noch viel zu viel Dokumentation durch nicht spezialisiertes Personal wie Ärzte und Pflegekräfte parallel zur fachlichen Patientenbetreuung und nicht selten noch in Papierform stattfinden muss.

WM: Abschließend eine Frage zur personellen Situation im Systemverbund der Bw(Z)Krhs. Wie stellt sich die derzeitige Lage auf dem Gebiet der Generierung von akademischem und nicht­akademischem Personal dar? Wo sind eindeutig positive Entwicklungen sichtbar, wo besteht noch Nachsteuerungsbedarf? Sind die BwKrhs für die zukünftigen Aufgaben personell gut aufgestellt?

Generalarzt Dr. Hoitz: Im Jahr 2017 wurden die Bw(Z)Krhs in einer neuen Soll-Organisation umgegliedert. Dabei werden auch in einigen Bereichen die Anzahl der Dienstposten schrittweise bis zum Jahr 2021 erhöht. In Bereichen, in denen auch dieser Personalansatz den Kommandeuren und Ärztlichen Direktoren der Bs(Z)Krhs noch nicht ausreichend erscheint, gilt es kontinuierlich zusätzlichen Bedarf zu identifizieren und mit Leistungszahlen oder zivilen Vorgaben hinterlegt zu begründen. Könnten alle in der Soll-Organisation ausgebrachten Dienstposten mit adäquat leistungsfähigem Personal besetzt werden, hätten wir vermutlich nicht den von allen Mitarbeitern in den Bw(Z)Krhs wahrgenommenen Personalmangel, der uns in unterschiedlichem Maße zu Reduzierung der fachlichen Leistung zwingt. Dieser Personalmangel resultiert zum einen aus nicht besetzten Dienstposten, weil entsprechendes Personal nicht gefunden werden kann. Dies betrifft für den militärischen Bereich eher die Bw(Z)Krhs in den Flächenstaaten, während in den Metropolregionen wie z. B. Hamburg das Angebot an zivilen Pflegekräften deutlich aufgebraucht ist. Diese Situation wird aktuell noch verstärkt durch die Auswirkungen des jüngst verabschiedeten Pflegepersonalstärkungsgesetz, welches die Konkurrenz um vor allem spezialisierte Pflegekraft noch verschärfen wird. Ein weiterer Grund für den gefühlten Pflegemangel besteht in einer nicht unerheblichen Anzahl von leistungsgewandelten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dies umfasst z. B. ältere Pflegekräfte, die aus Gesundheitsgründen nicht mehr im 3-Schicht-Betrieb einsetzbar sind, weiterhin jüngere Pflegekräfte, die bei familienbedingten Abwesenheiten oder im Rahmen der Vereinbarkeit von Dienst und Familie nur noch zeitlich begrenzt und überwiegend während der Tagschicht innerhalb der Woche einsetzbar sind, oder auch Pflegekräfte, die aus gesundheitlichen überhaupt nicht mehr im Pflegedienst einsetzbar sind. Innerhalb der Bw(Z)Krhs wird versucht, ablauforganisatorisch den Personalmangel so zu managen, dass möglichst viel fachliche Leistung erbracht werden kann, allerdings sind diese ablauforganisatorischen Möglichkeiten und Optimierungspotentiale bereits komplett ausgeschöpft. Mit der Zusteuerung von Personal auf die bis 2021 ausgebrachten zusätzlichen Dienstposten erhoffen sich alle eine Besserung der Gesamtsituation.

WM: Sehr geehrter Herr Generalarzt, wir bedanken uns für das informative Gespräch und wünschen Ihnen und Ihrem Haus nur das Beste für die Zukunft. 

Datum: 07.01.2019

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