„NÄCHTLICHE RUHESTÖRUNG“ – DIAGNOSTIK UND THERAPIE SCHLAFBEZOGENER ATEMSTÖRUNGEN IN DER HNO-HEILKUNDE
„Disturbance at night“ – Diagnostics and therapy of sleep-related breathing disorders in otorhinolaryngology
Aus der Abteilung Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (Leitender Arzt: Flottenarzt Dr. M. Pohl) des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg (Chefarzt: Generalarzt Dr. J. Hoitz)
Tariq Nazar
WMM, 57. Jahrgang (Ausgabe 12/2013: S. 328-330)
Zusammenfassung
Schnarchgeräusche während des Nachtschlafes können nicht nur einen Störfaktor für das soziale Umfeld darstellen, sondern sind vielfach Ausdruck von manifesten Atemstörungen. Daher sollte im Falle eines ausgeprägten Schnarchens – gerade in Verbindung mit Tagesmüdigkeit – eine ausführliche Diagnostik erfolgen. Hierzu zählen die ambulante Polygraphie als Screening-Untersuchung und die stationäre Polysomnographie im Schlaflabor. Häufigste Ursache für Schnarchen mit Tagesmüdigkeit ist das Obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSAS). Wird dieses diagnostiziert, ist die CPAP-Therapie Mittel der ersten Wahl.
Sollte dies jedoch nicht toleriert werden, oder handelt es sich um ein reines Schnarchen ohne Atemaussetzer, können andere operative und konservative Verfahren zum Tragen kommen. Welche Verfahren für den einzelnen Patienten sinnvoll angewendet werden können, richtet sich nach dem individuellen Beschwerdebild und dem jeweiligen klinischen Befund.
Schlagworte: Schnarchen, Schlafapnoe, schlafbezogene Atemstörungen.
Summary
Snoring during sleep might not only be disturbing for the surroundings, but is in many cases a sign of severe breathing-disorders. Therefore heavy snoring – especially if accompanied by daytime-fatigue – should be diagnostically examined. Diagnostic procedures are the out-patient polygraphy as a screening-tool and the polysomnography in a special equipped sleeping-lab. Most common cause for snoring with daytime-fatigue is the obstructive-sleep-apnea-syndrome (osas). If such a syndrome is diagnosed, CPAP should be the first line of therapy. If this is not tolerated by the patient or in case of simple snoring without breathing-disorders other kinds of surgical or conservative therapy might be applied. Which form of therapy could be useful for a certain patient depends on the form of ailment and the individual clinical findings.
Keywords: Snoring, sleep-apnea, sleep-related breathing disorders.
Störende Schnarchgeräusche sind ein häufiger Grund für eine Vorstellung in der HNO-Heilkunde. Oftmals sind es Lebenspartner oder Kameraden, die betroffene Patienten dazu anhalten, aufgrund einer störenden nächtlichen Geräuschentwicklung einen Arzt aufzusuchen.
Doch nicht immer handelt es sich hierbei um ein rein akustisches Problem. In einer Vielzahl der Fälle stecken hinter lästigen Schnarchgeräuschen manifeste Atemstörungen, die langfristig ein beträchtliches gesundheitliches Risiko für die betroffenen Patienten darstellen können. Vor allem dann, wenn ein Schnarchen auch mit einer deutlichen Tagesmüdigkeit vergesellschaftet ist, besteht der Verdacht auf eine klinisch relevante schlafbezogene Atemstörung.
Allen voran ist das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom die häufigste Ursache für ein solches Beschwerdebild [1]. Es ist eine Erkrankung, die Patienten aller Altersklassen betreffen kann. Eine Verengung der oberen Atemwege – häufig durch einen Weichteilkollaps während des Einatmens – sorgt für einen verminderten Luftfluss bis hin zu einem kompletten Aussetzen der Atmung. Hierdurch kommt es zu einem Absinken des Sauerstoffpegels im Blutkreislauf, was für den Körper des betroffenen Patienten eine hohe Belastung darstellt.
Aus diesem Grund sollte bei jedem „Schnarch-Patienten“ zu allererst eine ausführliche Diagnostik erfolgen. Üblicherweise empfiehlt sich zunächst eine ambulante Polygraphie, um erste Hinweise auf ein mögliches Schlafapnoesyndrom zu erhalten. Zeigen sich hier pathologische Auffälligkeiten oder gibt es eine Diskrepanz zwischen einem vermeintlich unauffälligen Polygraphiebefund und einer deutlichen subjektiven Tagesmüdigkeit, erfolgt im nächsten Schritt eine stationäre Schlaflabordiagnostik [2, 3].
Bestätigt sich hierbei das Vorliegen einer Schlafapnoe, so ist die Versorgung mit einer CPAP-Maske (continuos positive airway pressure) der anzustrebende „Gold-Standard“. Durch einen dauerhaften positiven Luftfluss in den Atemwegen erfolgt eine „pneumatische Schienung“ des Weichteilgewebes, wodurch ein Kollaps verhindert wird.
Der erforderliche Druck für die CPAP-Behandlung wird hierbei für jeden Patienten im Rahmen einer stationären Schlaflaborüberwachung individuell ermittelt.
Wird eine solche Behandlung vom Patienten nicht toleriert, oder kann wohlmöglich durch die Diagnostik ein Schlafapnoesyndrom ausgeschlossen werden, müssen andere Therapieansätze zum Tragen kommen.
Durch eine komplette HNO-ärztliche Untersuchung wird nun versucht, die individuellen „Engstellen“ auszumachen, die für den jeweiligen Patienten als Ursache der Atemstörung in Frage kommen. Mitunter ist hierfür eine sogenannte „Schlafendoskopie“ als ergänzende diagnostische Maßnahme indiziert [1]. Bei dieser speziellen Untersuchung wird der Patient kurzzeitig in einen künstlichen Schlaf versetzt, zum Beispiel durch die intravenöse Verabreichung von Midazolam, und dabei endoskopisch untersucht. Auf diese Weise lässt sich unmittelbar beobachten, in welchen Bereichen und in welcher Ausprägung eine Atemwegverengung auftritt.
So können zum Beispiel vergrößerte Gaumenmandeln oder ein erschlafftes Gaumensegel zu einer relevanten Einengung führen. Auch vergrößerte Zungengrundtonsillen oder ein insgesamt hyperplastischer Zungenkörper kommen als Atemweghindernis in Frage. Schließlich gibt es auch seltenere anatomische Auffälligkeiten wie ein übermäßig nachgiebiger Kehldeckel („floppy epiglottis“) oder hyperplastische Taschenfalten, die den Eingang zum Kehlkopf verlegen können.
Je nach Befund können nun verschiedene operative Techniken angewandt werden, um die festgestellten Atemweghindernisse zu beseitigen. Ein sehr häufiger Eingriff ist hier zum Beispiel die Uvulo-Palato-Pharyngeo-Plastik (UPPP), die üblicherweise das Entfernen der Gaumenmandeln mit einem Straffen des Gaumensegels und einer Uvulakürzung verbindet (siehe Abbildung) [1, 4, 5].
In anderen Fällen werden laserchirurgische Verfahren wie die Laser-assistierte Uvulo-Palato-Plastik (LAUP) oder die Radiofrequenztherapie (RFUPP) im Bereich von Gaumensegel und Zungengrund angewendet [1].
Entscheidend ist jedoch, dass es nicht „die“ Schnarchoperation gibt, sondern eine sinnvolle operative Therapie immer am individuellen Befund des Patienten ausgerichtet sein muss.
Wird auf diese Weise verfahren, besteht eine gute Aussicht auf Heilung oder zumindest auf Linderung der Beschwerden.
Weiterhin sollte hier erwähnt werden, dass neben der CPAP-Versorgung und operativen Therapieansätzen auch konservative Maßnahmen existieren, die im Einzelfall einen guten Erfolg erbringen können [1, 3].
Treten Atemstörungen beispielsweise vorwiegend in Rückenlage auf, so kann eine sogenannte „Rückenlage-Verhinderungsweste“ Abhilfe schaffen.
Ist eine im Schlaf zurückfallende Zunge Ursache der Beschwerden, kann eine speziell angepasste Zahnschiene den Unterkiefer nach vorne ziehen und so Platz im Rachen schaffen.
Nicht zuletzt sind allgemeine Maßnahmen zur „Schlafhygiene“ entscheidende Grundlage für eine erholsame Nachtruhe. Hierzu zählen das zeitige Zubettgehen, der Verzicht auf Alkohol und Nikotin sowie die Reduktion eines möglichen Übergewichtes.
Werden diese vergleichsweise einfachen Dinge beherzigt, können in vielen Fällen nächtliche Atemstörungen reduziert oder bereits im Vorhinein verhindert werden.
Ein ruhigerer Nachtschlaf ist schließlich für jeden von Vorteil – nicht nur für die unmittelbar Betroffenen, sondern auch für Kameraden und Partner.
Literatur
- Hörmann K, Verse T: Surgery for Sleep Disordered Breathing. Springer Verlag GmbH, Heidelberg, 2010; 1–23, 59–70, 87–101.
- Stuck BA, Maurer JT, Schredl M, Wee HG: Praxis der Schlafmedizin: Schlafstörungen bei Erwachsenen und Kindern Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie. Springer Verlag; GmbH, Heidelberg 2013; 111–174.
- S3-Leitlinie – „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen.“ Somnologie 2009; 13 (Suppl. 1): 26-29, 59-73).
- Obstructive Sleep Apnoea – Surgical Treatment. In: Carney PR, Berry RB, Geyer JD, editors. Clinical Sleep Disorders. Philadelphia, PA, Lippincott, Williams & Wilkins, 2004; 254–263.
- Powell NB, Riley RW: Surgical Management of Obstructive Sleep Apnea. In: Lee-Chiong T, Jr., Carskadon MA, Sateia MH, Editors. Sleep Medicine. Philadelphia, PA, Hanley & Belfus, Inc. 2001; 171–246.
Datum: 13.12.2013
Quelle:
Wehrmedizinische Monatsschrift 2013/12
Wehrmedizinische Monatsschrift 2013/12