15.08.2017 •

    Uniformed Services University of the ­Health Sciences

    Die Hochschule für Gesundheitsberufe der amerikanischen Streitkräfte

    Im Jahr 2016 haben 163 Medizinstudenten der Uniformed Services University of the Health Sciences (kurz: USUHS) ihr Studium mit dem ‚Doctor of Medicine‘ abgeschlossen. Zusätzlich haben 77 Studenten einen ‚Doctorate Degree‘ oder Masterabschluss in einem Gesundheitsberuf (z. B. Doctor of Philosophy, Doctor oder Master of Public Health, Master of Tropical Medicine and Hygiene), 36 Studenten einen akademischen Abschluss in Pflegeberufen (z. B. Doctor of Nursing Practice oder Master of Science in Nursing) und 57 Zahnärzte den postgraduierten Abschluss ‚Master of Science in Oral Biology‘ an der USUHS erworben.

    Die USUHS ist die zentrale Hochschule des US Department of Defense für Gesundheitsberufe, in der teilstreitkraftübergreifend gelehrt wird. Mit ihrem Motto: „Learning to Care for Those in Harm‘s Way“ unterstreicht die USUHS ihren Auftrag, die Studenten, das medizinische Fachpersonal, die Offiziere, Wissenschaftler und Vorgesetzten so auszubilden, zu trainieren und vorzubereiten, dass diese unmittelbar das Military Health System der Streitkräfte in der Landesverteidigung und der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte unterstützen können.

    Dieser Ausbildungsauftrag wird in Kombination mit wehrmedizinischer Forschung und in enger Zusammenarbeit mit dem Walter Reed National Military Medical Center durchgeführt. Beide Einrichtungen sind dazu in einem gemeinsamen Campus in Bethesda, Maryland, in unmittelbarer Nähe zu den National Institutes of Health sta­tioniert. Die räumliche Nähe dieser drei Institutionen stellt ein einmaliges akademisches medizinisches Umfeld dar.

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    Campus USUHS (mit freundlicher Genehmigung USUHS)
    Rund 1 200 Studenten sind ständig an der USUHS eingeschrieben. Als Hochschule der Regierung steht sie den ‚Uniformed Services‘ zur Ausbildung ihres medizinischen Personals zur Verfügung. Die ‚Uniformed Services‘ Studenten dienen aktiv in der US Army, Navy oder Air Force sowie im Public Health Service (eigenständiger uniformierter Dienst des Department of Health and Human Services, der u. a. auch Ärzte für die Coast Guard stellt). Die Studenten der Streitkräfte sind während des Studiums aktive Soldaten mit Gehalt und Bezügen. Ohne Studiengebühren stellt die USUHS gerade für Medizinstudenten eine attraktive Alternative zu einem ansonsten kostspieligen Studium an einer zivilen Universität in den USA dar. Rund ein Zehntel der jährlich neuen Ärzte der US Streitkräfte sind Absolventen der USUHS (neun Zehntel studieren an einer zivilen Universität mit einem Stipendum der Streitkräfte (Health Professions Scholarship Program) oder über das Reser­veoffizier­pro­gramm (Reserve Officer Training Corps) oder treten den Streitkräften nach ihrer Ausbildung bei). Ein Viertel aller aktiven Sanitätsoffiziere hat an der USUHS studiert und ein Drittel der sanitätsdienstlichen Führung des Military Health Systems ist ein Alumni der Universität. Vice Admiral Faison, der Inspekteur des Sanitätsdienstes der US Navy, und Major General Caravalho, der Joint Staff Surgeon, sind zwei bekannte Absolventen der USUHS.

    Die USUHS wurde 1972 gegründet. Die Diskus­sion über die Notwendigkeit einer militärischen Hochschule für Medizin begann jedoch bereits kurze Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Vor dem Hintergrund massiver Reduzierungen der Truppenstärke nach Kriegsende verließen auch viele Ärzte die US Streitkräfte und kehrten in ihre zivilen Krankenhäuser oder Praxen zurück. Aufgrund des hohen organisatorischen Aufwands einer eigenen medizinischen Hochschule und der damit verbundenen Kosten wurde jedoch bis in die 70er Jahre keine eigene Hochschule einge­richtet. Erst als Präsident Richard Nixon 1970 die Wehrpflicht aufhob und damit keine ausgebildeten Ärzte mehr als Wehrpflichtige zu den Streitkräften einberufen wurden, entstand der Bedarf Ärzte für den Dienst in den Streitkräften in einer eigenen militärischen Hochschule auszubilden. Der Kongressabgeordnete F. Edward Hébert setzte sich für ein ‚West Point for Doctors‘ ein. Nach ihm ist auch die heutige medizinische Fakultät der USUHS benannt.

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    Dr. Richard W. Thomas – Präsident der USUHS (Abb. Mit freundlicher Genehmigung der USUHS)
    Als militärische Hochschule reiht sich die USUHS in die Programme der US Militärakademien in West Point, Annapolis und Colorado Springs ein. Als reine ‚Postgraduate School‘ steht sie aktuell aber nur Anwärtern mit einem Bachelor-Abschluss oder für Postgraduierten-Studiengänge (z. B. Master Programme) zur Verfügung. Die USUHS besteht dabei aus vier Fakultäten (F. Edward Hébert School of ­Medicine, Daniel K. Inouye Graduate School of Nursing, Postgraduate Dental College und College of Allied Health Sciences) sowie einem Forschungsinstitut (Armed Forces Radiobiology Research Institute). Aktuelle Gesetzesvorgaben des Kongresses (NDAA 2017) ermöglichen der USUHS in Zukunft Credit Points und Abschlüsse auch für Unteroffiziere in ‚Undergraduate‘ Studiengängen (üblicherweise Bachelor Abschlüsse) zu verleihen, um über erweiterte Ausbildungsmöglichkeiten und zivil anerkannte Abschlüsse die Attraktivität des Sanitätsdienstes zu erhöhen.

    Dr. Richard W. Thomas ist der sechste Präsident der USUHS seit Gründung in 1972. Er führt die USUHS und untersteht dem Assistant Secretary of Defense Health Affairs unmittelbar. Dr. ­Thomas ist ein ehemaliger Major General, der zuletzt in seiner militärischen Karriere bis Mai 2016 als Direktor des Health Care Directorates in der Defense Health Agency, Falls Church diente.

    Dr. Thomas ist approbierter Arzt und Zahnarzt. Er war neben der Operation Just Cause, Opera­tion Enduring Freedom und der Operation Iraqi Freedom u. a. auch als Senior Medical Advisor im International Security Assistance Forces Joint Command-Afghanistan im Einsatz.

    Bedeutung der USUHS für das Military Health System

    Ausbildung von Sanitätsoffizieren: Die Lehre an der USUHS erfolgt ‚joint‘ und einsatznah. Die Lehre der USUHS vereint in einmaliger Weise in allen Ausbildungsgängen die medizinischen Fachthemen und Fertigkeiten mit den militärischen Anforderungen und der Persönlich­keits­entwicklung des Offiziers. Das Curriculum des ‚Leadership‘ Trainings enthält dabei Aspekte persönlicher Kompetenzen, der interpersonellen Kompetenzen, der Kompetenzen im Team und in der Organisation, um einen adaptiven Führungstil für ein volatiles, ungewisses, komplexes und unklares Umfeld (VUCA Environment – Volatile, Uncertain, Complex & Ambiguous) zu ermöglichen. Das Curriculum der Hochschule hat unmittelbaren Bezug zu den Streitkräften und zum Einsatz und trägt damit wesentlich zur Ausbildung von Ärzten als Vorgesetzte im militärischen Umfeld und damit zu einer verbesserten Einsatzbereitschaft bei.

    Personalgewinnung/Personalbindung: Die USUHS bietet für die US Streitkräfte eine attraktive Möglichkeit zur Nachwuchsgewinnung von Ärzten beizutragen. Das finanzierte Studium ist in einer ansonsten kostspieligen Ausbildungslandschaft ein ausgesprochen attraktives Angebot. Ein Verhältnis von 18 Antragstellern zu einem Ausbildungsplatz unterstreicht die Attraktivtät dieses Studiums (Daten für das 4-jährige Studium mit Abschluss in 2019). 35 % dieser Antragsteller und 37 % der akzeptierten Studenten waren dabei weiblich, 30 % der Studenten gehörten einer amerikanischen Minderheitengruppe an. 61 % hatten keine militärische Vorerfahrung. 94 % der Studenten schliessen nach den regulären 4 Jahren das Studium ab, insgesamt 97 % nach 5 Jahren. Doch gerade in der Personalbindung von Ärzten spielt die USUHS eine besondere Rolle. In einer Untersuchung des MHS konnte nachgewiesen werden, dass Ärzte, die nicht an der USUHS studiert haben, deutlich früher nach ihrer regulären Verpflichtungszeit den aktiven Dienst in den Streitkräften verlassen. Rechnerisch müssten sechsmal mehr ausgebildete Ärzte für den Dienst gewonnen werden oder über ein Stipendium finanziert werden, als ein USUHS Absolvent Dienst leistet, um die gleiche Gesamtdienstzeit zu erreichen.

    Internationale Zusammenarbeit: Die USUHS bietet einer Vielzahl an Nationen ein Angebot zur militärischen Zusammenarbeit an. Diese Kooperationen umfassen regelmässig den gegenseitigen akademischen Austausch, die Teilnahme an Ausbildungen, Studiengängen und Forschungsprogrammen sowie den Austausch von Wissenschaftlern. Auch wenn sich Studiengänge in den USA häufig von denen anderer Länder unterscheiden, bieten gerade die Postgraduierten-Studiengänge der USUHS international Möglichkeiten der Weiterbildung. Der Sanitätsdienst der Bundeswehr nimmt bereits seit 2016 an einem Weiterbildungskurs des zur USUHS gebörenden ‚Centers for Global Health Engagement‘ teil. In 2017 werden erstmals Teilnehmer zur Operation Bush­master entsandt werden.

    Operation Bushmaster

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    Operation Bushmaster (Abb.: K. Schlolaut)
    Die USUHS bildet ihre Studenten so aus, dass diese als uniformierte Sanitätsoffiziere ihre medizinischen Fertigkeiten mit militärischen Kenntnissen und den Erfordernissen für den Einsatz von Beginn an verbinden. Die angehenden Ärzte der USUHS werden in Ergänzung zu dem medizinischen Curriculum in über 700 Stunden - verteilt über das gesamte vierjährige Studium - in den thematischen Säulen ‚Leadership‘, ‚Military Medical Practice‘ und ‚Prehospital Trauma Life Support/Combat Medical Skills‘ ausgebildet. Dabei wird Wert gelegt auf die Entwicklung der Führungspersönlichkeit einschließlich sozia­ler Kompetenz und Kommunikation (‚Character, Context, Competence and Communication‘). Die ‚Operation Bushmaster‘ (auch ‚Medical Field Practicum 202‘ genannt) ist dabei im vierten und letzten Studienjahr des Medizinstudiums fester Bestandteil und Abschluss dieser Ausbildung. In einer Vielzahl einsatznaher Szenarien werden die jungen Sanitätsoffiziere fachlich und als Offizier, Vorgesetzter und Teamleader ausgebildet, gefordert und bewertet. Jedes Jahr im Oktober stellen sich die Studenten zusammen mit internationalen Kameraden in einem Feldlager in Fort Indiantown Gap, Pennsylvania über 2 000 Patienten-Szenarien der taktischen Verwundetenversorgung, Krankheitsausbrüchen oder der Evakuierung. Im Jahr 2017 werden erstmals deutsche Sanitätsoffizieranwärter und junge Sanitätsoffiziere an dieser Übung teilnehmen.

    Mehr dazu: https://www.youtube.com/watch?v=IWNJ6kdQpqY z

    OTA Dr. Kai-Siegfried Schlolaut
    E-Mail: Kai.s.schlolaut2.fm@mail.mil

     

    Quellen:

    1. www.usuhs.edu
    2. https://health.mil/News/Articles/2016/10/26/Operation-Bushmaster-challenges-students-enhances-readiness
    3. https://www.youtube.com/watch?v=IWNJ6kdQpqY
    4. http://www.goarmy.com/amedd/education.html
    5. diverse pers. Gespräche mit USUHS

    Datum: 15.08.2017

    Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2017/2

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