Auswirkungen von COVID-19 auf den Trainingsbetrieb der Sanitätsakademie der Bundeswehr

Aus der Sanitätsakademie der Bundeswehr (Kommandeurin: GStA Dr. G. Krüger)

Die sich Anfang März verschärfende Lage COVID-19 traf auch die Sanitätsakademie der Bundeswehr (SanAkBw) in ihrem Auftrag der Sicherstellung des Ausbildungs- und Lehrbetriebs.

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Abb. 1: Unterricht im Auditorium Maximum Hans Scholl. (Abb.: Dr. Hartmann)
Durch genaue Beobachtung des Infektionsablaufs konnte sich frühzeitig und zielgerichtet vorbereitet und auf das sich entwickelnde dynamische Geschehen reagiert werden.

Der Lehrgangsbetrieb lief zunächst bis in die zweite Märzwoche planmäßig weiter. In diesem Zeitraum wurden Stamm und Lehrgänge über Hygieneempfehlungen informiert, im Stab eine Bereitschaft, später ein Lagezentrum, eingerichtet, organisatorische Verfahren mit dem SanVersZ München abgestimmt und erste Schutzmaßnahmen mit der zuständigen Überwachungsstelle ÖRA Süd implementiert.

In enger Zusammenarbeit mit Kdo SanDstBw IX-2 mussten ab dem 12. März, der Phase des Containments, die aktuell laufenden Trainings unter Inkaufnahme von vertretbaren Einbußen verkürzt und frühzeitig abgeschleust werden. Bis Anfang Mai fielen die meisten Trainings infolge der Corona-Lage aus. Wenn möglich, wurden die TN auf Folgelehrgänge umgebucht. Für die verbleibenden Ausbildungen galt es, eine reduzierte Vor-Ort-Präsenz, eine Auflockerung und ein Distance Learning zu implementieren. 

Der Fokus der Ausbildung lag zunächst auf der Sicherstellung der Laufbahnlehrgänge und einsatzrelevanter Trainings, um letztlich die Einsatzbereitschaft des Sanitätsdienstes aufrecht zu halten. Der sog. Lockdown führte z. B. Ende März dazu, dass nur 50 Angehörige zweier SanFw-Lehrgänge an der Akademie ausgebildet werden konnten. Immerhin war die SanAkBw zu diesem Zeitpunkt wohl eine der wenigen Einrichtungen in Bayern mit einem gewissen Schulbetrieb. Solche Laufbahnlehrgänge für Feldwebel, Unteroffiziere, Sanitätsoffizieranwärter und eignungsübende Sanitätsoffiziere werden über den Sommer unter geänderten, bzw. an die jeweilige Lage angepassten Hygiene-Kautelen durchgeführt.

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Abb. 2: Praktischer Unterricht unter Wahrung der Schutzmaßnahmen. (Abb.: Dr. Hartmann)
Die Herausforderungen der Hygienemaßnahmen lassen sich gut am Auditorium Maximum Hans Scholl erläutern, immerhin mit über 400 Plätzen der größte Lehrsaal der Akademie. Unter Berücksichtigung der Sicherheitsabstände darf der Saal nur noch mit ca. 60 Lehrgangsteilnehmenden belegt werden. (Abb. 1) Auch kann die SanAkBw nur noch reduzierte Unterkunftsmöglichkeiten anbieten, da Räumlichkeiten für Corona-Quarantänefälle vorgehalten werden müssen, die Gemeinschaftsduschen und -toiletten nur noch eine definierte Anzahl von Personen zulassen und auch in der Truppenküche Einschränkungen bestehen. Leider ließen die Schutzmaßnahmen über längere Zeit auch keinen geregelten Sportunterricht zu, z. B. Mannschaftssport oder die Hallennutzung. Den Lehrgangsteilnehmenden blieb daher nur die Möglichkeit zum separierten Individualsport in den Außenanlagen. Ab Mitte Juni wird die Fitnesshalle unter Auflagen wiedereröffnet.

Im Wesentlichen muss der Trainingsbetrieb somit über Frontalunterricht laufen. Trotzdem wurden in Zusammenarbeit mit ÖRA Süd auch erste Konzepte zur Aufnahme von praktischer Unterrichtung, z. B. bei der Geräte- bzw. der Simulationsausbildung, erprobt. (Abb. 2) Zudem stehen auch Außenvorhaben wie tageweise Geländeausbildung wieder auf dem Programm. 

Die gewonnenen zeitlichen Freiräume für die Ausbilder durch die Reduzierung der Unterrichte konnten auch für die Ausbildung der Ausbilder bzgl. kompetenzorientierter Ausbildung (KOA) genutzt werden. Außerdem stand für das Stammpersonal – soweit möglich und vertretbar – trotz limitierter IT-Ausstattung Home-Office an, z. B. zur Überarbeitung der Unterrichte.

Wie auch im zivilen Schul- und Hochschulsektor bietet die Corona-­Lage auch für uns die Chance, die Digitalisierung der Ausbildung zu forcieren. Es geht darum, Präsenzphasen einzusparen. Hierzu wurde an der SanAkBw das San-Netz kurzfristig mit Softwareanwendungen ergänzt, wie z. B. RocketChat für Chat, Videochat, Telefonkonferenzen, sowie die Lernmanagementsoftware ILIAS für Lernunterlagen. Inzwischen ist dort ein Großteil der theoretischen Ausbildungsunterlagen (nicht VS-NfD) bereits abgelegt und ein Zugriff auch von privater Hardware sichergestellt. Die Möglichkeit, virtuelle Klassenräume bereitzustellen, ist durch Beschaffung des Vitero-Programms (Virtual Team Room) ebenfalls bereits eingeleitet. Sehr erfolgreich konnte u. a. auch für die Englisch-Sprachausbildung ein web based learning durchgeführt werden.

Im Zuge der Wiederaufnahme der Trainings an der SanAkBw stehen für das zweite Halbjahr wieder deutlich mehr Lehrgangsteilnehmende zu erwarten. In enger Abstimmung mit der ÖRA Süd wurden Modelle entwickelt, wie die erforderlichen Hygienemaßnahmen, hier insbesondere die Abstandsregeln und ein laufender Unterrichtsbetrieb zu vereinbaren sind. Zum Zuge kommt hier auch die inzwischen auch in der Öffentlichkeit übliche Verwendung der Mund-Nase-Bedeckung nach festgelegtem Schema. Unser Augenmerk liegt darauf, Infektionen bei Stammpersonal und Lehrgangsteilnehmenden zu verhindern. Und das ist bisher auch sehr gut gelungen. Dabei sind die erforderlichen Restriktionen im Ausbildungsbetrieb schon sehr eingreifend, niemand von uns hätte solche noch im Februar für möglich gehalten. Das aus COVID-19 resultierende Ausbildungsdefizit im SanDstBw lässt sich nach derzeitiger Lagebewertung nur mittelfristig abbauen und ist natürlich abhängig vom weiteren Fortgang der Ereignisse.   

Flottenarzt Dr. Volker Hartmann, SanAkBw
E-Mail: VolkerHartmann@Bundeswehr.org 

Datum: 09.07.2020

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2/2020

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