Wieviel Augenheilkunde braucht die Bundeswehr
How much ophthalmology is required in the German Bundeswehr?
Aus der Abteilung Augenheilkunde (Leiter: Flottenarzt Prof. Dr. H. Gümbel ) des Bundeswehrkrankenhauses Ulm (Chefarzt: Generalarzt
Dr. A. Kalinowski) und der Klinik für Augenheilkunde (Leiter: Oberstarzt Dr. F. Weinand) des Bundeswehrzentralkrankenhauses Koblenz (Chefarzt: Generalarzt Dr. M. Zallet)
Hermann Gümbel, Frank Weinand, Klaus-Jörg Lipke
WMM, 59. Jahrgang (Ausgabe 4/2015; S. 106-109)
Zusammenfassung
Hintergrund: An das Sehvermögen der Soldatinnen/Soldaten werden für nahezu alle militärischen Verwendungen höchste Anforderungen gestellt. Die Behandlung einsatzbedingter Augenverletzungen erfordert umfassende Fähigkeiten in allen Spezialbereichen der Ophthalmochirurgie. Der heutige und zukünftige Bedarf des Sanitätsdienstes an militärischen ophthalmologischen Fähigkeiten in der Bundeswehr soll mit diesem Beitrag analysiert werden.
Methoden: Literaturrecherche Medline und PubMed, Auswertung von Veröffentlichungen der NATO und des US-amerikanischen Sanitätsdienstes sowie der fachlichen Vorgaben der Deutschen Fachgesellschaften.
Ergebnisse: Bei 25 % aller Einsatzverletzungen liegen (auch) Augenverletzungen vor, die einer komplexen multidisziplinären Therapie bedürfen; gleichzeitig kommen gerade einsatztypische Explosionstraumata im zivilen Bereich eher selten vor. Die Ergebnisqualität ophthalmochirurgischer Eingriffe ist wesentlich von der Operationsfrequenz der Behandler abhängig. Die notwendigen Kapazitäten zur Begutachtung sind weitgehend vorhanden.
Diskussion/Schlussfolgerung: Die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Einsatzversorgung erfordert kontinuierliches (mikrochirurgisches) Training; durch Integration in die zivile Versorgung, multidisziplinäres Zusammenwirken z. B. in Form von Kopf- und/oder überregionalen Traumazentren können die für das Erreichen einer guten Ergebnisqualität notwendigen Fähigkeiten erreicht werden, sofern die personellen, infrastrukturellen und materiellen Rahmenbedingungen gegeben sind.
Schlüsselworte: Sehvermögen, Augenverletzung, Ophthalmochirurgie, Traumazentrum, Explosionstrauma
Summary
Background: Good vision plays a key role for almost all military assignments. Treatment of combat related ocular trauma requires high level ophthalmo-surgical skills. The aim of this article is to analyze current and future demands for military ophthalmological capabilities in the German Bundeswehr.
Methods: Literature research in Medline, PubMed; evaluation of publications issued by NATO and the US military medical services and medical standards given by German ophthalmological societies.
Results: About 25 of all combat injuries include eye traumata which require complex multidisciplinary treatment. At the same time, blast eye injuries of the eye are rarely seen in civilian patients. The resulting quality of eye surgery procedures depends on the amount of operations performed by the treating eye surgeon.
Discussion/consequences: To ensure high quality medical care on deployment eye surgeons have to receive continuous (microsurgical) training. This can be achieved by integration of military medical facilities into the civilian medical service and multidisciplinary cooperation, e. g. in specialized medical head centers and / or supra-regional trauma centers, provided that the personnel, infrastructural and technical preconditions are given.
Keywords: vision, eye trauma, ophthalmo-surgery, trauma center, blast injury
Einleitung
Eine gute visuelle Wahrnehmungsfähigkeit ist eine elementare Grundlage für die Verwendungsfähigkeit eines Menschen im Soldatenberuf. Zugleich ist das menschliche Auge im täglichen Leben und insbesondere im militärischen Alltag – in der Ausbildung wie im Einsatz – vielfältigen Gefährdungen ausgesetzt. Eine hochgradige Einschränkung des Sehvermögens führt einerseits zu erheblichen Einschränkungen oder zum Verlust der Verwendungsfähigkeit, hat aber vor allem im Alltag für den einzelnen Betroffenen erhebliche soziale und psychologische Auswirkungen.
Augenverletzungen haben in militärischen Auseinandersetzungen eine hohe Inzidenz [7]. Ihr Spektrum unterscheidet sich dabei wesentlich vom Verletzungsspektrum bei zivilen Unfällen, wo insbesondere für den Einsatz typische Explosionstraumata (Blast Injury) eine eher seltene Ausnahme darstellen. Die wesentlichen Forschungsbeiträge zur Behandlung dieser Verletzungen stammen deshalb weltweit aus dem militärischen Bereich.Als “kleines“ operatives Fachgebiet läuft die Augenheilkunde ständig Gefahr, in ihrer wehrmedizinischen Bedeutung unterschätzt zu werden. So kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Diskussionen hinsichtlich ihrer Einsatzrelevanz und damit zur Frage der Qualität und Quantität der erforderlichen ophthalmologischen Expertise.
Durch die mit diesem Beitrag vorgenommene Recherche soll versucht werden, für den Neuordnungsprozess der Bundeswehr und damit des Sanitätsdienstes die Frage zu beantworten, wieviel Augenheilkunde die Bundeswehr benötigt – oder anders herum formuliert: „Wie wenig Augenheilkunde kann sich die Bundeswehr leisten?“
Wehrmedizinische Anforderungen
Ophthalmologische Begutachtung in der Wehrmedizin
Eine wehrmedizinische Besonderheit der meisten medizinischen Fachgebiete besteht darin, dass neben der Behandlung von Gesundheitsstörungen einschließlich der Versorgung Einsatz in mehr oder weniger großem Umfang teils sehr spezifische militärmedizinische Begutachtungen erfolgen. Das trifft auch und in besonderem Maße für die Augenheilkunde zu.
Für das Fachgebiet Augenheilkunde ist in den Begutachtungsbestimmungen der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 46/1 im Vergleich zu den anderen Fachgebieten der Umfang der Gesundheitsziffern überdurchschnittlich groß. Dabei nimmt die Bedeutung der “visual performance“ für eine Reihe militärischer Verwendungen auch außerhalb von Verwendungsbereichen wie dem fliegerischen Dienst, der schon immer über eine spezialisierte ophthalmologische Fachexpertise verfügte, ständig zu. Als Beispiele seien hier binoculare Nachtsichtbrillen für Kraftfahrer, in Entwicklung befindliche “look-through-displays“ oder Technologien der “augmented reality“ genannt. Bei mehr als 40 % Fehlsichtigen unter allen potenziellen Bewerbern werden hier zur Sicherstellung der personellen Bedarfsdeckung neben starren Regeln und Grenzwerten vermehrt individuelle Begutachtungen erforderlich werden. Ein Rückgriff auf zivile Einrichtungen wird dabei auf Grund der für den jeweiligen Gutachter notwendigen Kenntnisse der militärischen Anforderungen als auch auf Grund der negativen Ressourcenentwicklung bei zivilen Augenärzten kaum möglich sein [11]. Auf die Entwicklung im zivilen Bereich wird später noch eingegangen. Die notwendigen ophthalmologischen Begutachtungskapazitäten sind in den regionalen Sanitätseinrichtungen entsprechend ausgeplant.
Einsatzrelevanz der Augenheilkunde
Neben der Begutachtung und der augenärztlichen Versorgung der Truppe im Inland spielt seit den 90er Jahren der sanitätsdienstliche Versorgungsauftrag bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr auch im Fachgebiet Augenheilkunde eine wesentliche Rolle. Es gilt, entsprechend der sanitätsdienstlichen Maxime, allen Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz im Falle einer Erkrankung, eines Unfalls oder einer Verwundung medizinische Versorgung zuteilwerden zu lassen, die im Ergebnis dem fachlichen Standard in Deutschland entspricht [4]. Umfangreiche Analysen, u. a. von Schrader et al. und Weichel et al. belegen, dass die Inzidenz von Augenverletzungen (Combat Ocular Trauma – COT) im Rahmen militärischer Konflikte trotz ansonsten deutlicher Abnahme “klassischer“ Kriegsverletzungen stetig angestiegen ist [10, 2, 6]. Die Gründe liegen im Wesentlichen im vermehrten Einsatz von Sprengmunition und der damit verbundenen deutlichen Zunahme von Blast-Verletzungen. Auch wenn durch den Einsatz von Splitterschutzbrillen die Augen heute einen besseren Schutz erfahren, so sind sie noch immer bei mindestens 25 % aller Verletzungen betroffen. Ursache ist - neben einer nicht immer optimalen Compliance bei der Nutzung der Schutzbrillen - die durch die Weiterentwicklung der Munition zum einen und die immense Energie moderner Sprengsätze zum anderen entstehende Kraft, die auf die Brillen wirkt [10]. Hierbei finden sich in mehr als 50 % der Fälle offene Bulbusverletzungen, die ebenso wie penetrierende Verletzungen mit verbliebenen intraokulären Fremdkörpern einer zeitnahen möglichst sofortigen ophthalmochirurgischen Intervention bedürfen, um durch einen wasserdichten Verschluss des Bulbus die Voraussetzungen für eine Verlegung zu schaffen. Nur so kann dem Patienten überhaupt eine Chance eröffnet werden, das betroffene Auge nicht zu verlieren. Hierbei scheint eine frühe sekundäre Intervention innerhalb von 100 h posttraumatisch bessere Ergebnisse zu liefern [8].
Die Entfernung des betroffenen Auges wird in fast 15 % aller Augenverletzungen (davon bei 27 % aller offenen Bulbusverletzungen) notwendig [9]. Außerdem finden sich in bis zu 80 % der Fälle periokuläre Verletzungen teils erheblichen Ausmaßes [10]. Deren qualitativ hochwertige Versorgung bedeutet für den Patienten selbst bei Verlust des betroffenen Auges einen erheblichen Zugewinn an Lebensqualität, da eine verletzungsbedingte Entstellung des Gesichtes (wobei die Augenpartie eine herausragende Rolle spielt) abgemildert werden kann. Bei Verbleib eines respektablen Visus ist der Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Lidfunktion für die Funktion des Auges essenziell. Auch eigene Daten zeigen einem enormen Bedarf an ophthalmologischer Fachkompetenz im Auslandseinsatz. So weist eine Auswertung der Augenarzt-Patienten-Kontakte bei ISAF aus dem Jahr 2013 in Mazar-e Sharif insgesamt 1419 ophthalmologische Konsultationen aus (noch unveröffentlichte Daten*). Hierbei ist u.a. zu bedenken, dass bei fachgerechter Behandlung auch “leichter“ Augenerkrankungen der/die Betroffene im Einsatz verbleiben kann, ohne dass das Risiko einer Verschlimmerung z. B. bei Infektionen besteht.
Die Ergebnisse der Literaturrecherche und eigene Einsatzerfahrungen zeigen, dass sowohl im Auslandseinsatz als auch für die Folgeversorgung auf der Behandlungsebene 4 eine qualifizierte ophthalmotraumatologische (-chirurgische) Expertise zwingend notwendig ist, wenn man sich der Erfüllung der sanitätsdienstlichen Maxime annähern will. Die Behandlung eines (Einsatz-)Polytraumas wird nur im Zusammenwirken aller klinischen und hier vor allen der “großen“ und “kleinen“ chirurgischen Fachgebiete erfolgreich sein, wie Friemert et al deutlich herausstellen [14]. Ebenso ist festzustellen, dass die Versorgung einer okulären Verletzung und insbesondere eines COT aufgrund der Komplexität der Verletzungsmuster ein Höchstmaß an Erfahrung erfordert und daraus folgend den behandelnden Ophthalmologen ein maximales Repertoire an chirurgischen Fähigkeiten abverlangt. Das einzusetzende Spektrum an Behandlungsmaßnahmen ist dabei nicht ohne weiteres mit oph-thalmochirurgischen Routineeingriffen im zivilen Umfeld zu vergleichen, wo komplexe (insbesondere explosionsbedingte) Oculotraumen eher eine Ausnahme darstellen. Nichts desto trotz ist die enge Verzahnung mit dem zivilen Gesundheitssystem zwingend für Ausbildung und Inübunghaltung notwendig.
Einbindung in das zivile Gesundheitssystem
Insbesondere das aus Qualitätsgründen notwendige permanente Training mikrochirurgischer Eingriffe hat bereits in der Vergangenheit die ophthalmologische Fachgesellschaft dazu veranlasst, eine Empfehlung für unter Aufsicht durchzuführende ophthalmologische Operationen abzugeben, die vor der selbstständigen Durchführung entsprechender Eingriffe durchzuführen sind (Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e. V.: Empfehlungen von Eingangskriterien zur Qualitätssicherung operative Eingriffe in der Augenheilkunde, 2012.). Die Gründe hierfür wurden jüngst durch eine Studie untermauert [3]. So ist das Komplikationsrisiko mit 4 % bei Kataraktoperationen bei Operateuren mit geringer Erfahrung (unter 300 Operationen) am höchsten und nimmt mit zunehmender Erfahrung erheblich ab.
Aber nicht nur der Trainingsaspekt spielt insbesondere in der ophthalmochirurgischen Behandlung ziviler Patienten eine Rolle. Vielmehr stellen die Vergabe der Kompetenz “Überregionales Traumazentrum“ [12] oder “Schwerstverletztenartenverfahren“ [1] dezidierte Anforderungen an das Vorhalten einer ophthalmologischen Expertise. Die Einbindung in die zivilen Versorgungsstrukturen als überregionales Traumazentrum ist aber eine der Voraussetzungen für Erwerb und Erhalt auch der einsatzchirurgischen Kompetenzen [14]. Kliniken dieser Versorgungsstufe müssen nach den Empfehlungen der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) darüber hinaus über eine okuloplastische Expertise verfügen.Neben fachlichen oder gesetzlichen Vorgaben ist der Synergieeffekt im Rahmen der durch eine Klinik bereitgestellten Maximalversorgung, wie sie sonst nur durch Universitätskliniken angeboten wird, nicht zu vernachlässigen. Es darf in diesem Zusammenhang auch nicht außer Acht gelassen werden, dass gravierende Einschränkungen der visuellen und akustischen Kommunikationsfähigkeit für den Patienten u. U. eine schwerwiegendere Verletzungsfolge darstellen als der Verlust einer Extremität. Durch eine auch auf dem Gebiet der Augenheilkunde vorhandene Versorgungsmöglichkeit können sich durch entsprechenden Synergien in Bezug auf die Versorgung komplexer Polytraumen (insbesondere nach Explosionen) die Bundeswehrkrankenhäuser zu Exzellenzzentren der Kriegsverletztenversorgung entwickeln. Auf diese Weiterentwicklungsmöglichkeit weisen auch Willy et al. im Zusammenhang mit der Behandlung einsatztypischer septischer Defektwunden hin [15].
Für die Behandlung von Einsatzverletzungen gilt in besonderem Maße, dass es die “typische Verletzung“ und damit die “typische Standardtherapie“ nicht gibt. Vielmehr sind alle Fachgebiete aufgefordert, im Zusammenwirken das Optimum für den Verletzten “herauszuholen“. Dieses erfordert von allen Beteiligten die Fähigkeit zum komplexen Denken [14]. Für den Ophthalmochirurgen gilt deshalb wie für die Angehörigen der anderen operativen Fächer, dass er regelmäßig Eingriffe durchführen muss, bei denen ein möglichst breites Spektrum der bei der Versorgung von Einsatzverletzungen potenziell anzuwendenden Verfahren zum Tragen kommt. Beispielhaft sei hier die Lidrekonstruktion nach einer Tumorexzision genannt, also die Deckung eines Defektes, wie dieses auch bei einem Lidtrauma mit Substanzverlust notwendig wird. Hier bietet die von Finger et al. dokumentierte Zunahme komplexer Erkrankungen mit OP-Erfordernis in der Augenheilkunde Chancen und Möglichkeiten zum Fähigkeitserwerb und –erhalt [5]. Der demografische Wandel führt zu einer Zunahme der Bedeutung der Augenheilkunde in der medizinischen Versorgung. Alleine für die Bevölkerungsgruppe der über 60jährigen geht Wolfram in einer 2015 veröffentlichten Arbeit von einem Zuwachs ophthalmologischer Behandlungsfälle von ca. 7,5 Millionen pro Jahr aus [13]. Auch im Bereich der Subspezialisierungen zeigen sich Zukunftstrends. So werden Netzhauterkrankungen um über 30 % und Erkrankungen der Tränenwege und der Lider um fast 50 % zunehmen – bei einer gleichzeitig in den kommenden Jahren rückläufigen Zahl von im zivilen Gesundheitssystem tätigen Augenärzten [11]. Damit eröffnen sich auch für die Ophthalmologie in der Bundeswehr Chancen und Möglichkeiten zum Fähigkeitserwerb und -erhalt, wie sie Gutcke et al. für die Alters-traumatologie und deren Relevanz für die Einsatzchirurgie festgestellt haben [16].
Fazit und Zukunftsperspektive
Die Behandlung komplexer einsatzbedingter Verletzungen stellt höchste Ansprüche an alle beteiligten operativen, nicht-operativen und diagnostischen Fachgebiete. Für das Gesamtergebnis ist das reibungslose Zusammenwirken aller Fachgebiete entscheidend. Ein Nichterreichen einer möglichen Ergebnisqualität in einem beteiligten Fachgebiet stellt dabei den Gesamt-erfolg der Bemühungen in Frage.
Es muss entschieden werden, auf welchem Niveau für die Soldatinnen und Soldaten im Falle einer Verwundung die ophthalmologische Versorgung erfolgen soll. Außerdem muss der zunehmenden Bedeutung der “visual performance“ als Auswahlkriterium bei die Deckung des Personalbedarfs Rechnung getragen werden, was die Fähigkeit zur militärspezifischen (Individual-)Begutachtung erfordert. Weder qualitativ noch quantitativ stehen für beide Aufgaben zivile Kapazitäten zur Verfügung.
Aufbau und Erhalt einer hochqualifizierten ophthalmologisch-traumatologischen Expertise, im Wesentlichen durch die Etablierung der Ophthalmologie als konkurrenzfähiger Player im zivilen Gesundheitswesen zu erreichen, eröffnen die Chance, die Versorgung der Truppe im Einsatz und die Rehabilitation der visuellen Fähigkeiten im Falle einer Verletzung sicher zu stellen. Zur Gewährleistung einer ophthalmochirurgischen Versorgung im Rahmen von zwei parallel laufenden Auslandseinsätzen sind bei der Ressourcenbemessung die Notwendigkeit zur Weiterführung des Klinikbetriebes, die Belastung des Personals und die Forderungen der Fachgesellschaften hinsichtlich des chirurgischen Ausbildungsniveaus zu berücksichtigen.
Bei der aus Sicht der Autoren zwingend notwendigen Neubewertung der Ausgestaltung des Fachgebiets in den zukünftigen Strukturen muss auch beachtet werden, dass die ophthalmochirurgische Ausbildung keine adäquate Abbildung in der Fachweiterbildung hat und somit in der Regel bestenfalls in der letzten Weiterbildungsphase beginnt. Bezieht man die oben genannten Empfehlungen der Fachgesellschaft hinsichtlich der Operationszahlen in der Ausbildung in die Betrachtungen mit ein, so zeigt sich, dass bei unzureichenden Ausbildungskapazitäten (= zu geringen Operationszahlen) eine inadäquat lange Ausbildungsphase in Kauf genommen werden müsste, wenn die entsprechenden strukturellen Voraussetzungen nicht gegeben sind.
Die Entwicklung der Bundeswehrkrankenhäuser zu “Exzellenzzentren für Einsatzverletzungen“ unter adäquater Beteiligung aller Fachgebiete, die sich um Rettung, Behandlung und Rehabilitation des/der Einsatzverletzten kümmern, erfordert auch eine hochqualifizierte Ophthalmochirurgie und –traumatologie. Werden die hierfür notwendigen Ressourcen qualitativ und quantitativ ausgebracht, wird es auch bei zunehmendem Konkurrenzdruck aus dem zivilen Gesundheitswesen gelingen, dass der Sanitätsdienst als attraktiver Arbeitgeber eine erfolgversprechende Rolle in der Werbung um die Gunst hochqualifizierter Mitarbeiter spielt.
Literatur
- Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger nach § 34 SGB VII an Krankenhäuser zur Beteiligung am Schwerstverletzungsartenverfahren (SAV) in der Fassung vom 1. Januar 2013. Punkt 2.3.2
- Biehl, J, Valdez J, Hemady RK, Steidl SM, Bourke DL: Penetrating eye injury in war. Mil Med. 1999; 164: 780-784.
- Böhringer D, Vach W, Hagenlocher K, Eberwein P, Maier P, et al.: Are Entry Criteria for Cataract Surgery Justified? PLoS ONE 2014; 9(11): e112819.
- Demmer KW; Sanitätsdienst der Bundeswehr: Partner im zivilen Gesundheitswesen. Dt Ärztebl 2001; 98 [Heft 36]: A 2256-2258.
- Finger RP, Köberlein-Neu J, Gass P, Holz FG, Bertram B: Trends in inpatient treatment in ophthalmology in Germany.Ophthalmologe; 2013; 110(3): 224-229-
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- Schrader WF, Viestenz A: Severe open globe injury. New treatment concepts. Ophthalmologe 2008; 105(10): 965-975.
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- Weißbuch zur Situation der ophthalmologischen Versorgung in Deutschland. September 2012.
- Weißbuch Schwerverletztenversorgung, 2. erweiterte Auflage 2013.
- Wolfram C: Demography and age-dependency in ophthalmic diseases. Ophthalmologe 2015;112(1): 73-81.
- Friemert B et al.: Unfallchirurgie – Einsatzchirurgie: Was ist unser Selbstverständnis? Wehrmedizinische Monatsschrift 2014; 58: 394-398.
- Willy C et al.: Die septische Defektwunde. Wehrmedizinische Monatsschrift 2014; 58: 407-412.
- Gutcke A et al. Alterstraumatologie – Relevanz für die Einsatzchirugie. Wehrmedizinische Monatsschrift 2014; 58: 413-415.
* Daten wurden telefonisch von Oberfeldarzt Dr. Jakobs, Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Dezernat Augenheilkunde, Fürstenfeldbruck, übermittelt.
Bildquellen:
Bild 1a: Thales Defence & Secutity Systems GmbH, Kiel
Bild 1b, 2a - b und 2e - f: Oberstarzt Dr. Frischmuth, Fürstenfeldbruck
Bild 1c: United States Navy, ID 100224-N-7676W-204
Bild 2 c - d: Oberfeldarzt Dr. Spanagel, Koblenz
Datum: 28.04.2015
Quelle: Wehrmedizinische Monatsschrift 2015/4