Gerade in Krisengebieten oder im Rahmen von Einsätzen der deutschen Bundeswehr bedeutet die Verlegung von Verwundeten, Unfallverletzten und Kranken zwischen verschiedenen Behandlungseinrichtungen sowohl für die Betroffenen als auch das Sanitätspersonal hohe Risiken. Der Transport erschwert die Behandlung und Pflege der Patienten erheblich. Risiken bergen unter Anderem unwegsames Gelände während der Fahrt, eine mögliche Unterbrechung der Versorgung bedingt durch die Verlegung, oder auch Angriffe zum Beispiel im Rahmen von Gefechtssituationen. Dabei soll eine Verschlechterung des Zustands der Patienten oder gar ein Verlust verhindert und zeitgleich die Sicherheit aller am Transport beteiligten Personen gewährleistet werden. Das höchste Ziel an der Stelle ist, dass sich verwundete Soldatinnen und Soldaten im Einsatz von der Bergung bis hin zur Behandlung in einer mobilen Sanitätseinrichtung auf eine bestmöglich funktionierende Rettungskette verlassen können.
Doch nicht nur bei Einsätzen der Bundeswehr, auch bei der Katastrophenbekämpfung sind solche Transporte für eine optimale Patientenversorgung unerlässlich. Auch in diesem Fall ist der wichtigste Anspruch, lebenserhaltende Maßnahmen während des gesamten Transports aufrecht zu erhalten und damit die Überlebenschancen der Patienten zu maximieren.
Höchstmögliche Sicherheit insbesondere in Krisengebieten gewährleistet der geschützte Verwundetentransportcontainer (GVTC), der hochmobil einsetzbar und für nahezu jedes Gelände geeignet ist. Die Bundeswehr hat dreizehn davon bei Airbus Defence and Space geordert. Diese sind mit einem ballistischen Schutz ausgerüstet, um den Insassen auch in Gefahrsituationen größtmöglichen Schutz zu bieten. Weiterhin ist der GVTC mit hochmodernen medizinischen Geräten zur Lebenserhaltung und einem kompakten Technikraum für die autarke Versorgung des Gesamtsystems ausgestattet.
Die Bestandteile im Technikraum sind hochmodern und lassen sich trotz Anordnung auf engstem Raum unkompliziert von den Anwenderinnen und Anwendern bedienen. Somit wird zeitgleich die Fläche für die Behandlung von Patientinnen und Patienten innerhalb des Containers maximiert. Weiterhin gehören zur Ausstattung unter anderem eine hochwertige Klimaanlage für eine gesicherte Frischluftversorgung und Temperierung des Innenraums sowie moderne medizinische Geräte und Monitore zur laufenden Behandlung und Überwachung der Vitalparameter von Patienten.
Der GVTC bietet Ausstattungen für zahlreiche Behandlungs- und Versorgungsoptionen. Damit werden die Fähigkeiten für eine notfallmedizinische Versorgung abgebildet. Darunter fallen zum Beispiel die Schockbehandlung von Patienten, Defibrillation oder die Überwachung der Vitalfunktionen und der Sauerstoffsättigung.
Harald Mannheim, Geschäftsführer der Airbus Defence and Space GmbH ist überzeugt:
“Mit dem GVTC gewährleisten wir jederzeit während kritischer Transporte eine durchgehende, medizinische Versorgung und den Schutz sowohl der Verwundeten als auch der Sanitätskräfte. Wir sind stolz darauf, unseren Beitrag zur Verbesserung der Fähigkeiten der Bundeswehr zu leisten.“
Airbus Defence and Space bringt umfangreiche Expertise für das Projekt mit. Das Unternehmen hat über 500 Container für mobile Sanitätseinrichtungen an die Bundeswehr geliefert und unterstützt diese auch seit vielen Jahren im Bereich der geschützten Transportcontainer. Für die Umsetzung des GVTCs wurde Expertise aus beiden Bereichen zusammen geführt.
Umfangreiche Flexibilität
Für einen beschleunigten Umbau der Variante „low care“ (LC) zur Variante „intermediate care“ (IMC) wurden die Sitze für das Personal und die Patienten speziell konstruiert. Der Umbau von LC zu IMC ist mit nur geringem Aufwand ohne Einsatz zusätzlichen Materials während der Mission möglich.
In der LC-Variante können bis zu acht Patienten – je vier liegend und sitzend – sowie zwei Soldaten als sanitätsdienstliches Begleitpersonal transportiert werden. In der Variante "intermediate care" kann der GVTC bis zu sechs Patienten liegend sowie zwei Soldaten als Begleitpersonal zwischen den Behandlungseinrichtungen transportieren. In dieser Ausführung können bis zu vier nicht-beatmungspflichtige Personen mit Sauerstoff versorgt sowie bis zu zwei Intensivpatienten beatmet werden. Das Besondere: Die Beatmung erfolgt nicht über begrenzt verfügbare Sauerstoffflaschen, der Sauerstoff wird dagegen über eine Sauerstofferzeugungsanalge im GVTC generiert. Dies hat gleich mehrere Vorteile. Es müssen weniger Sauerstoffflaschen transportiert werden, was wiederum Platz und Gewicht einspart. Außerdem ist die Versorgung auch bei Verzögerungen im Transport unabhängiger, da die Menge an Sauerstoff nicht durch die Anzahl der mitgeführten Flaschen limitiert wird. Der GVTC ist Vorreiter bei dem Einsatz eines solchen Systems im Rahmen von Container-Lösungen bei der Bundeswehr. Damit ist er eine einzigartige Lösung für den sicheren Transport einer größeren Anzahl von Verwundeten, Unfallverletzten und Kranken.
Um den Transport zum Einsatzort sowie den Betrieb möglichst flexibel zu gestalten, basiert der GVTC auf einem 20 Fuß ISO-Container. Dieser kann auf die bei der Bundeswehr bereits vorhandenen geschützten Lastkraftwagen mit Wechselladesystem oder Containeraufnahme aufgesetzt werden und erfordert somit keine speziell dafür vorgesehenen Trägerfahrzeuge.
Die eingebaute Klimaanlage gewährleistet die uneingeschränkte Einsatzfähigkeit sowohl bei -32°C, als auch bei bis zu +49°C Außentemperatur. Damit kann der GVTC in verschiedensten Klimazonen und Wetterverhältnissen weltweit eingesetzt werden.
Einfache Bedienung und hohe Funktionalität
Um den geschützten Spezialcontainer auch ohne Zuhilfenahme von Staplern oder Kranen auf das Trägerfahrzeug aufzuladen, ist er mit einem Hakenabrollsystem ausgestattet.
Ein Kransystem und ein Schienensystem für die Tragen gewährleisten eine optimale und für den Transport gesicherte Aufnahme von Patienten. Weiterhin sorgen die Steuerungs- und Bedienelemente inklusive dem Human Machine Interface (HMI) für eine vereinfachte Bedienung für die Anwender.
Zwischen GVTC und Fahrerkabine des Trägerfahrzeugs ist eine Kommunikationsanlage eingerichtet. Darüber können sich Fahrer und behandelnde Sanitätskräfte jederzeit zum Beispiel zu sich verändernden Gegebenheiten austauschen.
Hohe Sicherheit
Neben der Integration einer Sauerstofferzeugungsanlage wird der GVTC mit einem EMV-Schutz (elektromagnetische Verträglichkeit) ausgeliefert. Eine ABC Schutzbelüftung sorgt dafür, dass die Insassen im Ernstfall vor entsprechenden Kampfstoffen geschützt sind und Zeit bis zum Eintreffen von Hilfe überbrücken können.
Das hohe ballistische Schutzniveau des GVTCs schützt nicht nur vor Beschuss und Blast, sondern bietet auch Sicherheit bei schweren Explosionen während des Transports. Dabei geht es nicht nur um den Schutz der Personen, die sich im Container aufhalten, sondern auch um das Equipment, welches für die Stabilisierung der transportierten Patienten erforderlich ist. Über die verbaute Technik erhöhen sich im Falle eines Angriffs die Überlebenschancen aller Insassen erheblich.
Mit entsprechender Sanitätsausrüstung gewährleistet der GVTC dem eingesetzten Sanitätspersonal auch unter schwerwiegendsten Umständen eine autarke, erweiterte notfallmedizinische Versorgung von mindestens acht Stunden.
Wann erfolgte die Auslieferung an die Bundeswehr?
Der GVTC wurde Ende April 2023 für die Ausbildung und integrierte Nachweisführung an die Bundeswehr übergeben. Ab 2024 soll er darüber hinaus in Serie ausgeliefert werden.
Wer ist an der Umsetzung beteiligt?
Bei der Realisierung des geschützten Verwundetentransportcontainers arbeitet Airbus Defence and Space eng mit seinen Partnern DREHTAINER GmbH und BINZ Automotive zusammen. Außerdem liefert die Beth-El Group die ABC-Schutzanlage, die SET Stange Energietechnik GmbH das Stromerzeugungsgenerat und die Fritz Stephan GmbH die Sauerstofferzeugungsanlage.
Mit dem Einsatz des GVTCs schließt die Bundeswehr nun eine bislang existierende Fähigkeitslücke. Primär versorgte und stabilisierte Patienten können geschützt und aus nahezu jeglichem Gelände auf dem Landweg in eine Behandlungseinrichtung höherer Ebene transportiert werden.
Airbus Defence and Space GmbH
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