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„R(E)volution in der Militärmedizin“
2. deutsch-französisches militärmedizinhistorisches Symposium für SanOA an der SanAkBw
V. Hartmann
Wie können wir junge Sanitätsoffizieranwärter und –anwärterinnen für die Partnerschaft zwischen dem französischen Sanitätsdienst und dem Sanitätsdienst der Bundeswehr gewinnen? Indem wir Älteren uns ganz aktiv um sie kümmern, gemeinsame Erlebnisse schaffen und nicht zuletzt sie auch zu Arbeiten in partnerschaftlichen Projekten anleiten.
Diesem Ziel widmet sich das jährliche militärmedizinhistorische Symposium an der SanAkBw, in dem vom 3. - 7. September 2019 je vier deutsche SanOA und vier französische Kameradinnen und Kameraden der Ecole de Santé des Armées aus Lyon ein medizinhistorisches Thema aus der gemeinsamen Geschichte Deutschlands und Frankreichs bearbeiteten. Es galt, ein wissenschaftliches Poster zum Thema „Militärmedizin in der Epoche der napoleonischen Kriege“ zu entwickeln.
Hierzu gingen wir streng kompetenzorientiert vor: Eine einstündige Einführung in das Thema und ansonsten Literaturstudien, Gruppenarbeiten und selbstständige Vorträge. Eine durch einen Historiker angeleitete Exkursion an dem ehemaligen Schlachtfeld von Elchingen bei Ulm mit Schwerpunkt „Verwundetenversorgung“ ergänzte die Thematik. Am Ende waren die Arbeitsergebnisse zusammenzufassen und anschaulich in einem zweisprachigen Poster auf den Punkt zu bringen. Tatsächlich keine einfache Aufgabe, die es zum Anschluss auch noch der Führung der Sanitätsakademie zu präsentieren galt.
Inhaltlich arbeiteten die Seminarteilnehmer zunächst die Neuerungen in der Kriegstechnik Napoleons heraus, die besondere Rolle von Infanterie-Massenangriffen, Kavallerieattacken und dem konstanten Bombardement durch Artillerie. So beklagte Europa in den napoleonischen Kriegen zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine bis dahin nie gesehene Zahl von Opfern. Neben den zahlreichen durch die eigentlichen Kriegshandlungen umgekommenen oder verwundeten Soldaten starben noch viel mehr Menschen, darunter auch viele Zivilisten, durch Seuchenzüge, die ganze Landstriche entvölkerten. Die länderübergreifenden Feldzüge, die Verschiebung großer Truppenmassen bis in die Randzonen des Kontinents, eine bis dahin kaum vorgekommene Mobilität trafen auf damals nur rudimentär vorhandene Kenntnisse von Hygiene, Infektionsepidemiologie und medizinisches Grundlagenwissen. Dies führte dazu, dass auf einen im Kampf Verwundeten eine Vielzahl von Erkrankten zu beklagen war.Die Seminarteilnehmer arbeiteten heraus, dass solche epochalen bellizistischen Katastrophen aber immer auch Katalysatoren von Modernisierungsschüben in Technik und Medizin gewesen sind. Vornehmlich französische Ärzte vollbrachten Meisterleistungen in der Kriegschirurgie, aber auch organisatorisch bei der Einrichtung von Lazaretten und vor allem bei der erstmaligen Etablierung eines abgestuften Systems der Betreuung von Verwundeten. Väter einer solchen „medecin l’avant“ waren Baron Pierre Francois Percy, der Chef-Chirurg und Inspekteur des französischen Sanitätsdienstes und später Baron Dominique-Jean Larrey (1766 - 1842), der Chef-Chirurg der kaiserlichen Garde, der Napoleon in 25 Feldzügen, so auch nach Ägypten und Russland begleitete.
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Flottenarzt Dr. Volker Hartmann, SanAkBw
Datum: 03.12.2019
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 3/2019