RICKETTSIOSEN
Eine Übersicht Noch im 2. Weltkrieg wurden Rickettsiosen militärmedizinisch als äußerst gefährliche Bedrohung angesehen. Ausbrüche wurden von Hygienikern aufgrund der hohen Letalität besonderes nach den leidvollen Erfahrungen aus dem 1. Weltkrieg an der Ostfront, in Serbien und unter russischen Kriegsgefangenen in Deutschland gefürchtet.
Daher verfolgte das NS-Regime ab 1941 mit Nachdruck die Entwicklung und die industrielle Herstellung von Impfstoffen, die mit systematisch durchgeführten Erprobungen an KZ-Häftlingen verbunden waren und zu den ganz besonders düsteren Kapiteln deutscher Medizingeschichte gehören.
Inzwischen stellen Rickettsien und die durch sie verursachten Rickettsiosen in Europa glücklicherweise keine infektiologische Bedrohung mehr im Alltag dar.
In Deutschland werden Rickettsiosen gelegentlich in Form des afrikanischen Zeckenbissfiebers bei Reiserückkehrern nach vorausgegangenem Aufenthalt in Süd- oder Ostafrika beobachtet.
Durch Rickettsien ausgelöste Krankheitsbilder werden daher heute in der ärztlichen Ausbildung allenfalls und wenn überhaupt nur noch kurz gestreift, obwohl laut einer Metaanlyse des „Geo Sentinel Network“, die weltweit an tropenmedizinischen Einrichtungen durchgeführt wird, die reisemedizinische Bedeutung von Rickettsiosen im Zunehmen ist. Eine Einschleppung in weitere Gebiete Europas (auch nach Mitteleuropa) ist auch z. B. durch Hunde, die auf Reisen in Endemiegebiete mitgenommen werden, möglich.
Das Auftreten größere Epidemien ist weltweit in Kriegsgebieten und nach Naturkatastrophen auch heute noch jederzeit vorstellbar. US Epidemiologen beziffern retrospektiv, dass allein im Vietnam-Krieg 1966 -1969 etwa 40 - 45 % der 225000 durch Fieber unklarer Genese (FUO) hervorgerufenen „lost man days“ auf Rickettsiosen zurückgeführt werden können. Ausreichende Kenntnisse über die durch Rickettsien hervorgerufenen Krankheitsbilder werden daher in der Tropenmedizin vorausgesetzt und sind auch für Sanitätsoffiziere einer Einsatzarmee hilfreich. Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, an einige der durch Rickettsien verursachten Krankheitsbilder heranzuführen.
Importierte Zeckenbissfieber
An den deutschen Tropeninstituten oder infektiologisch ausgerichteten Kliniken gewinnen Weiterbildungsassistenten in der Regel über die immer wieder geschilderten charakteristischen Anamnesen erste klinische Erfahrungen mit Rickettsiosen. Diese Anamnesen weisen folgende Gemeinsamkeiten auf:
- Auftreten von Fieber, Abgeschlagenheit und Gliederschmerzen während oder unmittelbar nach Rückkehr von einem Aufenthalt u. a. in Südafrika, Botswana, Sambia, Kenia und Tansania.
- Eine Malariaerkrankung wurde bereits ausgeschlossen, viele der Erkrankten hatten auch zusätzlich eine medikamentöse Malariaprophylaxe nach vorausgegangener reisemedizinischer Beratung im Reiseland eingenommen.
- Auftreten eines Hautauschlages im Anschluss an die oben geschilderte Prodromalsymptomatik, der klinisch einem oft nicht näher bezeichnetem Virusexanthem zugeordnet wurde (Differenzialdiagnose: Dengue-Fieber) und nach etwa 6 - 7 Tage langsam abklang.
- Zusätzlich Auftreten eines „schlecht abheilenden Insektenstichs“ mit zentralem, livide-bläulichem oder schwarzem Zentrum. Langsame Abheilung unter Narbenbildung nach einigen Wochen. Nachweis einer Lymphadenitis im Abflussgebiet.
- Allmähliche Besserung des Allgemeinbefindens erst nach Wochen.
Was war hier die Ursache für diese Beschwerdesymptomatik? Mit hoher Wahrscheinlichkeit waren diese Patienten an einem sog. „afrikanischen Zeckenbissfieber“ (Tick-bite-fever) erkrankt, das nach Schätzungen in der Reisemedizin bis zu 5 % der Touristen nach einer vorausgegangenen Safari-Tour im südlichen Afrika befällt. Dieses sog. afrikanische Zeckenbissfieber wird durch Rickettsia africae und weitere verwandte Rickettsienarten verursacht. Auch im gesamten Mittelmeerraum ist es als „Fievre boutonneuse“ (Rickettsia conorii) bekannt. Alle diese in der Reisemedizin relevanten Rickettsiosen zeigen sich innerhalb der ersten Krankheitstage als akut fieberhafte Infektionen mit Kopf- und Gliederschmerzen und erlauben in der Regel keine sofortige ätiologische Zuordnung. Erst das spätere Auftreten eines oder mehrerer „Eschars“ oder „tache noir“ (Abb. 1) mit oder ohne Exanthem (Abb. 2) als Leitsymptom ermöglicht klinisch eine Blickdiagnose und somit die Zuordnung zu einer Rickettsiose aus der Zeckenbissfiebergruppe, die auch als „spotted fever group“ bezeichnet wird. Dieser werden neben den mediterranen und afrikanischen Varianten u. a. auch die durch Zecken oder Milbenbisse übertragenen regional vorkommenden Rickettsiosen in Australien (R. australis), Sibirien (R. sibirica), in Europa (R. slovaca, R. helvetica) und in Amerika (sog. Rocky-Mountain-spotted Fever, Erreger: R. rickettsii) zugeordnet.
Die zweite große Gruppe der Rickettsiosen umfasst die Fleckfieber, die angelsächsisch als „typhus group“ bezeichnet werden (diese Gruppe steht – was immer wieder für Verwirrung sorgt - jedoch in keinem Zusammenhang mit dem durch Salmonella typhi hervorgerufenem Typhus). Den Fleckfiebern oder der „typhus group“ werden das klassische Fleckfieber (R. prowazekii), seine Spätinfektion (Brill-Zinsser-Krankheit) und das murine Fleckfieber (R. typhi) zugeordnet. Q- Fieber (Coxiella burnetii) und Tsutsugamushi-Fieber (Orientia tsutsugamushi) wurden früher ebenfalls noch zu den Rickettsiosen gezählt, werden aber heute taxonomisch aufgrund ihrer phylogenetischen Unterschiede zu Rickettsien als eigenen Entitäten geführt.
Erreger
Rickettsien sind kleine, gramnegative, pleomorphe, kokkoide Stäbchenbakterien, die sich obligat intrazellulär vermehren und deren Vermehrung somit eine eukaryotische Wirtszelle erfordert. Rickettsien sind hoch kontagiös, nur wenige Erreger können zur Infektion führen. Eine Anzüchtung und Anreicherung gelingen in Zellkulturen oder im Tierversuch, erfordern aber die Sicherheitsstandards eines Hochsicherheitslabors (BSL 3). Eine Isolierung ist auf gängigen mikrobiologischen Nährböden nicht möglich. Die Nomenklatur der Rickettsien und der mit ihnen eng verwandten Gattungen Coxiella und Orientia befindet sich im ständigen Fluss, seit 1990 wurden insgesamt 13 neue Rickettsien-Spezies entdeckt.
Rickettsiosen sind überwiegend Zoonosen. Nagetiere und Hunde sind bei den Rickettsiosen aus der Zeckenbissgruppe primäre Reservoire, der Mensch als Endwirt spielt für den Erhalt der Erreger nur bei den Spätrezidiven des klassischen Fleckfiebers (Brill-Zinsser-Krankheit) eine Rolle.
Übertragung
Die Übertragung erfolgt durch unterschiedliche Arthropoden wie Zecken, Läuse, Flöhe und Milben, die auch als natürliche Reservoire dienen und die Infektion transovariell auf ihre jeweils nächste Generation übertragen können. (Abb. 3)
Bei Zecken und Milben werden Rickettsien in den Speicheldrüsen gefunden, sie werden über den Speichel mit dem Biss auf den Menschen übertragen. Beim klassischen und auch beim murinen Fleckfieber erfolgt die Infektion auf andere Weise: Rickettsien befinden sich im Fäzes der Läuse (Pediculus humanus) und Rattenflöhe (Xenopsylla cheopis). Erst durch den Menschen selbst wird dann die Infektion letztlich vollendet, indem er den stark infektiösen Fäzes der Vektoren in die gewöhnlich stark juckenden Bissstellen einkratzt oder ihn sich über die Konjunktiven einreibt.
Inkubationszeit
Die Inkubationszeit beträgt je nach Vektor 2 –10 Tage, im Mittel 5 – 7 Tage.
Pathogenese
Die Abb. 4 zeigt klinisch eine nekrotisierende Vaskulitis an der Bissstelle nach Biss einer Amblyommazecke mit Inokulation von Rickettsien. Diese mit schwärzlichem Schorf belegte Einzelläsion steht beispielhaft für die pathophysiologischen Vorgänge, die bei Rickettsieninfektion auftreten und sich in der besonderen Affinität der inokkulierten Rickettsien zu Endothelzellen ausdrücken. Pathophysiologisch wurde dieser Tropismus erst vor wenigen Jahren (2005) durch den Nachweis der Proteinkinase Ku 70 in Endothelzellen erklärbar, die einen Rezeptor für OmpB Proteine an der Zellwand von Rickettsien darstellt und somit erst die Invasion in die Endothelzelle des Wirtes mit nachfolgender schwerer Schädigung bis zu Atoptose ermöglicht. Histopathologisch zeigt sich an der Eintrittsstelle eine nekrotisierende Vaskulitis, die sich klinisch mit einer zentralen Nekrose in einem livide roten Infiltrat manifestiert. Diese mit schwärzlichem Schorf belegte Primärläsion wird in der Tropenmedizin als „Eschar“ oder „tache noir“ bezeichnet und ist oft von einer Lymphangitis begleitet. Sie ist beispielsweise Leitsymptom für das afrikanische Zeckenbissfieber. Ähnlich erklärt man sich auch funktionell die Pathophysiologie der weitaus schwerer verlaufenden Rickettsiosen; wie z. B. beim klassischen Fleckfieber oder beim Rocky-Mountain-SpottedFieber. Hier kommt es disseminiert in der Haut, im Gehirn, im Myokard, in den Nieren und in vielen weiteren Organen zum Auftreten multipler Vaskulitiden, die mit Mikrothrombosierungen und konsekutiven Nekrosen einhergehen und so die Schwere dieser Krankheitsverläufe und ihre hohe Letalität erklären. Rickettsiosen hinterlassen eine lange andauernde, wahrscheinlich zellvermittelte Immunität. Die Ursachen der zum Teil sehr deutlichen Unterschiede in der Virulenz innerhalb der Rickettsienarten sind noch nicht näher bekannt (siehe auch Knobloch u. Löscher, 2009).
Diagnostik
Der Nachweis spezifischer Serumantikörper (IgM, IgG mittels ELISA, IFT, KBR) gegenüber Rickettsien gelingt üblicherweise frühestens erst am Ende der ersten Krankheitswoche. Die zellkulturelle Erregerisolierung aus Biopsiematerial ist aufgrund der hohen Infektiosität von Rickettsien nur in Referenzzentren (BSL 3) möglich. Eine speziesspezifische PCR-Diagnostik zum Nachweis von Rickettsien aus Biopsiematerial gilt inzwischen als zuverlässige Nachweismethode, sie ist aber nur in Spezialeinrichtungen verfügbar. Orientierende Laborbefunde sind in der Anfangsphase einer Rickettsiose oft unauffällig und können auch im fortgeschrittenen Stadium mit Leukopenie, Lymphozytose, Trombozytopenie, erhöhten Transaminasen und nur geringgradig erhöhtem CRP nicht immer eindeutig diesem Krankheitsbild zugeordnet werden. Daher kommt der klinischen Diagnose eine besondere Bedeutung zu. Fieber, Exanthem und Lymphadenopathie lassen bei entsprechender Reiseanamnese eine Rickettsiose vermuten. Im Idealfall kann bereits bei der Erstvorstellung des Patienten allein die richtige Interpretation des Hautbefundes „Eschar“ mit oder ohne Exanthem zur Diagnose und damit zum frühzeitigen Beginn der Therapie führen. Eingeschränkt wird die Möglichkeit einer klinischen Blickdiagnose jedoch dadurch, dass nicht alle Rickettsiosen ein „Eschar“ als Leitsymptom aufweisen. Sowohl das klassische als auch das murine Fleckfieber bilden ebenso wie auch das Rocky Mountain spotted fever kein Eschar aus.
Therapie
Therapie der Wahl ist Doxyzyklin (100 mg 2 x tgl. über 10 Tage), auf das alle Rickettsienarten gut ansprechen. Alternativ können Makrolidantibiotika (Azithromycin 1 x 500 mg über 3 – 5 Tage) und Ciprofloxacin (2 x 750 mg tgl. über 7 d) eingesetzt werden. Penicilline zeigen keine Wirksamkeit.
Prophylaxe
Die Expositionsprophylaxe ist vektorabhängig. Gegen Zecken und Milbenbisse schützen die konsequente Anwendung von Diethyltoluamid (DEET)-haltigen Repellentien sowie die Zeckenbekämpfung bei Hunden mit Kontaktinsektiziden.
Bei Ausbrüchen des klassischen Fleckfiebers werden Läuse durch den Einsatz von Pestiziden bekämpft, Erkrankte und deren Kleidung müssen bei einer Klinikeinweisung dekontaminiert und entlaust werden. Eine prä- oder postexpositionelle Propylaxe mit Doxyzyklin ist bei Epidemien wirksam.
Klassisches oder epidemisches Fleckfiebers
Historisches
Neben den vergleichsweise milde verlaufenden Zeckenbissfieber-Erkrankungen, die heute in Mitteleuropa bei Reiserückkehrern diagnostiziert werden und so das Krankheitsbild einer Rickettsiose klinisch charakterisieren, waren bis zum Ende des 2. Weltkriegs Ausbrüche des klassischen Fleckfiebers besonders gefürchtet. Die Geschichte des Fleckfiebers ist im 20. Jahrhundert in Deutschland eng mit der des Hamburger Tropeninstitutes und späteren Bernhard-Nocht-Institutes verbunden.
Die militärmedizinische Bedeutung von Fleckfieberepidemien ist seit dem Untergang der napoleonischen Grand Armee 1812 bekannt. Militärhistoriker nehmen an, dass in Russland mehr Soldaten dem Fleckfieber zum Opfer fielen als unmittelbar an den Folgen von Kampfhandlungen. Auf ihrem Rückzug starben allein im Winterquartier, das die Franzosen und ihre verbündeten Truppen in der Festung Mainz im Herbst 1813 bezogen hatten, bis zu 18 000 Soldaten und zusätzlich etwa 2500 Zivilisten am Fleckfieber. Dieser desaströse Ausbruch ist als „Typhus de Mayence“ in die französische Militärgeschichte eingegangen. Bedingt durch die im Vergleich zu Mitteleuropa deutlich rückständigen hygienischen Bedingungen kam es im zaristischen Russland im 19. Jahrhundert immer wieder zu Ausbrüchen und Epidemien, die auch unmittelbar zu Beginn des 1. Weltkrieges unter russischen Kriegsgefangenen in deutschen Lagern ausbrachen. Allein bis Juli 1915 wurden in 21 deutschen Gefangenenlagern 44732 an Fleckfieber erkrankte russische Kriegsgefangene registriert, von denen 4201 verstarben. In diesem Zusammenhang wurde auch das Hamburger Tropeninstitut aktiv. Der damals am Tropeninstitut tätige Pathologe Henrique da Rocha-Lima (1879 - 1956), bekannt durch seine 1912 verfasste Abhandlung zur pathologischen Anatomie des Fleckfiebers, und der Leiter der zoologischen Abteilung des Instituts, Stanislaus Prowazek Edler von Lanow (1875 – 1915) wurden nach Cottbus abgestellt. Sie sollten vor Ort einen Fleckfieberausbruch unter russischen Kriegsgefangenen untersuchen. Prowazek infizierte sich und verstarb wenige Tage später in Cottbus am 17.02.1915. Auch unter den deutschen Sanitätsoffizieren, die bis November 1915 zur Versorgung der erkrankten Gefangenen eingesetzt waren, erkrankten 24 an Fleckfieber, von denen 14 verstarben. Rocha-Lima gelang 1916 die Isolierung von Rickettsien aus dem Magen der Kleiderlaus, und er benannte den Erreger nach dem Entdecker der Gattung Rickettsiae, dem US-Pathologen Howard Taylor Ricketts (1871 – 1910, ebenfalls an einer Rickettsiose verstorben) und nach seinem verstorbenen Kollegen Prowazek als Rickettsia prowazekii (Abb. 5).
Auch nach Ende des 1. Weltkriegs grassierte in der jungen Sowjetunion weiter das Fleckfieber, Schätzungen belaufen sich auf 30 Millionen Erkrankungen mit 3 Millionen Toten zwischen 1918 und 1922. Hilfsexpeditionen zur Unterstützung bei der Entlausung, Isolation und Desinfektion wurden aus dem Deutschen Reich in die Sowjetunion im Auftrag von Reichsaußenminister Rathenau entsandt. Lenin wird folgende Äußerung nachgesagt: „Entweder wird die Laus den Sozialismus oder der Sozialismus die Laus besiegen.“ Für damalige Verhältnisse immense Finanzmittel in Höhe von 10 Millionen Reichsmark wurden dem Hamburger Tropeninstitut für die „Abwehr der Seuchengefahr aus dem Osten“ während der Weimarer Republik zur Verfügung gestellt. Nur wenig später gelang dem polnischen Biologen Rudolf Weigl (1883-1957) Anfang der 30er Jahre in Lemberg die Entwicklung eines Impfstoffes mit phenol-inaktivierten Rickettsien aus präparierten Läusedärmen, der nach 1941 bei den Deutschen Besatzern auf großes Interesse stieß. Verschiedene Impfstoffe wurden ab 1943 in der Fleckfieberversuchsstation des Hygiene-Institutes der Waffen SS im KZ Buchenwald systematisch unter Mitarbeit der Behring Werke Marburg an Häftlingen erprobt.
Ausbrüche wurden auch nach 1945 beobachtet, zuletzt 1997 und 2000 in den GUS Staaten und in Kasachstan. Der Erreger kommt hauptsächlich bei engem Zusammenleben größerer Menschenmassen unter hygienisch schlechten Bedingungen vor, die eine Verlausung ermöglichen. Endemieherde finden sich nach Knobloch und Löscher sporadisch in den Tropen in kühleren Höhenlagen wie im Hochland von Mexiko und Guatemala, im Himalaja und in den Bergregionen Äthiopiens, Burundi, Ruanda, Lesothos und Nordchinas sowie in den Anden und der Sahelzone (Zentral- und Ostafrika, Zentral- und Südamerika, Asien). Bürgerkriege und Flüchtlingsbewegungen führten in Afrika in den vergangenen Jahren zu lokalen Epidemien. Nach Deutschland importierte Fälle sind extrem selten.
Klinik des Fleckfiebers
Das Klassische Fleckfieber beginnt plötzlich mit heftigen Kopf- und Gliederschmerzen, Myalgien, Schüttelfrost und schnell ansteigendem hohem Fieber, das 14 Tage lang mit bis zu 40°C anhalten kann. Im Gegensatz zu den Zeckenbissfiebern ist die Eintrittspforte der Infektion nicht zu erkennen. Zentralnervöse Symptome wie Somnolenz, Stupor oder Verwirrtheitszustände sind häufig und sind Ausdruck einer Enzephalitis. Meist kommt es am 4. oder 5. Krankheitstag zum Auftreten eines generalisierten Exanthems. Dieses breitet sich rasch aus, dabei werden das Gesicht sowie die Handflächen und Fußsohlen ausgespart. Anfangs bestehen pinkfarbene, nicht konfluierende, wegdrückbare Makulae, die im weiteren Verlauf konfluieren und sich klinisch zu einem dunkelroten, papulösen Exanthem, teilweise mit petechialen Einblutungen entwickeln. Die vaskulitischen Veränderungen können an den Extremitäten zur Ausbildung akraler Nekrosen mit Gangränen führen. Das Auftreten von Myokarditiden mit Rhythmusstörungen und pneumonischen Infiltraten verschlechtert die Prognose. Die Letalität der unbehandelten Erkrankung liegt bei 10 – 40 % und kann bei Mangelernährung und schlechter allgemeiner Immunitätslage noch weiter ansteigen. Bei frühzeitiger Therapie ist die Prognose gut. Die Rekonvaleszenz verläuft häufig sehr protrahiert. Das klassische durch Rickettsia prowazekii verursachte Fleckfieber kann noch Monate bis Jahrzehnte nach der Primärinfektion rezidivieren. Diese Reinfektion verläuft klinisch milder und ist nicht mit Läusen assoziiert. Ihr Vorkommen wurde klinisch erstmals von dem New Yorker Internisten Nathan Brill (1860-1925) bei Einwandern aus Osteuropa beobachtet und später durch LtCol (US-Army) Hans Zinsser (1878 - 1949) mikrobiologisch bestätigt. Sie wird Brill-Zinsser-Erkrankung genannt, deren Träger von den US Einwanderungsbehörden in den 20er Jahren besonders gefürchtet waren, da sie als klinisch nicht sichtbar Infizierte Rickettsien in die USA einbrachten und somit für Ausbrüche verantwortlich gemacht wurden.
Differenzialdiagnostisch zum Fleckfieber muss eine Vielzahl von Infektionskrankheiten in Erwägung gezogen werden, u. a.: Meningokokkensepsis (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, Typhus abdominalis, Masern, Arbovirosen (v. a. virale hämorrhagische Fieber)), Malaria, Syphilis (Stadium II), Leptospirose, Rückfallfieber und infektiöse Mononukleose.
Noch heute besteht Meldepflicht bei direktem oder indirektem Erregernachweis in Verbindung mit einer akuten Infektion gemäß § 7, Abs. 1 Nr. 37 Infektionsschutzgesetz (IfSG).
Endemisches Fleckfieber oder murines Fleckfieber
Das endemische Fleckfieber wir durch Rickettsia typhi hervorgerufen. Es wird durch Rattenflöhe, auch bekannt als Pestflöhe oder Tropische Rattenflöhe (Xenopsylla cheopis) übertragen und kommt weltweit vor. Ratten, in den USA auch das Opossum, sind tierische Reservoire für Rickettsia typhi. Infektionen treten heute überwiegend in Entwicklungsländern an Orten mit hoher Rattendichte endemisch auf.
Es verläuft im Gegensatz zum klassischen Fleckfieber deutlich milder und beginnt schleichend mit Fieber, Kopf und Muskelschmerzen. Leitsymptom an der Haut ist ein makulopapulöses Exanthem. Es kommt jedoch zu keinen Petechien oder Nekrosen wie beim klassischen Läuse-Fleckfieber. Auch unbehandelt liegt die Letalität unter 1 %.
Felsengebirgsfieber
(Rocky-Mountain-SpottedFever, RMSF)
Das RMSF gehört zu der Gruppe der Zeckenbissfieber. Im Gegensatz zu den in der Regel eher milde verlaufenden Zeckenbissfieber, bei denen ein Großteil der Patienten ohne Therapie nach einigen Tagen spontan entfiebert, kann das RMSF eine Klinik zeigen, die aufgrund ihres fulminanten Verlaufs der des klassischen Fleckfiebers nicht nachsteht.
Es wird durch Rickettsia rickettsii hervorgerufen und kommt vorwiegend in den USA vor, dort v. a. in den warmen Monaten und in den südöstlichen Staaten, heute nur selten in den Rocky Mountains. Beschrieben wurden auch Fälle in Kanada, Mittelamerika, Kolumbien, Argentinien und Brasilien.
Infektionsweg
Primäres Erregerreservoir sind Nagetiere und Hunde. Die Übertragung des Erregers erfolgt durch den Biss von Zecken der Gattung Dermacentor, in den östlichen und südlichen Staaten der USA meist durch die Hundezecken Dermacentor variabilis und Rhinicephalus sanguineus bzw. im Nordwesten der USA durch die Waldzecke Dermacentor andersoni. In Lateinamerika ist Amblyomma cajennens der hauptsächliche Vektor. Dort wird das RMSP als Brasilianisches Fleckfieber bezeichnet. Infektionsgefahr besteht bei allen naturnahen Aktivitäten (Forstdienst, Militär, Camper, Jäger).
Epidemiologie
Die Inzidenz des RMSF hat in den vergangenen Jahren nach Angaben der Centers of Disease Control and Prevention (CDC) in den USA kontinuierlich zugenommen und lag 2008 bei acht Fällen pro 1 Million Einwohner. Absolut treten in den USA derzeit etwa 2 500 Fälle jährlich auf, überwiegend zwischen April und Oktober. Die Letalität beträgt weniger als 1 %.
Symptomatik/Verlauf
Nach einer Inkubationszeit von 3 - 14 Tagen treten ein rasch ansteigendes, hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit und Benommenheit auf, teilweise begleitet von Konjunktivitiden und Photophobie. An der Bissstelle bildet sich kein Eschar aus.
Eine pulmonale Symptomatik (pneumonische Infiltrate) mit Dyspnoe tritt bei etwa ¼ der Erkrankten auf. Diagnostisch wegweisend ist ein generalisiertes, kleinfleckiges, teilweise petechiales Exanthem, das zwischen dem 3. und 5. Krankheitstag auftritt. Es beginnt an den Händen und Füßen, im Gegensatz zum klassischen Fleckfieber sind Handinnenflächen und Fußsohlen mit betroffen. Es breitet sich von dort zentripedal auf den Körperstamm aus.
Schwere Komplikationen können auftreten. Myokarditis, tubuläre Nierenschädigung, nekrotisierende Hepatitis, Enzephalitis- und Meningoenzephalitis einhergehend mit einer disseminierten intravasalen Koagulation führen unbehandelt zu einer Letalität von 20 -80 %, bei rechtzeitiger, antibiotischer Behandlung liegt sie zumindest in den USA jetzt unter 1 %. Bei einem komplikationslosen Verlauf entfiebern die Patienten nach 2 – 3 Wochen, Residualschäden können bleiben besonders bei Beteiligung des ZNS. Die Infektion hinterlässt eine Immunität.
Literatur beim Verfasser.
Datum: 10.01.2013
Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2012/4