Beidseitige Bulbusberstung nach Granatsplitterverletzung

Blast injury of both eye globes

Aus der Abteilung Augenheilkunde (Leiter: Flottenarzt Prof. Dr. H. Gümbel) des Bundeswehrkrankenhauses Ulm (Chefarzt: Generalarzt Dr. A. Kalinowski)

Manuela Otten

WMM, 59. Jahrgang (Ausgabe 4/2015; S. 119-122)

Zusammenfassung

Es wird über den operativen Verlauf nach Rekonstruktion des vorderen und hinteren Augenabschnittes eines ukrainischen Patienten berichtet, der Opfer einer Granatsplitterverletzung mit schwerer Bulbusberstung wurde. Die Kasuistik bestätigt, dass nur eine schnelle operative Exploration der Bulbusintegrität mit dichtem Wundverschluss und Verlegung in ein Zentrum für ophthalmologische Traumatologie die grundsätzlich schlechte Prognose einer Bulbusberstung verbessern kann.

Explosionsverletzungen setzen aufgrund der komplexen Verletzungsmuster in den vorderen und hinteren Augenabschnitten ein hohes Maß an operativer Erfahrung des Ophthalmochirurgen voraus.

Schlüsselworte: Bulbusberstung, Explosionstrauma, Wundverschluss, Ophthalmochirugie 

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Abb. 1: Präoperative Orbitaaufnahme (A) und CT der Nasennebenhöhlen (B): Rechtsseitige Orbitaboden- und Dachfraktur (rote Pfeile), Fraktur der Lamina papyracea (blauer Pfeil) . Beide Augen zeigen hyperintense Signale des Augeninhaltes, das linke Auge zeigt eine irreguläre Wandstruktur (grüner Pfeil) und einen Substanzverlust. Multiple röntgendichte Fremdkörper kutan und subkutan.

Summary

The operative course after reconstruction of the anterior and posterior segment of a Ukrainian patients is reported. The patient was a victim of a shrapnel injury with severe bulbus rupture. The case report confirms that only a quick surgical exploration of the eye integrity, a dense wound closure and transfer to a center for ophthalmic traumatology can improve the already poor prognosis of ophthalmorhexis .

Blast injuries require a high degree of operational experience of the ophthalmic surgeon ahead due to the complex pattern of injury in the anterior and posterior segment .

Keywords: ophthalmorexis, blast injury, wound closure, ophthalmo-surgery

Fallbeschreibung

Anamnese
Ein 41- jähriger ukrainischer Soldat wurde Ende August 2014 im Rahmen von gewalttätigen Auseinandersetzungen im Ost-Ukraine-Konflikt Opfer einer Granatexplosion und erlitt dabei an beiden Augen schwerste (Splitter-)Verletzungen.

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Abb. 2: Rechtes Auge mit langer, nach temporal posterior verlaufender Ruptur
Der Patient wurde in seinem Heimatland medizinisch erstversorgt, stabilisiert und mittels StratAirMedEvac1 nach einer Woche von Kiew zur weiteren Behandlung in das Bundeswehrkrankenhaus (BwKrhs) Ulm verlegt.

Allgemeiner Aufnahmebefund
Die Aufnahme des Patienten in der Zentralen Interdiziplinären Notaufnahme erfolgte am 02.09.2014. Er war kreislaufstabil, ansprechbar und zeigte multiple zum Teil bakteriell kontaminierte Weichteilverletzungen, Abschürfungen und diverse Schmutzeinsprengungen am ganzen Körperstamm, dem Gesicht und den Extremitäten. Das Abdomen wies eine mediane Laparotomienarbe mit je 2 Redondrainagen im linken und rechten Unterbauch auf.

Im nativen Multislice-CT der Nasennebenhöhlen(NNH) wurde rechtsseitig eine Orbitaboden- und Orbitadachfraktur mit minimaler Dislokation und eine Fraktur der Lamina papyracea diagnostiziert. Beide Bulbi zeigten hyperintense Signale des Augeninhaltes im Sinne einer Glaskörperblutung. Das linke Auge stellte sich irregulär deformiert dar (Abbildung 1). Es waren weiterhin multiple röntgendichte Fremdkörper kutan und subkutan in den gesamten fazialen Weichteilen sichtbar.

Intrakraniell konnte ein subdurales Hygrom mit Mittellinienverlagerung festgestellt werden. Die Lunge zeigte in der Bildgebung keine explosionstypischen Veränderungen. In einer orientierenden HNO-Untersuchung wurden beidseitige Trommelfellperforationen diagnostiziert. 

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Abb. 3: Präoperativer Befund linkes Auge: Multiple HH-Nähte bei zentralen triangulären Substanzverlust

Augenärztlicher Aufnahmenbefund
Bei Erstvorstellung des Patienten in der Augenabteilung ergab die Funktionsprüfung des rechten Auges keine  und die des linken eine fragliche Lichtscheinwahrnehmung. Der Augeninnendruck war beidseits hypoton, eine starke Schwellung der Augenlider mit multiplen Lidkantenverletzungen und Schmutzeinsprengungen erschwerte die Untersuchung.

Das rechte Auge wies eine quer über die Hornhaut, den Limbus bis in die temporale Sklera verlaufende Naht auf. Die Bindehaut war massiv chemotisch aufgedunsen mit großen Zysten von klarem, leicht gelblichem Sekret. Die Motilität war in alle Richtungen stark eingeschränkt, die Pupillenreaktion und der Augenhintergrund waren durch eine komplett aufgehobene Vorderkammer mit Hämatokornea nicht beurteilbar.

Das linke Auge zeigte einen großen, zentralen, triangulären Substanzverlust der Hornhaut, der durch multiple (>30) Einzelknopfnähte versorgt war und im Lidspaltenbereich bis an den Limbus reichte. Die Bindehaut war weniger stark verletzt und nur gering chemotisch. Die Vorderkammer war auch hier komplett aufgehoben, die ödematöse Hornhaut so opak, dass ein Einblick auf den Augenhintergrund nicht möglich war.

Ultrasonographisch diagnostizierten wir an beiden Augen eine massive hämorrhagische Aderhautschwellung mit trichterförmigen Netzhautabhebungen und Glaskörpereinblutungen. Rechtsseitig wies die Bulbuswand eine irreguläre Kontur mit Verdacht einer gedeckten Perforation des hinteren Pols auf. Im linken Auge konnte im Ultraschall keine Linse dargestellt werden, so dass wir hier von einem Substanzverlust ausgehen mussten.

Therapie

Allgemeine Therapie
Aufgrund der multiplen Weichteilverletzungen erfolgte eine kalkulierte Antibiotikatherapie mit Piperacillin / Tazobactam, der Patient wurde zur weiteren operativen Rekonstruktion der Augenverletzungen auf die Augenabteilung verlegt.

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Abb. 4: Nach Eröffnen des Auges mittels Trepan entleert sich eine blutig-seröse Flüssigkeit, die Hornhaut ist geschwollen, die Linse und der Kapselapparat fehlen komplett, die Iris ist kaum zu erkennen.
Die operative Versorgung der Weichteilverletzungen erfolgte während des Aufenthaltes in interdiziplinärer Zusammenarbeit mit den Unfallchirurgen. Die mikrobiologische Untersuchung der Weichteilwunden ergab eine Besiedlung durch multiresistene gramnegativen Bakterinenstämme mit Resistenzen gegen 2 oder 3 Standardantibiotika-Gruppen und zusätzlich gegen Carbapeneme (3- bzw. 4MRGN, gem. Krinko-Definition 2012).

Ophthalmologische Therapie
Am 04.09.2014 entschieden wir uns für eine beidseitige chirurgische Wundexploration in Vollnarkose mit dem Ziel, die Bulbi zu tonisieren und ggf. eine operative Revision der Vorder- und Hinterabschnitte vornehmen zu können.

Intraoperativ stellte sich am rechten Auge eine insuffiziente -Skleranaht mit großer Skleradehiszenz dar. Bereits mit geringem Druck ließ sich blutig-seröse Flüssigkeit aus dem Augeninneren entleeren. Die Perforation konnte nicht komplett bis nach posterior verfolgt werden, da sich hier Reste des M. rectus lateralis, der Tenon und der Bindehaut konglomeratartig mit der Sklera verbunden hatten (Abbildung 2).

Die diagnostische Peritomie des linken Auges konnte keine -Skleraverletzung nachweisen. Es wurde versucht, den zentralen triangulären Hornhautdefekt durch weitere Hornhautnähte zu decken, was aber bei dem Ausmaß des zentralen Substanzverlustes nicht gelang (Abbildung 3).

Zum Ende der OP erfolgte bei beiden Augen eine Antibiotikaeingabe mit jeweils 2 mg Vancomycin und Ceftazidim in die Vorderkammer.

Aufgrund der schlechten Prognose für das rechte Auges durch die nicht zu versorgende Ruptur des hinteren Pols mit Trichteramotio und fehlender Lichtscheinwahrnehmung entschieden wir uns gemeinsam mit dem Patienten und dessen Familie am 09.09.2014 für eine Evizeratio bulbi mit anschließender Prothesenversorgung.

Das linke Auge zeigte im stationären Verlauf reproduzierbare Lichtscheinwahrnehmung, so dass wir uns trotz schlechter Prognose für eine perforierende Keratoplastik mit kombinierter Open-Sky-Vitrektomie entschieden.

Intraoperativ zeigte sich nach Entfernung der linken Hornhaut eine subtotale Aniridie, eine Aphakie, ein zirkulär vorgefallener Ziliarkörper mit Aderhautabhebung und eine trichterförmig zusammengefallene Netzhaut (Abbildung 4). Die hämorrhagische Aderhautabhebung wurde so weit wie möglich drainiert. Aufgrund der Schwere der Verletzung verzichteten wir zu diesem Zeitpunkt auf eine weitere Manipulation der Netzhaut. Das linke Auge wurde am Ende der Keratoplastik durch eine Lufttamponade stabilisiert (Abbildung 5). 

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Abb. 5: Nach Beendigung der Keratoplastik und Tonisierung des Bulbus mit einer Gastamponade

Verlauf der Augenverletzung
Der postoperative Verlauf beider Augen stellte sich unkompliziert dar: Am rechten Auge zeigte sich eine stadiengerechte Wundheilung des Bindehautsockels und der Lider. Das linke Auge war durchgängig gut tonisiert, die Hornhaut heilte gut ein und der Patient konnte weiterhin Lichtschein wahrnehmen. Wir warteten den weiteren Heilungsverlauf des linken Auges ab und unternahmen einen Monat später einen erneuten Versuch der operativen Rekonstruktion des Augenhintergrundes.

Nach einer 23-Gauge-Vitrektomie wurde mittels schwerer Flüssigkeit und Retinektomie die Netzhaut im zentralen Bereich der Aderhaut wieder angelegt und mit Silikonöl dauerhaft tamponiert. In der Zwischenzeit konnte am rechten Auge eine individuelle Silikonprothese durch einen Okularisten angepasst werden. Am Entlassungstag konnte weiterhin Lichtscheinwahrnehmung des linken, normal tonisierten Auges dokumentiert werden.

Diskussion

Explosionsverletzungen verursachen sowohl mechanische als auch thermische Schäden und führen zu komplexen Verletzungsmustern. Die primäre Explosionsverletzung führt dabei häufig durch eine Druck- und nachfolgende Sogwelle im Gewebe zu Stress- und Scherwellen mit Gewebszerreißungen und verursacht vor allem in luft- und flüssigkeitsgefüllten Organen wie Auge, Mittelohr, Lunge, Hohlorganen und Gefäßen typische Schädigungsmuster [1]

Am Auge wird die eigentliche Wunde dabei durch einen Inside-out-Mechanismus verursacht, mit unterschiedlich stark ausgeprägter Herniation oder Expulsion intraokularen Gewebes. Rupturen stellen die Maximalvariante einer Explosionsverletzung dar. Es finden sich typische Schädigungsmuster an Glaskörper, Netzhaut und Aderhaut. Prädilektionsstellen der Skleraruptur sind Zonen entlang des Limbus unter intakter Bindehaut und parallel zur Insertion der geraden Augenmuskeln zwischen der Insertionslinie und dem Äquator [2]

Der Überdruckwelle folgend führen häufig mitgeschleuderte Splitter, Projektile und heiße Explosionsgase zu weiteren perforierenden und stumpfen Verletzungen. Dabei werden sämtliche perforierenden Verletzungen bei Explosionstraumata als kontaminiert angesehen und bedürfen eines chirurgischen Debridements unter systemischer Antibiotikagabe. Häufig findet man – wie bei unserem Patienten auch – bei den Verletzten Problemkeime [1].

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Abb. 6 : Am Entlassungstag zeigte sich rechts ein guter Prothesensitz und links eine klare HH bei gut tonisiertem Bulbus mit Lichtscheinwahrnehmung.
Die Erstversorgung unseres Patienten erfolgte in einem ukrainischen Krankenhaus. Aufgrund begrenzter Möglichkeiten für eine definitive Versorgung und Rehabilitation wurde er mittels StratAirMedEvac in ein Krankenhaus der Maximalversorgung verlegt. Das BwKrhs Ulm konnte die definitive Versorgung übernehmen, d.h. entsprechend der Versorgungsebene 4 agieren. Ohne diese Intervention wäre es sehr wahrscheinlich gewesen, dass der Patient innerhalb kürzester Zeit bei beidseitig offener Bulbusruptur infolge einer fulminanten Endophthalmitis oder durch eine Phthisis bulbi definitiv vollständig erblindet wäre. Das Zeitfenster für die operative Rekonstruktion ist dabei von zentraler prognostischer Bedeutung, wie dies am Fall des rechten Auges deutlich wird.

Schwerste Berstungsverletzungen mit gedeckten Perforationen bis in den hinteren Augenpol und Substanzverlust haben in aller Regel eine infauste Prognose. Ein schnellstmöglicher operativer Verschluss der Bulbuswand reduziert dabei zum einen die Endophthalmitisrate und zum anderen minimiert bzw. stoppt die Tonisierung des Bulbus die uveale Effusion mit konsekutiver Abhebung von Ader- und Netzhaut. Beide Faktoren zusammen initiieren mit hoher Wahrscheinlichkeit einen schmerzhaften Schrumpfungsprozess und führen damit mittelfristig zum Verlust des Auges.

Am rechten Auge verlief die Ruptur weit nach posterior. Sekundäre Wundheilungsprozesse, mazeriertes Gewebe zusammen mit der ungünstigen Lokalisation und letztlich die bereits seit ca. 10 Tagen bestehende Perforation machten es unmöglich, die anatomischen Verhältnisse wiederherzustellen. Bei fehlender Lichtscheinwahrnehmung und massiver Ader- und Netzhautabhebung entschieden wir uns gemeinsam mit dem Patienten für eine Eviszeratio bulbi, um zum einen eine progrediente Enophthalmitis oder auch schmerzhafte Phthisis mit möglichen Sekundärkomplikationen zu verhindern und zum anderen, um für den Patienten wenigstens ein gutes kosmetisches Ergebnis erzielen zu können.

Das Einsetzen einer Plombe als Platzhalter bei einer Eviszeratio bulbi ist nur bei negativem mikrobiologischen Untersuchungsergebnis des Vorderkammerpunktates und der Bindehaut möglich. Andernfalls ist das Risiko für eine sekundäre Besiedlung des Plombenmaterials mit konsekutiver Extrusion und notwendiger Entfernung des septischen Herdes zu hoch. Die anschließende Versorgung mit einer individuell nach Abdruck gefertigten Silikon- Kunststoffprothese nach Abschluss der Wundheilung stellt, bei gutem kosmetischem Ergebnis, eine leichte, bruchfeste und einfache Prothetik zur Verfügung. Eine Kunststoffprothese hält bis zu 2 Jahre und kann vom Patienten auch durchgängig getragen werden, was deutliche Vorteile bei visuell oder manuell beeinträchtigen Personen bietet.

Die Versorgung des linken Auges gestaltete sich bei großem Substanzverlust schwierig; weder eine optische Rehabilitation noch ein suffizienter Wundverschluss waren ohne Keratoplastik zu erwarten. Prognostisch ist die Überlebensdauer des Transplantates deutlich reduziert: Zum einen aufgrund seiner Größe (bis an den Limbus reichend mit der Gefahr einer erhöhten Rate an immunologisch vermittelter Transplantatreaktion und –abstoßung) und zum anderen wegen der weiteren Pathologien im Vorderabschnitt und des direkten Kontaktes des Silikonöls mit dem Hornhautendothel.

Die intraoperativ sichtbaren Schäden mit subtotaler Aniridie, Aphakie und Avulsion der Glaskörperbasis mit Zyklodialyse sind Folgen der Druckwelle mit Aufsprengung der vorderen Geweberinge nach außen. Die posttraumatischen Veränderungen im Kammerwinkel und die Zyklodialyse führen häufig zur Spätkomplikation einer Hypotonia bulbi und bergen damit das Risiko einer Phthisis bulbi. Im weiteren Verlauf mit posttraumatischer Narbenbildung im Kammerwinkel ist auch ein Sekundärglaukom möglich [3].

Der Abriss der Glaskörperbasis mit resultierenden Riesenrissen der Netzhaut und nachfolgender Amotio und die Ruptur der Aderhaut gehören zum weiteren typischen Schädigungsmuster bei Berstungsverletzungen durch Explosionstraumata [4]. Bei unserem Patienten führten sie zu einer hämorrhagischen Aderhautabhebung und einer Trichteramotio.

Die zentrale Anlage der Netzhaut gelang uns erst nach Retinektomie und unter Silikonöltamponade. Damit wird die funktionelle Prognose für den Patienten trotz gutem Einheilen des Hornhauttransplantates durch die schweren Netzhautschäden und die Hypotonia bulbi stark verschlechtert.

Gemäß Ocular Trauma Score nach Kuhn werden folgende Faktoren als prognostisch ungünstig für die zu erwartende Sehleistung des Auges gewertet: Bulbusruptur, afferenter Pupillendefekt, Endophthalmitis, Netzhautablösung und perforierendes Trauma.

Bei einem präoperativen Ausgangsvisus von Lichtscheinwahrnehmung ist von einer schlechten postoperativen Visusprognose auszugehen, d h. die meisten Patienten werden nach einer solchen Verletzung im postoperativen Verlauf keinen Lichtschein mehr wahrnehmen können [5].

Trotz der schlechten Ausgangsbedingungen ist der Heilungsverlauf bei dem vorgestellten Patienten zufriedenstellend. Zum Zeitpunkt der Entlassung konnte er weiterhin Lichtschein wahrnehmen. Es ist zu hoffen, dass er durch die Wahrnehmung von Hell- und Dunkelphänomenen den psychisch stark belastenden Verlust der Sehfähigkeit besser kompensieren kann. Ohne die rekonstruierenden Eingriffe wäre auch diese Fähigkeit nach kurzer Zeit nicht mehr vorhanden gewesen.

Schlussfolgerung

Für die Versorgung im Rahmen von Einsätzen kann folgendes Fazit gezogen werden:

  • Primäre Explosionsverletzungen mit stark zerstörenden Gewebszersprengungen können im Gegensatz zu sekundären Verletzungen, zum Beispiel durch Splitter, nicht durch ballistische Augenschutzgläser reduziert werden.
  • Der maßgebliche Auftrag aus wehrmedizinischer Sicht ist die operative Exploration der Integrität der Sklera und die Herstellung eines dichten Wundverschlusses sowie die schnelle Verlegung in eine Fachabteilung der Maximalversorgung.
  • Mehrzeitige operative Eingriffe unter Berücksichtigung des Heilungsverlaufes und der Prognose sind bei dieser Art der Verletzungen nicht selten und benötigen gut operativ ausgebildetes Personal mit Kenntnissen der Traumatologie der Vorder- und Hinterabschnitte des Auges.
  • Die Prognose ist dennoch in den wenigsten Fällen günstig, durch eine qualifizierte Behandlung lassen sich aber die für den Betroffenen dramatischen Folgen zumindest abmildern.

Literatur

  1. Di Micoli M: Explosionsverletzungen. In Taktische Medizin, Kap. 10: S. 217-26, Springer Verlag 2012.
  2. Kuhn F, Morris R, Witherspoon CD, Heimann K, Jeffers JB, Treister G: A standardized classification of ocular trauma. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 1996; 234: 399-403.
  3. Heiligenhaus A, Schilling H, Steuhl KP: Traumatologie der Iris und des Ziliarkörpers. In Ophthalmologische Traumatologie. S. 94-102, Schattauer Verlag 2002.
  4. Kirchhof B, Bartz- Schmidt KU: Traumatologie des Glaskörpers, der Netzhaut und Aderhaut, posttraumatische Ablatio retinae. In Ophthalmologische Traumatologie. S. 122-127, Schattauer Verlag 2002.
  5. Kuhn F, Maisiak R, Mann L, Mester V, Morris R, Witherspoon CD: The Ocular Trauma Score (OTS). Ophthalmol Clin N Am 2002; 15: 163-165.

Bildquellen:

Abb 1: Bundeswehrkrankenhaus Ulm – Radiologie
Abb 2 - 6: Bundeswehrkrankenhaus Ulm –Abteilung Augenheilkunde

1StratAirMedevac = Strategic Aeromedical Evacuation (strategischer Lufttransport von Patienten, d. h . Transport aus dem Kampfgebiet in ein anderes Land, i. d. R. in eine Einrichtung der Behandlungsebene 4 zur endgültigen Behandlung)

 

Datum: 22.04.2015

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