NEUE ESC LEITLINIE ZUR STABILEN KHK: NITROGLYCERIN MIT HÖCHSTER EMPFEHLUNGSKLASSE
Für die initiale Behandlung der Angina pectoris ist sublinguales Nitroglycerin die Standardtherapie und Therapie der ersten Wahl. Das bestätigte die European Society of Cardiology (ESC) auf ihrem Jahreskongress in Amsterdam/Niederlande.
Die Autoren zeichneten die Substanz in ihrer neuen ESC-Leitlinie zum Management der stabilen koronaren Herzkrankheit, die vor kurzem im European Heart Journal veröffentlicht wurde1, mit der höchsten Empfehlungsklasse (Class 1) aus. Nitroglycerin als Spray (Nitrolingual akut® Spray) wirkt dabei besonders schnell, so die Experten. Zudem weist die Leitlinie auf den prophylaktischen Einsatz von Nitroglycerin vor Situationen hin, die Angina pectoris auslösen können. Als typische Auslöser gelten schwere Mahlzeiten, emotionaler Stress, sexuelle Aktivitäten oder auch kaltes Wetter.
Die neue Leitlinie reiht sich damit ein in die Vielzahl nationaler und internationaler Leitlinienempfehlungen und zeigt, dass sublinguales Nitroglycerin unverzichtbar für die Therapie der koronaren Herzkrankheit (KHK) ist. Aus Nitraten wie Glyceroltrinitrat wird in der Gefäßmuskulatur Stickstoffmonoxid (NO) gebildet. Über eine NO-vermittelte Vasodilatation von Koronararterien verbessern sie das Sauerstoffangebot des Herzens und senken den myokardialen Sauerstoffverbrauch. Nitrate erhöhen die Ischämie- und die schmerzfreie Belastbarkeit und reduzieren die Anzahl der Angina pectoris-Episoden, wie klinische Studien zeigen. Insbesondere der prophylaktische Einsatz des Nitroglycerins vor Belastung erwies sich als wirkungsvoll.
In einer kürzlich publizierten Arbeit wurden 51 Patienten mit KHK und oftmals vorangegangenem Myokardinfarkt sowie stabiler Angina pectoris in eine rando-misierte, doppelt verblindete, Placebo-kontrollierte Studie im Crossover-Design eingeschlossen. Einschlusskriterien waren unter anderem ein um mindestens 50 % reduziertes Lumen mindestens eines großen Koronargefäßes sowie das Auftreten pektanginöser Beschwerden unter Belastung auf dem Laufband. Die Patienten mussten zudem adäquat auf die Nitroglycerin-Gabe (0,4 mg) mit einer mindestens um eine Minute verlängerten Belastungszeit reagieren. Die Patienten wurden nun in jeweils eine von fünf Interventionsgruppen randomisiert: Sie erhielten 0,2 mg, 0,4 mg, 0,8 mg oder 1,6 mg Nitrolingual®- oder ein Placebo-Spray. Jeder Teilnehmer wurde im Verlauf mehrerer Wochen mit allen Dosierungen oder Placebo, verabreicht wenige Minuten vor dem Belastungstest, behandelt. Um Trainingseffekte auszuschließen, war jeweils ein Kontroll-Belastungstest ohne Nitroglycerin-Gabe vorangestellt worden 2.
Belastungsintervall wird unter Nitrolingual® größer
Im Vergleich zu Placebo war die Zeit, bis moderate pektanginöse Beschwerden auftraten, in allen Nitroglycerin-Gruppen signifikant verlängert. Dabei ergab sich eine lineare Dosisabhängigkeit des Effekts zwischen 0,4 und 1,6 mg Nitrolingual® mit der stärksten Wirkung unter 1,6 mg. Ähnlich sah es bei der Beobachtung der EKG-Veränderungen unter körperlicher Belastung aus: Die klinisch relevante ST-Strecken-Senkung von mindestens 1 mm trat bei allen Nitroglycerin-Dosierungen später auf als unter Placebo, mit der stärksten Vergrößerung des Zeitintervalls (ca. 1,6 min) unter der höchsten Nitrolingual®-Dosis.
Klinische relevante Effekte sichern ein Stück Lebensqualität
Diese Resultate bestätigen, dass sublingual verabreichtes Nitroglycerin-Spray rasch und effektiv die Belastungstoleranz von KHK-Patienten signifikant verbessern kann. Dabei ist mit Blick auf das Ausmaß des klinischen Effektes zu berücksichtigen, dass im Vergleich zu Alltagsbelastungen die Teilnehmer der Studie eine hohe körperliche Leistung abliefern mussten. Im Alltag ist somit zum Beispiel eine um ein Vielfaches verlängerte Angina-freie Gehzeit und Belastbarkeit zu erwarten2. Dies ist von erheblicher klinischer Relevanz, denn die prophylaktische Nitroclycerin-Applikation gibt damit den Patienten ein Stück weit Vertrauen in ihre körperlichen Fähigkeiten und die Kontrolle über ihren Körper zurück.
Quellen:
1 Montalescot et al. (2013) ESC guidelines on the management of stable coronary artery disease: The Task Force on the management of stable coronary artery disease of the European Society of Cardiology. Eur Heart J. 34:2949-3003.
2 Thadani U, Wittig T (2012) A randomised, double blind, placebo-controlled, crossover, dose-ranging multicenter study to determine the effect of sublingual nitroglycerin spray on exercise capacity in patients with chronic stable angina. Clin Med Insights Cardiol. 6: 87-95
Nitrolingual akut® Spray Wirkstoff: Glyceroltrinitrat. Zus.: 1 Sprühst. enth. 0,4 mg Glyceroltrinitrat. Sonstige Bestandt.: Mittelkettige Tri- u. Partialglyceride, Ethanol, Pfefferminzöl. Anw.-Geb.: Anfallsbehandlung u. Prophylaxe d. Angina pectoris, akuter Herzinfarkt, akute Linksherzinsuffizienz, katheterinduzierte Koronarspasmen. Gegenanz.: Überempfindlichkeit gegen e. d. Bestandt. od. andere Nitratverbdg., akutes Kreislaufversagen, kardiogener Schock, ausgeprägte Hypotonie (RRsyst. < 90 mmHg), Einnahm. v. Phosphodiesterasehemmern z. Behandlg. d. erektil. Dysfkt. o. d. pulmonalen arteriellen Hypertonie. Nur m. Vorsicht bei hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie, konstriktiver Perikarditis, Perikardtamponade, niedrig. Füllungsdrücken (z. B. b. akut. Herzinfarkt, Linksherzinsufff.; RRsyst.< 90 mmHg vermeiden), Aorten- u./o. Mitralstenose, b. orthostatischen Kreislaufregulationsstör., erhöhtem intrakraniellem Druck. In d. Schwangerschaft u. Stillzeit nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung anwenden. Nebenw.: Anf. sehr häufig Kopfschmerzen, häufig Hypotension m. Reflextachykardie, Benommenheit, Schwindel- u. Schwächegefühl. Gelegentlich Übelkeit, Erbrechen, Flush, stark. Blutdruckabfall m. Verstärk. d. Angina pectoris-Symptomatik, Kollapszustände m. Bradykardie u. Synkopen, Überempfindlichkeitsreakt., wie z.B. allerg. Dermatitis o. geschwollene Zunge (k. Ang. z. Häufigkeit mögl.). Sehr selten exfoliative Dermatitis. Toleranz u. Kreuztoleranz mögl., hohe kontinuierl. Dosen vermeiden. Hypoxämie u. Ischämie b. KHK möglich. Beeinträchtig. d. aktiven Verkehrsteiln. od. Maschinenbedien. od. Arbeiten ohne sicheren Halt mögl., insbes. i. Zusammenhang m. Alkohol. Verschreibungspflichtig. G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG, 25551 Hohenlockstedt (2).
Datum: 31.12.2013
Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2013/4