DER STÜTZPUNKT ZIVIL- MILITÄRISCHE ZUSAMMENARBEIT (ZMZ) SANITÄTSDIENST IN WEIßENFELS
Indienststellung des ersten ZMZ Stützpunktes der Bundeswehr am 02. September 2009
Am 02. September wurde durch Herrn Bundesminister der Verteidigung Dr. Jung in Weißenfels der Stützpunkt ZMZ Sanitätsdienst als erster ZMZ Stützpunkt der Bundeswehr in Dienst gestellt. Zahlreiche Besucher aus Politik, Wirtschaft, Hilfsorganisationen und Presse waren der Einladung gefolgt und erlebten ein vielfältiges Informationsprogramm.
Rahmenbedingungen der ZMZ Stützpunkte
Hilfeleistungen der Bundeswehr können zur Bewältigung der Folgen von Naturkatastrophen und Großschadensereignissen oder als Unterstützungsleistung zur Vorsorge erbracht werden. Die Bundeswehr trägt dabei in einem vernetzten gesamtstaatlichen Ansatz mit ihren Fähigkeiten im Rahmen der gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger sowie von lebenswichtiger Infrastruktur im Inland bei. Grundsätzlich können für die Erbringung von Hilfeleistungen alle in DEUTSCHLAND verfügbaren, nicht durch andere Aufgaben gebundenen Kräfte bzw. Mittel der Bundeswehr herangezogen werden. Bundesweit wurden darüber hinaus ausgewählte Standorte als ZMZ-Stützpunkte spezifiziert. Die originären Fähigkeiten der dort festgelegten Truppenteile und Dienststellen eignen sich besonders zur Hilfeleistung im Inland. Ein ZMZ-Stützpunkt ist damit eine ergänzende Bezeichnung für einen ausgewählten Standort der Bundeswehr im Inland, an dem ein schon bestehender Truppenteil besondere, subsidiäre Aufgaben im Rahmen der Hilfeleistung, Not- oder Amtshilfe (gem. Art 35 GG) neben seinem originären militärischen Auftrag wahrnehmen kann, weil er über eine dazu besonders geeignete Fähigkeit – z.B. im Bereich Pionierwesen, ABC-Abwehr oder im Sanitätsdienst – verfügt. Aktive Soldaten und Reservisten werden dort so eingeplant, dass Einsätze sowohl für den originären, als auch für den subsidiären Auftrag im Rahmen der ZMZ möglich wird.
Fähigkeiten der ZMZ Stützpunkte Sanitätsdienst
Was sind die Besonderheiten eines ZMZ Stützpunktes Sanitätsdienst, was macht seinen besonderen Wert für den Katastrophenschutz aus? ZMZ-Stützpunkte Sanitätsdienst sind aufgrund ihres hohen Organisationsgrades, ihrer Ausrüstung und Ausbildung zur Hilfeleistung bei Grosschadensereignissen besonders geeignet. Diese herausragende Rolle erwächst aus der Befähigung des Sanitätsdienstes, den Kranken- und Verletztentransport sowie die Behandlung Erkrankter oder Verletzter mobil und weitgehend unabhängig von vorhandener Infrastruktur leisten zu können. In den ZMZ-Stützpunkten Sanitätsdienst erfolgt Hilfeleistung primär durch Abstützung auf das verfügbare aktive Personal. Darüber hinaus kann optional eine Verstärkung der aktiven Einheiten durch nichtaktive Verstärkungsgruppen erfolgen.Treten bei Naturkatastrophen und Großschadensereignissen Verletzte in großer Zahl auf und können die zivilen Rettungsorganisationen nicht ausreichend und/oder nicht zeitgerecht zur Schadensbewältigung erforderliche Fähigkeiten zum Einsatz bringen, bietet sich eine Hilfeleistung durch einen ZMZ Stützpunkt Sanitätsdienst an. Gleiches gilt, falls vorhandene zivile Rettungsmittel auf Grund von Gelände- oder Witterungsverhältnissen für eine spezifische Großschadenslage nicht geeignet sind.
Die Kernbefähigungen des ZMZ-Stützpunktes Sanitätsdienst sind der bodengebundene Verwundetentransport und die medizinische Behandlung in mobilen Behandlungseinrichtungen. Im Einzelnen:
Bodengebundener Verletztenund Krankentransport
Die bodengebundenen Verwundetentransportmittel der Stützpunkte können das zivile Versorgungsspektrum insbesondere im Bereich der Geländegängigkeit erweitern und ergänzen. Der Transport von Verletzten bei Großschadensereignissen in unwegsamen Gelände oder zerstörter Infrastruktur kann so auch unabhängig vom vorhandenen Wegeund Straßennetz geleistet werden. Diese Mittel werden insbesondere dann unabdingbar, wenn die Flugwetterlage keinen Einsatz von Hubschraubern zulässt.
Mobile Sanitätseinrichtungen (MSE) auf Containerbasis
Die Stützpunkte verfügen über Rettungsstationen und Rettungszentren für die sanitätsdienstliche Behandlung von Verwundeten und Erkrankten in den Einsatzgebieten. Rettungsstationen umfassen hierbei notärztliche Fähigkeiten, während Rettungszentren auch über ein notfallchirurgisches, klinisches Spektrum verfügen. Diese Einrichtungen sind grundsätzlich geeignet, zivile Behandlungseinrichtungen im Inland zu ergänzen oder bei fehlender oder zerstörter Infrastruktur zu ersetzen. Wesentlich für die Bereitstellung dieser Einrichtungen sind jedoch die notwendigen Zeitvorläufe für Erkundung, Transport und Aufbau. Mobile Behandlungseinrichtungen bieten sich deshalb im Inland entweder für die vorgeplante Krisenprävention bei Großveranstaltungen (wie z.B. bei der FIFA WM 2006) oder bei langfristigem Bedarf des Ersatzes/Ergänzung ziviler medizinischer Infrastruktur (z. B. umfassende Zerstörung von zivilen Behandlungseinrichtungen) an.
Der ZMZ Verbund im Sanitätskommando III
Das Sanitätskommando III pflegt in den Bundesländern des Kommandobereichs engen Kontakt zu den verantwortlichen Landeskommandos und ebenengerecht zu den zivilen Verantwortungsträgern für das Gesundheitswesen. Hierbei werden auf Landesebene direkte Gespräche mit den zuständigen Ministerien geführt, die Beratung und Verbindungsaufnahme zu Landesdirektionen, Landesverwaltungsämtern und Kreisen erfolgt über Reservisten als Beauftragte Sanitätsstabsoffiziere für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit im Gesundheitswesen (Bea- SanStOffzZMZGesWes).2008 und 2009 führte das Kommando unter Einbindung der zuständigen Landeskommandos Informationsveranstaltungen für Vertreter der Ministerien , der Katastrophenschutzbehörden und Hilfsorganisationen der Länder Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen durch, um das sanitätsdienstliche Fähigkeitsspektrum für Unterstützungsleistungen im Katastrophenfall vorzustellen. Dabei wurde insbesondere verdeutlicht, dass die sanitätsdienstlichen Fähigkeiten sowohl der engen Vernetzung mit der zivilen Seite bedürfen, als auch innerhalb des Kommandos ein Verbund verschiedenster Dienststellen sind. Der Kern der beiden ZMZ Stützpunkte Berlin und Weißenfels wird durch die dort stationierten Regimenter gestellt. Lageabhängig werden diese Verbände durch Rettungsstation und Fachpersonal der Sanitätszentren, Material des Versorgungsinstandsetzungszentrums und klinisches Fachpersonal des Bundeswehrkrankenhauses Berlin verstärkt.
Der ZMZ Stützpunkt Weißenfels und die Unterstützung bei Großschadensereignissen
Der ZMZ Stützpunkt Weißenfels gewinnt seine Leistungsfähigkeit durch die Einbindung in den gesamten ZMZ Verbund Sanitätskommando III. Seine Kernfähigkeit wird durch Kräfte des Sanitätsregimentes 32 gestellt - hierzu werden 9 Krankenkraftwagen , ein Beweglicher Arzttrupp und ein zeltgestützter Sichtungsplatz bereitgehalten.
Großschadensereignisse sind neben Katastrophenfällen insbesondere dadurch geprägt, dass die vorgehaltenen rettungsmedizinischen Kräfte der Kreise schnell an ihre Grenzen geführt werden und unverzügliche Unterstützung erforderlich wird. Auf Grundlage der möglichen Gefahrenstellen eines Kreise und der eigenen Rettungsmittel wird deutlich, dass im Falle eines Großschadensereignisses hohe Erwartungen an die Unterstützung durch den Sanitätsdienst der Bundeswehr gestellt werden. Die zivilen Verantwortungsträger erhoffen sich dabei insbesondere die folgenden Unterstützungsleistungen:
- Die Bereitstellung von geländegängigen Fahrzeugen für den Kranken- und Verletztentransport bei Unglücksfällen in schwer zugänglichem Gelände,
- die hohe Anzahl an Helfern (Sanitätern und Soldaten) zur Betreuung, Versorgung und den Transport von Verletzten und Erkrankten in der zweiten und dritten Phase eines Katastrophenfalls sowie
- die Fähigkeit zur unverzüglichen Bereitstellung von Sanitätsmaterial bei einem Massenanfall von Verletzten (MANV).
Diesem zu erwartenden Unterstützungsbedarf wird im Sanitätsregiment 32 durch die vorgehaltenen Kräfte und Mittel Rechnung getragen. Eine deutliche Herausforderung stellt die Unterstützung der zivilen Kräfte bei kurzfristigen Großschadensfällen mit quantitativer Überforderung der Rettungskräfte (MANV) vor. Hier hält das Regiment vorgepacktes und sofort verfügbares Sanitätsmaterial für die Versorgung von bis zu 20 Verletzten durch jeweils einen Rettungsassistenten im Rahmen seiner Notkompetenz vor. Diese Fähigkeit zusammen mit der Einrichtung eines verfügbaren Sichtungsplatzes mit Möglichkeit der Stabilisierung an drei Arbeitsplätzen könnte bei entsprechenden Unterstützungsanträgen Wirkung und Durchhaltefähigkeit der zivilen Rettungsdienste maßgeblich verstärken.
Das Kernpaket wird abgerundet durch Personal und Material einer Rettungsstation des Sanitätszentrums Weißenfels. Sollte eine Katastrophe die langfristige Bereitstellung klinischer Fähigkeiten erfordern, ist der Stützpunkt befähigt, ein leichtes Rettungszentrum mit notfallchirurgischer Kapazität zu errichten und zu betreiben. Der ZMZ Stützpunkt wird materiell über das Versorgungs- und Instandsetzungszentrum Sanitätsmaterial Blankenburg unterstützt. Klinisches Fachpersonal wird bei Bedarf aus dem Bundeswehrkrankenhaus Berlin zugeführt. Der Stützpunkt verfügt neben der dargestellten materiellen Ausrüstung insbesondere über eine Vielzahl hochwertig ausgebildeter Rettungsassistenten, die in der notfallmedizinischen Versorgung eines Großschadensereignisses eine wertvolle Ergänzung der zivilen Ressourcen darstellen. Entscheidend ist auch die Führungsfähigkeit des Regimentes, die es erlaubt die Kräfte des Stützpunktes beweglich zu führen.
Ausblick
Der ZMZ-Stützpunkt Weißenfels hat jetzt die Aufgabe, die bestehenden guten Kontakte zu den zivilen Katastrophenschutzorganen zu vertiefen und durch regelmäßige gemeinsame Übungen den Ausbildungsstand sowie die Befähigung gemeinsamen Wirkens kontinuierlich auszubauen. Das Jahr 2010 wird durch das Sanitätsregiment 32 insbesondere dafür genutzt, die zivilen Verantwortungsträger für Katastrophenschutz über die Leistungsfähigkeit des ZMZ Stützpunktes zu informieren und die Beratenden Sanitätsoffiziere (Bea- SanStOffzZMZGesWes) in diesen Prozess aktiv einzubinden . Dabei gilt es die Kenntnis über das Gefährdungspotential der zu unterstützenden Bundesländer weiter zu vertiefen und Szenarien zu identifizieren, die den Einsatz eigener Kräfte wahrscheinlich machen. Dies gilt insbesondere für Gefährdungspunkte ohne ausgebautes Wege- und Straßennetz. Der ZMZ Stützpunkt Weißenfels wird damit zu einer wichtigen Ergänzung des überregionalen Katastrophenschutzspektrums.
Datum: 13.12.2009
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2009/4