Die medizinischen C-Schutztagungen
Nationale und internationale Vernetzung im medizinischen C-Schutz
N. Amend
Seit etwa zwei Jahrzehnten richtet das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr (InstPharmToxBw) die medizinischen C-Schutztagungen aus.
Die Entwicklung der medizinischen C-Schutztagungen
Seit etwa zwei Jahrzehnten richtet das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr (InstPharmToxBw) die medizinischen C-Schutztagungen aus. Obwohl die ersten Tagungen nur etwa 20 - 30 Teilnehmende hatten, waren bereits damals internationale Gäste eingeladen. Im Jahr 1991 wurde die Tagung erstmals der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Die Inhalte der Vorträge wurden als wissenschaftliche Beiträge in dem Buch, „Role of Oximes in the Treatment of Anticholinesterase Poisoning“, Spektrum Wissenschaftlicher Verlag, editiert von damals OFA PD Dr. Szinicz (Ltr InstPharmToxBw), Prof. Dr. Eyer und Dr. Klimmek (beide Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Ludwig-Maximilians-Universität München), publiziert. Damit wurde der ursprüngliche Auftrag des BMVg, auf der Tagung die Forschungsarbeiten des Instituts der Öffentlichkeit transparent darzustellen und gleichzeitig deren Qualität durch Diskussion mit nationalen und internationalen Experten sicherzustellen, mehr als erfüllt. Tatsächlich wurden toxikologisch interessierte Experten schnell aufmerksam und im November 2003 konnte in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Regulatorische Toxikologie der Deutschen Gesellschaft für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie e. V. (DGPT) eine gemeinsame Tagung in München zum Thema „C-Waffen, medizinische und regulatorische Aspekte“ durchgeführt werden. Die Inhalte der Vorträge wurden wieder publiziert, diesmal jedoch erstmals in Form eines Sonderbandes in der international angesehenen Fachzeitschrift Toxicology, unter dem Titel „The Toxicologist and the Response to Incidents with Chemical and Biological Warfare Agents“ (2005, Volume 214, Issue 3), der von Prof. Dr. Schwenk, Medizinische Hochschule Hannover, und OTA Prof. Dr. Szinicz editiert wurde. Damit wurde der Grundstein dazu gelegt, dass in den folgenden Jahren anlässlich der Tagungen stets ein Sonderband in einer toxikologisch, bzw. analytisch international renommierten Fachzeitschrift, wie Toxicology, Toxicology Letters, Chemico-Biological Interactions, Journal of Chromatography B, erstellt wurde. Da hierbei jedes Manuskript selbstverständlich den Peer-Review Prozess durchläuft, wurde eine zusätzliche, international anerkannte Stufe der wissenschaftlichen Qualitätskontrolle eingeführt. Gleichzeitig ist es auch gelungen, die weltweit führenden Experten auf dem Gebiet des medizinischen C-Schutzes zu interessieren. So entwickelte sich diese ursprünglich kleine Konferenz zu einer der weltweit anerkanntesten Tagungen auf diesem Gebiet.
Dies war jedoch auch mit einem deutlichen Zuwachs an organisatorischem Aufwand verbunden, der bei gleichem Personalbestand bewältigt werden musste. Deshalb wurde beschlossen, die große internationale Tagung seit 2007 im zweijährigen Rhythmus durchzuführen. Dabei wurde bei dem Timing berücksichtigt, dass die äquivalente Tagung unseres amerikanischen Schwesterinstituts ebenfalls alle zwei Jahre stattfindet und wir uns nun quasi abwechseln.In den Jahren, in denen keine internationale Tagung stattfindet, werden seither Arbeitstagungen medizinischer C-Schutz durchgeführt. Zu diesen Tagungen werden, neben den in der Bundeswehr zuständigen Stellen, ausschließlich nationale Kooperationspartner mit ihren Teams eingeladen um den konkreten Stand extramuraler, interner und Drittmittelprojekte zu besprechen. Auch dieses Format hat sich überaus bewährt und trägt zweifelsfrei zu einer noch besseren Kooperation und Vernetzung mit unseren Partnern bei.
Die Medical Chemical Defense Conferences (MCDC)
An der letzten, der 17. MCDC im Jahr 2019 nahmen mehr als 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 25 Nationen teil (Abb. 1). Diese internationale Fachtagung stand unter dem Motto „Chemical Warfare Agents – old problems and new challenges“. In acht Sessions wurden 33 Vorträge zu neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen im Bereich des medizinischen C-Schutzes präsentiert. Der Leiter des InstPharmToxBw, Oberstarzt Prof. Dr. Thiermann konnte unter den Gästen renommierte Persönlichkeiten aus Politik, Militär und Wissenschaft begrüßen. So richtete die Kommandeurin der Sanitätsakademie der Bundeswehr, Generalstabsarzt Dr. Krüger, ein Grußwort an die Teilnehmenden und begrüßte die Gäste herzlich (Abb. 2). Besondere Wertschätzung erfuhr die Tagung durch ein Grußwort des Bundestagsabgeordneten Plisinger, der als Arzt hohes Interesse an den Arbeiten des Instituts hat.
Im Auditorium befanden sich Vertreter des Bundesministeriums der Verteidigung, des Kommandos Sanitätsdienst der Bundeswehr, unserer verbündeten internationalen Schwesterinstitute und der militärischen und zivilen wissenschaftlichen Gemeinschaft. Die nationale und internationale Anerkennung der medizinischen C-Schutztagung wird durch den Besuch verschiedener Repräsentanten/-innen renommierter Organisationen und toxikologischer Fachgesellschaften deutlich. So waren von der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) Dr. Blum und Dr. Khateri vertreten. Auch die Teilnahme von Prof. Dr. Wilks, Präsident der European Association of Poisons Centres and Clinical Toxicologists (EAPCCT), Prof. Dr. Barth, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Toxikologie (GT), Dr. McCay, Präsident des American College of Medical Toxicology (ACMT), Dr. Bradberry, Präsidentin der Clinical and Translational Toxicology Speciality Section der Society of Toxicology (SOT) und von der Vorsitzenden der Kommission zu Bewertung von Vergiftungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), Dr. Hermans-Clausen, zeigen den Stellenwert der Tagung.Die Vorträge gaben spannende Einblicke in aktuellen Themen des medizinischen C-Schutzes. Beispielsweise ermöglichte Dr. Jou-Fang Deng einen Eindruck von der Arbeit des National Poison Center of Taiwan. Dr. Florian Nachon, Fachgruppenleiter am Armed Forces Biomedical Research Institute in Frankreich zeigte die aktuellen Herausforderungen im Bereich Bioscavenger auf. Schließlich wurde mit Spannung der Beitrag von Prof. Dr. Peter Blain und Dr. Steven Emmett von der Newcastle Universität erwartet. Hier wurde der Anschlag mit dem Nervenkampfstoff Novichok im Jahre 2018 in Salisbury, Großbritannien ausführlich dargestellt und wichtige Schlüsse für den medizinischen C-Schutz präsentiert.
Selbstverständlich gab es auch einen Gesellschaftsabend, zu dem Herr Brannekämper, Abgeordneter des Bayerischen Landtages, ein Grußwort überbrachte. Traditionsgemäß wurden Posterpreise an die besten Nachwuchswissenschaftler/-innen verliehen. Die Jury, aus nationalen und internationalen Wissenschaftler/-innen, die von damals Generalarzt Dr. Holtherm angeführt wurde, hatte drei Nachwuchswissenschaftlerinnen für die Endauswahl nominiert. Hauptmann d. R. Simone Rothmiller (Die Auswirkungen einer Schwefellostexposition auf mesenchymale Stammzellen), Hauptmann d. R. Amelie Tsoutsoulopoulos (Die Bewertung eines neuartigen Expositionssystems zur Aerosolisierung von Schwefellost) vom InstPharmToxBw und Beatrice Andrae von der Technischen Universität Kaiserslautern (Neue Untersuchungen zu Makromolekülen, die V-Kampfstoffe detoxifizieren können) waren die Anwärterinnen auf den Posterpreis, den Hauptmann d. R. Amelie Tsoutsoulopoulos vom InstPharmToxBw, in einem sehr engen Rennen für sich entschied.
Neben dem wissenschaftlichen Programm wird bei den internationalen Fachtagungen auch immer ein Rahmenprogramm angeboten, welches den Teilnehmenden die Möglichkeit bietet, in lockerer Atmosphäre bestehende Kontakte zu pflegen. Bei der 17. MCDC wurde der eindrucksvolle Zedernsaal des Schlosses Kirchheim besichtigt und anschließend gemeinsam im Ratskeller in Augsburg eingekehrt.
Ausblick
Die MCDC eröffnet seit Jahren einer stetig steigenden Anzahl von Konferenzteilnehmenden aus einer Vielzahl von Ländern die Möglichkeit, die internationale Vernetzung im medizinischen C-Schutz zu intensivieren. Hierbei gilt es neue Kooperationen zu schaffen und alte Verbindungen zu pflegen. Schließlich bleibt auch nach den Tagungen die Verbindung auf wissenschaftlicher und persönlicher Ebene bestehen. Leider musste die nächste, für April 2021 geplante internationale Medizinische C-Schutztagung, bedingt durch die COVID-19 Problematik, vorsorglich auf das Jahr 2022 verschoben werden. Das Institut freut sich bereits jetzt auf diese Tagung und hofft auf regen Zuspruch.
Verfasser:
Oberstabsarzt Dr. med. Niko Amend
E-Mail: NikoAmend@Bundeswehr.org
Datum: 02.11.2020
Quelle:
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 3/2020
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 3/2020
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 3/2020